Protocol of the Session on November 10, 2004

Der Wissenschaftsrat hat sich in seinen „Empfehlungen zur Reform des Hochschulzugangs“ vom Januar dieses Jahres nachdrücklich für hochschuleigene Auswahlverfahren bei der Studienplatzvergabe ausgesprochen.

Die Anhörung der Hochschulen im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens hat ergeben, dass die Hochschulen die Novelle bei den ZVS-Studiengängen sowie die Vereinfachung der Auswahlverfahren im Grundsatz begrüßen.

Die ersten Berichte der Hochschulen über die praktizierten Auswahlverfahren sind durchaus positiv. Berichtet wird über eine spürbar höhere Motivation bei den durch Tests und Interviews ausgewählten Bewerberinnen und Bewerbern. Zu beobachten sind auch bessere Studienleistungen sowie ein besserer Informationsstand der Studienbewerberinnen und -bewerber über den angestrebten Studiengang.

Es gibt insgesamt eine gute Resonanz auf die Tests und Auswahlgespräche. Die neuen Verfahren stoßen auf große Akzeptanz.

Die teilweise kritisierten Verfahrenserschwernisse werden durch dieses Gesetz beseitigt. Damit meine ich die Streichung der Kernfachregelung sowie die Ermöglichung der Vorauswahl nach Abiturdurchschnittsnote.

(Minister Dr. Frankenberg)

Darüber hinaus gibt es positive Nebeneffekte der neuen Verfahren: Die Bewerberinnen und Bewerber bereiten sich besser auf ihr Studium vor und machen sich vor Ort über das jeweilige Studienangebot kundig. Damit verbunden bauen die Hochschulen ihre Informationsangebote aus und etablieren neue Serviceangebote im Internet.

Meine Damen und Herren, die Umsetzung der ZVS-Novelle erfordert aufgrund des Zeitdrucks – die Bewerberinnen und Bewerber müssen spätestens im Frühjahr über die jeweiligen Auswahlkriterien Informationen erhalten können – einige Anstrengungen von allen Akteuren. Ich bin aber überzeugt davon: Die Mühe wird sich mittel- und langfristig lohnen – für die Studierenden, die Hochschulen und für die Qualität und Leistungsfähigkeit unseres gesamten Bildungssystems.

Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zu diesem Entwurf der Regierungsfraktionen, denen für diese wichtige Initiative sehr zu danken ist. Im Wissenschaftsausschuss hat der Entwurf ja bereits einstimmige Unterstützung gefunden.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Neuordnung der Wirtschaftsförderung – Drucksache 13/3491

Beschlussempfehlung und Bericht des Wirtschaftsausschusses – Drucksache 13/3672

Berichterstatterin: Abg. Ruth Weckenmann

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich Frau Abg. Dr. Brenner das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind heute bei der Zweiten Beratung dieses Gesetzentwurfs. In der Ersten Beratung und bei der Behandlung im Wirtschaftsausschuss waren zwei Fragen wichtig:

Erstens: Kann der Erfolg der Wirtschaftsförderung beziffert werden, und wo sind – auch mit Blick auf die Mahnung des Rechnungshofs – Einsparungen zu erzielen?

Zweitens: Wie können die Empfehlungen der Enquetekommission „Mittelständische Unternehmen“ bezüglich einer Bündelung der Kompetenzen und der Beratungsleistungen der Mittelstandsförderung des Landes umgesetzt werden?

Erstens, zu den Kosten: Der Rechnungshof wollte Möglichkeiten der Kostenreduzierung aufzeigen, ohne dass neue Institutionen geschaffen werden. Bestehende Institutionen sollen also genutzt werden. Dies ist durch den Gesetzentwurf gesichert. Die L-Bank, die GWZ, Wirtschaftsministerium und Regierungspräsidium teilen sich zunächst die Aufgaben des Landesgewerbeamts. Andere nichtstaatliche Institutionen wie zum Beispiel die Kammern sind von diesem Gesetzentwurf naturgemäß nicht berührt.

Zwar sagt der Rechnungshof, dass der volkswirtschaftliche Nutzen eines Förderprogramms nicht mit einem vertretbaren Aufwand ermittelbar ist, er sieht aber auf alle Fälle ein Einsparpotenzial von etwa 20 % – wie in den anderen Bereichen der Landesverwaltung auch. Diesen Bericht und seine Details wird der Wirtschaftsausschuss noch diskutieren.

Nun zu den Empfehlungen der Enquetekommission „Mittelständische Unternehmen“, deren Ergebnisse ein Hauptgrund für die Neuordnung der Wirtschaftsförderung sind. Dazu muss man etwas Englisch können,

(Abg. Stickelberger SPD: „Wir können alles. Au- ßer Hochdeutsch.“! – Abg. Blenke CDU: Herr Dö- ring hat vorhin gesagt, wir sollten deutsch reden!)

denn in den Diskussionen ging es um Begriffe wie „OneStop-Agencies“, „Back-Office-Solutions“ etc. Das heißt nichts anderes, als dass es eine zentrale Anlaufstelle geben sollte, die kompetent besetzt ist und die aufgrund vieler Kontakte und Netzwerke einem Unternehmer sagen kann, wer ihm weiterhilft und wer der richtige Experte für sein Problem ist.

