Protocol of the Session on July 27, 2005

(Abg. Walter GRÜNE: So ist es!)

Müssen wir uns als Staat in erster Linie den Kopf über Formel-1-Rennen zerbrechen, oder müssen wir uns den Kopf darüber zerbrechen, dass wir bei den Hochschulbauten einen Investitions- und Reparaturstau von 2,4 Milliarden € haben?

(Beifall bei den Grünen – Abg. Fleischer CDU und Abg. Hofer FDP/DVP: Beides! – Abg. Seimetz CDU: Und über Arbeitsplätze müssen wir reden! – Abg. Fleischer CDU: Sie dürfen nicht eines gegen das andere ausspielen! Beides ist wichtig! – Abg. Hofer FDP/DVP: Das eine tun und das andere nicht lassen! – Abg. Drexler SPD zu den Regie- rungsfraktionen: Beides kriegen wir nicht!)

Darum geht es angesichts dessen, was Sie an Schulden im Rücken haben, wobei Sie es mit höchst unseriösen Methoden gerade noch geschafft haben, einen verfassungsmäßigen Haushalt aufzustellen.

Der Betrieb von Rennsport hier in Baden-Württemberg kann nicht Aufgabe des Staates sein.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Ja also!)

Wir haben hier Automobilfirmen mit einem weltweiten Renommee, die das wohl machen könnten, wenn sie es für notwendig halten.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Das sagt der Minister doch!)

Das sind die Profiteure solcher Rennen. Das dient auch dem Image ihrer Produkte. Da muss sich der Staat überhaupt nicht engagieren.

Das Gleiche gilt zweitens zum Beispiel für den Baden-Airpark. Es ist nicht Aufgabe des Staates, Billigflieger zu subventionieren. Nichts anderes tun wir aber mit riesigen Subventionssummen beim Baden-Airpark. Ich darf dazu einmal den CDU-Fraktionsvorsitzenden Mappus zitieren:

Das Thema Billigflieger wird so nicht weitergehen. Billigfliegen funktioniert deshalb, weil der Staat indirekt hohe Subventionen gibt. Das werden wir auf Dauer nicht machen können und auch nicht machen wollen.

Was gilt jetzt? Steigen Sie jetzt aus der „Subventionitis“ beim Baden-Airpark aus oder nicht? Das möchte ich klar wissen. Engagieren Sie sich weiter beim Hockenheimring oder nicht? Das, was Sie gesagt haben, war doch ziemlich nebulös.

(Abg. Fleischer CDU: Die Antwort hat er doch ge- geben! Klare Antwort! – Abg. Hofer FDP/DVP: Er hat es doch gesagt! Für mich war es klar!)

Und drittens: Können Sie garantieren, dass die Messen aufgrund des Verdrängungswettbewerbs, den wir jetzt offensichtlich haben, nicht in die roten Zahlen geraten? Sie sind alle in öffentlicher Hand, wie Sie so schön ausgeführt haben. Allerdings ist es in Europa ansonsten anders. Da machen es Investoren – um das einmal deutlich zu sagen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Nein, nein! In Mailand und Paris ist das ganz genauso! Das stimmt doch nicht, was Sie sagen!)

Wird dann weiter mit staatlichen Mitteln, mit Geldern, die wir gar nicht haben, nachgeschossen? Ich finde, das ist ziemlich klar zu beantworten.

(Abg. Seimetz CDU: Wann kommen die Arbeits- plätze?)

Sonst muss ich mich nämlich fragen, Herr Finanzminister, warum wir gerade vor einer Stunde im Finanzausschuss einstimmig den Verkauf der Schwäbischen Hüttenwerke beschlossen haben. Das haben wir doch deshalb getan, weil es nicht Aufgabe des Staates ist, solche Unternehmen zu führen, und weil er das auch gar nicht kann. Das heißt, aus allen Beteiligungen an Unternehmen, die im ganz normalen, harten, marktwirtschaftlichen Wettbewerb stehen, muss sich der Staat zurückziehen.

(Abg. Fleischer CDU: Sie vergleichen jetzt Birnen mit Äpfeln!)

Er kann nicht solche Subventionsspiralen in Gang setzen, die er gar nicht gewinnen kann. Das ist eine ganz klare Angelegenheit.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Nein, eben nicht! – Abg. Fleischer CDU: Nein! Sie vergleichen Birnen mit Äpfeln!)

Etwas völlig anderes sind Förderungen, wie sie der Kollege Schmiedel genannt hat, etwa Umweltagrarprogramme,

(Abg. Hofer FDP/DVP: ÖPNV! – Abg. Seimetz CDU: Subventionierung von Windkrafträdern!)

weil die Landschaft kein marktfähiges Gut ist.

