Frau Staatssekretärin Pejcinovic-Buric hat gestern Abend beim Empfang des Generalkonsulats aus Anlass des kroatischen Nationalfeiertags ihre Regierung vertreten.
Frau Staatssekretärin, ich wünsche Ihnen weiterhin einen angenehmen und informativen Aufenthalt in Baden-Württemberg und erfolgreiche Gespräche.
Große Anfrage der Fraktion der CDU und Antwort der Landesregierung – Zukunft der Universitätsklinika in Baden-Württemberg – Drucksache 13/2748
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: fünf Minuten je Fraktion für die Aussprache und fünf Minuten für das Schlusswort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit ihrer Umwandlung in Anstalten des öffentlichen Rechts haben die Universitätsklinika bewiesen, dass sie die damals beschlossenen Freiräume innovativ nutzen und bei allen Evaluationen auch international mit Spitzenergebnissen abschneiden. Die CDU hat den Antrag zur Zukunft der Universitätsklinika jedoch nicht gestellt, um einen positiven Rückblick vorzunehmen, sondern um in die Zukunft zu schauen.
Aus unseren bislang gut aufgestellten Häusern der Maximalversorgung drohen selbst Patienten zu werden, die am Tropf des Landes hängen. Spätestens ab 2004 ist nach heutiger Schätzung mit Betriebskostenverlusten von über 140 Millionen € bis zum Jahr 2007 zu rechnen. Die Rücklagen reichen nicht aus, um auch nur annähernd diese Betriebskostenverluste zu decken.
Bevor ich zu den Gründen und Auswirkungen dieser Misere komme, will ich eines vorwegschicken: Eine materielle Privatisierung, also der Verkauf der Universitätskliniken, ist für uns keine Lösung.
Wir wollen unsere Hochleistungskliniken nicht auf den freien Markt werfen und dem Spiel der Kräfte überlassen, denn wir sind dringend auf diese Einrichtungen unter der Regie des Landes angewiesen. Zum einen werden dort unsere Mediziner der Zukunft ausgebildet, und es wird an Zukunftsmedizin geforscht, zum anderen stehen die Universitätskliniken als Spitzenhäuser für all die Fälle zur Verfügung, die in anderen Versorgungsstufen nicht behandelt werden können. Ein gutes Beispiel dafür ist die Transplantationschirurgie.
Warum droht uns jetzt nach Jahren guter Gewinne ein Finanzloch in dieser Größenordnung? Weil die neue Krankenhausfallpauschale, DRG genannt, die auf Bundesebene festgesetzt wird, die Hochleistungsmedizin nicht vernünftig abbildet. Es gibt zu wenig Geld für Spitzenleistungen.
Ein Teil der Fehlkalkulationen der neuen Fallpauschalen ist aber leider hausgemacht. Die Universitätskliniken waren bundesweit nicht ausreichend in der Lage, ihre Kosten der Krankenbehandlung exakt von den Kosten der Wissenschaft zu trennen. Wissenschaftskosten dürfen aber bei der Kalkulation der Krankenhausfallpauschale nicht in die Behandlungskosten einfließen. Die Konsequenz war, dass die Universitätskliniken zum Teil keine, zum Teil zu geringe Werte an die jeweiligen Stellen gemeldet haben.
Wir wollen auch nicht verschweigen, dass sicherlich im Land Baden-Württemberg die Trennung der Kosten zwischen Wissenschaft und Lehre einerseits und Behandlung andererseits, die Kostentrennungsrechnung, nicht optimal ist. Das wird heute auch zum Bumerang für unsere eigenen Universitätskliniken. Wir erwarten jetzt mit Hochdruck ein schlüssiges Verfahren zur Kostentrennungsrechnung auch in Baden-Württemberg. Nur so sind künftig Kalkulationen mit vernünftigen Aussagen möglich.
Quersubventionen aus Mitteln für Forschung und Lehre für die Krankenversorgung sind dabei unerwünscht, ebenso der umgekehrte Weg.
Leider kann man sich den Vorwurf nicht ganz ersparen, dass zu spät auf die Veränderungen reagiert wurde. Aber warum auch? Denn bis 2002 wurden ja auch bei unseren Universitätskliniken Gewinne gemacht. Zu einem großen Teil sind diese Gewinne auf ein gutes Management in den Häusern zurückzuführen. Zum anderen ist es aber wohl auch so – das zeigen neuere Kalkulationen –, dass die bisherigen Pflegesätze in dem einen oder anderen Fall überhöht waren.
Dieser Erkenntnisgewinn, der uns jetzt in Form einer Summe von mehr als 140 Millionen € ereilt, geht nun leider zulasten des Landeshaushalts.
