Protocol of the Session on July 18, 2001

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Scheffold.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Zweiten Nachtragshaushalt schlagen wir erneut das Haushaltsbuch auf. Es tut deswegen gut, wenn wir einen Blick zurückwerfen und uns fragen: Was haben wir im Urhaushalt gemacht, was haben wir im Ersten Nachtragshaushalt gemacht, und was wollen wir jetzt im Zweiten Nachtragshaushalt regeln?

Die politisch zentralen Punkte des Urhaushalts waren folgende:

Erstens: Schulbereich. Wir haben die Unterrichtsversorgung sichergestellt. Wir haben für die Jahre 2000 und 2001 ursprünglich jeweils 400 neue Lehrerstellen geplant. Wir haben die Realisierung dieser Absicht dann über einen Änderungsantrag vorgezogen und bereits im Jahr 2000 800 neue Lehrerstellen geschaffen.

Im Jahr 2000 – ich rufe das nochmals in Erinnerung – haben wir mit der Ersetzung der pensionierten Lehrer insgesamt 4 000 neue Lehrerstellen geschaffen. Das hat spürbar zur Entlastung in den Schulen beigetragen.

Wir haben zweitens die Lehrerfeuerwehr geschaffen. Wir haben eine Neustrukturierung der Krankheitsstellvertretungen durchgeführt, und wir haben eine spürbare Verbesserung in diesem Bereich erzielt. Insbesondere an den Grundschulen ist Baden-Württemberg, was das Thema „Vermeidung von Unterrichtsausfall durch Krankheitsstellvertretungen“ anbelangt, Spitzenreiter.

Zweiter Bereich: Hochschule. Wir haben an Fachhochschulen und Berufsakademien zusätzliche Studienplätze geschaffen.

Dritter Punkt: Innere Sicherheit. Wir haben das Besoldungsstrukturprogramm fortgeführt. Wir haben das Technikzukunftsprogramm, das wir über den Nachtrag 1999 begonnen hatten, fortgeführt.

Viertens: Ländlicher Raum: 100 Millionen DM Soforthilfe zum Ausgleich der Schäden durch den Sturm Lothar.

Fünftens: Der Straßenbau war ein wesentlicher Punkt. Wir haben in den Jahren 2000 und 2001 das Sonderprogramm Landesstraßenbau mit jeweils 105 Millionen DM fortgeführt, und wir haben die Investitionsmittel für den Straßenbau in diesen Jahren erhöht.

Sechstens: Wir haben die Nettoneuverschuldung gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung spürbar abgesenkt, und zwar bereits in den Haushaltsjahren 2000 und 2001 im Urhaushalt um jeweils 300 Millionen DM: von 2,2 Milliarden DM auf 1,9 Milliarden DM im Jahr 2000 und von 2,13 Milliarden DM auf 1,83 Milliarden DM im Jahr 2001.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass dieser Urhaushalt geeignet war, die Politik gut voranzubringen und die Bürgerinnen und Bürger in der Sache zu überzeugen, beweist nicht zuletzt das Landtagswahlergebnis. Wir haben gewonnen, und zwar mit diesem Programm.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Der Erste Nachtragshaushalt hat sich auf insgesamt vier Felder beschränkt. Wir haben zum Ausgleich der Schäden durch den Sturm Lothar weitere 188 Millionen DM aufgewandt. Wir haben zu Beginn des Schuljahrs 2001 weitere 940 Neustellen für Lehrer geschaffen, und wir haben insbesondere die Haushaltskonsolidierung überzeugend weitergeführt.

Im Jahr 2000 wurde die Neuverschuldung gegenüber den ursprünglich geplanten Zahlen nochmals um 350 Millionen DM auf 1,55 Milliarden DM abgesenkt. Im Jahr 2001 – ich glaube, das war ein ganz entscheidender Schritt, um die gute Ausgangslage zu schaffen, die wir jetzt haben – haben wir den Ansatz für die durch Ihre Steuerreform bedingten Steuerausfälle bei uns

(Abg. Schmiedel SPD: Das ist nicht unsere!)

von 300 Millionen DM auf 1,87 Milliarden DM erhöht. Wir haben eine Rücklage gebildet. Wir haben bereits im Ersten Nachtragshaushalt den Konsolidierungswillen unserer Landesregierung und der CDU-Fraktion maßgeblich gezeigt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir diesen Rückblick vornehmen, ist es zugleich der Zeitpunkt, neben der Bestandsaufnahme die Ausgangslage für den jetzt anstehenden Nachtragshaushalt und für den in Kürze anstehenden Doppelhaushalt zu betrachten.

