Das macht doch so, wie Sie das komponiert haben, überhaupt keinen Sinn. Wenn Sie weiterregieren wollen, macht die Kabinettsumbildung einen Sinn. Ihre jetzige Rede hat ja diesen Eindruck hinterlassen; denn es wird einfach nur das wiederholt, was Sie hier an diesem Pult schon immer gesagt haben. Aber dann sagen Sie das doch einfach! Dann ist der Kittel geflickt, und dann weiß jeder hier im Land, womit er zu rechnen hat. Ich glaube, darauf hätte man eigentlich einen Anspruch.
Bei der Kabinettsumbildung, die wir uns jetzt anschauen können, gab es von Müller zu Mappus eine Verjüngung. Aber ich frage Sie: Können wir da auch eine Qualitätsverbesserung erkennen?
Bei Müller war es jedenfalls so: Er ist uns nie eine Antwort schuldig geblieben. Er war kompetent und in allen Fragen seines Amtes immer beschlagen. Beim Staatssekretär Mappus konnten wir bisher nur Draufhauen und Polemik erleben oder feststellen, dass er dem Landtag Auskünfte verweigert oder falsche gegeben hat.
(Widerspruch bei der CDU – Abg. Blenke CDU: Warten Sie es ab! – Zuruf des Ministerpräsidenten Teufel)
Das ist doch ein ganz schlechter Einstieg. Verstehen Sie: Wenn das die Perspektive einer Verjüngung ist – Draufhauen statt Kompetenz –, dann ist das vielleicht parteitaktisch in Ordnung. Ich glaube aber, dass man das Land dabei nicht weiterbringt.
Warum der Kollege Hillebrand jetzt Staatssekretär im Umwelt- und Verkehrsministerium ist, das verschließt sich uns vollkommen.
(Abg. Drexler SPD: Mir auch! – Abg. Stickelber- ger SPD: Das ist der Grund! – Abg. Röhm CDU: Weil er anständig ist!)
Er ist hier nicht durch irgendwelche Initiativen oder Ideen aufgefallen, bei denen wir sagen könnten: Das wird der Grund sein. Wir kennen diesen Grund nicht.
(Heiterkeit bei allen Fraktionen – Unruhe – Abg. Drexler SPD: 2600, um Gottes willen! Oje, das ar- me Land! – Abg. Blenke CDU: Von 2600 hat nie- mand geredet!)
Landespolitisch ist sie nicht als Expertin ausgewiesen, und auch bundespolitisch hat sie im Sozialbereich noch nicht von sich reden gemacht. Sie war bisher auch nicht mit Führungsaufgaben betraut. Unbeschriebene Blätter haben natürlich immer den Vorteil, dass man sie beschreiben kann; keine Frage.
Aber das Entscheidende ist: Gleichzeitig entlassen Sie Herrn Repnik, obwohl er das nicht wollte. Jetzt setzen Sie ihn an die Spitze der Toto-Lotto-Gesellschaft, und das machen Sie noch mit der wirklich an Scheinheiligkeit nicht zu übertreffenden Bemerkung: Soll denn ein Minister schlechter dran sein als jeder andere in diesem Land?
Wenn er so gut ist, dass er auf einmal die Toto-Lotto-Gesellschaft führen kann, warum entlassen Sie ihn denn dann und setzen dafür ein unbeschriebenes Blatt ein? Was für einen Grund gibt es eigentlich, wenn man das Landesinteresse im Auge hat, Minister nicht dem Verfahren zu unterwerfen, dem sich jeder Bürger und jede Bürgerin stellen muss, nämlich einem Ausschreibungsverfahren? Wenn er so gut ist, wie Sie sagen, wird er dieses doch wohl locker und glänzend bestehen. Das stimmt alles nicht.
Dass Sie einen Minister, der nicht gehen will und bei dem auch nicht klar ist, warum er gehen und durch jemand ersetzt werden soll, der ein unbeschriebenes Blatt ist, einfach schamlos in ein landeseigenes Unternehmen setzen, hat das, was der Bürger in Baden-Württemberg mit schwarzem Filz ohnehin schon gewohnt ist, überschritten, weil Sie damit ein landeseigenes Unternehmen zum Spielball Ihrer taktischen Interessen und zur Beute einer Partei machen. Das ist genau der Punkt.
