Protocol of the Session on June 29, 2005

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Caroli.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bei dieser Plenardebatte wurde deutlich, dass die Positionen von CDU, Grünen und SPD relativ nahe beieinander sind, während sich die FDP/DVP in eine etwas merkwürdige Position hineinbegeben hat.

Herr Kollege Drautz, wenn eine Fraktion in irgendeinem Gremium – ich nehme jetzt einmal ein kommunales Gremium – freiwillige Leistungen überprüfen will, dann hat das meistens nur den einen Zweck, diese freiwilligen Leistungen zu kürzen, um Spielraum für den Haushalt zu bekommen. Ähnliches beabsichtigen Sie, wenn Sie eine Gesamtrevision der Umwelt- und Agrarprogramme fordern. Sie

müssen sich einfach darüber im Klaren sein und sich dann auch entsprechend von Ihrem Wirtschaftsminister distanzieren. Wir brauchen die Einnahmen – –

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Drautz?

Wenn es nicht auf meine Redezeit angerechnet wird, gerne. Bitte schön, Herr Kollege Drautz.

Herr Kollege Dr. Caroli, Ihnen muss doch klar sein, dass wir unsere Agrarumweltprogramme in der EU umstrukturieren müssen. Die FDP/DVP sagt: Die Gelder müssen der Agrarwirtschaft weiterhin zur Verfügung stehen. Das habe ich hier am Rednerpult gesagt, habe aber hinzugefügt, dass wir, um den Kraftwerksstandort Baden-Württemberg zu retten, das Wasserentnahmeentgelt senken müssen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD und Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Frage! – Zuruf von der CDU: Wo ist jetzt die Frage?)

Deshalb frage ich Sie,

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Aha!)

Herr Dr. Caroli: Sind Sie wie der Kollege von den Grünen der Meinung,

(Zuruf von der CDU: Aber ja!)

dass wir im Kraftwerksbereich nicht, wie es Wirtschaftsminister Pfister gesagt hat, den Wasserpfennig senken müssen, damit in Baden-Württemberg noch ein Kraftwerk gebaut wird? Oder ist es Ihnen lieber, wenn es in RheinlandPfalz gebaut wird? Sind Sie der Meinung des grünen Abgeordneten?

Das waren jetzt zwei Fragen in einer Frage.

(Abg. Scheuermann CDU: Noch mehr! – Abg. Sei- metz CDU: Das ist nicht verboten!)

Es ging zunächst einmal um die Umwelt- und Agrarprogramme. Es ist doch klar, dass sie den EU-Anforderungen angeglichen werden müssen. Darum geht es aber gar nicht.

Es geht darum, ob Leistungen, die in unserem Land beim Grundwasserschutz erbracht werden, weiterhin erbracht werden oder nicht. Wir bestehen darauf, dass diese Gelder zur Verfügung stehen. Wenn Ihr Minister sagt: „Den Wasserpfennig streichen wir, das ist ein Investitionshemmnis“, ohne zu sagen, wie die Aufgaben finanziert werden sollen, dann ist das unverantwortlich. Diese Position können wir nicht teilen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage, und zwar des Herrn Abg. Hofer?

Entschuldigung, Frau Präsidentin, ich habe die zweite Frage noch nicht beantwortet.

Zu der zweiten Frage: Wenn sich Kraftwerksbetreiber bereit erklären, zu investieren, dann kann darüber nachgedacht werden – das ist in der Tat die Position unserer Fraktion –, welche Anreize dafür geboten werden. Da könnte auch erwogen werden, gebunden an diese Investitionen, an eine Erleichterung beim Wasserpfennig zu denken – wie gesagt, auf die neuen Kraftwerke bezogen. Das ist unser Konzept. Das haben wir im Übrigen auch schon in der Öffentlichkeit vorgestellt. Das wäre auch finanzierbar; ich habe vorhin ja aufgezählt, was für den eigentlichen Grundwasserschutz vom Wasserpfennig anläuft. Da bleibt ja eine kleine Differenz bis zu den 85 Millionen €.

Die Position des Kollegen Palmer ist insofern illusionär, als es jetzt natürlich wenig Sinn macht, hier zu sagen: „In Rheinland-Pfalz oder in Hessen wird die Bevölkerung selbstverständlich bereit sein, in der schwierigen finanziellen Situation, die gegenwärtig besteht, einer zusätzlichen Belastung der Verbraucher zuzustimmen.“ Das ist doch eine reine Illusion.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das liegt doch am Parlament!)