(Abg. Seimetz CDU: Doch! Wir subventionieren die Landschaft! Das machen wir doch!)

Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie von den Wanderern Eintritt verlangen, wenn sie irgendwelche schönen Täler besuchen. Das liegt doch wohl nicht ernsthaft in Ihrer Absicht.

(Abg. Seimetz CDU: Landschaftsverschandelung! – Zuruf des Abg. Fleischer CDU)

Kollege Birk, wir stimmen wohl überein, dass wir Bauern in Bereichen, in denen sie etwa eine Leistung für die Landschaft erbringen, die sie über ihre Produkte gar nicht honoriert bekommen, gezwungenermaßen unterstützen müssen, damit sie die Leistung, nämlich das Offenhalten der Kulturlandschaft, auch weiterhin erbringen können. Das hat doch wohl überhaupt nichts damit zu tun, dass wir den BadenAirpark subventionieren, womit Billigflieger unterstützt werden. Das sind völlig andere Veranstaltungen.

(Abg. Fleischer CDU: Sie verschandeln mittlerwei- le sogar die Landschaft über Subventionen!)

Wir sind all diese Subventionen kritisch durchgegangen. Beim Verkehr ist es dasselbe. Wir müssen den öffentlichen Verkehr so lange subventionieren, solange der private Verkehr für die von ihm verursachten externen Kosten nicht in voller Höhe aufkommt. Wir haben da mit unseren Forderungen in Bezug auf den Spritpreis entsprechende Erfahrungen gemacht. Aber deswegen sind diese Forderungen ja nicht falsch.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Solange der private Verkehr seine Kosten auf die Allgemeinheit abwälzt und die Luft als Mülldeponie begreift, so lange ist der öffentliche Verkehr gar nicht mit ihm konkurrenzfähig.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Dagegen hat doch niemand etwas gesagt!)

Deswegen leisten wir zum Beispiel Zuschüsse zu den Schülerbeförderungskosten. Das ist eine ganz klare Folge davon. Das bekommen wir, glaube ich, klar sortiert.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Da rennen Sie offene Tü- ren ein!)

Wir haben hier drei Beispiele vorgebracht – auf den BadenAirpark sind Sie noch gar nicht eingegangen –,

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Sie ja auch nicht!)

bei denen klar ist, dass diese Subventionen gar nichts mit sinnvollen, notwendigen staatlichen Hilfen zu tun haben, Herr Finanzminister,

(Abg. Fleischer CDU: Das kommt jetzt alles! – Abg. Hofer FDP/DVP zu Abg. Fleischer CDU: Er sagt, das komme in der zweiten Runde, und dann wirft er uns vor, dass wir das nicht in der ersten Runde sagen! Das ist das Schlimme!)

sondern glatter Subventionsunsinn sind, der zu immer weiteren Subventionen führt, bis es irgendwann kracht und man dann sowieso aussteigen muss und alles den Bach runtergeht. Das ist, zum Beispiel beim Baden-Airpark, absehbar. Deswegen meine ich, es ist eine klare Ansage, dass die Beispiele, die wir hier genannt haben, nicht aus der Luft gegriffen sind. Das sind die aktuellen Beispiele, die wir haben. Deswegen müssen wir aus diesen Subventionen raus.

Der Staat muss sich in den Stand versetzen, zum Beispiel ein eigenes Programm für weitere Ganztagsschulen im Land aufzulegen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Ja! Dagegen hat niemand etwas! Das muss man auch tun!)

Das ist eine Kernaufgabe des Landes. Dafür brauchen wir die Mittel, die wir überhaupt nur noch mit großer Mühe aus diesem Schuldenhaushalt freischaufeln können, um auch die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes zu sichern.

(Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es! Da brauchen wir aber Einnahmen! Einnahmen brauchen wir auch! – Gegenruf des Abg. Zeller SPD – Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Diese können wir dadurch sichern, dass wir den Menschen, die in Baden-Württemberg leben,

(Abg. Seimetz CDU: Arbeitsplätze!)

eine gute Bildung ermöglichen und das aus ihnen herausholen, was in ihnen steckt. Das ist die Kernaufgabe und die Kernkompetenz des Landes. Da muss es sich engagieren

(Abg. Fleischer CDU: Das ist richtig, ist aber zu kurz gesprungen, Herr Kretschmann!)

und nicht in fragwürdigen Projekten, die in den Markt und nicht zum Staat gehören.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Hofer FDP/DVP: Das Wort „Arbeitsplätze“ kommt überhaupt nicht vor! – Abg. Seimetz CDU: Das kam gar nicht vor in Ihrer Rede! Kein Wort zu Arbeitsplätzen, Herr Kretschmann!)