zuführen. Das ist die bereits zitierte Aufgabe, das erforderliche Mindestmaß – nicht weniger, aber auch nicht mehr – an Gemeinsamkeit und Vergleichbarkeit des Bildungswesens her- bzw. sicherzustellen.
Niemand kann und will die Kultusminister daran hindern, sich – wie übrigens auch die anderen Fachminister – gemeinsam mit Themen ihrer Wahl zu beschäftigen. Aber zumindest außerhalb des eben noch einmal – und ich betone das ganz bewusst – genannten Kernbereichs bedarf es nicht des dort wirklich nur hemmenden Einstimmigkeitsprinzips. Ich stelle mit Freude fest, dass hierzu auch bereits – weithin jedenfalls – Diskussionsbereitschaft zu erkennen ist. Ich bin mir im Grunde sicher, dass verfassungsrechtliche Bedenken, Herr Kretschmann, die von Einzelnen gegen eine Aufgabe des Einstimmigkeitsprinzips vorgebracht wurden, hier – nämlich außerhalb des Kernbereichs; im Kernbereich sind wir uns völlig einig – letztlich nicht greifen.
Der Vorstoß Niedersachsens ist ein richtiger und wichtiger Anstoß. Er bietet die Chance, die unbestritten erforderliche Zusammenarbeit der Länder in der Bundesrepublik auf eine neue Grundlage zu stellen, die Abstimmung der Länder auf die tatsächlich wesentlichen Bereiche zurückzuführen und sie allein schon hierdurch im Ergebnis effizienter zu gestalten. Ich meine, wir sollten diese Chance nutzen, und in diesem Sinne, wie gesagt, begrüße ich den Vorstoß von Herrn Wulff. Auch sein Land wird letztlich nicht aus der KMK ausscheiden, aber die Diskussion ist in Gang gekommen. Das ist eine Diskussion, die auf Länderebene zu führen ist, weil wir für diesen Bereich zuständig sind.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich gehöre der Kultusministerkonferenz bereits über neun Jahre lang an und habe in dieser Zeit nicht eine einzige Situation erlebt, in der das Land Baden-Württemberg seitens der Konferenz an irgendetwas gehindert worden wäre, was wir tun wollten. Deshalb ist die immer wieder geäußerte Behauptung, in der KMK bestimme der Langsamste das Tempo,
schlicht falsch. Diese Behauptung muss aus den frühen Zeiten der KMK kommen; jedenfalls trifft sie für die letzten zehn Jahre überhaupt nicht mehr zu.
Zweitens: Die Beschreibung der Aufgaben, der Kernaufgaben, ist exakt die Beschreibung, die die KMK selbst vornimmt.
Etwas anderes tut sie nicht. Sie hat sich immer nur damit beschäftigt und ist 1948 überhaupt nur dazu von den Ländern gegründet worden – übrigens vor der Gründung der Bundesrepublik –,
um nichts weiter zu leisten, als die verbindlichen Absprachen zu ermöglichen, die zur Ordnung des Föderalismus gehören. Man kann überhaupt nur in zwei Weisen organisieren:
Dies ist, mit Verlaub gesagt, die Position der FDP-Bundestagsfraktion; das wurde mir gegenüber immer wieder bestätigt. Das ist nicht meine Position.
Bei der anderen Organisationsweise geht man immer wieder davon aus, dass Bildungs- und Wissenschaftspolitik Herzstück der Landespolitik ist.
Dann bedarf es einer Ordnung im Föderalismus – Herr Kretschmann hat darauf hingewiesen –, weil der Föderalismus für uns nicht Kleinstaaterei bedeutet, weil Föderalismus nicht Mobilität verhindern darf, weil Föderalismus nicht dazu führen darf, dass Bildungsabschlüsse in einem Land wie der Bundesrepublik Deutschland nicht untereinander abgestimmt werden. So hat man sich mit den alten Steuerungsmechanismen auf Abschlüsse und Bildungsgänge konzentriert, mit den neuen Steuerungsinstrumenten dagegen – sie sind auch schon genannt worden – auf Bildungsstandards und auf die Evaluationsagentur. Das heißt, dass vieles von dem, was an bisherigen Abkommen vorhanden war, nicht mehr notwendig sein wird, weil die Verständigung über Standards ausreicht.
