Protocol of the Session on June 1, 2005

Diese hervorragende Arbeit findet auch ihren Niederschlag in dem vorliegenden 25. Tätigkeitsbericht, und zwar sehr eindrucksvoll, wie ich meine. Der Datenschutz in BadenWürttemberg befindet sich auf einem guten Weg. Ich glaube, dies dürfen wir feststellen. Das ist ganz wesentlich das Verdienst von Herrn Zimmermann und auch von dessen beiden Amtsvorgängern, aber auch von den zahlreichen behördlichen Datenschutzbeauftragten und den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung, die den Datenschutz angenommen haben und ihn vor allem auch im Alltag umsetzen.

Ich glaube, guten Gewissens sagen zu können, dass der sensible Umgang mit persönlichen Daten von Bürgerinnen und Bürgern in der öffentlichen Verwaltung heute einen hohen Stellenwert hat. Die Dienststelle des Landesbeauftragten für den Datenschutz feiert in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen. Ein Rückblick auf die vergangenen 25 Jahre zeigt, wie ich meine, eine sehr positive Entwicklung des Datenschutzes in Baden-Württemberg. In den ersten Jahren gab es ja viele grundsätzliche und strittige Fragen zum Datenschutz. Das hat sich mittlerweile geändert. Über das Anliegen des Datenschutzes besteht heute weitestgehend Einigkeit.

Auch der Stil des Umgangs zwischen dem Landesbeauftragten und der Verwaltung hat sich geändert, und zwar in

positiver Hinsicht. Am Anfang war es ein oftmals sehr formaler Streit über die Anforderungen des Datenschutzes. Dieser Streit ist in den letzten Jahren in einen konstruktiven inhaltlichen Dialog übergegangen. Das kommt dem Datenschutz natürlich zugute, und deswegen kann ich die Entwicklung nur begrüßen.

Nach wie vor gibt es Verstöße in der Verwaltung, aber größere Probleme oder gar Datenschutzskandale haben wir auch im vergangenen Jahr vom Landesbeauftragten nicht attestiert bekommen. Die Anzahl der ausgesprochenen Beanstandungen bewegt sich auf einem historisch niedrigen Niveau, und dies ist ein Beleg dafür, dass das gemeinsame Bemühen des Landesbeauftragten und der Verwaltung Früchte trägt. Jetzt weiß ich natürlich aus dem Polizeibereich, dass es Delikte und Fallzahlen gibt, die man im Polizeijargon als Holkriminalität bezeichnet. Klar: Je höher die Fahndungsdichte, die Kontrolldichte ist, desto höher sind natürlich auch die Fallzahlen. Gleichwohl: Mit gleicher Personalstärke und gleicher oder gar noch höherer Intensität hat sich die Anzahl der Beanstandungen nicht erhöht, sondern bewegt sich – ich sage es noch einmal – auf einem historisch niedrigen Niveau.

Es ist hier angesprochen worden – und dies halte ich für einen sehr wesentlichen Punkt; deswegen möchte ich das unterstreichen –, dass die Beratungstätigkeit kontinuierlich intensiviert wurde. Von diesem Beratungsangebot machen die Behörden offensichtlich immer häufiger und auch – Ihr Anliegen, Herr Kollege Dr. Lasotta, unterstreiche ich – schon in einem sehr frühen Stadium Gebrauch. Dies begrüße und unterstütze ich ausdrücklich, da auf diese Weise natürlich wichtige datenschutzrechtliche Fragen schon im Vorfeld geklärt werden können. Die frühzeitige Einbindung des Landesbeauftragten gewinnt aktuell bei verschiedenen gesetzgeberischen Vorhaben der Landesregierung große Bedeutung.

Ich möchte die Krebsregistrierung in Baden-Württemberg erwähnen. Das ist ein sehr schwieriges Thema. Hier konnte dank der Fachkompetenz des Landesbeauftragten und seiner Mitarbeiter eine abgewogene und datenschutzrechtlichen Anforderungen entsprechende Lösung gefunden werden, obwohl die Positionen – das will ich nicht verschweigen – anfangs sehr weit auseinander lagen. Ich bedanke mich bei allen Beteiligten, die dieses Ergebnis durch ihre engagierte Arbeit ermöglicht haben. Ich spreche hier auch für diejenigen, die auf neue Ergebnisse in der Krebsforschung hoffen, hoffen müssen, sowie für die Personen, die bei ihrer beruflichen Tätigkeit auf ein funktionierendes Krebsregister angewiesen sind. In diesem Fall hat sich einmal mehr gezeigt, dass das Erreichen einer schnellen Lösung unter Zurückstellung des Datenschutzes nicht das Ziel sein darf.

Ein anderes Beispiel wurde hier auch angesprochen: die landesweite Schülerindividualdatei. Auch hier ist es in intensiven Gesprächen und unter Beteiligung des Innenministeriums gelungen, zu einem akzeptablen Ergebnis zu kommen.

