Sie sind mir zuvorgekommen, indem Sie gleich heute Vormittag eine Presseerklärung herausgegeben haben, in der Sie sich für die Exzellenzinitiative so viel selbst gelobt haben, dass ich doch wieder etwas richtig stellen muss. Sie verlangen heute Vormittag in einer Pressemitteilung die Entflechtung der Zuständigkeiten bei Hochschule und Forschung. In dieser allgemeinen Form, wie eben ausgeführt, hilft uns das gar nicht weiter. Das kann sogar ein Schuss nach hinten sein und genau die Schere, die wir ja zusammenführen wollen, noch weiter öffnen.
Deshalb: Die Hochschulen brauchen nicht den föderalen Wettbewerb. Die Hochschulen brauchen vielmehr den Wettbewerb untereinander, und dies bundesweit. Die Aufgabe der Länder und des Bundes besteht darin, einen Wettbewerbsrahmen zu schaffen, der es überhaupt zulässt, dass Hochschulen in einen Wettbewerb eintreten, und die Mittel dafür zur Verfügung zu stellen, damit sich Hochschulen im Qualitätswettbewerb bundesweit beweisen können. Genau an diesem Punkt standen Sie zwei Jahre lang auf der Bremse.
Noch kurz zum dritten Komplex, dem BAföG. Auch hier besteht dringender Handlungsbedarf. Auch hier geht es nicht mit einem „Weiter so!“ voran. Genau genommen geht es bei diesem Thema nicht nur um das BAföG selbst, sondern um die Frage: Wie regeln wir die Studienfinanzierung?
Wie regeln wir die Finanzierung des Lebensunterhalts von Studierenden? Da sehen wir – die Stellungnahme zu unserem Antrag zum Thema BAföG hat ja ein paar deutliche Zahlen geliefert –: Die Ausgaben für das BAföG steigen bei den Ländern und beim Bund. Sie werden auch weiter steigen, weil die Zahl der Studierenden steigt und weil wir auch EU-Bürger haben, die eine Anspruchsberechtigung besitzen, was das BAföG betrifft. Die Zahlungen steigen auch, weil Rot-Grün den Kreis der Anspruchsberechtigten zum Glück ausgeweitet hat und dem Prozess des stillen Aushöhlens des BAföG, wie ihn die CDU-geführte Bundesregierung früher betrieben hat, ein Ende bereitet hat.
Allerdings können wir es nicht dabei belassen. Das BAföG kommt nach wie vor einer sehr kleinen Gruppe zugute. Nur 1 % aller Studierenden können davon leben. Deshalb müssen wir uns um den großen Kreis derer kümmern, die ohne jegliche Unterstützung studieren müssen, die so genannte Mittelschicht, von der das Studentenwerk sagt: „Wir müssen darauf achten, dass diese Mittelschicht nicht nach unten absackt.“ Das sind genau diejenigen, deren Studierneigung sich seit 1996 um 20 % verringert hat. Das ist die Gruppe, die gefährdet ist, insbesondere durch die drohenden Studiengebühren. Denn zu ihren bestehenden Belastungen kommt noch die Belastung durch Studiengebühren hinzu. Das ist die entscheidende Frage, die sich stellt. Dabei kann man nicht einfach nur auf das BAföG verweisen.
Man kann aber auch nicht sagen – so, wie es Frau Schavan getan hat und wie es weite Teile der CDU offensichtlich planen –: „Das übergeben wir ganz dem Markt der Bildungskredite. Wir ziehen uns aus dem BAföG zurück.“ In der Substanz würde das nämlich bedeuten: keine Unterstützung mehr für die Einkommensschwachen, genauso wenig Unterstützung wie bislang für die Mittelschichten; nur eine Gruppe wird weiterhin bedient, nämlich die der Besserverdiener, die über Freibeträge und Privilegien – wie sie zum Beispiel Beamte erhalten – für das Studium ihrer Töchter und Söhne schon bisher gut unterstützt werden. Das kann wirklich nicht die Lösung sein.
