Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 80. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.
Meine Damen und Herren, heute haben Frau Kollegin Haller-Haid und Herr Kollege Sakellariou Geburtstag. Ich gratuliere beiden sehr herzlich im Namen des Hauses.
Meine Damen und Herren, auf Ihren Tischen finden Sie eine Vorschlagsliste der Fraktion der CDU für Umbesetzungen in verschiedenen Ausschüssen (Anlage 1). Ich stelle fest, dass Sie den vorgeschlagenen Umbesetzungen zustimmen. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch.
Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt Ihnen ebenfalls vor. Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu. – Auch das ist so beschlossen.
1. Mitteilung des Finanzministeriums vom 15. November 2004 – Vierteljährliche Unterrichtung über Steuereingänge und Staatsausgaben (Beschlüsse des Landtags vom 15. März 1973, Druck- sache 6/1993, und vom 20. Dezember 1973, Drucksache 6/3910 Ziffer II Nr. 6); Haushaltsjahr 2004 (Januar bis September) – Drucksache 13/3756
2. Antrag der Landesregierung vom 23. November 2004 – Zugehörigkeit von Herrn Minister des Staatsministeriums und für europäische Angelegenheiten Ulrich Müller zu Organen wirtschaftlicher Unternehmen – Drucksache 13/3766
3. Mitteilung der Landesregierung vom 25. November 2004 – 40. Landesjugendplan für die Haushaltsjahre 2005/2006 – Drucksache 13/3792
4. Mitteilung der Landesregierung vom 1. Dezember 2004 – 18. Landessportplan für die Haushaltsjahre 2005/2006 – Drucksache 13/3793
5. Mitteilung des Landesbeauftragten für den Datenschutz in BadenWürttemberg vom 1. Dezember 2004 – Fünfundzwanzigster Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz in Baden-Württemberg – Drucksache 13/3800
6. Mitteilung des Finanzministeriums vom 1. Dezember 2004 – 2. Bericht der Finanzverteilungskommission – Drucksache 13/3841
7. Mitteilung des Wirtschaftsministeriums vom 3. Dezember 2004 – Energiebericht 2004 – Drucksache 13/3840
a) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Feststellung des Staatshaushaltsplans von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2005 und 2006 (Staatshaushaltsgesetz 2005/06) – Drucksache 13/3850
b) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Haushaltsstrukturgesetz 2005 – Drucksache 13/3832
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Namen der Landesregierung von Baden-Württemberg lege ich Ihnen den Entwurf des Haushalts für die Jahre 2005 und 2006 vor. Es ist ohne Frage der schwierigste Haushalt in der Geschichte des Landes. Der Druck auf die Einnahmen und auf die Ausgaben hält unvermindert an. Beim Konsolidierungsbedarf haben wir in der Zwischenzeit eine ganz neue Dimension erreicht. Die
In dieser schwierigen Situation stehen Regierung und Parlament in einer ganz besonderen Verantwortung. Wir müssen jetzt die Weichen für unsere Zukunft stellen. Wir müssen die Weichen richtig stellen. Die Trennlinie zwischen Machbarem und Wünschenswertem muss dabei neu gezogen werden. Es geht um den Ausgleich zwischen kurzfristigen Bedürfnissen und Wünschen und langfristigen Notwendigkeiten. Verantwortlich handeln heißt, jetzt die Voraussetzungen für zukunftsfähige Strukturen zu schaffen.
Das sind Weichenstellungen für die Zeit nach 2005 und 2006. Nicht alles, was wir bisher auf den Weg gebracht haben, schlägt sich bereits in diesem Haushalt nieder. Aber die schon umgesetzten und die noch anstehenden Maßnahmen sind unverzichtbar für die Sicherung der Zukunftsfähigkeit dieses Haushalts. Darüber hinaus müssen wir Gesetzgebungskompetenzen zurückgewinnen, um zielgerichtet unsere Probleme angehen zu können.
Meine Damen und Herren, es ist ein Haushalt mit Ecken und Kanten. Es ist ein Haushalt, der Unpopuläres enthält. Es ist ein Haushalt, der schlicht und einfach die Notwendigkeiten unserer Zeit abbildet. Vieles, was im Haushalt steht, wird sicher nicht auf Begeisterung stoßen – auch bei mir nicht.
Wir halten die Vorgaben der Landesverfassung nur mit Mühe ein, aber wir halten sie ein. Natürlich wären wir gerne weiter. Denn trotz der schwierigen Lage: Ziel bleibt auf mittlere oder lange Sicht ein ausgeglichener Haushalt. Der Weg dorthin ist sehr steinig und sehr schwierig geworden. Aber nur so können wir die fortschreitende Lähmung unserer Finanzpolitik verzögern und stoppen.
