Protocol of the Session on July 28, 2005

Die Potenziale in diesem Bereich sind groß. Wir Grünen haben das Ziel, die KWK-Stromproduktion durch Einführung einer Quotenregelung zu verdoppeln. Gerade von Ihnen, Herr Hofer, wird das EEG ja häufig als nicht marktkonform bezeichnet. Deshalb sucht man das Heil in einem Quotenmodell. Lassen Sie uns das Quotenmodell doch zunächst einmal im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung erproben.

Thema Energiesparen: Auch hier liegen ohne Zweifel große Potenziale. Durch eine Altbaumodernisierung nach heutiger

Technologie lassen sich 70 bis 90 % der Energie einsparen. Das sind keine Utopien, das ist Realität. Hier muss man mehr tun.

Ich knüpfe an das an, was Kollege Knapp sagte: Das Förderprogramm des Landes mit einem Volumen von weniger als 1 Million € ist natürlich mickrig. Wenn wir wirklich eine Strategie „Weg vom Öl“ verfolgen wollen, muss hier wesentlich mehr getan werden.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Lassen Sie mich noch einen letzten Gedanken anbringen. Im Klimaschutzkonzept der Landesregierung wird auch ein Energieeffizienzfonds gefordert, der dazu beitragen soll, dass die vielfältigen Möglichkeiten des Energiesparens besser genutzt werden. Es ist natürlich eine gute Idee, so etwas zu machen. Aber es stört mich, wenn im Klimaschutzkonzept der Landesregierung gesagt wird: Wir werden die Bundesregierung auffordern, hier etwas zu tun.

Meine Damen und Herren, wenn wir das Ziel „Weg vom Öl“ ernsthaft verfolgen – –

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Ende. Ihre Redezeit ist weit überschritten.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich komme zum Ende.

(Abg. Mack CDU: Aber sofort!)

Hätten Sie mich nicht unterbrochen, wäre ich jetzt schon fertig.

(Heiterkeit – Abg. Birzele SPD: Also, Herr Kolle- ge, das gehört sich nicht! – Abg. Dr. Birk CDU: Sie sind ein Charmeur! – Abg. Fleischer CDU: Sind Sie zu Ihrer Frau auch so charmant? – Zuruf des Abg. Drautz FDP/DVP)

Ich muss den Gedanken kurz wiederholen: Die Landesregierung tritt für einen Energieeffizienzfonds ein, fordert ihn aber nur vom Bund. Ich meine, wir sollten auf Landesebene auch etwas in dieser Richtung tun. Das wäre notwendig. Unsere Unterstützung dafür kann ich zusagen.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Marianne Wonnay SPD – Abg. Birzele SPD: Da haben Sie aber Glück gehabt, dass Sie keinen Ordnungsruf gekriegt haben!)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Pfister.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst danke ich Ihnen, Herr Dr. Witzel, für die anerkennenden Worte, was den Energiebericht angeht. Er hat natürlich ein Manko: Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2002, und jetzt sind wir im Jahr 2005. Ich

darf Ihnen aber mitteilen: Das Statistische Landesamt lässt uns wissen, dass in der Zukunft aktuellere Zahlen in den Energieberichten enthalten sein werden.

Ich darf Ihnen auch sagen, dass ein erster Anfang gemacht ist: Der Bericht „Erneuerbare Energien in Baden-Württemberg“, den ich gerade in Händen halte, befindet sich zurzeit im Druckverfahren. Er enthält Zahlenmaterial aus dem Jahr 2004 und wird Ihnen in Kürze zur Verfügung gestellt.

Ich will gern noch einmal unterstreichen, was hier im Haus auch Konsens ist. Aus meiner Sicht wird eine erfolgreiche Energiepolitik für Baden-Württemberg über die nächsten Jahre und Jahrzehnte nur durch einen Energiemix zu erreichen sein.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Wir brauchen einen solchen Energiemix, wir brauchen diese Diversifizierung, wir brauchen verschiedene Standbeine. Denn nur auf diese Weise werden wir in der Lage sein, uns von Energieträgern, von Energielieferanten und von Lieferländern einigermaßen unabhängig zu machen.

Klar ist natürlich, dass sich dieser Energiemix in der Zukunft verändern wird. Er hat sich in der Zusammensetzung schon verändert, und er wird sich weiter verändern müssen.

Dass der Anteil der regenerativen Energien steigen wird, haben wir hier jetzt wiederholt bestätigt. Darauf brauche ich im Detail nicht mehr einzugehen. Wie gesagt: Das Verdopplungsziel der Landesregierung ist klar. Damit will ich es bei diesem Punkt auch bewenden lassen.

