Die Konzeption für das neue Landesinstitut für Schulentwicklung hat zwei schwerwiegende Mängel: Das Institut ist nicht unabhängig und wegen mangelnder Ressourcen nicht in der Lage, die riesige Aufgabenfülle zu bewältigen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Zeller SPD: Genau das ist es! – Abg. Kübler CDU: Spär- licher Applaus!)
Um welche Aufgaben handelt es sich? Entwicklung und Koordinierung der Bildungspläne für allgemein bildende Schularten, Entwicklung der Bildungspläne für das berufliche Schulwesen, Erarbeitung von Materialien für Projekte
der Schulentwicklung, nationale und internationale Abstimmung der Bildungsstandards, Erarbeitung von Evaluationsinstrumenten für die Selbstüberprüfung der Schulen – da geht es zum Beispiel um die Diagnosearbeiten für die Grundschulen und die Vergleichsarbeiten in den allgemein bildenden weiterführenden Schulen – und schließlich Organisation der Fremdevaluation. Das Institut bei einer derartigen Ausweitung der Aufgaben ressourcenneutral einführen zu wollen ist doch unverantwortlich. Damit verhindern Sie den Aufbau eines effektiv arbeitenden Dienstleistungszentrums für unsere Schulen.
Meine Damen und Herren, das eigentliche Ziel einer wirksamen Schulentwicklung ist die qualitative Veränderung des Unterrichts. Eine andere Lern- und Arbeitskultur wird angestrebt, die – wie in Finnland – von den Schülerinnen und Schülern als nützlich und von jedem Einzelnen als bedeutungsvoll erfahren wird. Dieser wichtige Aspekt soll sich im Namen des Instituts widerspiegeln. Wir fordern deshalb die Bezeichnung „Institut für Unterricht und Schulentwicklung“.
Die zu erwartende Fremdbestimmung des Instituts zeigt sich in der obrigkeitsstaatlichen Kontrolle, leider aber auch im bürokratischen Zuschnitt der Fremdevaluation. Wegen der unzureichenden Gesamtausstattung des Instituts wird dort nämlich der Schwerpunkt entstehen. Der Bildungsprozess an den einzelnen Schulen, der ja begleitet werden soll, tritt dagegen in den Hintergrund. Die Überprüfung des Outputs, wie zum Beispiel die vergleichende Erhebung von Schülerleistungen, ersetzt dann die Optimierung des Bildungsprozesses.
wie das bekannte Zitat ausdrückt. Von PISA lernen heißt in Deutschland, endlich darauf abzuzielen, den Kindern individuell gerecht zu werden, anstatt sie an Maßstäben zu messen, denen sie nicht genügen können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Renate Rastätter GRÜNE – Abg. Kleinmann FDP/ DVP: Das ist richtig!)
Mit den Irrtümern, alle alles zu lehren und alle könnten alles lernen, sollte endlich aufgeräumt werden.
Meine Damen und Herren, das neue Institut ist leider auf Vorgaben fixiert und orientiert sich nicht primär an der Individualisierung des Bildungsprozesses. Wegen der geschilderten Mängel wird es die Schulentwicklung vor Ort nur unzureichend begleiten können. Dabei benötigen unsere Schulen gerade derzeit ein unabhängiges pädagogisches Dienstleistungszentrum so dringend wie noch nie.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP/DVP, sorgen Sie heute wenigstens dafür, dass das Institut unabhängiger wird, indem Sie unseren Anträgen zustimmen. Fremdgelenkte Beamte können schwerlich unabhängige Dienstleister der teilautonomen Einzelschule sein.
Deswegen muss der Landtag einige Aufsichtsratsmitglieder bestellen können. Auch Externe gehören in den Aufsichtsrat, und eine Berichtspflicht gegenüber dem Landtag ist festzulegen.
Die SPD-Landtagsfraktion bejaht die Notwendigkeit einer unabhängigen Bildungsagentur zur Unterstützung von Unterricht und Schulentwicklung. Was die Landesregierung vorgelegt hat, ist allerdings weit von diesem Anspruch entfernt. Deswegen können wir dem Gesetz nicht zustimmen.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zum eigentlichen Thema komme, möchte ich gleich auf das eingehen, was Herr Kollege Dr. Caroli gesagt hat.
In der Tat ist es wenig sinnvoll, zu meinen, dass alle Kinder alles lernen könnten, geschweige denn lernen können müssten. Aber genau das machen wir ja, indem wir differenzieren, nicht. Das kritisieren Sie sonst ständig und sagen: Man braucht eine viel längere Zeit in der Grundschule, sechs Jahre oder – sehen wir nach Finnland, Kollege Wintruff – neun Jahre. Genau das, was Sie uns als Mangel vorhalten wollen, machen wir eben nicht. Deswegen habe ich nicht verstanden, was Sie damit sagen wollten.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Stickelberger SPD: Wir haben die Ausführungen davor auch nicht verstanden!)
