Unseren privaten und öffentlichen Wohlstand können wir nur behaupten, wenn wir im internationalen Wettbewerb erfolgreich sind. Wir können in diesem Wettbewerb bestehen – aber nur dann, wenn wir uns über zwei Dinge im Klaren sind:
Erstens: Baden-Württemberg wird auch in Zukunft ein Hochlohnland bleiben. Wir müssen deshalb unsere Kräfte auf hochwertige und innovative Produkte und Dienstleistungen konzentrieren. Wir müssen mindestens um so viel besser sein, wie wir teurer sind. Wir leben von Innovation, Forschung, Fortschritt und Qualität.
Und zweitens: Auf den Feldern, auf denen wir besonders gut und wettbewerbsfähig sind, müssen wir konsequent die bestehenden Wachstumsbremsen und Standortnachteile abbauen.
Dafür brauchen wir Reformen im Bund und auch im Land. Dafür brauchen wir Fleiß. Dafür brauchen wir den Mut zu Neuem. Und wir brauchen eine Kultur der Selbstständigkeit in unserer Gesellschaft insgesamt.
Unser Land hat eine sehr gute Ausgangslage. Baden-Württemberg hat im Ländervergleich seit Jahren die niedrigste Arbeitslosigkeit, die wenigsten Insolvenzen und die meisten Patente, die besten Hochschulen und hervorragende Ergebnisse in der Schul- und Bildungspolitik.
Er hat auch historisch keine Rolle gespielt. Ich will alles tun, damit dies in Baden-Württemberg so bleibt.
Es gibt immer wieder durchsichtige Versuche, Fronten aufzubauen und Neid zu schüren. Jedes Heraufbeschwören ideologischer Gegensätze schadet dem Standort BadenWürttemberg und den Menschen, die hier leben. Wir wehren uns dagegen mit aller Kraft.
Ich danke heute in meiner ersten Regierungserklärung am Beginn meiner Amtszeit als Regierungschef allen Kräften
im Land, die zu diesem ausgezeichneten Ergebnis beigetragen haben: den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, den Unternehmen und Gewerkschaften, den Mitarbeitern im öffentlichen Dienst, Beamten, Angestellten und Arbeitern, den Wissenschaftlern und Lehrern, den Kirchen und Verbänden.
Ich danke Erwin Teufel, meinem Vorgänger im Amt. Er hat in 14 Jahren Beeindruckendes geleistet und geschaffen. Baden-Württemberg ist in diesen Jahren noch mehr zusammengewachsen. Es ist kein „Bindestrich-Land“, sondern eine starke Einheit, die in Deutschland mithalten kann.
Weitreichende Fusionen sind gelungen und wichtige Weichen wurden von ihm gestellt. Im Zentrum seiner Arbeit standen die Zukunftschancen der jungen Generation. Dies bleibt auch für mich weiterhin eine Pflicht.
Ich sehe mich auch in der Kontinuität zu meinen Vorvorgängern und erinnere an die Liberalität eines Reinhold Maier, an die Solidität eines Gebhard Müller, an die Weitsicht eines Kurt Georg Kiesinger, an den Aufbruch in Wirtschaft und Wissenschaft durch Hans Filbinger, an die Dynamik Lothar Späths. Wir haben von daher in all den Jahrzehnten seit dem Zweiten Weltkrieg mit unseren Landesregierungen und Regierungschefs eine gute Entwicklung gehabt.
Mit der neuen Landesregierung setzen wir die bewährte Koalition von CDU und FDP/DVP fort. Diese Koalition steht für eine erfolgreiche Landespolitik. Sie steht für eine aktive Rolle Baden-Württembergs im Bund und in der Europäischen Union. Sie steht für Tradition und Fortschritt, Dynamik und Verlässlichkeit.
Baden-Württemberg ist ein Land, das sich seiner christlichen Wurzeln bewusst ist. Christlich geprägte Werte wie Freiheit, Nächstenliebe, Solidarität und Engagement gehören zu den unverzichtbaren Grundlagen unserer Gesellschaft. Dieser Staat ist wertneutral, aber nicht wertfrei. Die Kirchen leisten in unserem Land unverzichtbare Dienste: in Caritas und Diakonie, bei der Betreuung von Kindern und Senioren, als Träger von Privatschulen und in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit.
Sie konfrontieren uns mit der Frage nach dem Sinn des Lebens. Und sie erinnern uns daran, dass wir als Menschen unser Schicksal nicht allein in Händen halten. Wir werden deswegen die bestehende Praxis einer guten Partnerschaft mit den Kirchen und eines konfessionellen Religionsunterrichts in Baden-Württemberg beibehalten.
Wir werden den bereits beschlossenen Modellversuch eines islamischen Religionsunterrichts in deutscher Sprache zügig umsetzen. Die Pläne des Berliner Senats zur Einführung eines nicht bekenntnisgebundenen Lebenskundeunterrichts lehnen wir entschieden ab. Dieses Berliner Modell schafft nicht Neutralität, sondern geistige Leere.
Bei uns in Baden-Württemberg wird die Religion auch in Zukunft ihren Platz im gesellschaftlichen Leben behalten. Die Landesregierung setzt auf eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den christlichen Kirchen und mit allen anderen Religionsgemeinschaften, die das Leben in unserem Land prägen, Menschen erfüllen und bereichern.
