Protocol of the Session on June 30, 2004

Sollte es keinen BAT-Ausstieg geben, besteht die große Gefahr der betriebsbedingten Kündigungen. Die Stichworte sind bekannt: BAT-Schere, Defizite, DRG-Einstieg usw.

Ich bedauere in diesem Zusammenhang auch, dass die rotgrüne Gesundheitspolitik bei der DRG-Einführung die Universitätsklinika nicht ausreichend berücksichtigt hat. Die Universitätsklinika sind keine Pauschalbetriebe, sondern Spezialbetriebe mit entsprechend hohen Kosten gerade in der Krebspatientenversorgung, bei Spezialoperationen usw. Diese Bezahlung erfolgt nicht optimal.

Die Universitätsklinika wollen aus dem Arbeitgeberverband austreten und dann mit ver.di Haustarifverträge aushandeln. Dass damit der Abschied vom BAT verbunden ist, ist klar. Aber das bringt Vor- und Nachteile. Man erhofft sich nämlich dadurch neue und attraktive Verträge. Aber es muss auch – das muss klar sein – die soziale Gerechtigkeit gewahrt sein. Ich sage bewusst für die CDU: Soziale Gerech

tigkeit liegt auch uns sehr stark am Herzen; denn man muss die Beschäftigten mitnehmen. Ohne die Beschäftigten geht es nicht.

(Beifall bei der CDU)

Kernpunkte der Reformen müssen sein: Keine Absenkung der Zahl der derzeit Beschäftigten im BAT-Bereich, aber für die Zukunft flexible Arbeitszeitregelungen, anpassungsfähige Eingruppierungsregelungen und vor allen Dingen leistungsgerechte Bezahlungen. Uns geht es um mehr Ökonomie und weniger Bürokratie.

Fazit: Ein Ausstieg aus dem BAT sollte auf jeden Fall von den Klinikaufsichtsräten sorgfältig geprüft werden, und die Vor- und die Nachteile sollten gründlich abgewogen werden. Ich gehe davon aus, dass das auch geschieht.

Aber jetzt noch einige Worte zum Thema „Betriebliche Altersversorgung“. Auch der Ausstieg aus der VBL wird geprüft. Eine kapitalgedeckte Alternative wird erwogen. Man muss aber eines klar sehen: Die Ablösesumme beträgt – Minimum – 600 Millionen € aufwärts, Tendenz steigend. Diese Kosten kann niemand so ohne weiteres tragen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Pfisterer, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Bauer?

Bitte schön, Frau Bauer.

Kollege Pfisterer, wie wollen Sie denn sicherstellen, dass sich die Landesregierung künftig um soziale Gerechtigkeit bei der Vergütung der Beschäftigten kümmert, wenn man aus der TdL aussteigt und es künftig jeder einzelnen Klinik überlässt, im Haustarifvertrag diese Bedingungen zu gestalten? Welche Eingriffsund Gestaltungsmöglichkeiten hat die Politik dann noch?

Es gibt da logischerweise erst einmal die Tarifpartner, die hier die Verhandlungen führen.

(Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

„Erst einmal“ habe ich gesagt. – Zum anderen hat logischerweise auch die Politik ein großes Interesse daran, dass hier einvernehmliche Regelungen kommen; denn im Endeffekt sind wir, das Land Baden-Württemberg, haftbar. Man kann nur begleitende Maßnahmen sicherstellen, indem man auch hier darauf hinweist, dass eine soziale Verantwortung vorliegt. Die Kliniken können nicht gegen die Wand fahren. Sie müssen realitätsbezogen verhandeln. Sonst haben sie keine Chance. Da muss man logischerweise – wie überall – in dem gebotenen Maße begleitend eingreifen.

Aber zurück zum Thema: Baden-Württemberg hat viele innovative Reformen gemacht. Auch das Thema „Umwandlung der Klinika in Anstalten des öffentlichen Rechts“ war ein Beispiel dafür, dass wir hier erfolgreich Reformen machen können. Bei Evaluationen wird dies bestätigt. Die Klinika stehen mittlerweile im Wettbewerb, denn nicht umsonst werden die Patienten dort hingehen, wo sie gut behandelt werden. Warum gehen manche Leute nach Heidelberg

und Ulm, warum bleiben sie in Baden-Württemberg? Weil sie hier eine optimale Versorgung haben.

Wir haben aus diesem Grund ganz klar gesagt: Es gibt eine Gesamtstrategie. Es muss ganz klar sein, dass Gesamtstrategie bedeutet, dass man hier alles gemeinsam betrachten muss. Letztlich geht es darum, Defizite vom Landeshaushalt fernzuhalten. Daran arbeiten wir massiv. Ich rufe Sie dazu auf: Machen Sie mit!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Herrn Professor Dr. Frankenberg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie ist die aktuelle Situation, und wie ist auch die aktuelle wirtschaftliche Lage der Universitätskliniken? Auf die aktuelle Bewertung ihrer Leistungen in Forschung, Lehre und Krankenversorgung ist Frau Abg. Berroth eingegangen, allerdings unter etwas lokalpolitischen Gesichtspunkten.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Es ist richtig, dass die Universitätsklinik Tübingen vom Wissenschaftsrat quasi als die beste in Deutschland bewertet worden ist. Es ist aber genauso richtig, dass die übrigen baden-württembergischen Universitätskliniken insgesamt als die Spitze in Deutschland bezeichnet worden sind.