Drittens sind dem Sekretariat der Kultusministerkonferenz Aufgaben zugewiesen, von denen ich überzeugt bin, dass niemand sie auf 16 Länder verteilen will. Dazu gehört nicht der Deutsche Akademische Austauschdienst – das ist eine eigene Institution, die überhaupt nichts mit der KMK zu tun hat –, sondern dazu gehört der so genannte Pädagogische Austauschdienst,
der jährlich 35 000 Schulaustausche organisiert. Da muss man einfach fragen: Hält es Niedersachsen für richtiger und kostengünstiger, statt einer Bündelung dieser Aufgaben an einer Stelle in Deutschland die Mitarbeiter auf 16 Länder zu verteilen? Das wäre übrigens die Konsequenz, wenn die Kündigung des Abkommens wirklich zu einer generellen
Kündigung führen würde: Dann müssten die Mitarbeiter, die es da gibt, auf 16 Länder verteilt werden. Das halte ich für überhaupt keinen gangbaren Weg.
Die zweite große Aufgabe, die dem Sekretariat zugeteilt wird, ist die so genannte Zentralstelle für die Anerkennung von Schulabschlüssen. Auch dahinter stehen Tausende von Arbeitsgängen pro Jahr. Sie betreffen junge Leute aus aller Herren Länder, die nach Deutschland wollen und bei denen sich die Frage stellt, wie es um ihre Abschlüsse steht und welche Anerkennungsmöglichkeiten es dafür gibt. Auch hier kann ich nur sagen: Die kostengünstigste Lösung ist die jetzige, nämlich in Deutschland eine Stelle zu haben, in der diese Arbeit geleistet wird. Auch hier halte ich eine Aufteilung auf 16 Länder nicht für sinnvoll. Vor allem würde diese Lösung sehr viel kostenträchtiger werden, weil mit der Aufgabe, all das zu bewerten, was aus der ganzen Welt kommt, auch ein hohes Maß an Kompetenz verbunden ist.
Die dritte Aufgabe: Es wird ja immer von einer „aufgeblähten Bürokratie“ und von einem 50-Millionen-€-Haushalt gesprochen; von den 50 Millionen € entfallen jedoch allein 30 Millionen € auf Durchlaufposten. Das heißt, die 16 Bundesländer koordinieren ihre Partizipation an europäischen Programmen – COMENIUS, SOKRATES etc. – über diese Arbeitsstelle. Das Land Niedersachsen hat allein im Jahr 2003 rund 2 Millionen € an EU-Geldern über diese Arbeitsstelle ins Land gebracht. Auch hier kann ich nur sagen: Wer vorschlägt, die Aufgaben dieser Arbeitsstelle auf 16 Länder zu verteilen, kommt zu mehr Kosten, nicht zu weniger – einmal abgesehen davon, dass die Darstellung Deutschlands durch 16 Arbeitsstellen bei der Europäischen Union und den dortigen Arbeitsstellen auf überhaupt kein Verständnis stoßen würde.
Viertens – diese Aufgabe ist von vielen angesprochen worden –: Die 16 Länder haben sich darauf geeinigt – das ist übrigens ganz wesentlich auf Betreiben Baden-Württembergs hin geschehen –, sich künftig an internationalen Vergleichsstudien zu beteiligen, und das kostet Geld. Dazu muss man eine Agentur gründen, um dann am Ende auch im eigenen Land zu evaluieren. Dazu muss man Max-PlanckInstitute engagieren. Man kann nicht A sagen und dann nichts dafür bezahlen wollen. Deshalb wird sich die Frage stellen, wenn man ein Abkommen kündigt: Will man als einzelnes Bundesland aus internationalen Vergleichsstudien aussteigen? Will man damit signalisieren, dass die Bundesrepublik Deutschland aus internationalen Vergleichsstudien aussteigen soll? Auch das kann ich mir nicht vorstellen.
