M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. R o l f G a ß m a n n S P D – A r b e i t s l o s e J u g e n d l i c h e – A n w e r b u n g s a k t i o n d e s W i r t s c h a f t s m i n i s t e r s
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst darf ich meiner Freude darüber Ausdruck geben, dass der Herr Wirtschaftsminister selbst anwesend ist und die Frage beantworten kann.
Ich frage Sie nämlich: Aus welchem Anlass haben Sie fünf arbeitslose Mädchen aus Hamburg nach Stuttgart eingeladen?
Verehrte Frau Präsidentin, ich warte selbstverständlich, bis Sie mir das Wort erteilen, und ich bin besonders erfreut, heute unter Ihrer Führung hier antworten zu dürfen.
Verehrter Herr Kollege Gaßmann, gern beantworte ich die von Ihnen gestellte Frage. Das baden-württembergische Wirtschaftsministerium hat mit der Einladung an die fünf jungen Damen aus Hamburg eine kurz zuvor angelaufene überregionale, deutschlandweite Vermittlungsoffensive „Jobs für Junge – Junge für Jobs“ der Bundesanstalt für Arbeit aufgegriffen.
Ziel dieser Vermittlungsinitiative und -offensive ist es, jedem arbeitslos gemeldeten jungen Menschen bis 25 Jahre
zeitnah ein Arbeitsplatz-, Aus- bzw. Weiterbildungs- oder Maßnahmenangebot zu unterbreiten. Diese Offensive ist im Juni angelaufen. Um den 10., 11. oder 12. Juni herum war das Thema aufgekommen, und wir haben deswegen diese bundesweite Initiative gerne aufgenommen.
In der Pressemitteilung der Bundesanstalt für Arbeit vom 11. Juni 2001 heißt es unter anderem – und ich zitiere mit Genehmigung der verehrten Frau Präsidentin –:
Die Aktion richtet sich sowohl an Betriebe, die Mitarbeiter suchen, als auch an junge engagierte Fachkräfte, die am eigenen Wohnort zurzeit keine Chance haben und deshalb anderswo ihr Glück versuchen möchten.
Die neue Initiative der Bundesanstalt für Arbeit ist auch eine Antwort auf die Klagen von Betrieben, insbesondere im Süden Deutschlands, dass sie offene Stellen nur schwer besetzen könnten, weil qualifizierte Kräfte knapp seien.
Deshalb sollen alle Chancen genutzt werden, um regional mobilen jungen Fachkräften dort eine Chance im Südwesten zu geben, wo Kräfte gesucht werden. Der gezielte Einsatz von Beratung und Mobilitätshilfen wird dies unterstützen.
Wenn es eine solche bundesweite Initiative gibt und wir mit einer Pressemitteilung darauf aufmerksam gemacht werden, ist es doch selbstverständlich, dass wir uns darum bemühen, so wie wir uns um jeden einzelnen arbeitslosen Menschen – ob jünger oder älter – in Baden-Württemberg bemühen.
Wir haben deshalb diese Initiative in unsere Gesamtbemühungen eingebettet, die Arbeitslosigkeit in Baden-Württemberg auch in den nächsten Monaten so gering zu halten wie nirgendwo sonst in der Bundesrepublik Deutschland. Dazu gehören auch Bemühungen um die, die sich da zu Wort gemeldet haben.
Selbstverständlich ist das in enger Abstimmung mit dem Landesarbeitsamt geschehen – freundliche Grüße an den Herrn Berichterstatter. Der Präsident des Landesarbeitsamts lässt sich zu nichts nötigen – das ist dummes Zeug –, sondern er hat diese Initiative unterstützt, weil es eine Initiative der Bundesanstalt für Arbeit ist. Wir waren sehr froh darüber, dass sich das Landesarbeitsamt mit dem Präsidenten an der Spitze und mit zwei, drei Fachberaterinnen und -beratern sehr engagiert um dieses Thema gekümmert hat.
