Protocol of the Session on October 6, 2004

(Glocke des Präsidenten)

Unser Ziel ist nach wie vor – ich komme zum Schluss –...

Frau Kollegin, ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

... eine einfache und überschaubare Lösung, die alle nachvollziehen können – Schüler, Lehrer und Eltern genauso wie Schul- bzw. Finanzverwaltung und die Steuerzahler –,

(Abg. Dr. Caroli SPD: Nein, kein Mensch kann das nachvollziehen!)

damit wir alle das positive Wirken der Schulen in freier Trägerschaft auch weiterhin nutzen können.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erhält Frau Abg. Rudolf.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Herr Wacker und Frau Berroth haben versucht, einen unglaublichen Vorgang innerhalb des Parlaments schönzureden, kleinzureden und als harmlos hinzustellen. Wir haben nämlich bei der letzten Plenardebatte vor gut zwei Monaten über einen Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und einen Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE zum Thema Privatschulfinanzierung debattiert. Diese beiden Gesetzentwürfe haben das aufgegriffen, was nach jahrelanger Arbeit in der so genannten AG Privatschulfinanzierung als Ergebnis herausgekommen ist.

Damals habe ich von dieser Stelle aus gesagt: Ich wünsche mir, dass FDP/DVP und CDU bei diesem Thema einmal ins Laufen kommen. Das haben sie dann auch getan. Ich werde Ihnen in Zukunft öfter sagen, wie das gehen muss.

(Zuruf des Abg. Schebesta CDU)

Trotzdem bin ich nicht zufrieden. Ich kann Ihnen leider kein gutes Zeugnis ausstellen. Sie haben dann in der Schulausschusssitzung vor zwei Wochen, in der das Thema auf der Tagesordnung stand, einen detaillierten Änderungsantrag zu unserer Gesetzesinitiative vorgelegt. Dieser Änderungsantrag ist Grundlage der heutigen Ersten Beratung einer Novelle des Privatschulgesetzes.

Die Inhalte dieses Gesetzentwurfs sind in Teilen so schlecht formuliert gewesen, dass Sie auf der Strecke von vor zwei Wochen bis heute zwei Paragraphen komplett herausfallen lassen mussten, die so unverständlich formuliert waren, dass sie in der Praxis bei den Schulen in freier Trägerschaft zu katastrophalen Ergebnissen geführt hätten. Wenn man jahrelang diskutiert, dann kann man doch nicht innerhalb von zwei Wochen etwas hinschmieren und erst nach einer Rücksprache mit uns und nach einer intensiven Diskussion im Schulausschuss merken, dass man an dieser Stelle wirklich Mist gebaut hat.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Man kann auch nicht jahrelang durchs Land reisen und erzählen, man wolle die Schulen in freier Trägerschaft besser stellen,

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das haben wir doch mit diesem Gesetzentwurf getan!)

und jetzt mit dieser Gesetzesvorlage die eine Form der privaten Schulen gegen die andere Form der privaten Schulen ausspielen und das dann auch noch als Vorteil verkaufen.

(Beifall bei der SPD)

In Baden-Württemberg werden ca. 100 000 Schüler in privaten Schulen – in allgemein bildenden und in beruflichen Schulen – unterrichtet. Die Steigerungsraten bei den Schülerzahlen an privaten Schulen waren in den letzten Jahren doppelt so hoch wie an öffentlichen Schulen. Die privaten Schulen haben eine weitaus höhere Zuweisungsrate von der Grundschule an Gymnasien als staatliche Schulen – und das, obwohl dort die Klassen größer sind.

Allein diese wenigen Statements, die ich gerade formuliert habe – die Angaben sind im Übrigen beim Statistischen Landesamt nachzulesen –, zeigen, dass die Privatschulen schon bisher unter schwersten Bedingungen gute Ergebnisse erzielt haben. Mit dieser Novellierung verursachen Sie zumindest bei den privaten allgemein bildenden Schulen noch schlechtere Arbeitsbedingungen. Und Sie stellen sich hier hin und verkaufen das auch noch als Verbesserung. Das ist in meinen Augen ein Skandal.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Sie versuchen auch noch, das Ganze möglichst zu beschleunigen. Nachher wird von Ihnen sicherlich der Antrag kommen, diese Gesetzesnovelle nicht, wie das im normalen parlamentarischen Verfahren üblich ist, zur weiteren Beratung an den Fachausschuss zu überweisen, was dringend notwendig wäre.

(Abg. Schebesta CDU: Wir haben doch schon be- raten!)

Wir sind heute in der ersten Lesung. Also hatten wir hierzu noch keine Ausschussberatung.

