Protocol of the Session on February 17, 2005

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Österreich!)

Was viel gefährlicher ist: Sie haben auch Versprechungen gegeben, über viele Jahre hinweg gar keine Steuern zu verlangen.

(Zuruf der Abg. Veronika Netzhammer CDU)

Ich finde es unerträglich, dass Sie sich an diesem Wettlauf aktiv beteiligen wollen. Sie sagen angesichts unserer Haushaltssituation, wir sollten uns an Steuersätzen in Osteuropa messen, anstatt die Bundesregierung bei dem Bemühen zu unterstützen, in Europa eine Steuerharmonisierung hinzubekommen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Birk CDU: Nicht wir! Der Bundeswirtschaftsminister hat das vorge- schlagen, Herr Kollege! – Zuruf der Abg. Veronika Netzhammer CDU)

Wollen Sie denn weiterhin über die EU die Straßen in Polen und in Litauen bezahlen – von unserem Geld –,

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Wir reden von Westeuropa! – Abg. Dr. Birk CDU: Selbst der Bundeskanzler will es, Herr Kollege!)

während wir gleichzeitig auf Steuern verzichten sollen? Das funktioniert doch nicht!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Alfred Haas CDU: Herr Schmiedel ist entgleist! – Zuruf von der CDU: Schmiedel verausgabt sich!)

Jetzt noch einmal zu dem C1-Programm, weil das infrage gestellt wurde: Eine der Stärken unseres Landes ist – darauf weist auch die Industrie- und Handelskammer hin; wir wissen das aber auch selbst – unser guter Forschungshorizont. Ich will gar nichts schlechtreden, aber auf eine Gefahr aufmerksam machen. Wenn wir in diesem Transfer zwischen Grundlagenforschung und Produktion nachlassen, dann verlieren wir; und wir haben die besten Voraussetzungen. Deshalb sagen wir: C1 heißt übersetzt „betriebliche Forschungsförderung“, einzelbetriebliche Forschungsförderung – aber nicht wie früher mit der Gießkanne, wobei jeder, der etwas macht, einen Antrag stellt und, wenn das sinnvoll ist, Geld bekommt.

Vielmehr sollten wir erwägen, in die Bereiche, die wichtig sind, hineinzugehen, zum Beispiel bei der Zulieferindustrie und bei der gemeinsamen Entwicklung von neuen Technologien und dem Voranbringen von Kooperationen, wie es beispielsweise in Österreich mit großem Erfolg geschieht. Man setzt die Themen selbst und lässt sich nicht überraschen von den Themen, die von außen kommen. Dann haben wir unserer Meinung nach beispielsweise mit diesem Thema einen guten Beitrag zur Untermauerung der Überzeugung geliefert, dass es besser ist, hier zu produzieren, in diesem guten Umfeld, in diesem Netzwerk, anstatt die Produktion zu verlagern.

(Beifall bei der SPD – Abg. Schmid SPD: Jawohl! – Abg. Kübler CDU: Eine flammende Rede! – Abg. Hofer FDP/DVP: Sehr gemäßigt! Staatsmän- nisch! – Weitere Zurufe von der CDU – Unruhe)

Das Wort erteile ich Herrn Wirtschaftsminister Pfister.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihnen allen zunächst einmal für Ihr Verständnis dafür danken, dass der Wirtschaftsminister überhaupt nicht anders kann, als mit diesem Haushalt den Versuch zu machen, eine mittlere Linie zu fahren – eine mittlere Linie mit dem Ziel, auf der einen Seite das zu tun, was dringend notwendig ist, nämlich einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung zu leisten – wer möchte dies in Abrede stellen? –, und auf der anderen Seite deutlich zu machen, dass es Kernbereiche der baden-württembergischen Wirtschaftspolitik gibt, die nicht angetastet werden dürfen, sondern eher noch gestärkt werden müssen.

(Abg. Schmiedel SPD: Dann mal raus damit! Da bin ich aber mal gespannt!)

Das ist diese mittlere Linie. Ich bin dem Kollegen Hofer sehr dankbar dafür, dass er darauf hingewiesen hat – um zum Thema Haushaltskonsolidierung noch einen Satz hinzuzufügen –, dass sich das Wirtschaftsministerium alles vorwerfen lassen kann, eines aber nicht: dass es nicht schon in der Vergangenheit sehr rechtzeitig damit begonnen hätte, diese Haushaltskonsolidierung zu betreiben, und zwar stärker zu betreiben als jedes andere Ministerium.

Wenn die Subventionen in den letzten vier, fünf Jahren im allgemeinen Landeshaushalt um 5 % gestiegen sind und die Subventionen im Bereich des Wirtschaftsministeriums gleichzeitig um 36 % zurückgefahren wurden, dann ist das ein deutlicher Beweis dafür, dass das Wirtschaftsministerium über Subventionsabbau und Einsparungen nicht nur redet, sondern tatsächlich auch konkret handelt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Aber ich will auch darauf hinweisen, dass es in der Struktur des Wirtschaftsministeriums natürlich deutliche Umwälzungen gegeben hat.