Zum Zweiten: Wenn Sie sagen, PISA bringe zum Ausdruck, dass man den einzelnen Schüler, die einzelne Schülerin fördern müsse, dann stimme ich Ihnen darin voll und ganz zu. Genau das ist es. PISA ist mit zwei Begriffen genau umschrieben: fördern und fordern.
Meine Damen und Herren, jetzt zum Thema: Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur organisatorischen und inhaltlichen Weiterentwicklung des Landesinstituts für Erziehung und Unterricht – kurz LEU genannt – zum Landesinstitut für Schulentwicklung hat, wie Sie wissen, im Anhörungsverfahren – darüber sind wir uns ja alle einig – von allen Seiten – Landeselternbeirat, Landesschülerbeirat, den Kirchen bis hin zum Beamtenbund – große Zustimmung erfahren. Das heißt ja schon etwas. Dem entspricht die grundsätzliche Übereinstimmung auch mit der Opposition und die Zustimmung aller Fraktionen dieses Hauses, die bei der Ersten Beratung des Gesetzentwurfs bekundet und bei der weiteren Beratung im Schulausschuss – Herr Kollege Wintruff, Sie sind dessen Vorsitzender – eindrücklich bestätigt wurde.
Vonseiten der Opposition wurden – jetzt erneut wieder – mehr finanzielle Mittel für das neue Landesinstitut gefordert. Wer diese Mittel hat, Herr Dr. Caroli, soll sie uns geben. Wir werden sie sicherlich zweckentsprechend einsetzen. Die Frau Ministerin wird dazu sicherlich das Gleiche sagen.
Im Ernst: Wir meinen, dass die vorgesehenen Mittel den Bedingungen der Aufgabenerfüllung ebenso gerecht werden
wie den Bedingungen des Landeshaushalts. Diese andere Seite der Medaille gehört eben immer auch dazu.
Immanuel Kant hat erklärt, warum tausend Taler, die wir im Geldbeutel – im Sack gewissermaßen – haben, ebenso viel wert sind wie tausend gedachte Taler. Hinweise darauf, wie man diese bezahlen kann, hat er leider nicht gegeben.
Es wurde kritisiert, die Selbstständigkeit des künftigen Landesinstituts sei noch nicht genug ausgeprägt, die Einwirkungsmöglichkeiten des Ministeriums seien noch nicht weit genug zurückgenommen. Wir sind grundsätzlich immer gern bereit, über solche Dinge zu diskutieren. Aber, meine Damen und Herren, das Institut bekommt ein Maß an Selbstständigkeit, wie es, verehrte Freunde von der SPD, bundesweit sonst nirgends der Fall ist – nur bei uns in Baden-Württemberg.
Seine Hauptaufgaben sind Qualitätsentwicklung, Evaluation, Serviceleistungen für die einzelnen Schulen auf dem von uns eingeleiteten Weg in eine größere Eigenständigkeit.
Augenblick! – Auf keinem dieser Aufgabenfelder, die im Übrigen im Rahmen der Verantwortung des Landes für das Bildungswesen wahrzunehmen sind, sehe ich das Institut durch das für die Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat vorgesehene Verfahren ernsthaft behindert.
Die Einrichtung des Landesinstituts für Schulentwicklung ist, wie ich meine, ein richtiger, ein konsequenter, ein in der Sache gebotener weiterer Schritt zur Stärkung der Eigenständigkeit und zur Stärkung der Qualität unserer Schulen.
... dass bei den Beratungen im Ausschuss zwar die Notwendigkeit eines solchen Instituts von allen Fraktionen bejaht wurde...
... – Moment! –, aber bei der Abstimmung die SPD-Fraktion jeden Artikel des Gesetzentwurfs abgelehnt hat, und zwar aus den Gründen, die ich vorhin gerade vorgetragen habe.
Herr Kollege Dr. Caroli, das habe ich zur Kenntnis genommen. Aber Sie haben in Ihrer Frage eben ja selbst angedeutet: Im Grunde sind wir uns hier im ganzen Haus darüber einig, dass wir dieses Institut brauchen und es uns bei der Sicherung der Qualität in der Tat auch weiterführt.
Es ist ein Widerspruch in sich selbst. Ich muss Ihnen einmal sagen: Sie von der Opposition, insbesondere Sie von der SPD, sollten sich schon überlegen, wenn Sie das Institut an sich wollen, ob Sie dessen Errichtung dann grundsätzlich ablehnen können,