Entschuldigung, dieses Konzept – das wissen Sie doch auch – ist illusionär. Die Menschen müssen gegenwärtig schauen, wie sie über die Runden kommen. Dass die Fraktionen ihnen jetzt weitere Belastungen, wenn sie auch noch so klein sind, aufhalsen, wird politisch nicht machbar sein.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Haben Sie das Mani- fest der SPD schon gelesen? Da steht schon eine Menge dazu drin! Wenn der Staat kein Geld hat, muss es irgendwo herkommen!)

Herr Kollege Palmer, ich will ja nur das politisch Realistische anvisieren. Wir werden allenfalls eine Möglichkeit haben, wenn ab dem Jahr 2010 sowieso eine Harmonisierung auf EU-Ebene erfolgen muss. Das wird der Ansatz sein. Aber wir meinen, dass sofort etwas geschehen muss.

Jetzt noch etwas zu Herrn Schebesta. Wenn ich von Mitnahmeeffekten gesprochen habe, ist das nicht so zu verstehen, dass den Landwirten beim Grundwasserschutz etwas weggenommen werden soll, sondern der gleiche Betrag steht den Landwirten weiterhin zur Verfügung. Wenn Sie beispielsweise innerhalb des MEKA den Drillreihenabstand, von dem kein vernünftiger Mensch versteht, warum der überhaupt noch drin ist, wegnehmen – soviel ich weiß, macht dies ungefähr 10 Millionen € aus, aber Fachleute können mich gegebenenfalls berichtigen – und das einfach innerhalb des MEKA umlenken, sodass die gleichen Leistungen weiterhin zur Verfügung stehen und der Landwirtschaft auch zufließen, wäre das nicht mehr als recht. Es geht darum, mehr Gerechtigkeit herzustellen und Ungerechtigkeiten und vor allem Mitnahmeeffekte zu beseitigen.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Hofer?

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wenn es eine ge- scheite ist!)

Bitte schön, sehr gern.

Herr Abg. Hofer, bitte schön.

Herr Caroli, ist es nicht so, dass gerade Ihre Fraktion vor wenigen Wochen beredt darüber geklagt hat, dass Kraftwerksunternehmen nicht in BadenWürttemberg, sondern wenige Kilometer weiter, nämlich in Rheinland-Pfalz, investieren?

(Abg. Schmiedel SPD: Richtig! Weil die Regierung nichts tut!)

Und ist es dann nicht geradezu die Aufgabe eines Wirtschaftsministers, dem man ja in diesem Zusammenhang Schläfrigkeit vorgeworfen hat, darauf hinzuweisen,

(Abg. Schmiedel SPD: Er macht ja nichts!)

dass wir hier in Baden-Württemberg einen Standortnachteil haben, dem er aus der Sicht des Wirtschaftsministers begegnen möchte? Ist das nicht seine eigentliche Aufgabe?

(Abg. Birzele SPD: Er soll es tun! Handeln!)

Herr Kollege Hofer, ich darf Sie ob dieser Äußerung geistig umarmen,

(Heiterkeit)

denn in der Tat ist das genau unsere Meinung. Aber das ist nicht nur die Aufgabe des Wirtschaftsministers, das ist auch die Aufgabe des Ministerpräsidenten.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Aber Sie haben den Wirt- schaftsminister kritisiert!)

Ich habe ihn nur dafür kritisiert, dass er den Wasserpfennig gänzlich beseitigen wollte, ohne Finanzierungskonzepte auf den Tisch zu legen. Das war Leichtsinn. Aber er muss etwas tun und mit den Kraftwerksbetreibern endlich sprechen und etwas in die Wege leiten.

(Abg. Fischer SPD: Das ist doch seine Aufgabe!)

In den Schubladen des Umweltministeriums liegt seit langem ein Konzept.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Also!)

Es kommt aber nicht auf den Tisch, und Herr Mappus will es natürlich erst nach den Landtagswahlen herausholen lassen. Das hat er mir selber schon gesagt.

(Heiterkeit bei der SPD – Abg. Schmiedel SPD: Jetzt kommt es heraus!)

Ja, selbstverständlich, erst nach den Landtagswahlen soll es auf den Tisch. Bringen Sie es gleich auf den Tisch! Gehen Sie jetzt einmal in die Diskussion hinein! Sie haben ja auch in Ihrer Pressemitteilung gestern gesagt: „Es sollen keine falschen Erwartungen geweckt werden.“

Wecken Sie realistische Erwartungen, damit hier im Land investiert wird! Denn die Kraftwerksbetreiber stehen Gewehr bei Fuß. Die wollen etwas machen. 2 000 Megawatt!