Wir fordern eine grundlegende Reform und den Einstieg in eine elternunabhängige Studienfinanzierung, die allen zugute kommt. Das ist kostenneutral für den Staat machbar, wenn man sämtliche Transferzahlungen des Staates für Studierende und deren Eltern von heute einbezieht, also auch die Freibeträge, die Privilegien für Beamte, auch das Kindergeld, das die Eltern von erwachsenen Kindern erhalten. Wenn wir all diese Komponenten einbeziehen, können wir pro Studierenden 15 000 € für die Finanzierung des Lebensunterhalts bezahlen. Das ist ein Sockel, mit dem man konzentriert studieren kann. Dann muss man auch nicht mehr, so wie bislang, Nebenjobs nachgehen.
Dies wäre eine Reform, die Hand und Fuß hätte. Sie würde auch erste Voraussetzungen für alles schaffen, was hier über die Sozialverträglichkeit von Studiengebühren gesagt wird. Nur mit einer guten Finanzierung des Lebensunterhalts können wir über das Zweite überhaupt vernünftig reden. Das hat im Übrigen auch der BDA eingefordert und der Politik klar gemacht: „Bevor Sie über Studiengebühren reden, schaffen Sie zunächst einmal die Voraussetzungen durch eine Reform der Studienfinanzierung.“ Das ist die Aufgabe, der sich Bund und Länder gemeinsam stellen
müssen. Auch da kommen wir nicht mit der Frage weiter: „Ist der Bund oder sind die Länder zuständig?“ Daraus wird nur dann ein Schuh und dabei kommt nur dann eine Reform heraus, wenn Bund und Länder gemeinsam anpacken und sich dieser Verantwortung stellen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die vorliegenden Anträge stammen sämtlich aus dem Jahre 2003. Sie stehen kurz vor der Pensionsgrenze und betreffen drei unterschiedliche Themen, nämlich die Hochschulbauförderung, die Forschungsförderung und das BAföG. Was haben die drei Gebiete miteinander zu tun? Direkt eigentlich wenig, wenn man vielleicht davon absieht, dass eine gemeinsame Klammer darin besteht, dass die Finanzierung in einem problematischen föderalen Mischmaschbereich angesiedelt ist. Man könnte deshalb wohl das Schwergewicht der Erörterung darauf legen, dass man diesen problematischen Finanzierungsrahmen beleuchtet.
Von der Sache her hätten alle drei Themen allemal eine ergiebige und ausführliche Erörterung verdient. Es handelt sich um gesellschaftspolitisch und hochschulpolitisch eminent zentrale Fragen. Dafür fünf Minuten Redezeit vorzusehen wird dem überhaupt nicht gerecht.
Ja. Da sich das Parlament das nun aber mal angetan hat, bin ich auch in einer schwierigen Lage, allerdings in einer etwas besseren als Sie, Herr Fischer, denn ich kann mich schon jetzt den richtigen, abgestimmten und zutreffenden Ausführungen des Herrn Wissenschaftsministers anschließen.
Erstens: Für uns ist die Modernisierung der föderalen Staatsordnung ein zentraler Baustein zur Verbesserung der Reformfähigkeit der Bundesrepublik. Dazu – so meinen wir – müssen die Länder mehr originäre Kompetenzen erhalten, insbesondere die umfassende Kompetenz für die Bildung, besonders auch für die Hochschulbildung.
Zweitens: Die bisherige Gemeinschaftsaufgabe für den Hochschulbau muss entfallen. Hier sind wir wahrscheinlich einer Meinung. Auch der Bundesrechnungshof hat ja schon die Forderung vertreten, dass diese Gemeinschaftsaufgabe abzuschaffen ist. Zudem ist festzustellen, dass der Bund schon längst nicht mehr ausreichende Mittel zur Kofinan
zierung aller vom Wissenschaftsrat vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verfügung stellt. Wir versprechen uns von einer Abschaffung der Gemeinschaftsaufgabe und einer Überführung in die originäre Landeskompetenz eine stärkere Flexibilisierung und Beschleunigung der Planung und Abwicklung der Bauvorhaben.
