Protocol of the Session on July 28, 2005

Damit ist Punkt 7 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes – Drucksache 13/4487

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache zehn Minuten je Fraktion, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Fleischer.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Arbeitsökonomie und der fortgeschrittenen Zeit wegen erlaube ich mir, die Redezeiten für die Begründung und die Aussprache für meine Fraktion zusammenzufassen.

Bei dem Gesetzentwurf geht es um das Festsetzungsverfahren, nicht aber um die Inhalte. Die Inhalte werden uns noch zu einem späteren Zeitpunkt beschäftigen – aller Voraussicht nach in diesem Spätjahr.

Die rechtliche Situation der Abgeordnetenentschädigung ist ganz wesentlich durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1975 geprägt. Das Bundesverfassungsgericht hat darin den Abgeordneten eine Entschädigung zugesprochen, die eine Lebensführung gestattet, die der Bedeutung des Amtes angemessen ist. Darüber hinaus soll demnach die Abgeordnetenentschädigung dazu dienen, die Unabhängigkeit der Parlamentarier zu sichern. Das Bundesverfassungsgericht wollte damit die besondere Bedeutung des Amtes des Abgeordneten und der Abgeordneten herausstellen und damit auch die Notwendigkeit einer angemessenen finanziellen Absicherung zum Ausdruck bringen.

Das Bundesverfassungsgericht hat aber in demselben Urteil die Abgeordneten in den Ländern und im Bund verpflichtet, über ihre Bezahlung selbst zu entscheiden. Das, was zunächst verlockend klingt – selbst entscheiden zu dürfen –, hat sich in den letzten 30 Jahren als ein Danaergeschenk erwiesen. Ja, für uns Abgeordnete war es oft wie ein Spießrutenlaufen, bei dem man uns unverdientermaßen in einen schlechten Ruf zu bringen suchte. „Selbstbedienungsladen“

und andere Begriffe sind hier geprägt worden und haben uns tatsächlich, wenn wir noch in angemessener Weise von der Würde des Amtes sprechen wollten, immer wieder in der veröffentlichten Meinung in große Verdrückung gebracht.

Unter dem Druck der Öffentlichkeit haben die Parlamentarier in den vergangenen Jahren ihre Einkommen teilweise nicht oder nur unterdurchschnittlich angehoben. Oft stand auch ein kaum verhohlener Populismus Pate. Insgesamt stelle ich fest, dass das Festsetzungsverfahren in den letzten Jahren für die Abgeordneten nicht nur aufwendig und außerordentlich schwierig, sondern auch sehr, sehr oft ein unwürdiges Unternehmen gewesen ist. Das jetzige Verfahren zur Anpassung der Abgeordnetenentschädigung hat sich nach meiner Auffassung und nach der Auffassung meiner Fraktion nicht bewährt. Deshalb werden ja quer durch die Fraktionen seit längerer Zeit Überlegungen angestellt, wie man dies ändern kann.

Überlegungen, die Entscheidung über die Festsetzung und Anpassung der Abgeordnetenentschädigung auf ein externes, nicht mit Abgeordneten besetztes Gremium zu übertragen, das darüber verbindlich befindet, sind nicht realisierbar. Dem stehen unüberwindliche verfassungsrechtliche Hindernisse entgegen. Dies haben unabhängig voneinander rechtliche Überprüfungen ergeben, die sowohl vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags als auch von der Landtagsverwaltung durchgeführt worden sind.