Ich wünsche mir zweitens, dass der Anteil der fossilen Energieträger zurückgeht. Er müsste eigentlich zurückgehen, wenn wir eine Chance haben wollen, das, was wir für Kyoto unterschrieben haben, auch tatsächlich zu erreichen. Aber das wird natürlich auch von der Frage abhängen: Wie wird es in der Zukunft mit der Grundlast bestellt sein, wer deckt die Grundlast? Dies ist eine ganz, ganz spannende Frage. Klar ist jedenfalls – daran wird man nicht vorbeikommen –, dass fossile Energieträger – Kohle, Gas – auch in der Zukunft eine Rolle spielen werden. Nach meinem Geschmack sollte das eher eine abnehmende Rolle sein.

Der dritte Punkt in diesem Energiemix, auch wenn das nicht so richtig hineinpasst, ist das Energiesparen. Ich behaupte, das größte Kraftwerk, das wir in Deutschland und auch in Baden-Württemberg haben, ist das Energieeinsparungskraftwerk. Ich glaube, dass die Einsparpotenziale, die bestehen, noch längst nicht ausgeschöpft sind.

Ich glaube zum Beispiel, dass die deutschen Kraftwerke – ich meine jetzt die konventionellen Kraftwerke – noch längst nicht auf dem neuesten Stand der Technik sind. Wir müssen bei der Erneuerung dieses Kraftwerkparks in der Zukunft einen Beitrag leisten, damit dieses Einsparpotenzial noch wesentlich besser genutzt werden kann.

Wir müssen auch auf technologische Innovationen setzen. Auch wenn das Thema Brennstoffzellentechnik nicht morgen und auch nicht übermorgen kommt, müssen wir es angehen. Übrigens tut kein Land so viel für die Förderung der

(Minister Pfister)

Brennstoffzellentechnik mit der Möglichkeit einer echten Innovation und der Möglichkeit echter Einsparungen, wie Baden-Württemberg dies tatsächlich tut.

(Zuruf des Abg. Knapp SPD)

Ich gebe allen Recht, die sagen, dass sich diese Erneuerungen nicht nur auf Großkraftwerke beziehen dürfen, sondern dass wir in Baden-Württemberg auch eine dezentrale Stromerzeugung brauchen. Deswegen ist es doch gar keine Frage, dass wir die Kraft-Wärme-Kopplung noch stärker ausbauen müssen. Das wurde schon angesprochen. Diese Auffassung teile ich.

Ich füge ein letztes Beispiel, was die Möglichkeiten für Energieeinsparungen angeht, hinzu: Mir wird gesagt, dass allein durch den Stand-by-Betrieb von Geräten jährlich etwa 2 600 Megawatt verloren gingen. Das ist die Leistung von zwei großen Kraftwerken. Ich bin davon überzeugt, dass das ein weiteres Beispiel dafür ist, wie man durch praktische, aber auch intelligente Politik relativ einfach erreichen kann, dass dieses größte Kraftwerk, das wir haben, nämlich die Energieeinsparung, noch viel, viel stärker genutzt wird.

Dass Sie in Sachen Nutzung der Kernenergie anderer Meinung sind als wir und auch ich, habe ich an dieser Stelle bereits wiederholt gesagt. Ich will jetzt überhaupt nicht polemisch werden, aber mir geht nicht in den Kopf, weshalb wir in Baden-Württemberg – in einem Land, in dem wir im Augenblick Ressourcen brauchen, um etwa Arbeitslosigkeit abzubauen, einem Land, in dem wir Ressourcen brauchen, um unsere viel zu hohe Verschuldung abzubauen, in einem Land, in dem wir Ressourcen brauchen, um die Konjunktur endlich wieder auf Vordermann zu bringen – nicht zumindest für eine Übergangszeit – ich spreche nicht vom Neubau von Kraftwerken, sondern von einer Übergangszeit – sichere und funktionsfähige Kernkraftwerke weiterhin nutzen sollten. Ich halte den Verzicht darauf für einen volkswirtschaftlichen Unsinn, den wir uns eigentlich nicht leisten können.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Lassen Sie mich noch wenige Bemerkungen zum Energiestandort Baden-Württemberg machen: Dass der Energiesektor ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, der auch mit Arbeitsplätzen verbunden ist, ist völlig klar. Kollege Hofer hat darauf hingewiesen, dass wir in den nächsten 20 Jahren allein in Baden-Württemberg für rund 7 500 Megawatt Ersatzinvestitionen vornehmen müssen, wenn man alles zusammenzählt. Wenn wir diese Investitionen vornehmen wollen – und wir sollten sie wegen der Wertschöpfung und der Arbeitsplätze in Baden-Württemberg vornehmen –, dann müssen wir natürlich in Baden-Württemberg auch ein investitionsfreundliches Klima haben, und dazu müssen wir unnötige Investitionshemmnisse so weit wie möglich abbauen.

