Protocol of the Session on July 29, 2004

Dieses Projekt, das seinerzeit von der Landesregierung mit einem erheblichen finanziellen und auch organisatorischen Aufwand und mit externer Unterstützung auf den Weg gebracht wurde, ist in unterschiedliche Konzeptionsphasen und Realisierungsphasen eingeteilt. Es ist jetzt zumindest

so weit gediehen, dass die Einführungsphase im Wesentlichen abgeschlossen ist.

Wir haben uns mit der Frage beschäftigt, wie sich die Steuerung des Haushalts in der Zukunft ändern wird.

(Abg. Walter GRÜNE: Du musst noch etwas zur Verwaltungsreform sagen!)

Bislang beschäftigt sich schwerpunktmäßig der Finanzausschuss mit den Fragen von Ausgaben und Einnahmen. In Zukunft bekommen wir zusätzliche Steuerungsgrößen in Form von Angaben zu Kosten und Leistungen hinzu.

(Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Dazu bedarf es einer Umgestaltung des Haushalts entlang den bundesrechtlichen Vorgaben und auch weiterhin entlang der Kameralistik, unterstützt durch die Einführung von neuen Instrumenten des Controllings und der Kosten- und Leistungsrechnung.

Wir werden in Zukunft deutlich mehr Stellschrauben und Informationen im Rahmen des Haushalts haben. Sie werden sukzessive eingeführt, zunächst einmal über einen produktorientierten Haushalt. In der Endstufe soll eine leistungsbezogene Planaufstellung stehen. Was ist ein produktorientierter Haushalt? Ein produktorientierter Haushalt ist ein Haushalt,

(Abg. Walter GRÜNE: Der produktorientiert ist!)

in dem eben nicht mehr nur Ausgaben und Einnahmen stehen, sondern in dem parallel dazu über entsprechend definierte Produkte auch Informationen über Kosten und Leistungen enthalten sein werden.

Hintergrund dafür ist einfach, dass man auch in der öffentlichen Verwaltung verstärkt betriebswirtschaftliches Handeln und damit auch Effizienzgewinne einbringen möchte. Die Neuen Steuerungsinstrumente sollen die Grundlage dafür bieten, dass in Zukunft so genannte Benchmark-Vergleiche innerhalb einer Verwaltung, aber auch verwaltungsübergreifend möglich sind. Dies können wir derzeit erfolgreich bei Vergleichen in vielen Kommunen feststellen. Man unterzieht sich einem Vergleichstest gegenüber anderen Kommunen und Tätigkeitsfeldern der Verwaltung

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Man schaut schlicht und einfach, was das kostet! – Zuruf des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

und bekommt dann entsprechende Ergebnisse, die aufzeigen, wo in den eigenen Prozessen Verbesserungsmöglichkeiten liegen. Ich denke, die Landesverwaltung wird dieses Thema in den nächsten Jahren aufzugreifen haben.

Neue Steuerungsinstrumente bieten zusätzliche Kontrollmöglichkeiten, die aufgrund der Einführung der dezentralen Budgetierung auch geboten sind. Wenn wir in Zukunft unsere Haushaltsstruktur, insbesondere auch einzelne Haushaltstitel ausdünnen wollen und mehr Finanz- und Aufgabenverantwortung an die Ebene vor Ort geben wollen, dann ist es auf der anderen Seite auch wichtig, dass im Sinne der Haushaltsklarheit und entsprechender Steuerungs- und Planungsmöglichkeiten auch Instrumente in die Landesverwal

tung Eingang finden, die es ermöglichen, dass das Handeln vor Ort geprüft werden kann und dass für ein verantwortungsvolles Handeln vor Ort in den einzelnen Behörden auch Anreizsysteme entwickelt werden.

Welche Auswirkungen wird nun die Einführung der Neuen Steuerungsinstrumente auf den Landtag haben? Sie werden uns zunächst einmal bei den Haushaltsplanberatungen begleiten.

(Zuruf der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Wir werden künftig im erläuternden Teil des Haushalts zusätzliche Kennzahlen bekommen und werden zusätzliche Controlling-Instrumente haben. Bei künftigen Haushaltsberatungen können diese Kennzahlen nicht nur im erläuternden Teil stehen, sondern zunehmend durch Verbindlicherklärung oder Aufnahme in den verfügenden Teil zur Leitlinie werden.