Als einzige in Betracht zu ziehende Alternative bleibt deshalb eine Art Indexierungsverfahren, wie es der Bayerische Landtag seit 1995 erfolgreich praktiziert. Der Gesetzentwurf, der dem hohen Haus zur Beratung vorliegt, ist der bayerischen Regelung nachgebildet. Wie unser bisheriges Verfahren beruht auch das bayerische Modell auf gesicherten statistischen Daten über die Einkommens- und Preisentwicklung, die vom Statistischen Landesamt geliefert werden. Der wesentliche Unterschied zum bisherigen Verfahren besteht aber darin, dass künftig vom Statistischen Landesamt eine gewogene Maßzahl errechnet und festgestellt wird, die aus fünf gesetzlich festgelegten und unterschiedlich gewichteten Faktoren ermittelt wird. Diese Faktoren sind für die Einkommensentwicklung in der freien Wirtschaft und im öffentlichen Dienst prägend. Die ermittelte Maßzahl bestimmt die prozentuale Veränderung der Abgeordnetenentschädigung im Vergleich zum Iststand. Der Präsident bzw. die Präsidentin des Statistischen Landesamts teilt diese Maßzahl dem Parlamentspräsidenten mit, und dieser veröffentlicht den sich hieraus ergebenden Anpassungsbetrag in Euro im Gesetzblatt.

Abweichend vom bisherigen Verfahren bedarf es künftig keines Berichts des Landtagspräsidenten über die Angemessenheit der Abgeordnetenentschädigung mehr, und es bedarf vor allen Dingen auch keines Gesetzgebungsverfahrens. In der jetzt zu beschließenden Novelle des Abgeordnetengesetzes wird lediglich festgelegt, dass zum 1. Juli eines jeden Jahres die Anpassung der Abgeordnetenentschädigung nach dem soeben skizzierten Verfahren vorgenommen wird.

Um das Verfahren verfassungsfest zu machen, ist wichtig, dass der neue Landtag zu Beginn der Wahlperiode durch

einfachen Beschluss in öffentlicher Sitzung feststellt, dass er das gesetzlich vorgesehene Verfahren für die neue Wahlperiode anwenden will. Auf diese Weise wird die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Transparenz bei der Entscheidung über die Festsetzung und Anpassung der Abgeordnetenentschädigung hergestellt. In entsprechender Weise wird dieses Indexierungsverfahren nach bayerischem Vorbild auf die Anpassung der steuerfreien Aufwandspauschalen übertragen.

Für diejenigen in der Opposition, die sich vielleicht mit unserem Gesetzentwurf nicht ganz so einfach tun, darf ich darauf hinweisen, dass SPD und Grüne dem bayerischen Modell im Landtag von Bayern stets zugestimmt haben, die SPD auch bei der Einführung dieses Modells. Ich hoffe, dass Gleiches auch hier bei uns in diesem hohen Hause in großer Anzahl passieren wird.

Lassen Sie mich ein letztes Fazit ziehen: Ich bin seit 1976 im Landtag – praktisch fast seitdem das Bundesverfassungsgerichtsurteil zu dem Thema ergangen ist – und habe keine einzige Diätenerhöhung oder Erhöhung der Abgeordnetenbezüge erlebt, bei der die Abgeordneten des Landtags nicht großer Kritik ausgesetzt und unverdient mit unberechtigten Vorwürfen bedacht wurden. Mein Fazit aus den Erfahrungen der zurückliegenden Jahre als Abgeordneter lautet: Nullrunden der Abgeordneten werden nicht anerkannt, ja meist überhaupt nicht zur Kenntnis genommen.

(Abg. Blenke CDU: So ist es!)

Sie werden höchstens als Wahlkampfgag oder als Zeichen eines schlechten Gewissens diffamiert. Die maßvollste Kritik lautet: „Die brauchen die Erhöhung ohnehin nicht, weil sie sowieso genug verdienen.“ Und zu allem Überfluss wird uns Zurückhaltung in diesem Zusammenhang – so ist es immer wieder geschehen – dann auch noch als Schwäche oder als Feigheit ausgelegt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf ist gerecht, angemessen und transparent. Er schafft die Gratwanderung zwischen verfassungsrechtlichen Vorgaben einerseits und dem Bemühen unsererseits, uns diesem unbefriedigenden Verfahren der letzten Jahre und Jahrzehnte nicht weiter ausgesetzt zu sehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP und des Abg. Seltenreich SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kleinmann.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht, wie Herr Kollege Fleischer dargelegt hat, um die Anpassung der Abgeordnetenentschädigung nach § 21 a des Abgeordnetengesetzes. Wir haben in einem gemeinsamen Entschließungsantrag aller Fraktionen, Drucksache 13/3406, unter Ziffer 3 beschlossen:

Sollte die Prüfung

die Prüfung, ob externe Gremien dies entscheiden können –

ergeben, dass dieser Weg aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht begehbar ist,

in der Tat ist festgestellt, dass er nicht begehbar ist, weil wir ja der Souverän sind und selbst über die Finanzen zu entscheiden haben; da gibt es sicherlich, so hoffe ich, auch keinen Dissens in diesem Hause –

erklärt der Landtag die Absicht, in der neuen 14. Wahlperiode... das Verfahren zur Anpassung der Abgeordnetenentschädigung in Anlehnung an die in Bayern und Niedersachsen bewährten Verfahrensweisen umzustellen.

Das sind die so genannten Indexmodelle, die Sie alle kennen. Wie das im Einzelnen abläuft, brauche ich Ihnen auch nicht zu erzählen, weil das hinlänglich begründet ist.

Die Frage ist ja nur: Kann ein Landtag beschließen, dass der nächste Landtag eine bestimmte Entscheidung vorzunehmen hat? Dazu sage ich: Nein. Infolgedessen haben wir, CDU und FDP/DVP, uns überlegt: Wir sind ja im Einklang mit der SPD und den Grünen der Meinung, dass man dieses Indexmodell einführen soll und dass der nächste Landtag das, wie gesagt, von sich aus machen kann, es aber nicht auf Empfehlung oder Festlegung des heutigen Landtags machen muss. Nachdem wir ja entsprechende Erfahrungen dazu gesammelt haben, was es heißt, Diätenerhöhungen vorzunehmen, und welche Außenwirkungen das hat, haben wir uns überlegt, dass es eigentlich ehrlicher und richtiger ist, diese mehr oder weniger formale Umstellung jetzt vorzunehmen, als zu sagen: „Das macht dann der nächste Landtag.“

Dies hat überhaupt nichts mit der Frage zu tun, ob wir das System insgesamt ändern, Herr Birzele, ob wir also dieses Modell von Nordrhein-Westfalen einführen oder nicht. Dafür gibt es ja eine Diätenkommission, die von den Fraktionsvorsitzenden vereinbart wurde. Dort soll die Diskussion im Einzelnen zu den Fragen stattfinden, wie es mit der Altersvorsorge aussieht, wie es mit den Werbungskosten aussieht und wie es mit der Höhe der Diäten aussieht. Aber selbst wenn dieses Modell kommen sollte oder dieses hohe Haus ein anderes, dazwischen liegendes Modell beschließen sollte, ist immer noch daran zu denken, Herr Birzele und Herr Kollege Kretschmann, dass trotzdem immer wieder eine Anpassung vorgenommen werden muss. Da sind wir uns ja völlig einig. Daher kann man ein solches Anpassungsmodell, sprich Indexmodell, problemlos beschließen, ohne inhaltlich in die eigentlichen Strukturfragen hineinzugehen.

Deshalb kommt nun dieser gemeinsame Antrag von CDU und FDP/DVP. Es geht, wie gesagt, ausschließlich darum, eine in Bayern seit rund zehn Jahren bewährte Praxis zu übernehmen. Aufgrund des vorgesehenen Anpassungsverfahrens erübrigt sich dann der jährliche Bericht des Präsidenten – das haben wir schon von Herrn Fleischer gehört – über die Angemessenheit der Entschädigung, den der Präsident laut unserem Abgeordnetengesetz mit einem Vorschlag zu verbinden hat. Damit kann § 21 a des Abgeordnetengesetzes aufgehoben werden.