(Abg. Drexler SPD: So ist es! Das ist doch erst die erste Lesung! Das kann doch gar nicht sein! – Zu- ruf des Abg. Wacker CDU)

Sie haben ja eine Grundschule besucht und sollten daher auch das Einmaleins können. Erst findet die erste Lesung statt, und dann folgt die Ausschussberatung.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Sie versuchen, das Gesetz durchzupeitschen und verkaufen das dann auch noch als solide Planung und Zukunftssicherung für die privaten Schulen.

Herr Wacker, Sie haben den Beteiligten an der so genannten AG Privatschulfinanzierung gedankt. Dieser Dank von Ihnen, Herr Wacker, ist an Zynismus nicht zu überbieten. Sie haben es bei der Erarbeitung dieser Gesetzesnovelle nicht einmal mehr für nötig gehalten, diejenigen, mit denen Sie jahrelang gesprochen haben, in entscheidenden Situationen zu informieren. So kann man nicht miteinander arbeiten. So kann man nicht mit uns als Opposition arbeiten, und so kann man auch nicht mit den Menschen arbeiten, für die man Politik macht.

(Beifall bei der SPD – Abg. Capezzuto SPD: Das ist arrogant!)

Das Wort erhält Frau Abg. Rastätter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf haben Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, Ihr Versprechen gegenüber den Schulen in freier Trägerschaft gebrochen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf von der SPD: Ja!)

Die Schulen in freier Trägerschaft warten seit Jahren auf eine gerechte und faire Finanzregelung. Aufgrund der chronischen Unterfinanzierung stehen inzwischen etliche Schulen in freier Trägerschaft vor dem Ruin. Sie versprechen diesen Schulen, die genauso Bestandteil unseres öffentlichen Schulwesens sind wie die staatlichen Schulen, seit Jahren, endlich das neue Berechnungsmodell, das Sie ja selbst mit ihnen erarbeitet haben, bei der nächsten Novellierung des Privatschulgesetzes festzuschreiben. Die Privatschulen sind in gutem Glauben davon ausgegangen, dass bei dieser – wie Sie, Frau Kollegin Berroth, es nennen – technischen Novellierung die neue Berechnungsgrundlage, nämlich das neue Bruttokostenmodell, gleichzeitig festgeschrieben wird, damit die Schulen in freier Trägerschaft eine Planungssicherheit für die nächsten Jahre bekommen. Dass dies jetzt nicht erfolgt, hat zu einem eklatanten Vertrauensverlust bei den freien Schulen, bei den Eltern und bei den Schülerinnen und Schülern geführt.

Wir Grünen haben mit unserem Gesetzentwurf, ebenso wie das die SPD-Fraktion mit ihrem Entwurf getan hat, gezeigt, dass es möglich ist, auch in schwierigsten Haushaltslagen das neue Bruttokostenmodell zu verankern, wenn man gleichzeitig einen Stufenplan über mehrere Jahre vorsieht. Denn selbstverständlich wissen auch die Schulen in freier Trägerschaft, dass man die hohe Summe, die erforderlich ist, um eine gerechte Finanzierung durchzuführen, nicht sofort, sondern nur in Stufen bereitstellen kann.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Abg. Rastätter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Berroth?

Bitte schön, Frau Kollegin Berroth.

Frau Kollegin Rastätter, können Sie mir zustimmen,

(Zurufe von der SPD: Nein!)

dass wir mit der vorliegenden Novelle zusammen mit dem Änderungsantrag, der im Schulausschuss angenommen worden ist, Planungssicherheit für die Privatschulen für die nächsten zwei Jahre schaffen und eine Absichtserklärung für die Zukunft abgeben?

(Lachen bei der SPD – Abg. Schmiedel SPD: Wer einmal lügt!)

Ich habe in meinem Redebeitrag soeben nochmals gesagt, dass diese Zukunft für mich die nahe Zukunft ist und nicht weit weg liegt.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Sie haben doch jeden Kredit verspielt!)

Frau Kollegin Berroth, der Kollege Wacker hat gesagt: „Wir behalten das Bruttokostenmodell im Blick.“ Das heißt, Sie sehen es wohl als Punkt am fernen Horizont. Dem wird man sich bei Ihrer Vorgehensweise wohl nie annähern.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Hei- derose Berroth FDP/DVP: Schaun mer mal!)

Zweiter Kritikpunkt – das schließt jetzt direkt an Ihre Frage an, Frau Kollegin Berroth –: Sie sparen auf Kosten der Schulen in freier Trägerschaft. Sie sparen bei den Eltern, den Schülerinnen und Schülern sowie den Schulen in freier Trägerschaft.

(Abg. Schebesta CDU: Bei welchen denn?)

Wenn man jetzt nach dem neuen Berechnungsmodell alle Zuschüsse auf 80 % erhöhen würde, wie es uns ja die Gerichte in Baden-Württemberg vorgeben,

(Abg. Schebesta CDU: Stimmt doch gar nicht!)

dann müsste man pro Jahr zusätzlich 36,6 Millionen € im Landeshaushalt einstellen.