Meine Damen und Herren, ich möchte der Behauptung entgegentreten, dass das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zunehmend hinter dem allgemeinen Inte

(Minister Rech)

resse an einer effizienteren und geschmeidigeren Aufgabenerledigung zurücktreten würde. Es darf nicht außer Betracht bleiben, dass angesichts einer schwierigen Finanz- und Haushaltssituation in der Bundesrepublik auch Aspekte wie Wirtschaftlichkeit und Effizienz der öffentlichen Verwaltung für die Allgemeinheit einen hohen Stellenwert haben. Dies führt dazu, dass die Bürger an der einen oder anderen Stelle ein Mehr an Kontrolle zur Vermeidung von Missbräuchen akzeptieren müssen. Es gilt aber stets – ich denke, auch insoweit besteht Einigkeit –, dass eine vernünftige Balance gehalten werden und ein Interessenausgleich stattfinden muss. Natürlich gibt es hier in Einzelfällen nach wie vor Meinungsunterschiede, wenn es um die Gewichtung dieses Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung geht.

(Zuruf von der SPD)

Das zeigt sich etwa im Sicherheitsbereich – auch dies ist angesprochen worden –, beispielsweise bei der Videoüberwachung öffentlicher Plätze. Ich halte eine Videoüberwachung nach wie vor für eines von vielen Instrumenten, aber für ein sinnvolles Instrument zur Gewährleistung der inneren Sicherheit.

(Zuruf von den Grünen)

Dadurch ist es der Polizei möglich, ihre Einsätze gezielter zu steuern, Gefahren früher zu erkennen und zu einer rascheren Hilfe zu kommen.

Selbstverständlich muss der Einsatz der Videoüberwachung in jedem Einzelfall sorgfältig analysiert und bewertet werden. Aber dies wird durch das Innenministerium sichergestellt. Die Gefahr, dass die polizeiliche Videoüberwachung ausufert, sehe ich überhaupt nicht. Dies war in den vergangenen Jahren nirgendwo der Fall.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Ich sage nur „Schützen- fest“! – Abg. Theurer FDP/DVP: Biberach!)

„Schützenfest“ ist natürlich ein Argument, das ich jetzt nicht vertiefen möchte, weil Herr Kollege Schneider gerade nicht da ist. Aber wir werden es vielleicht einmal miteinander vor Ort selber erkunden.

Erlauben Sie mir noch einige wenige Anmerkungen zu der Forderung nach einer Zusammenlegung der Aufsicht für den Datenschutz im öffentlichen und im nichtöffentlichen Bereich, die auch jetzt in der Debatte erhoben wurde. Ebenso wie mein Vorgänger – das wird Sie nicht überraschen – befürworte auch ich eine solche Zusammenlegung nicht.

Die Gründe hierfür sind folgende: Zum einen handelt es sich hier um zwei weitgehend unterschiedliche Rechtsgebiete; das gilt sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht. Sowohl die jeweils anzuwendenden Rechtsvorschriften als auch die Datenverarbeitungsprozesse in der freien Wirtschaft einerseits und der Landes- und Kommunalverwaltung andererseits unterscheiden sich ganz erheblich voneinander, sodass hier eigentlich nur ein sehr geringes Potenzial für noch rationelleres Arbeiten erkennbar ist.

Es gibt auch verfassungsrechtliche Gründe, die gegen eine Zusammenlegung sprechen. Die im Innenministerium angesiedelte Datenschutzaufsicht für den nichtöffentlichen Bereich muss mitunter hoheitlich tätig werden. Das ist der Knackpunkt beispielsweise bei Firmenkontrollen vor Ort durch die Anordnung oder Verhängung von Bußgeldern. Eine Übertragung dieser Befugnisse auf den Landesbeauftragten würde wegen dessen gebotener Unabhängigkeit nicht unerhebliche Probleme aufwerfen.

Im praktischen Alltag ergeben sich aus der Zweigleisigkeit der Datenschutzaufsicht keine größeren Schwierigkeiten, im Gegenteil. Die Zusammenarbeit beider Stellen funktioniert in den wenigen Fällen, in denen beide Bereiche berührt sind, problemlos.

Im Übrigen – das will ich abschließend noch sagen – haben zahlreiche Bundesländer ebenso wie Baden-Württemberg eine geteilte Datenschutzaufsicht.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Aber zahlreiche haben auch eine gemeinsame!)

Niedersachsen will diesen Weg nun ebenfalls gehen und die bislang beim Landesbeauftragten für den Datenschutz liegende Zuständigkeit für den nichtöffentlichen Bereich ab dem nächsten Jahr auf das Innenministerium übertragen. Man sieht also, auch in anderen Bundesländern wird erkannt, dass die besseren Gründe gegen eine Zusammenlegung sprechen.

Ich sehe aber diesen Punkt sehr undogmatisch; ich sage dies für meine Person. Das heißt, wir werden diese Diskussion – das ist vorhersehbar – auch noch in den nächsten Jahren miteinander führen. Vielleicht kommen wir irgendwann einmal zu besseren und höheren Einsichten und zu anderen Ergebnissen. Aber im Augenblick sehe ich das so, wie ich es gesagt habe.