Genau diese Stelle ist schon eingerichtet: der W-Punkt im Haus der Wirtschaft. Zehntausende von Zugriffen seit seiner Einrichtung zeigen, dass der W-Punkt bereits funktioniert. Im Prinzip ist das ein Lotsendienst durch die Förderprogramme des Landes.

Es ist ja auch nicht so, dass ein mit kiloschweren Aktenkoffern beladener Unternehmer im Haus der Wirtschaft an den Tresen kommt und fragt, wohin er mit den ganzen Unterlagen gehen soll, sondern er ruft an, schickt womöglich ein Fax oder eine Mail, um sein Problem zu beschreiben, und will wissen, wer der richtige Experte für ihn ist. Das kann dann ein Mitarbeiter der L-Bank oder der GWZ sein. Es kann auch die Steinbeis-Stiftung sein, wenn er zum Beispiel erst ein technisches Testat braucht. Dorthin geht er dann mit seinen Akten. Die Herrschaften im W-Punkt finden heraus, wer für ihn zuständig ist. Natürlich sitzen nicht alle Experten in einem Gebäude – das ist letztes Mal bemängelt worden –, sonst käme sich ja der arme Unternehmer vor wie Franz Kafka in dem berühmten Flur von Zimmer 1 bis 325. Aber der W-Punkt sagt: „Ich beschaffe Ihnen einen Termin bei der L-Bank, bei Herrn X in Zimmer 208, und der Ingenieur von der Steinbeis-Stiftung ist auch dort, wenn Sie kommen, und wenn es nötig ist, ist auch Frau Y vom Wirtschaftsministerium gleich da.“ Dort erhält er noch einen Sprudel oder einen Kaffee, damit die Baustelle nicht so trocken ist. Das ist im Prinzip genau das, was wir wollen.

Jetzt lassen wir es einfach einmal laufen. Verbessern kann man immer etwas. Aber am existierenden Objekt ist das immer leichter und auch besser begründbar, als wenn man schon im Voraus eine Idee an sich ohne Praxistest kritisiert. Weil jetzt der Schritt in die richtige Richtung geht und weil sich der neue W-Punkt auch hervorragend anlässt, stimmt die CDU-Fraktion dem Gesetzentwurf zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmiedel.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir würden ja gern dem Gesetzentwurf zustimmen, aber wir können es nicht.

(Zurufe von der CDU)

Wir können deshalb nicht zustimmen, weil die bisherigen Debatten nicht dazu geführt haben, dass Sie sich auch nur ein Stückchen bewegt haben. Es ist ja alles dasselbe geblieben. Deshalb muss man auch nicht alle Argumente wiederholen.

Neu eingebracht in die Debatte – Sie haben darauf hingewiesen – hat sich der Rechnungshof. Interessant ist doch, dass uns der Rechnungshof in seiner Beratenden Äußerung in allen Punkten Recht gibt. Das beginnt mit der Analyse. Der Rechnungshof fragt: Was ist denn in Baden-Württemberg Wirtschaftsförderung? Was ist das für ein System? Ein durchdachtes, in sich geschlossenes System? Antwort: Nein. Es ist gewachsen, und zwar relativ willkürlich. Das eine kam zum anderen dazu, und Akteure sind da und dort entstanden. Es geht nach dem Zufallsprinzip. Das macht es schwierig in zweierlei Hinsicht.

Es kommt nicht nur darauf an, die Leute hierhin und dorthin zu schicken. Das System macht es für Betroffene schwierig, zu durchschauen, wer letztlich für sie zuständig ist. Und es macht es für Betroffene auch schwierig, zu Ergebnissen zu kommen, denn es reicht ja nicht aus, zu sagen: Da gibt die Steinbeis-Stiftung ein Testat; da gibt BIOPRO eine Empfehlung. Am Ende braucht man möglicherweise zur Finanzierung auch noch die L-Bank oder L-EA. Es ziehen aber nicht immer alle an einem Strang. Es gibt doch zuhauf Beispiele, bei denen das folgendermaßen abläuft: Eine Einrichtung sagt: „Prima, wie ihr das macht, wunderbar.“ Es erfolgt Schulterklopfen, und dann gehen die zur L-Bank. Dort heißt es dann: „Tut uns Leid, das, was Sie hier machen, überzeugt uns gar nicht.“ Der Wirtschaftsminister bepreist einen Business-Plan und sagt: „Wunderbar, erster Preis, Land Baden-Württemberg.“ Dann geht der Unternehmer zur Bank und erhält dort die Auskunft: „Tut uns Leid. L-Bank, Staatsbank.“

Deshalb kommen wir ähnlich wie der Rechnungshof, der sagt: „Bringt das doch zusammen, bringt doch das alles unter das Dach der L-Bank, in eine Abteilung; dann habt ihr das beieinander“ zu dem Ergebnis, dass wir sagen: „Landeswirtschaftsförderungsgesellschaft zusammen mit dem Hauptakteur, der das bezahlt. Dann kann ich Konzepte entwickeln, branchenbezogen, themenbezogen. Dann habe ich eine stringente Linie.“ Das ist bisher nicht möglich.

