Protocol of the Session on February 16, 2005

Wir wollen in der Agrarverwaltung Wildwuchs von Agraranstalten und -instituten eindämmen. Deswegen brauchen wir natürlich auch konsequenterweise keine Staatssekretärin in dem Ministerium, und wir brauchen eigentlich auch keinen Minister in diesem Ministerium.

(Abg. Wieser CDU: Wollen Sie die Frauen ab- schaffen? Ausgerechnet die Frauen!)

Nein, wir wollen nicht die Frauen abschaffen – das ist ja nun der blödeste Zwischenruf, den Sie jetzt machen konnten –, sondern wir wollen den Staatssekretärsposten abschaffen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt kommen wir zur Bildung. Ich finde es interessant, dass Herr Oettinger wenigstens erkannt hat, dass die baden-württembergischen Schulen immer mehr Schüler verlassen, die für die Wirtschaft nicht ausbildungsfähig sind. Das ist schon eine bemerkenswerte Erkenntnis, die Herr Oettinger gemacht hat. Wir sagen das schon seit Jahren. Wenn Sie bei DaimlerChrysler oder bei mittelständischen Industrieunternehmen darauf zu sprechen kommen, dann sagen die Ihnen, dass es katastrophal ist, was aus baden-württembergischen Schulen zu ihnen kommt. Herr Hundt vom Arbeitgeberverband hat erst neulich in einem Zeitungsinterview gesagt: „Die badenwürttembergischen Schulen bringen uns nicht mehr diejenigen Schülerinnen und Schüler, die ausbildungsfähig sind.“ Genau das hat er gesagt.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Jetzt wollen wir doch einmal sehen: Wenn 8 bis 10 % keinen Schulabschluss mehr machen, wenn 20 % nicht richtig Deutsch können, wenn sie aus der Schule kommen, oder das, was sie auf Deutsch lesen, nicht verstehen, dann ist das eine Katastrophe.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Berufsschulen in Baden-Württemberg, Herr Oettinger, neun zusätzliche Stunden zum Deutschlernen für Schüler anbieten, weil diese, obwohl sie das baden-württembergische Schulsystem durchlaufen haben, nicht verstehen, was in den Berufsschulen auf Deutsch gesprochen wird, dann, muss ich Ihnen sagen, ist das doch eine Katastrophe.

(Abg. Alfred Haas CDU: Jetzt beschreiben Sie doch mal die Lösung!)

Und da laufen Sie herum und erzählen, wir bräuchten keine Parallelgesellschaften, und Frau Schavan erzählt, der Imam solle Deutsch reden. Das ist die Konsequenz! Die Konsequenz ist, dass im Kindergarten die deutsche Sprache verpflichtend gelernt werden muss. Das ist die Konsequenz!

(Beifall bei der SPD – Zurufe der Abg. Dr. Lasotta und Wieser CDU)

Das hat er gar nicht gefordert. Er hat etwas anderes gefordert. Warum haben Sie dann unseren Antrag, 6 Millionen € pro Jahr einzusetzen, wie es das Ministerium wollte, damit endlich die deutsche Sprache im Kindergarten gelernt wird, abgelehnt?

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Vielleicht stimmen sie heute zu! – Gegenruf der Abg. Marianne Won- nay SPD: Glaubst du an Wunder?)

Das, was im Ministerium beschlossen wurde, wollten wir umsetzen. Sie wollen offensichtlich überhaupt nicht, dass 75 000 Kindergartenkinder Deutsch lernen.

(Widerspruch bei der CDU – Zuruf des Abg. Ca- pezzuto SPD)

Sonst könnten Sie doch das Geld zur Verfügung stellen.

Aber für die Imagekampagne hat man Geld.

(Unruhe bei der CDU)

Bis zum Jahr 2006 geben die FDP/DVP- und die CDUFraktion insgesamt 50,3 Millionen € für eine Werbekampagne „Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“ aus.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Recht haben sie!)

Das muss man sich mal vorstellen!

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Deswegen brauchen wir Sprachförderung! Hochdeutsch!)

Aber Sie haben keine 6 Millionen € für Sprachförderung. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Im Übrigen kann ich Ihnen nur sagen: Wenn Sie diese Werbung weiter machen, dann wird es auch nichts mit der Sprachförderung. Dann wird es eines Tages so sein, dass wir alles können außer Deutsch. Dann ist die Werbung richtig. Ich kann also nur sagen: raus aus der Werbung und rein in die Sprachförderung. Das wäre die richtige Konsequenz.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zurufe der Abg. Dr. Noll FDP/DVP, Capezzuto SPD und Al- fred Haas CDU)

Zum Schulsystem noch etwas: Wir haben jetzt dieses tolle Programm des Bundes, durch das 406 neue Ganztagsschulen entstanden sind, ein Programm, das der Bund freiwillig gemacht hat. Das hätte er ja gar nicht machen müssen. 528 Millionen € hat der Bund zur Verfügung gestellt. Die Frau Schavan wollte das Geld ja zuerst gar nicht annehmen. Ein einzigartiges Investitionsprogramm! Wahrscheinlich kommen noch viele Kommunen, die von diesem Programm gar nicht mehr profitieren können. Deswegen muss man sich auch überlegen, wie man dann mit diesen Anträgen umgeht. Denn im Land Baden-Württemberg sind ja jetzt sehr unterschiedlich Ganztagsschulen entstanden.