Die Leute wollen in solchen Umbruchzeiten, über deren Existenz wir uns alle einig sind, dieses parteipolitische Taktieren nicht. Sie wollen, dass die Interessen des Landes über
Es ist klar: Wenn man das verwechselt, ist man sofort auf einer abschüssigen Bahn wie der, auf der Sie jetzt gelandet sind. Deswegen fordern wir Sie noch einmal auf, damit aufzuhören. Wir haben Sie schon vor Wochen hier aufgefordert, alle landeseigenen Unternehmen ihre Spitzenpositionen ausschreiben zu lassen. Das ist der einzig richtige und kommode Weg, um von dieser schrägen Bahn wieder herunterzukommen.
Ich glaube, das alles – nämlich dass Sie das Land weiter in der Schwebe halten und nicht sagen, was Sie eigentlich tun wollen, obwohl auch der Ruf aus Ihren eigenen Reihen erschallt, das zu tun, und das Pferd vom Schwanz her aufzäumen, dass Sie Minister auswechseln, aber unklar lassen, wer das Land weiter führen soll – zerstört zusammen mit dem Abgleiten in eine Patronagenwirtschaft Glaubwürdigkeit.
Das ist das Schlimme. Wir sehen ja, wie andere Leute, etwa Koch, solche Sachen glänzend überstehen und auch noch die absolute Mehrheit einfahren, aber das Vertrauen in die Politik allgemein nimmt durch solche Geschichten rapide ab. In der jetzigen Umbruchsituation, in der wir den Leuten Einschnitte auf sehr vielen Gebieten zumuten müssen, in der sich Gewohntes ändert und die Leute völlig neue Wege gehen müssen, ist die Politik jedoch besonders auf Glaubwürdigkeit angewiesen. Das ist das allerwichtigste Kapital, das sie hat. Das darf man in einer solchen Situation nicht durch taktische Spielchen verspielen.
Deswegen kann ich Sie nur noch einmal auffordern: Machen Sie Platz für einen Neuanfang mit neuen Perspektiven für dieses Land!
Wir brauchen eine Haushaltssanierung. Sie ist Grundlage dafür, dass wir die Kernbereiche des Landes überhaupt weiter halten können. Wir müssen überall Kosten senken und sparen, und zwar auch drastisch. Aber es ist wie bei jedem Betrieb in der Wirtschaft: Wenn er in Schwierigkeiten gerät – wir sind in diesen Schwierigkeiten –, muss er Kosten senken, muss er sanieren. Aber damit allein kann er sich noch nicht am Weltmarkt behaupten. Das Ganze muss ja den Sinn haben, das Land wieder fit zu machen für seine Kernaufgaben, fit zu machen insbesondere für Bildung und Wissenschaft.
Was brauchen wir da? Ich hoffe, dass diese Akzente von den Teufel-Nachfolgern endlich aufgenommen werden. Wir brauchen im Bildungswesen, in der Schule eine neue Leistungskultur u n d eine Sozialkultur. Die Betonung liegt auf dem „und“. Genau in der Verbindung von Leistungskultur und Sozialkultur liegt die Herausforderung, vor der wir im gesamten Bildungswesen stehen.
Wir haben dazu sehr präzise Vorschläge gemacht. Wir haben für die Hochschule Studiencredits vorgeschlagen, wo der Student Verantwortung übernimmt, wo er mitbestimmt, wo er auch Eigenanteile bezahlen muss, aber wo wir ihm auch insofern Verantwortung übertragen, als dass dorthin, wohin er geht, die Mittel gleichzeitig mitgehen. Er steuert dadurch mit und wird durch ein solches System zur Qualität der Lehre beitragen. Er kann also mit der Belastung, die wir ihm im zweiten Teil des Studiums, im Masterstudiengang, aufbürden, selbst steuern. Das ist genau ein Beispiel dafür, was die Menschen von uns verlangen: nicht einfach nur zu sagen: „Ihr müsst alle mehr blechen, ihr müsst alle mehr arbeiten.“ Das allein bringt nichts, das bringt Verunsicherung.
Wenn ich die Arbeitszeitdebatte nehme: Die einen sagen: „50 Stunden“. Die nächsten sagen: „Feiertage weg!“ Die Dritten sagen: „Den Urlaub weg!“ Das muss doch einfach bei den Leuten tiefe Ängste auslösen. Das sind doch völlig unsinnige Debatten, die da geführt werden. Natürlich müssen wir länger arbeiten. Aber wir müssen das auch begrenzen. Wir brauchen mehr Flexibilität, und wir müssen den Leuten immer die Perspektive eröffnen, dass es ihnen dabei besser gehen wird.
Was heißt das für die Schule? Kollege Oettinger, die Selbstständigkeit der Schule muss der Kernpunkt unserer Schulreform sein.