So könnte ich jetzt fortfahren, Ihnen den ganzen Etat aufzuschlüsseln. Ich erspare Ihnen das und erwähne als Schlusspunkt der Aufgaben und des Sekretariats nur noch: 16 Länder haben sich auf die gemeinsame Trägerschaft von Institutionen geeinigt. Dazu gehören die Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg,
das Leo-Baeck-Institut, das Heinrich-Heine-Institut, die Künstlerhilfe, die Filmförderung usw. usf. Will man das jetzt den Sitzländern allein überlassen?
Das wissen Sie auch. Sie wissen, Christian Wulff und ich verstehen uns eigentlich wunderbar. Das hindert uns aber nicht daran, uns in dieser Frage auseinander zu setzen. Ich finde, das ist eine Form von Politik, die schlagzeilenträchtig, aber in der Sache nicht nützlich ist.
Damit komme ich zur Reform. Auch da stimmt fast nichts von dem, was ich lese. In Wirklichkeit hat seit Mitte der Neunzigerjahre der Prozess einer Reform begonnen, die genau die Verschlankung zum Ziel hat. 30 % aller Gremien sind seither abgeschafft worden.
10 % der Personal- und Verwaltungskosten sind eingespart worden. Wenn man jetzt sagt: „Die müssen das jetzt schneller machen, die sind alle so langsam“, möchte ich erwidern: Den Vorwurf, dass jemand wie ich langsam sei, höre ich gern, weil es auch einmal gut tut, nicht immer nur gesagt zu bekommen, man sei zu schnell. Jetzt sind wir halt langsam.
(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ich habe aber nicht gesagt, Sie seien zu langsam! Das habe ich noch nie unterstellt!)
Dann muss man sich einmal mit den Listen der Gremien, die möglicherweise noch aufgelöst werden, beschäftigen. Da stellt sich bei dem, was jetzt auf dem Tisch liegt, jedes Mal die Frage: Kann man darauf wirklich verzichten? Übernimmt das ein Land? Ist das woanders besser aufgehoben als jetzt? Die Zahl der eigentlichen Gremien der KMK ist übrigens überhaupt nicht höher als die jeder anderen Fachministerkonferenz. Die durchschnittliche Zahl der Gremien liegt meines Wissens, nach der Reduzierung um 30 %, sogar unter der der anderen Fachministerkonferenzen.
Aber es gibt natürlich, wenn Sie an die Bildungsstandards denken, allein acht Arbeitsgruppen, die für eine gewisse Zeit, also zeitlich befristet, an den Bildungsstandards arbeiten. Die haben wir doch alle gewollt. Wir haben doch in diesem Hause gesagt: Bildungsstandards in Deutschland sind wichtig, weil wir nur so das skandalöse Nord-Süd-Gefälle auflösen können. Deshalb muss man jetzt auch bereit sein, die Leute arbeiten zu lassen, und darf nicht nach drei Monaten sagen: Jetzt müsst ihr fertig werden, weil irgendwie effizienter gearbeitet werden muss.
Dann zu der Frage „Einstimmigkeitsprinzip oder Mehrheitsprinzip?“: Ich selbst habe vor zwei Jahren gesagt, man sollte einmal auf das Mehrheitsprinzip schauen. Aber auch da ist die Frage, wie Sie das machen wollen. Beschlüsse, die haushaltsrelevant sind, können, wenn ich die Kulturhoheit der Länder beachten will – Herr Kretschmann hat darauf hingewiesen –, nur einstimmig gefasst werden. Ansonsten haben wir die Situation, dass entweder eine Mehrheit eine Minderheit zwingen will – das ist verfassungswidrig – oder dass man sagt: Die, die nicht mitmachen, machen halt nicht mit. Das ist kein Erfolgsrezept für den Föderalismus, gerade in Zeiten der Föderalismusdiskussion, die wir haben. Also wird es im Grunde darauf hinauslaufen – –