Wir haben im Unterausschuss Neue Steuerungsinstrumente auf Vorschlag der Fraktionen einen umfangreichen Fragenkatalog behandelt. Dieser wurde im Laufe der Zeit noch erweitert. Ich glaube, wir haben fraktionsübergreifend und in intensiven Diskussionen erreicht, dass wir erstens das Instrument nachvollziehen konnten und zweitens natürlich auch das Rüstzeug mitbekommen haben, um mit diesen Neuen Steuerungsinstrumenten umzugehen.

Es ist auch daran gedacht, in Zukunft ein Abgeordneteninformationssystem einzuführen, das einen Online-Zugriff auf den Landeshaushalt und den Rechnungsabschluss ermöglicht, das allerdings keine Zugriffsmöglichkeit auf den Haushaltsvollzug gewährt. Hier ist ganz klar eine Aufgabenteilung notwendig: Der Landtag ist für die Haushaltsaufstellung und für die Haushaltskontrolle zuständig; für den Vollzug und die Steuerung ist die Landesregierung, die Exekutive, zuständig. Deshalb werden auch bis zum Jahresende das Innenministerium und das Finanzministerium einen Prototyp dafür erstellen müssen, wie man den Abgeordneten Informationen über ein regelmäßiges Berichtswesen und entsprechende Zugriffsmöglichkeiten zur Verfügung stellt.

Wir haben uns darüber hinaus im Unterausschuss damit beschäftigt, wie man denn die Personalvertretungen des Landespersonals in die Realisierung der Neuen Steuerungsinstrumente einbeziehen muss. Wenn in Zukunft auf Produkte gebucht werden muss, dann ist dafür die Voraussetzung, dass es auch eine kostenträgerbezogene Zeit- und Mengenerfassung für jeden Mitarbeiter gibt. Dass dies natürlich mit zusätzlichem Aufwand verbunden ist und in Teilen der Landesverwaltung auch nicht ganz nachvollzogen werden kann, ist, denke ich, Realität. Da muss sicherlich noch entsprechend nachgebessert werden, und es muss Aufklärungsarbeit geleistet werden. Aber immerhin wurden mittlerweile mit nahezu allen Belegschaften in allen Ministerien Vereinbarungen getroffen. Zuletzt wurde eine solche Vereinbarung mit der Polizei in Angriff genommen, die möglichst zum 1. Januar 2005 damit beginnen soll, kostenträgerbezogene Zeit- und Mengenerfassung zu betreiben.

Wir haben uns auch mit der Frage beschäftigt, wie sich denn die Verwaltungsreform auf die Neuen Steuerungsin

strumente auswirken wird. Immerhin haben bislang 1 113 Behörden die neuen Instrumente genutzt. Mit der Eingliederung von 422 Sonderbehörden kam es immerhin zu einem Rückgang der Zahl der Nutzer um ein Viertel. Die restlichen drei Viertel werden auch weiterhin die Neuen Steuerungsinstrumente anwenden, insbesondere in den Bereichen Justiz, Polizei und Finanzverwaltung.

Deshalb haben wir auch in unserer Beschlussempfehlung die Landesregierung aufgefordert, im Zuge der Umsetzung der Verwaltungsreform die Neuen Steuerungsinstrumente noch einmal im Hinblick auf ihren Aufwand und ihre wirtschaftliche Umsetzung und im Hinblick auf den damit verbundenen Steuerungsnutzen zu prüfen. Ich sage dies auch ausdrücklich und mit Wunsch und Bitte an die Landesregierung, hier zu versuchen – denn es ist ja auch ein lernendes, ein atmendes System –, das jetzt vorliegende Konzept umzusetzen, aber auch aus Schwächen dieses Konzepts zu lernen

(Abg. Hofer FDP/DVP: Sehr gut!)

und diese Erkenntnisse dann bei der Umsetzung zu berücksichtigen, damit dieses Projekt wirtschaftlich umgesetzt werden kann.