Die Rahmenbedingungen für den Doppelhaushalt sind nochmals ungünstiger als im Vorjahr. Die jüngste Steuerschätzung hat die Annahmen des Haushaltsentwurfs im Wesentlichen bestätigt. Das Land wird 2005 nicht nur weniger Steuern einnehmen als im Jahr 2003, sondern wahrscheinlich auch weniger als im Jahr 2004. Besonders erschreckend ist die Tatsache, dass wir im Jahr 2005 eine halbe Milliarde Euro weniger Steuereinnahmen haben werden als im Jahr 1999. Damit haben wir heute also eine halbe Milliarde Euro weniger Steuereinnahmen als vor fünf oder sechs Jahren.
Auch wenn es kein Trost ist: Natürlich steht Baden-Württemberg mit diesem Problem nicht allein. Alle haben das gleiche Problem, der Bund und die anderen Länder. Die Steuerquote, also die gesamten Steuereinnahmen bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt, dürfte im Jahr 2005 bundesweit ungefähr bei 20 % liegen. Das ist der geringste Betrag seit dem Bestehen der Bundesrepublik Deutschland.
Die Frage ist: Was hat zu dieser unterproportionalen Entwicklung der Steuereinnahmen im Verhältnis zur Wirtschaftsentwicklung geführt?
Zum einen – das muss man offen ansprechen – sind die Bürger und die Unternehmen in den letzten Jahren steuerlich entlastet worden. Ich erinnere an die Tarifsenkungen, vor allem im Bereich der Einkommensteuer und der Kör
perschaftsteuer. Diese Tarifsenkungen waren ökonomisch vernünftig. Sie waren zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands dringend notwendig, und ich lege Wert auf die Feststellung – weil ich schon so ein freundliches Zunicken bekomme –, dass die Landesregierung von BadenWürttemberg diese Steuersenkungen nicht nur mitgetragen, sondern mit befördert hat. Wir haben im Vermittlungsausschuss und im Bundestag
im Bundesrat, im Moment haben wir lediglich dort die Mehrheit, aber in eineinhalb Jahren, Herr Drexler, auch im Bundestag –,
Zum anderen sind Ausweichreaktionen bei Bürgern und Unternehmen zu beobachten. Das beginnt beim Ausnutzen von legalen Lücken in unserem komplizierten Steuerrecht. Es geht weiter bei der steuerlich motivierten Verlagerung von Wohn- und Unternehmenssitzen ins Ausland. Und es gibt schließlich auch eine ganze Menge von illegalen Verhaltensweisen. Meine Damen und Herren, diese illegalen Verhaltensweisen wird man nie ganz abschaffen können. Sie hängen aber natürlich auch mit unserem Steuersystem zusammen. Wenn man hohe nominale Steuersätze hat, ist es natürlich besonders lohnend, in die Illegalität zu gehen. Deswegen ist auch das ein Grund für eine große Steuerstrukturreform.
Zentrale Ursache für die schwache Aufkommensentwicklung der letzten Jahre ist aber die unbefriedigende wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Drei Jahre Stagnation und die nur sehr zaghafte Erholung zeigen eines: Unsere Wachstumsschwäche ist leider chronisch geworden. Seit Jahren liegen wir beim Wachstum in Europa ganz hinten, und die Schätzungen für die kommenden Jahre sind auch nicht gerade berauschend. Die Bundesregierung hat niedrige Schätzungen. Die Europäische Kommission geht noch weiter herunter, als die Bundesregierung dies tut.
Wir haben es aber nicht – das ist eigentlich das Bedauernswerte – nur mit einem konjunkturellen Phänomen zu tun. Die Daten legen vielmehr den Schluss nahe, dass Deutschland auf einen sehr flachen Wachstumspfad bei dem so genannten Potenzialwachstum eingeschwenkt ist. Das heißt, auch in relativ guten Zeiten reicht unsere Dynamik nicht, um die notwendigen Effekte am Arbeitsmarkt hervorzurufen. Es sind auch keine Impulse bei den Steuereinnahmen zu sehen.
Wir erleben zurzeit eine leichte Erholung, aber jedermann weiß, dass sie fast nur vom Export getragen ist. Wenn Sie die Entwicklung des Dollarkurses in den letzten Wochen ansehen, wird Ihnen deutlich, dass die Gefahr besteht, dass diese Entwicklung sogar noch abgewürgt wird. Die Binnennachfrage springt nicht an. Die Bürger sparen mehr. Sie tun das einmal, weil sie mehr für die Altersvorsorge machen wollen, zum anderen aber auch, weil sie Angst vor der Zukunft haben. Der Bürger, der sich verschuldet, der Bürger,
der konsumiert, muss einer sein, der davon überzeugt ist, dass die zukünftige Wirtschaftslage besser ist oder zumindest so gut wie die jetzige. Das sind unsere Bürger offensichtlich nicht. Wir brauchen deswegen beim Verbraucher mehr Vertrauen in die wirtschaftliche Zukunft. Nur dann kann die Binnennachfrage anspringen.