Jetzt kommt diese Hilfsantwort mit den Damen am Telefon, die Auskunft geben sollen, wer wohin gehen soll.

(Abg. Dr. Carmina Brenner CDU: Das habe ich nicht gesagt! Das sind Experten!)

Das mit den Zugriffen haben wir jetzt schon ein paarmal gehört. Das ist überhaupt noch kein Ergebnis. Das hilft auch nicht weiter. Wissen Sie, da könnte man ja auch Automaten installieren, wo geantwortet wird: „Haben Sie ein

technisches Problem, drücken Sie die ‚1‘. Haben Sie ein organisatorisches Problem, drücken Sie die ‚2‘.“ Das kann man alles durchautomatisieren. Das ist aber nicht das, was man unter One-Door-Prinzip versteht: Ich gehe hin, und man hilft mir in allen meinen Fragen weiter. Der Rechnungshof kommt bei seiner Analyse zum selben Ergebnis. Auch was die Bewertung dessen angeht, was jetzt vorgelegt wird, stimmen wir mit ihm völlig überein.

Sie sagen, das, was hier passiert, sei völlig unzureichend. Wir sind enttäuscht darüber, dass Sie nun sagen, das sei zwar eine ganz wichtige und eine nachdrückliche Empfehlung, aber in dieser Legislaturperiode könnten wir das unter keinen Umständen mehr umsetzen. Dazu sagen wir: Wenn man schon eine so fundierte Beratende Äußerung des Rechnungshofs bekommt, dann erwarten wir natürlich – wir werden jedenfalls entsprechende Anträge stellen –, dass man sich noch in dieser Legislaturperiode damit beschäftigt und die entsprechenden Konsequenzen zieht.

Wenn Sie bereit sind, die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen, dann sind wir ziemlich nahe bei den Vorschlägen, die wir unterbreitet haben, und dann werden wir einer solchen Optimierung der Wirtschaftsförderung in BadenWürttemberg auch zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hofer.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man ist ja im Landtag oft in der Situation, dass man zu etwas zu sprechen hat, wozu zwar schon alles gesagt ist, aber noch nicht von jedem. Wenn man in zweiter Lesung ist, kommt es sogar vor, dass von allen schon alles gesagt worden ist und man trotzdem zum zweiten Mal etwas dazu sagen muss. Haben Sie deshalb Nachsicht mit mir, wenn ich es kurz mache, ohne oberflächlich zu sein.

Zunächst muss man einfach darauf hinweisen, dass es nur noch um die Beratende Äußerung des Rechnungshofs geht. Diese wollen wir – das haben wir im Wirtschaftsausschuss beschlossen – in der kommenden Zeit in aller Ausführlichkeit beraten. Das muss ich heute Abend zu vorgerückter Stunde nicht mehr machen.

Zweiter Punkt: Der Rechnungshof sagt, es sei ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn wir überall in der Politik sagen könnten, dass eine Überprüfung ergeben habe, dass es sich um Schritte in die richtige Richtung handle, dann wären wir wirklich ein großes Stück weiter. Das, was nach der Beratung der Äußerung des Rechnungshofs noch aussteht, ist ein Gesamtpaket. Man muss sich wirklich überlegen, ob man das noch in dieser Legislaturperiode leisten kann. Denn wenn man alles, was die operative Mittelstandsförderung anbelangt, auf die L-Bank überträgt, dann bleibt nicht mehr allzu viel beim Wirtschaftsministerium übrig, und dann stellt sich die Frage, was stattdessen ins Wirtschaftsministerium kommt. Dazu rät der Rechnungshof, darüber nachzudenken, ob nicht die Entwicklungsprogramme Ländlicher Raum ins Wirtschaftsministerium kommen könnten. Schon sind wir bei der Frage, wie man mit zwei Ministerien umgeht. Für Veränderungen bedarf es einer Koalitionsvereinbarung, und dazu muss es zunächst einmal Wahlen geben

und muss man sich nach den Wahlen wieder finden. Deshalb bedeutet alles andere, was hier jetzt diskutiert wird, nur die Luft zu erschüttern.

(Beifall des Abg. Kurz CDU – Heiterkeit des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Das möchte ich heute Abend zu vorgerückter Stunde nicht mehr machen.

Wir haben eine gute Regelung, wir haben eine Einrichtung, die Baden-Württemberg International, die sich mit der Außenwirtschaftsförderung befasst. Daran macht niemand etwas herum; die ist hervorragend transparent und gebündelt. Lassen Sie uns bei der Anlaufstelle W-Punkt Skeptiker oder Optimisten sein. Wir waren uns einig, das nach einigen Monaten am lebendigen Objekt wieder zu prüfen, und dann werden wir gescheiter sein. Deshalb möchte ich es bei diesen Ausführungen belassen.

Ich danke.