Ein weiterer Punkt, der für den Unterausschuss Neue Steuerungsinstrumente wichtig war, ist die Frage der weiteren Einbindung von Fachausschüssen. Der Unterausschuss hat hierzu gemeinsam mit dem Finanzausschuss die Vereinbarung getroffen, dass Fachausschüsse, sofern dies für eine fachliche Steuerung sinnvoll ist, sich an diesem Prozess beteiligen können, dass sie jederzeit über einen produktorientierten Haushalt informiert werden und Empfehlungen geben können, die für eine fachrelevante Steuerung notwendig sind, dass diese Empfehlungen letztendlich aber vom Finanzausschuss verabschiedet werden müssen. Wir möchten eben nicht, dass in Zukunft die Fachausschüsse parallel zum Finanzausschuss die Haushaltsberatungen führen, sondern dass die Federführung für das Haushaltsverfahren weiterhin beim Finanzausschuss liegt.

Ich denke, wir haben kein fertiges, abgeschlossenes System, sondern es ist ein lernendes System. Wir Abgeordnete müssen lernen, mit diesem System umzugehen, und auch die Verwaltung muss dies lernen.

Abschließend möchte ich allen Fraktionen für die sachliche Debattenkultur bei uns im Unterausschuss danken. Ich möchte dem Finanzministerium dafür danken, dass es uns mit Rat und Tat und mit Informationen zur Seite gestanden hat. Ebenso danke ich dem Innenministerium, dessen Mitarbeiter daran mitgewirkt haben, sowie allen beteiligten Fachressorts. Mir ist auch die Feststellung wichtig, dass der Unterausschuss Neue Steuerungsinstrumente in vielen Fragen keine politische Bewertung dieses Instruments vornehmen wollte, sondern dass wir uns nahezu ausschließlich den fachlichen Gesichtspunkten und Kriterien bei der Einführung dieses Projektes gewidmet haben. Eine politische Bewertung sollte sicherlich im Finanzausschuss und auch hier in diesem hohen Hause stattfinden. Das ist selbstverständlich; das machen wir immer wieder.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, darf ich Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Frau Präsidentin, ich komme zum Ende.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen Mitwirkenden und auch bei den anderen Fraktionen. Ich glaube, es sind sehr viele gute Anregungen und Impulse für die Arbeit des Unterausschusses gegeben worden. Ich bin mir sicher, dass dies auch eine gute Grundlage ist, um die Arbeit im Finanzausschuss fortzusetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmid.

(Abg. Walter GRÜNE: Es ist doch schon alles ge- sagt!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Rede des Kollegen Birk war symptomatisch für die Art und Weise, in der die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen mit dem Projekt NSI umgegangen sind. Man hat sich sehr stark auf Sachfragen konzentriert – auch im Unterausschuss –

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)

und ist auch ein Stück weit in Ehrfurcht vor diesen

(Abg. Theurer FDP/DVP: Sachfragen!)

modernen Steuerungsinstrumenten erstarrt und hat vergessen, einige einfache Fragen vorab zu klären, zum Beispiel: Was kostet es, und was bringt es?

(Beifall der Abg. Heike Dederer GRÜNE – Abg. Schmiedel SPD: Sehr gut!)

Wie nehme ich die Mitarbeiter bei diesem Prozess mit?

Es war die SPD-Fraktion des Landtags,

(Abg. Theurer FDP/DVP: Ach was!)

die dieses Thema in einer großen Anhörung aufgegriffen hat und die vor allem die Praxis und die Umsetzung dieses Projekts zur Sprache gebracht hat. Da haben wir in allen Verwaltungsbereichen großen Unmut über dieses Projekt feststellen können. Dieser Unmut speist sich daraus, dass diese einfachen Grundfragen vorneweg nicht genügend geklärt worden sind und dass vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung nicht mit in dieses Projekt einbezogen worden sind.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Stattdessen wurden sie zu Beginn verschreckt durch die Verknüpfung der Einführung von NSI mit einem Stellenabbau zur Finanzierung dieses Projekts. Das war ein schwerwiegender Fehler, ein Nachteil für die Motivation der Beschäftigten.

(Das Handy der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE klin- gelt mit einer Jagdhorn-Melodie. – Heiterkeit – Abg. Fischer SPD: Attacke! – Abg. Schmiedel SPD: Das ist der süddeutsche Jagdverband! – Un- ruhe – Glocke der Präsidentin)

Das Wort hat Herr Abg. Schmid.