Ich würde mich freuen, wenn auch die beiden Oppositionsfraktionen diesem Gesetzentwurf beitreten könnten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Birzele.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Ich möchte zunächst eine Vorbemerkung machen. Beide Vorredner haben in ungewohnter Bescheidenheit nicht ausdrücklich erwähnt, dass wir in diesem Jahr

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Eine Nullrunde einge- legt haben!)

aufgrund eines gemeinsamen Beschlusses aller Fraktionen auf die eigentlich nach dem Abgeordnetengesetz fällige Anpassung der Abgeordnetenentschädigung an die Kostensteigerungen verzichtet haben. Ich will das an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich betonen. Denn wir haben sonst in dieser Zeit aufgrund des Berichts des Präsidenten jeweils über die entsprechende Anpassung zu entscheiden.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Das ist richtig!)

Der Gesetzentwurf, den die beiden Regierungsfraktionen vorgelegt haben, ist in gewisser Weise ein Novum, weil er das Bemühen durchbricht, das wir früher immer hatten, wonach die vier Fraktionen gemeinsam diese Regelungen treffen. Deshalb muss ich natürlich den Gesamtzusammenhang herstellen, der auch bei diesem Gesetzentwurf zu berücksichtigen ist.

Der Kollege Kleinmann hat zu Recht angeführt, dass am 29. Juli 2004 auf der Grundlage des Antrags Drucksache 13/3406 verschiedene Beschlüsse zum Abgeordnetengesetz gefasst worden sind. Einigen dieser Beschlüsse – Einschnitte bei der Altersversorgung, Anpassung der Abgeordnetenentschädigung – ist durch Gesetz vom 19. Oktober letzten Jahres bereits entsprochen worden.

Der dritte Punkt war das künftige Verfahren zur Festsetzung der Höhe der Abgeordnetenentschädigung. Es ist richtig, was Sie dazu zitiert haben. So sind wir übereingekommen, dass die Prüfungen, die der Kollege Fleischer zu Recht angesprochen hat, stattfinden sollen. Deshalb wurde gesagt: Demzufolge wird der neue Landtag im Sommer 2006 beschließen, dass zum 1. August jedes Jahres der Wahlperiode – beginnend mit dem 1. August 2006 – die steuerpflichtige Entschädigung und die steuerfreie Aufwandsentschädigung an die Einkommens- und Preisentwicklung des jeweils abgelaufenen Jahres angepasst werden.

Nun kann man darüber streiten, ob man eine solche Regelung in dieser Legislaturperiode oder ob man sie – wie beschlossen worden war – in der nächsten Legislaturperiode verabschieden soll. Aber wir haben am 29. Juli letzten Jahres ausdrücklich zusätzlich beschlossen, eine externe und unabhängige Diätenkommission einzuberufen, die verschiedene mit der Abgeordnetenentschädigung zusammenhängende Fragen ausführlich behandeln sollte. Diese unabhängige Diätenkommission sollte im Herbst 2004 eingesetzt werden und zeitgleich mit dem nächsten Bericht des Landtagspräsidenten zum 1. April 2005 ihre Vorschläge vorlegen.

Dazu ist es nicht gekommen, unter anderem auch deshalb – das will ich gern einräumen –, weil uns die Entwicklung in Nordrhein-Westfalen veranlasst hat,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

abzuwarten, was in Nordrhein-Westfalen beschlossen wird.

(Zuruf des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

In Nordrhein-Westfalen ist ein Bruttomodell beschlossen worden, ein Modell, das die Abgeordnetenentschädigung, die Pauschalen und die Altersversorgung in eine einzige steuerpflichtige Vergütung einbezieht. Dementsprechend sind natürlich ganz unterschiedliche Regelungen zu treffen.

Wir haben deshalb eigentlich bereits bei den Haushaltsberatungen über den Einzelplan 01 – Landtag – einen Entschließungsantrag einbringen wollen, nach dem entsprechend der Beschlusslage in Nordrhein-Westfalen verfahren werden sollte und darüber hinaus eine konsequente Unvereinbarkeit zwischen der Wahrnehmung eines Mandats und einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst vorgesehen sein sollte und unzulässige Einflussnahmen auf politische Entscheidungen ausgeschlossen sein sollten.