(Beifall des Abg. Knapp SPD – Abg. Knapp SPD: Und was macht die Landesregierung? Verhindern! – Gegenrufe von der CDU)

Nein, ich spreche jetzt über wirklich ganz wichtige Dinge, bei denen es auch um bedeutende Summen geht.

Ich spreche das Thema Wasserpfennig an. Wenn man das Großkraftwerk Mannheim besucht und einem dort gesagt wird, dass investiert werden solle, um die Ersatzinvestitionen für diese 7 500 Megawatt einmal anzugehen – die EnBW errichtet zwei große Kraftwerke; dafür sind wir sehr dankbar, aber wir brauchen ja noch mehr –, und einem weiter gesagt wird: „Schauen Sie, Herr Minister, wenn wir auf dieser Seite des Rheins investieren, sind die Kosten“ – nicht die Kosten für Investitionen, sondern die für den laufenden Betrieb, für die Erzeugung von Strom – „um 10 Millionen € höher, als wenn wir auf der anderen Seite des Rheins investieren“, dann meine ich: Es ist richtig, was der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung gesagt hat, dass wir den Wasserpfennig angehen müssen, zumindest in diesem Bereich der Energieinvestitionen. Deswegen gehe ich davon aus, dass wir bereits im Haushalt 2007/08, nicht vorher, das Thema „Günstiger Wasserpreis für Energieinvestitionen“ auch angehen werden. Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Erdgas. Wir stellen fest, dass Investitionen getätigt werden könnten, zum Beispiel in Obrigheim ganz konkret in ein Gaskraftwerk, wenn die Süddeutsche Erdgasleitung bereits vorhanden wäre. Leider ist sie noch nicht vorhanden. Ich sage das nur deshalb, damit wir von der politischen Seite aus alles tun, um diese Süddeutsche Erdgasleitung voranzubringen und die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass in Baden-Württemberg verstärkt Gaskraftwerke gebaut werden können.

Dritter Punkt: Emissionshandel. Dieser Punkt ist noch nicht angesprochen worden. Ich glaube, dass der Emissionshandel ein vernünftiges, ein marktwirtschaftliches Instrument ist. Aber der Emissionshandel hat für Baden-Württemberg einen gefährlichen und nachteiligen Webfehler, nämlich den, dass Länder, die von Kernkraftwerken auf neue Kraftwerke umsteigen, im Gegensatz zu Ländern, die von Kohlekraftwerken auf andere Kraftwerke umsteigen, benachteiligt werden. Deshalb ist Baden-Württemberg benachteiligt. Ich will zwar keine Korrektur des Emissionshandels insgesamt, aber ich will, dass die Benachteiligung von Baden-Württemberg als Energiestandort zurückgenommen wird und aufhört.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Viertens schließlich: Unser größtes Problem ist, glaube ich persönlich, dass wir auf dem gesamten Energiemarkt, insbesondere auf dem Strommarkt, noch viel zu wenig Wettbewerb haben. Wir haben zu wenig Anbieter. Wir brauchen mehr Marktteilnehmer. Deshalb können Sie davon ausgehen, dass wir, um auch den Wettbewerb zwischen verschiedenen Anbietern ein Stück weit voranzubringen, alles tun werden, um investitionswillige Stadtwerke in ihrer Absicht voll zu unterstützen, wenn sie im Land Baden-Württemberg investieren wollen. Denn dies ist wiederum die Voraussetzung dafür, zu vernünftigen Strompreisen zu kommen. Um einen vernünftigen Strompreis zu erreichen, muss man viel tun; aber eine wichtige Voraussetzung ist, dass wir zu einem entsprechenden Wettbewerb, zu mehr Wettbewerb kommen. Einen Schritt haben wir jetzt getan, Herr Kollege Knapp, nämlich in der Frage eines diskriminierungsfreien und kostengünstigen Zugangs zu den Netzen. Ich glaube, dass man damit einiges erreichen kann, wenn auch nicht alles, denn die Netzzugangskosten machen nur 40 % des

(Minister Pfister)

Strompreises aus. Aber innerhalb dieser 40-%-Marge können wir, wenn wir es geschickt und gut machen, erreichen, dass die Strompreise hier stabilisiert werden.

Insgesamt, meine sehr verehrten Damen und Herren, brauchen wir von hier aus überhaupt nicht nach Berlin zu schielen.

(Abg. Knapp SPD: Da haben Sie Recht! Wir sel- ber!)

Berlin muss vieles machen. Das ist wohl wahr. In Berlin fallen viele Entscheidungen, die auch für den Energiestandort Baden-Württemberg wichtig sind. Aber ich glaube, ich habe Ihnen einige Beispiele genannt, wo wir auch von uns aus Beiträge dazu leisten können, dass der Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg auch in der Zukunft ein starker Energiestandort sein wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)