Die Integration des Landesgewerbeamts in das Wirtschaftsministerium ist bereits angesprochen worden. Ich will nicht verhehlen, dass es vielleicht den einen oder anderen gibt, der dem altehrwürdigen Landesgewerbeamt mit einem kleinen Tränchen im Auge nachtrauert. Aber eines ist auch klar: Die Integration des Landesgewerbeamts in das Wirtschaftsministerium war in der gegebenen Situation die beste Lösung, die wir wählen konnten.

(Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Erstens sparen wir damit ganz eindeutig allgemeine Verwaltungskosten. Sie können das daran sehen, dass bereits in diesem Haushalt gewissermaßen als vorweggenommene Effizienzrendite 1 Million € bei den laufenden Betriebsausgaben eingespart werden.

Zweitens haben wir durch die Integration in das Wirtschaftsministerium eine Zersplitterung der Wirtschaftsförderung vermieden.

(Abg. Schmiedel SPD: Na, na, na!)

Drittens wurde das Landesgewerbeamt dort eingegliedert, wo auch nach Aussage des Rechnungshofs eine weit unterdurchschnittliche Kostendynamik im Vergleich mit anderen

Wirtschaftsfördereinrichtungen zu verzeichnen ist, nämlich im Wirtschaftsministerium. Wie gesagt, das sage nicht nur ich, sondern dies sagt auch der Rechnungshof.

Der Rechnungshof hat ja alle Wirtschaftsfördereinrichtungen im Land untersucht und die Frage gestellt: Welche Wirtschaftsfördereinrichtung ist am ehesten in der Lage, besonders effizient zu arbeiten? Er hat weiter gesagt: Bei einem Ressourceneinsatz von etwa 1 Million € erreicht eine Wirtschaftsfördereinrichtung in Baden-Württemberg ein durchschnittliches Fördervolumen von rund 7 Millionen €. Im Wirtschaftsministerium werden aber nicht 7 Millionen € erreicht, sondern 43 Millionen €. Der Rechnungshof macht diese Rechnung auf, nicht ich, Herr Kollege Schmiedel. Ich finde, wenn der Rechnungshof eine solche Rechnung aufmacht und dem Wirtschaftsministerium attestiert, dass es nicht nur sparsam, sondern auch effizient arbeite, dann können eigentlich auch Sie das ruhig glauben und übernehmen.

Der Rechnungshof kommt zu folgendem Fazit:

(Glocke der Präsidentin)

Augenblick! Darf ich den Satz noch sagen?

Gerne.

Der Rechnungshof kommt zu folgendem Fazit: Wenn die Personalkosten des Wirtschaftsministeriums um die nicht beeinflussbaren Tarifsteigerungen bereinigt werden würden, dann ergäbe sich sogar eine Kostenabnahme. Dies ist also ein eindeutiger Beweis dafür, dass im Wirtschaftsministerium sparsam und effizient gearbeitet wird.

Herr Wirtschaftsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Stickelberger?

Ja, gerne.

Herr Minister, gestatten Sie eine Frage zur Eingliederung des Landesgewerbeamts in das Wirtschaftsministerium?

Ja.

Meine Frage: Kennen Sie den Artikel in der „Stuttgarter Zeitung“ – Überschrift: „Sangund klangloses Ende einer königlich geförderten Einrichtung“ – zur Steinbeis-Stiftung, wonach der Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstags Richter im Hinblick auf die Eingliederung sagt: „Die Bürokratie hat zugenommen, die Verfahren dauern länger.“?

Ich kenne den Artikel nicht. Aber ich bin, wie Sie sich denken können, mit Herrn Richter ständig im Gespräch.

Ich will überhaupt nicht abstreiten, dass es beim Übergang des Landesgewerbeamts in das Wirtschaftsministerium Geburtswehen gibt. Das ist völlig klar. Sie werden aber Schritt für Schritt abgebaut.

Wichtig ist aber – und darin bin ich mit Herrn Richter einig –, dass durch die Integration in das Wirtschaftsministerium

(Minister Pfister)

eine Zersplitterung der Förderung vermieden werden konnte. Deshalb bleibe ich dabei – auch der Rechnungshof sagt dies; ich habe Ihnen das anhand von Zahlen bewiesen –, dass im Wirtschaftsministerium mit dieser Integration sparsam und effizient gearbeitet wird.

(Abg. Schmiedel SPD: Aber das ist Blödsinn! – Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Schmiedel?

Bitte.

(Zuruf: Ruhig bleiben! – Heiterkeit)

Herr Minister, können Sie sich daran erinnern, dass der Rechnungshof bei den Beratungen des Finanzausschusses zum Thema Wirtschaftsförderung ausgeführt hat, er halte es für einen Konstruktionsfehler, dass jetzt operative Aufgaben in das Ministerium verlagert werden, und vorgeschlagen hat – wie wir, aber auch die Grünen und früher auch einmal die CDU –, alles unter dem Dach der L-Bank zu konzentrieren? Wie kommen Sie jetzt darauf, dass der Rechnungshof die Integration gutheißt?

Weil ich nicht etwa dargestellt habe, was mir eingefallen ist, sondern zitiert habe, was der Rechnungshof in seinem Bericht geschrieben hat.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Von wann?)

Ich darf noch einmal sinngemäß wiedergeben: Er sagt, dass durch die Integration eine weit unterdurchschnittliche Kostendynamik entstanden ist.

(Abg. Schmiedel SPD: Das ist doch völlig neben- sächlich! Sie müssen sich einmal die Vorschläge, die Bewertung anschauen!)