(Abg. Dr. Inge Gräßle CDU: Als Gesamtkunst- werk!)

„Gesamtkunstwerk“ ist der richtige Begriff; danke, Frau Abg. Gräßle.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Es gibt also in Deutschland keine bessere Universitätsmedizin als die in Baden-Württemberg. Offenbar hat die Politik hier in der Vergangenheit doch einiges richtig gemacht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Pfis- terer CDU: Den Satz kann man für Frau Bauer wie- derholen! – Vereinzelt Heiterkeit – Weitere Zuru- fe)

Sie hat mitgeschrieben.

Überhaupt muss man sagen: Die Forderung nach Eliteuniversitäten bedeutet für uns, dass wir zunächst einmal betonen können – das sehen wir an diesem Ergebnis –: Wir haben in Baden-Württemberg längst Eliteuniversitäten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wir hätten noch mehr, wenn sich der Bund weniger einmischen würde. Man kann sich ja die Frage stellen, ob wir überhaupt eine Bundesbildungsministerin brauchen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

(Minister Dr. Frankenberg)

Diejenigen, die meinen, wir bräuchten sie, sollten wenigstes dafür sorgen, dass wir eine Eliteministerin haben.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP – Abg. Carla Bregenzer SPD: Das war jetzt aber unter der Gürtellinie, Herr Mi- nister! Ihrer nicht würdig!)

Frau Abg. Bregenzer, ich habe nicht gesagt,

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Machen Sie es nicht noch schlimmer!)

dass sie keine ist. Das haben Sie jetzt so interpretiert.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP – Abg. Fleischer CDU: Voll reingefallen!)

Die Universitätskliniken sind in der Tat nicht nur Stätten von Forschung, Lehre und Krankenversorgung, sondern sie sind auch Großunternehmen, was die Zahl der Beschäftigten und die Höhe der Umsätze angeht. Wir haben ihnen mit der Medizinreform 1998 auch die Struktur von Großunternehmen, nämlich die als selbstständige Anstalten, und damit die größtmögliche Autonomie gegeben – allerdings bei der noch bleibenden Gewährträgerhaftung durch das Land.

Wir haben ihnen auf der anderen Seite bei der schwierigen Lage, in der sich unser Haushalt befindet, über die Rahmenzielvereinbarung Planungssicherheit im Haushalt gegeben. Wir können in Zeiten sinkender Steuereinnahmen nicht Zusagen über mehr Zuwendungen des Landes, sondern nur über eine Planbarkeit der Kürzungen machen. Das ist das Optimale, was man in diesen schwierigen Zeiten machen kann. Die Zeiten sind eben nicht so, dass wir mehr Geld ausgeben könnten.

Die wirtschaftliche Lage der Universitätskliniken ist in den vergangenen Jahren noch relativ gut gewesen. Wir hatten von 1998 bis 2002 Jahresüberschüsse von 164 Millionen €, die überwiegend als Eigenbeiträge in die Ausstattung, in den Bau von Gebäuden der Universitätskliniken geflossen sind.

Auch im Jahr 2003 ist es allen Universitätskliniken mit großer Kraftanstrengung gelungen, zumindest noch eine schwarze Null zu schreiben oder sogar leicht positive Zahlen zu erwirtschaften. Allerdings wird sich die wirtschaftliche Lage der Universitätskliniken in Zukunft unter wesentlich schlechteren Rahmenbedingungen gestalten.

Wir müssen deshalb zweierlei tun. Wir müssen einerseits, Herr Kollege Hoffmann – ich nenne dies zuerst –, an die inneren Strukturen der Universitätskliniken gehen. Wir haben deshalb eine internationale Strukturkommission eingerichtet, die die Strukturen unserer Universitätskliniken prüfen wird – auch im Vergleich mit Kliniken entsprechender Art im Ausland – und uns Vorschläge zu Umstrukturierungen der Universitätskliniken machen wird. Ich denke, es wird eine der großen Herausforderungen auch der nächsten Legislaturperiode sein, die Universitätskliniken im Inneren entsprechend umzustrukturieren.

Andererseits müssen wir, damit man mit den vorhandenen Mitteln noch auskommen kann, die Personalkosten, die zu

explodieren drohen, begrenzen, und dies vor dem Hintergrund der Einführung der Fallkostenpauschalen, also des DRG-Systems, das die besonderen Belange der Universitätskliniken, nämlich dass sie Krankenhäuser der Maximalversorgung sind, dass ihnen die schwierigsten und kostspieligsten Fälle zugewiesen werden, nicht ausreichend berücksichtigt. Es hat übrigens noch kein Land in der Welt gegeben, das so flächendeckend wie Deutschland Fallkostenpauschalen eingeführt hat.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Katastrophe!)

In Berlin wird ja nicht immer so perfektionistisch gehandelt – aber manchmal dort, wo wir es überhaupt nicht brauchen können.