Wir müssen darüber nachdenken, ob wir die Reform der Universitätsklinika von 1998 nicht in einigen Punkten ergänzen müssen. Es kann auf keinen Fall so sein, dass künftige Verluste in beliebiger Höhe und zu einem beliebigen Zeitpunkt voll aus Mitteln des Landeshaushalts zu tragen sind. Ich glaube, das erwarten die Universitätsklinika auch gar nicht von uns.
Wir müssen auch darüber sprechen, ob wir den Universitätsklinika gestatten, weitere Fusionen mit Krankenhäusern in anderen Regionen oder in der eigenen Region einzugehen. Ist es sinnvoll, wenn sich eine Universitätsklinik an einem Kreiskrankenhaus beteiligt oder es gar zu 100 % übernimmt? Falls das sinnvoll sein kann: Wie passt das in die Krankenhauslandschaft angesichts der allgemeinen Versorgungssituation? Ich habe Zweifel, ob ein solcher Zukauf, ob solche Beteiligungen, mit denen eine Erhöhung des Haftungsrisikos für das Land einhergeht, durch die Gesetze, die im Moment in Baden-Württemberg gelten, abgedeckt sind.
Wir müssen auch einmal überlegen, ob nicht innerhalb der Universitätsklinika selbst strukturell eine neuere und bessere Arbeitsverteilung erfolgen muss. Ist es sinnvoll, an jedem Standort einen Großteil aller Behandlungen anzubieten, oder wäre es aus wirtschaftlichen Gründen nicht auch überlegenswert, wenn sich statt bisher vier künftig zwei Standorte jeweils ein Spezialgebiet teilen würden? Das hätte natürlich auch für die Ausbildung Folgen. Möglicherweise müssten Studierende dann einen Teil ihres Studiums an einer anderen Universität absolvieren. Man darf aber ruhig einmal die Frage stellen, ob das wirklich so schlimm wäre oder ob dies den Studierenden bei ihrer Ausbildung nicht eher nutzt. Ein Blick in eine andere Hochschule wäre durchaus wünschenswert.
Was wir jetzt brauchen, ist eine innovative Auseinandersetzung mit der Frage, wie wir trotz knapper Kassen die volle Leistungsfähigkeit der Universitätsklinika ohne Zusatzbelastungen im Landeshaushalt sichern können. Was wir aber auch brauchen, ist die Bereitschaft der Universitätsklinika selbst, Einsparpotenziale nicht nur bei den nach BAT beschäftigten Mitarbeitern zu suchen, sondern sich auch über strukturelle Veränderungen im eigenen Betrieb Gedanken zu machen.
Zum Schluss, ganz deutlich: Der Zwang des Geldes lässt keinen „Artenschutz“ zu, weder für einzelne Personen
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! „Zukunft der Universitätsklinika in Baden-Württemberg“ lautet der Titel der Großen Anfrage der CDU-Fraktion vom Dezember letzten Jahres, und die Antwort datiert vom Februar dieses Jahres. Wir haben in der Zwischenzeit einiges erlebt.
Im Wissenschaftsausschuss haben wir darüber diskutiert, dass die Haushaltskürzungen in einer Größenordnung von 22 Millionen € im Einvernehmen mit den Klinikleitungen erstellt wurden, konnten aber in der vergangenen Woche im „Reutlinger General-Anzeiger“ lesen, dass der Klinikumsvorstand des Universitätsklinikums Tübingen gesagt habe, er ginge notfalls an der Spitze seiner Pflegeschüler zur Demonstration nach Stuttgart, um der Politik zu demonstrieren, dass man den Druck, der durch die Kürzungen entsteht, vermindern müsse. Entweder hat man dort nicht aufgepasst, als damals gekürzt wurde, oder Sie reden jetzt mit gespaltener Zunge.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Carla Bregenzer SPD: Oder der Minister hat etwas Fal- sches gesagt!)
Wir können bei Tübingen bleiben. Wenn Sie die Landespresse verfolgen, lesen Sie von Warnstreiks an den Universitätsklinika wegen der Gefahr des Ausstiegs aus dem BAT. Sie hören von Outsourcing bei den haushaltsnahen Dienstleistungen innerhalb der Klinik. Es wird Panik und Unsicherheit produziert. Wenn man im Hinterkopf behält, dass der Direktor der Chirurgie mit einer siebenstelligen Abfindungssumme „stillgelegt“ wurde und dass diese Summe aus Geldern erwirtschaftet wurde, die man aus den Beschäftigten herauspresst, dann ist das ein ziemlich dicker Hund.