Drittens: Das BAföG – da stimme ich mit Ihnen überein, Frau Kollegin Bauer – müssen wir in einem Gesamtzusammenhang der Studienfinanzierung und in Abstimmung mit vielen Aspekten regeln, keine Frage. Derzeit bezahlen der Bund 65 % und das Land 35 %. Wenn sich der Bund bereit erklären würde, die Gesamtfinanzierung zu übernehmen, würden wir sicher keine Einwendungen dagegen erheben.
Niemand – jetzt muss ich Ihnen widersprechen, Frau Bauer – denkt daran, das BAföG als solches ohne die von mir angesprochene Neuorientierung und Neuregelung abzuschaffen. Anders lautende Meldungen sind Fehlinterpretationen. Sie sind der Versuchung, solche Fehlinterpretationen vorzunehmen, gerade eben wieder erlegen.
Eines muss noch festgehalten werden. Diesen Punkt möchte ich doch nicht überspringen. Niemand darf aus finanziellen Gründen davon abgehalten werden,
Viertens: Bei der Forschungsförderung hat sich die Gemeinschaftsaufgabe im Großen und Ganzen bewährt. Das zeigen auch die nach langen Geburtswehen erreichten Ergebnisse der so genannten Exzellenzinitiative. Ich möchte Ihnen, Frau Bauer, hier aber doch auch zum Teil widersprechen. Ihre Interpretation ist sehr eigenwillig, wenn Sie meinen, wir hätten auf dem Schlauch gestanden. Wenn wir das getan haben, dann hat das Ergebnis für uns gesprochen. Denn wir haben jetzt ein Ergebnis erreicht, das sich sehen lassen kann und das sich meilenweit von dem Konstrukt unterscheidet, das Frau Bulmahn uns vorgelegt hat.
Diese Initiative verbessert den Wettbewerb. Sie ist ein guter Beitrag für den Hochschulbereich. Sie stärkt die Spitzenförderung. Wir haben uns insofern durchgesetzt. Ich möchte mich ausdrücklich dem von Ihnen ausgesprochenen Dank an den Herrn Wissenschaftsminister anschließen.
Wie das bundesdeutsche Hochschulranking zeigt, sind unsere baden-württembergischen Hochschulen für diesen Wettbewerb bestens aufgestellt. Wir versprechen uns davon erhebliche Verbesserungen, und wir glauben, dass unsere Hochschulen die Nase vorn haben werden.
Ich möchte – wenn ich darf, Herr Präsident – noch einen letzten Gedanken einbringen. Gerade die letzte Auseinandersetzung um die Bund-Länder-Finanzierung hat die Pro
blematik der Mischfinanzierung aufgezeigt. Es muss doch das Ziel sein, dass der, der bezahlt, auch mitbestimmen darf. Sonst liegt die Versuchung nahe – und die Bundesregierung ist dieser Versuchung schon mehrfach erlegen –, dass man irgendeine Idee in die Welt setzt und mit Teilversprechungen die Erwartung weckt, dass andere bezahlen – und sei es auch nur den Rest oder die Folgekosten. Auf diese Weise lässt sich sehr leicht Politik machen. Denn wer freut sich nicht, wenn Geld in Aussicht gestellt wird? Schließlich gilt ja auch in der Politik der Grundsatz: Ein Onkel, der etwas mitbringt, ist besser als eine Tante, die nur Klavier spielt.
Wenn aber das Mitbringsel zum Teil zulasten anderer Haushalte geht, dann, meine Damen und Herren, ist es vielleicht doch besser, wenn der Bund als „Tante“ nur Klavier spielt und nicht als „Onkel“ etwas mitbringt, wofür die Verwandtschaft erst noch zahlen muss.
(Beifall bei der CDU – Heiterkeit bei Abgeordne- ten der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Röhm CDU: So ist es! Richtig! – Glocke des Präsidenten)
Meine Damen und Herren, auf jeden Fall möchte ich festhalten: Bund-Länder-Mischfinanzierungen können leicht zu Fehlanreizen und zu mehr Bürokratie führen und dadurch die Fähigkeit zur Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen erschweren. Unser Ziel muss deshalb sein, den Ländern die originäre Zuständigkeit für die Hochschulen zu erhalten. Das klärt die politische Verantwortung, das tut unseren Hochschulen gut, und es tut auch dem Land BadenWürttemberg gut.