Ich möchte zum Abschluss meinen Dank an den Landesbeauftragten für den Datenschutz und sein Team wiederholen. Durch die kritische Begleitung der Verwaltung sorgen sie dafür, dass dem Datenschutz in Baden-Württemberg nach wie vor ein insgesamt sehr hohes Niveau bescheinigt werden kann.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur A b s t i m m u n g über die Beschlussempfehlung des Ständigen Ausschusses. Der Ständige Ausschuss empfiehlt Ihnen, von dem Datenschutzbericht und der dazu vorgelegten Stellungnahme der Landesregierung Kenntnis zu nehmen. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Einstimmig so beschlossen.

Damit ist Tagesordnungspunkt 5 erledigt.

(Stellv. Präsident Birzele)

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu der Mitteilung des Rechnungshofs vom 18. Januar 2005 – Beratende Äußerung zur Vergabe von Gutachten durch die Ministerien – Drucksachen 13/3960, 13/4200, 13/4366

Berichterstatterin: Abg. Heiderose Berroth

Das Präsidium hat für die Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Das Wort erhält Frau Abg. Netzhammer.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute über die Beratende Äußerung des Rechnungshofs vom 18. Januar 2005 zur Vergabe von Gutachten durch die Ministerien.

(Abg. Capezzuto SPD: Aha!)

Bevor ich auf diese eingehe, möchte ich eine grundsätzliche Bemerkung über die Notwendigkeit von Gutachten machen, um nicht missverstanden zu werden.

Die CDU-Fraktion hält den Einsatz externer Berater in der Landesverwaltung grundsätzlich für möglich und in vielen Fällen auch für sinnvoll.

(Abg. Capezzuto SPD: Aber?)

Externe Berater können die Aufgabenwahrnehmung der Landesverwaltung wirksam unterstützen, insbesondere wenn Problemlösungen mit eigenem Personal nicht möglich sind, weil zum Beispiel das erforderliche Fachwissen fehlt oder das erforderliche Methoden- und Projektwissen nicht vorhanden ist und man sich dieses auch nicht in einem angemessenen Zeitrahmen aneignen kann.

Neue oder komplexe Fragestellungen bei gleichzeitig knapper werdenden personellen Ressourcen erfordern oftmals externe fachliche Expertisen und Untersuchungen. Trotzdem ist die Notwendigkeit der Beratung aus unserer Sicht in jedem Einzelfall erneut zu prüfen. Die Mitarbeiter in unserer Landesverwaltung verfügen über eine hohe Fachkompetenz. Zu den originären Aufgaben der Fachreferate gehören fachliche Expertisen und Untersuchungen. Deshalb ist jedes Mal zu untersuchen, ob und inwieweit eigene Mitarbeiter in der Landesverwaltung in der Lage sind, sich mit neuen Sachverhalten auseinander zu setzen bzw. sich ein entsprechendes Fachwissen in einem akzeptablen Zeitrahmen anzueignen.

Darüber hinaus müssen bei der Vergabe von Gutachten die Grundsätze von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit beachtet und die Grundsätze der öffentlichen Vergabebestimmungen eingehalten werden.

Der Rechnungshof hat in der vorliegenden Beratenden Äußerung die Vergabe von Gutachten zwischen Anfang 2000 und April 2004 untersucht. In diesem Zeitraum wurden immerhin 336 Gutachten mit einem Auftragswert von 22 Millionen € vergeben. Wir reden hier also nicht über Marginalien oder Peanuts.

Nach den Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und der Vergabeverordnung sind öffentliche Aufträge grundsätzlich im Wettbewerb zu vergeben, also öffentlich auszuschreiben. Unterhalb bestimmter Wertgrenzen können nach der Beschaffungsordnung der Landesregierung Aufträge allerdings freihändig vergeben oder kann eine beschränkte Ausschreibung durchgeführt werden. Aber sowohl bei der beschränkten Ausschreibung als auch bei der freihändigen Vergabe müssen Vergleichsangebote eingeholt werden. Dies dient auch der Verhinderung von Korruption.

Wenn nun der Rechnungshof in seiner Untersuchung feststellt, dass nur in 10 % der Fälle eine Ausschreibung durchgeführt wurde, in 90 % der Fälle die Aufträge aber freihändig vergeben wurden – und dies in der Regel ohne Vergleichsangebot –, dann können wir dies nicht akzeptieren. Entsprechen doch diese 90 % der Aufträge immerhin rund 72 % des Auftragsvolumens.

Die CDU-Fraktion hat deshalb im Finanzausschuss den Beschlussvorschlag unterstützt, Gutachtenaufträge in Zukunft verstärkt im Rahmen der vergaberechtlichen Bestimmungen zu vergeben.

Wir sind außerdem der Meinung, dass angesichts der angespannten Haushaltslage die Ausgaben für Gutachten gekürzt werden können. Hierbei sind die globalen Minderausgaben heranzuziehen. Dies erhöht aus unserer Sicht den Druck auf die Ministerien, in Zukunft bei der Prüfung der Notwendigkeit von Gutachtenvergaben strengere Maßstäbe anzulegen und verstärkt die eigene Verwaltung einzusetzen.