Aber da muss die Landesregierung jetzt auch sagen: „Bei Ganztagsschulen muss ich auch zusätzliches pädagogisches Personal zur Verfügung stellen; sonst habe ich eine Halbtagsschule mit Mittagessen, und anschließend machen die Vereine die Freizeit.“ Das kann doch nicht das pädagogische Konzept einer Ganztagsschule sein. Wir verspielen sonst die Zukunft unserer Schülerinnen und Schüler. Die Bauten sind da, die Bereitschaft ist da, und jetzt muss auch noch pädagogisches Personal dazukommen, sonst ist das, was Sie gemacht haben, nutzlos und hat nur zu einer reinen Betreuungssituation geführt.

(Beifall bei der SPD – Abg. Fleischer CDU: Geld vom Bund für die Betreuung reicht völlig!)

Der Bund hat das Land um eine halbe Milliarde Euro entlastet, als er die Aufgaben übernommen hat, und sonst gar nichts. Im Übrigen ist es so – schauen Sie doch einmal hin! –, dass fast 30 % unserer Kinder es überhaupt nicht kennen, sich mittags zusammen an den Tisch zu setzen. Über 10 % unserer Kinder bekommen gar keine warme Mahlzeit. Das ist die Situation!

(Abg. Alfred Haas CDU: Das muss der Staat alles regeln?)

Sehen Sie, jetzt haben wir es: Sie wollen gar nicht die Ganztagsschule!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD: So ist es!)

Der Staat muss das nicht deshalb regeln, weil es die Familien nicht mehr machen würden, sondern deshalb, weil wir etwas für die Kinder tun müssen, Herr Haas. Das ist das Problem!

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Kiefl CDU)

Schön, dass Ihre ideologischen Vorbehalte gegen Ganztagsschulkonzepte immer wieder aufbrechen. Das finde ich sehr schön. Machen Sie weiter Ihre Zwischenrufe; dann wird der Öffentlichkeit deutlich, dass Sie überhaupt kein Ganztagsbetreuungsangebot und auch keine Ganztagsschulen wollen. Da haben wir eine schöne Grundlage für unsere Auseinandersetzungen in den anderthalb Jahren bis zur Wahl.

Herr Oettinger, auf die Studiengebühren werde ich nachher noch eingehen. Ich will Ihnen nur sagen – –

(Abg. Alfred Haas CDU: Der Staat muss den Kin- dern das Essen beibringen!)

Der Staat muss den Kindern nicht das Essen beibringen,

(Abg. Herrmann CDU: Das haben Sie doch gerade gesagt!)

aber wenn die Situation in der Gesellschaft so ist, dass die Familien das nicht mehr machen, dann kann der Staat entweder sagen, die Kinder gingen ihn nichts an, oder aber er muss die Pflicht übernehmen, sicherzustellen, dass jedes Kind, egal, woher es kommt, die Chance bekommt, entsprechend seiner Begabung gefördert zu werden. Das ist Aufgabe des Staates, Herr Haas, und sonst nichts.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Sie haben ein eigenes Gesellschaftsbild! Genau so ist Baden-Württemberg bisher regiert worden, und wahrscheinlich wird es weiterhin so regiert.

Wir hätten heute gern Aussagen – –

(Unruhe bei der SPD – Abg. Herrmann CDU: Das ist gut so!)

Ja, natürlich. Wahrscheinlich wird es weiterhin – bis zur nächsten Wahl – so regiert.

Herr Oettinger, ich sage es noch einmal: Wir hätten heute von Ihnen eigentlich erstens gern wissen wollen, wie es inhaltlich mit der Energiepolitik weitergeht. Wir hätten eigentlich von Ihnen zweitens erfahren wollen, wie Sie jetzt die Ganztagsschule in Baden-Württemberg gestalten wollen. Sind Sie der Auffassung, dass das ohne zusätzliche Lehrer geht? Wir hätten gern erfahren, wie Sie die Ganztagsbetreuung in Baden-Württemberg, für die Sie ja sind, organisieren wollen. Es gibt keinen müden Euro für zusätz

liche Lehrer für Ganztagsschulen, kein zusätzliches Geld für eine Verstärkung der Ganztagsbetreuung. Wir hätten von Ihnen auch gern gehört, wie denn die Zukunft im Grunde genommen aussieht in der – –

(Abg. Alfred Haas CDU: Rothaus verkaufen?)

Ja, sehen Sie: Rothaus! Das ist jetzt ein Zwischenruf von einem CDU-Abgeordneten! Ich finde das sehr schön. Sie haben doch Folgendes gemacht: Damit die FDP/DVP zustimmt, dass die Aktienanteile innerhalb der EnBW auf gleichem Niveau gehalten werden, wogegen die FDP/DVP ja war – sie war ja dagegen; der Herr Justizminister hat ja da ganz groß die Backen aufgeblasen und gesagt: „Da machen wir nicht mit! Völlig falsch! Da machen wir nicht mit!“ –, hat man ja seitens der Union den „Staatsanzeiger“ zur Privatisierung freigegeben. Das ist zwar ordnungspolitisch durchaus richtig, aber Sie sind gar nicht davon überzeugt. Daraufhin ist der ganze Widerstand der FDP/DVP zusammengebrochen, und sie hat, obwohl sie nicht davon überzeugt ist, die Zustimmung dazu gegeben, dass es über die L-Bank ein um 20 Millionen € zinsverbilligtes Darlehen gibt. So wird hier Politik gemacht! Der Basarhandel spielt hier die große Rolle, statt dass in diesem Land Zukunftspolitik gemacht würde.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)