Die Fachkräfte des Landesarbeitsamts waren in der Lage, mehrere konkrete Angebote zu unterbreiten, ganz so, wie es im Interesse und im Sinne dieser bundesweiten Aktion ist. Nachdem wir in Baden-Württemberg mit 3,6 % Jugendarbeitslosigkeit bei den unter 25-Jährigen die geringste Jugendarbeitslosigkeit in ganz Europa haben, während sie in Hamburg mit 7,4 % mehr als doppelt so hoch ist,
kann auch nicht davon gesprochen werden, dass wir irgendwelche unzulässigen oder die Wirtschaft dort gefährdenden Abwerbungen vornehmen würden. Noch einmal: Eingebettet in die bundesweite Initiative, war das ein lohnenswerter Versuch, für Baden-Württemberg Arbeitskräfte zu gewinnen und jungen Menschen aus Hamburg eine Perspektive aufzuzeigen.
Die aufgezeigten Perspektiven haben bei zweien zu sofortiger Ablehnung geführt, weil sie andere Vorstellungen hatten. Drei weitere sind vom Landesarbeitsamt Baden-Württemberg unter weiteren Vermittlungsbemühungen mit den zuständigen Hamburger Behörden weiter bedient worden. Wie diese Bemühungen ausgegangen sind, ist mir gegenwärtig nicht geläufig.
Sie sind dazu in der Presse mit dem Satz zitiert worden: „Ich besorge euch allen tolle Jobs.“ Habe ich Sie richtig verstanden, dass keine der eingeladenen Damen einen Job bekommen hat?
Ich bezweifle ein wenig, dass der klar und deutlich wiedergegebene Satz tatsächlich von mir stammte. Aber wenn er so in der Presse stand, wird er so ähnlich wahrscheinlich irgendwo in meinem Haus gefallen sein.
Tatsache ist, dass sich drei der fünf – wie ich gerade ausgeführt habe – weiter darum bemühen bzw. bemüht haben, die Angebote aufzugreifen. Ich kenne den gegenwärtigen Vermittlungsstand nicht.
Selbst wenn, verehrter Herr Kollege Gaßmann: Was glauben Sie, wie viele Bemühungen in den Arbeitsämtern tagtäglich stattfinden, um einzelne Kräfte wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, wie viele davon ergebnislos oder erfolglos sind? Sollen wir deswegen von vornherein die Bemühungen unterlassen, nur weil sie an verschiedenen Stellen nicht zum Erfolg führen?
Wir im Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg haben den Ehrgeiz, nach Möglichkeit jeden Einzelnen so lange zu „bearbeiten“, bis es womöglich klappt. Das gelingt uns nicht in allen Fällen. Aber deswegen geben wir nicht von vornherein auf.
Herr Minister, der Presse war zu entnehmen, dass einige der eingeladenen Damen deshalb nicht in Stuttgart angefangen haben, weil sie gar nicht in den Süden kommen wollten. Deswegen frage ich noch: Welche Informationen wurden denn vor der Einladung beim zuständigen Arbeitsamt Hamburg eingezogen, um zu erfahren, ob diese Damen überhaupt bereit sind, auch einen Ortswechsel in Kauf zu nehmen?
Selbstverständlich hat das Landesarbeitsamt Baden-Württemberg über die Kolleginnen und Kollegen des Landesarbeitsamts Hamburg sämtliche zur Verfügung gestellten und zur Verfügung stehenden Daten eingeholt. Von daher war auch klar, in welchen Bereichen die Damen ausgebildet sind. Zur Vorbereitung sind ja Informationen darüber notwendig – das Landesarbeitsamt arbeitet sehr präzise –, in welchen Bereichen die Ausbildung stattgefunden hat, in welchen Bereichen gesucht wird, damit beim Eintreffen der fünf Damen möglichst zielgerechte Angebote unterbreitet werden können. Diese Informationen sind im Vorfeld selbstverständlich eingeholt worden. Außerdem hat man den Damen auch mitgeteilt, in welchen Bereichen Chancen bestehen. Wenn die Damen dann kommen, liegt das auf der Linie dessen, was die angesprochene bundesweite Initiative zum Ziel hat.
Vielleicht, Herr Kollege Gaßmann, sollte man sich wirklich einmal darüber unterhalten: Was stört Sie eigentlich daran?
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Wieser CDU: Ja, das würde mich auch interessieren! Das ist die Schlüsselfrage!)
Dann hätten Sie sich hier hingestellt und gesagt: Wie deutlich muss man es diesem verschlafenen Minister eigentlich noch sagen, bis er endlich reagiert?