Da müssen die Landesregierung und auch der Minister ihren Einfluss geltend machen, damit solche Dinge in diesem Land nicht laufen.
Wir können uns da auch nichts schönreden, denn das Haftungsrisiko bleibt bei Minister Frankenberg. Ich habe in einem Vorwort von ihm gelesen, dass er das DRG-Risiko auf 200 Millionen € einschätzt. Gestern fand eine Anhörung im Bundesgesundheitsministerium statt, und dabei war die Rede davon, dass von einer Konvergenzphase von vier Jahren auszugehen sei und dass der Einstieg sich auf 15 % – Umsetzung des DRG-Anteils in der Berechnung – belaufen solle.
Was lehrt uns das? Wir haben die Zeit und die Chancen, tatsächlich an dem Punkt anzusetzen, der relevant ist. Rele
vant ist nicht, durch Absenkung der Tarife zulasten der Beschäftigten deren Motivation und Innovationsbereitschaft zu zerstören, sondern wichtig ist es, auf einem einheitlichen Tarifniveau mit einer einheitlichen Leistung am Produkt und an den Dienstleistungen der Kliniken Verbesserungen vorzunehmen, die es möglich machen, dem Wettbewerbsdruck auch tatsächlich standzuhalten.
Wenn der Kollege Hoffmann von neuen Strukturen spricht, dann schauen wir einmal in den Entwurf des neuen Landeshochschulgesetzes. Dort ist vorgesehen, dass nicht mehr in dem Sinne privatisiert wird, wie es Minister Döring hier zwei Jahre lang uns näher zu bringen versucht hat – mit dem großen Erfolg, dass er ja jetzt selbst teilprivatisiert wurde –,
sondern das Landeshochschulgesetz sieht vor, dass man jetzt innerhalb des Universitätsklinikums selbst Ausgründungen – GmbHs, AGs und Stiftungen – durchführen kann. Das kann man aber nicht völlig losgelöst von der Kontrolle machen. Denn ansonsten werden wir erleben, dass sich die rentierlichen Teile in eine GmbH oder eine AG verwandeln und die unrentierlichen Teile der Gesundheitsversorgung, wie die Pädiatrie, dann in die Röhre gucken und wir da den Standard weiter absenken – immer unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und des Wettbewerbsdrucks, weil das Land natürlich nicht bereit sein wird, für die Verluste einer Gesundheitsversorgung aufzukommen.
Überhaupt ist die Reform der Universitätsklinika nichts anderes als eine riesengroße ABM-Maßnahme für Betriebswirte. Hier kann sich der Neoliberalismus austoben und kann einfach nur unter dem Diktat der Wirtschaftlichkeit agieren. Ich lese sehr selten etwas von Qualität, von Patient, von patientennahen Dienstleistungen, von neuen Dienstleistungen und all den Möglichkeiten, wie man in einem Betrieb unter betriebswirtschaftlichen Bedingungen Optimierungen durchführen kann, die letztendlich dazu führen, dass der Zustand unserer Universitätskliniken – hier gebe ich dem Kollegen Pfister Recht – wettbewerbsfähig und zukunftsfähig gestaltet wird.
Meine Damen und Herren, wir haben das große Problem, dass in diesem Land ideologische Sperrbarrieren existieren. Wenn man nur mit den Mitarbeitern zusammen vorgehen kann und wenn man sie motivieren und mitnehmen muss, weil man auf ihre Innovationsbereitschaft angewiesen ist, dann müssen wir etwas ändern, zum Beispiel beim Personalvertretungsgesetz. Es kann nicht angehen, dass die Personalvertretung bei Entscheidungen weitgehend außen vor gelassen wird, und es kann auch nicht angehen, dass die Gewerkschaft außen vor bleibt, dass sie zwar immer alles besser weiß, aber letztlich nicht in der Verantwortung steht. Deswegen schlagen wir vor, zumindest eine Mitbestimmung in einer Größenordnung von 30 % oder auch darüber hinaus einzuführen. Dadurch könnte man nämlich alle mitnehmen und tatsächlich auch etwas voranbringen.
Was im Moment an den Universitätskliniken läuft – ich habe das eingangs ausgeführt –, nämlich dass man im Einvernehmen mit den Klinikleitungen operiert, kommt mir vor
wie das „Champagnerkorkenprinzip“: Egal, wie hoch der Wasserstand im Bassin ist und wie weit er noch abgesenkt wird, wir schwimmen oben. Das kann nicht im Sinne einer Gesundheitsversorgung im Land Baden-Württemberg sein.
(Beifall bei der SPD – Abg. Drexler SPD: Sehr gu- ter Vergleich! Der Vergleich mit dem Sektkorken- prinzip ist sehr gut!)