Meine Damen und Herren, wir begehen in diesen Tagen den 60. Jahrestag des Kriegsendes. Als erster Regierungschef unseres Landes habe ich den Zweiten Weltkrieg und die harten Nachkriegsjahre nicht mehr selbst erlebt. Ich werde immer Dankbarkeit gegenüber allen empfinden, die unser Land aufgebaut haben. Zugleich habe ich tiefen Respekt vor dem Leid der älteren Generation. Für viele von ihnen ist die schreckliche Erfahrung von Krieg, Zerstörung, Flucht und Vertreibung immer noch lebendig. Deshalb wenden wir uns gegen jede Form von Geschichtsvergessenheit und setzen uns auch weiterhin für die Vermittlung der Zeitgeschichte und für das „Zentrum gegen Vertreibungen“ in Berlin ganz konkret ein.
Wir, auch meine Generation, bleiben in einer geschichtlichen Verantwortung, auch im neuen Jahrhundert.
Seit 60 Jahren lebt Deutschland in Frieden mit seinen Nachbarn, die heute Partner und Freunde sind. Heute beteiligen sich Soldaten der deutschen Bundeswehr an friedenssichernden Missionen in aller Welt. Überdurchschnittlich viele kommen aus Standorten in Baden-Württemberg. Die Regierung ist diesen jungen Menschen, gerade unseren Landsleuten, die sich mit hohem persönlichem Risiko für den Frieden und für Menschenrechte in der Welt einsetzen, sehr verbunden.
Wir wissen auch um die Sorgen und Ängste ihrer Angehörigen. Ich möchte deswegen baldmöglichst eine Einheit aus Baden-Württemberg im Auslandseinsatz besuchen, um aufzuzeigen, dass uns dieser Einsatz wichtig ist und dass die Sicherung von Menschenrechten und Freiheit weltweit einen menschlichen, persönlichen Beitrag wert sein muss.
Die europäische Einigung ist der Garant einer stabilen Friedensordnung. Die Osterweiterung Europas und der Europäischen Union ist die Krönung dieses Friedenswerkes. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht wird sie auf Dauer ein richtiger und konsequenter Schritt sein.
Bei aller Zustimmung zur bisherigen Erweiterungspolitik dürfen wir uns nicht der Illusion hingeben, dass das europäische Band beliebig ausgedehnt werden kann. Vor der Aufnahme weiterer Länder in die Europäische Union muss sehr genau geprüft werden, welche Auswirkungen dies hat: auf den Arbeitsmarkt, auf die Währungsstabilität, auf die Handlungsfähigkeit der europäischen Gremien und auch auf den Charakter Europas als Werte- und Kulturgemeinschaft, die erhalten bleiben muss.
Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger steht der europäischen Idee positiv gegenüber. Aber sie hat zu Recht Sorgen vor bürokratischer Überregulierung und auch vor einem Verlust an demokratischer Kontrolle. Die neue Landesregierung wird in der Europapolitik auf eine konsequente Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips achten.
Wir werden die Europapolitik auch in Zukunft aktiv mitgestalten, im Ausschuss der Regionen ebenso wie im regen Kontakt mit den europäischen Einrichtungen. Ein wichtiger Brückenkopf für diese Arbeit ist unsere Vertretung in Brüssel, die erhalten und gestärkt werden wird.
Im Interesse unserer Wirtschaft werden wir alle Bestrebungen der Bundesregierung abwehren, europäische Regelungen bei ihrer Umsetzung zusätzlich zu verschärfen. Ein schlechtes Beispiel für rot-grüne Politik des „Draufsattelns“ ist das so genannte Antidiskriminierungsgesetz.
Liebe Kolleginnen, verehrte Kollegen, von allen deutschen Ländern hat Baden-Württemberg gegenwärtig mit 7,3 % die mit Abstand niedrigste Arbeitslosenquote. Aber auch diese ist zu hoch. Wir werden in den nächsten zehn Jahren nicht nur Beschäftigung für 400 000 Arbeitslose anstreben müssen. Wir brauchen darüber hinaus noch einmal rund 250 000 Arbeitsplätze für die Menschen, die aus Gründen der Demografie und durch Wanderungsbewegungen neu auf den baden-württembergischen Arbeitsmarkt kommen. Unsere Sorge gilt all diesen Mitbürgern der jetzigen und der kommenden Generationen.
Reformen sind kein Selbstzweck. Sie dienen den Menschen: den 5,2 Millionen Arbeitslosen bundesweit und Millionen anderen, die um ihre Jobs bangen. Nur durch wirtschaftliches Wachstum und eine mutige Reformpolitik können wir Arbeitslosigkeit abbauen, Arbeitsplätze sichern und im Wettlauf um den besten Arbeitsmarkt bestehen.
Die Hauptwachstumsbremsen bei uns in Deutschland sind das Steuersystem, die Lohnnebenkosten sowie der arbeitsrechtliche Rahmen generell. Hier müssen wir ansetzen. Wir müssen die Produktivität in Relation zu den Kosten erhöhen.
Nach einer Studie des World Economic Forum ist das deutsche Steuersystem das weltweit ineffizienteste: 104 untersuchte Länder, Platz 104 für Deutschland, der letzte Platz. Das sagt eigentlich alles aus. Was wir brauchen, ist eine große Steuerreform, ist ein neues Steuerrecht, das diesen Namen wirklich verdient.