An sich ist die Lage aufgrund dessen, was wir in den Jahren 2000 und 2001 vorbereitet haben – jedenfalls soweit die Landespolitik darauf Einfluss nehmen konnte –, gut. Wir haben im Jahr 2000 eine Nettoneuverschuldung, die im Ist bei lediglich 800 Millionen DM liegt – gegenüber ei

nem Soll von 1,55 Milliarden DM. Wir haben 750 Millionen DM weniger Nettoneuverschuldung, als das Soll vorgab.

Im Jahr 2001 haben wir laut der Steuerschätzung vom Mai – hier bewährt sich, dass wir die Auswirkungen der Steuerreform berücksichtigt haben – Mehreinnahmen von 98 Millionen DM, verglichen mit den Planzahlen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir die Jahre 2000 und 2001 zusammennehmen, haben wir Rechnungsüberschüsse von ca. 1,5 Milliarden DM, die wir bei den anstehenden Beratungen, die wir zum Doppelhaushalt zu tätigen haben werden, sicherlich gut gebrauchen können. Die Ausgangslage für Baden-Württemberg ist somit gut, und das in einer Zeit, in der das wirtschaftliche und konjunkturelle Umfeld schlecht ist, und zwar in Deutschland und in Europa.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, Sie haben Recht, wenn Sie in der Pressemitteilung Ihrer Fraktion sagen: Wir haben „wegbrechende Steuereinnahmen“. Deswegen wundert es mich umso mehr, dass Ihre Bundestagsfraktion diese wegbrechenden Steuereinnahmen negiert.

Ich nenne Ihnen einmal die Zahlen. Der Sachverständigenrat hat in seinem Jahresgutachten 2000/2001 noch von 2,8 % Wachstum gesprochen, der Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung am 31. Januar 2001 von 2,75 %. Die Wirtschaftsforschungsinstitute sprachen im April nur noch von 2,1 %, und die Steuerschätzung im Mai 2001 ging nur noch von rund 2 % aus. Ende Mai prognostizierten die Bankinstitute folgende Wachstumsraten – ich zitiere –: Goldman Sachs 1,3 %, Commerzbank 1,5 %, am besten noch die DGZ Deka-Bank mit 1,6 %. Jetzt haben wir die aktuellen Zahlen vom Juni: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung spricht nur noch von 1,0 %, der Internationale Währungsfonds von 1,25 %.

(Zuruf von der SPD: Donnerwetter!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was sagt Eichel dazu? Eichel sagt: Vorerst bleiben wir bei der Erwartung, dass die Wirtschaft in diesem Jahr um 2 % wachsen wird.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Sagen Sie doch mal selber was!)

Das ist die Devise „Augen zu und durch“ – statt „Augen auf und handeln“. Das findet nicht unsere Zustimmung.

(Beifall bei der CDU – Abg. Schmiedel SPD: Was sagt Oettinger dazu?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die wirtschaftlich schwierige Lage spiegelt sich in nichts anderem so gut wider wie in der Höhe der Arbeitslosenzahlen. Als SPD und Grüne im Oktober 1998 die Regierungsverantwortung in Deutschland übernommen haben, lag die Zahl der Arbeitslosen bei 3 892 000.

(Abg. Zeller SPD: 6 Millionen!)

Im Juni 2001 liegt sie bei genau 3 694 363. Wenn Sie dann noch berücksichtigen, dass durch die demographische Ent

wicklung eine Entlastung des Arbeitsmarkts um 577 000 Personen eingetreten ist, dann ist diese Entwicklung katastrophal für Ihre Bilanz.

(Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD und den Grünen, daran sind Sie auch selbst schuld. Wie der Finanzminister vorhin ausgeführt hat, hat Ihre Politik in Deutschland keine Arbeitsplätze geschaffen, sondern Arbeitsplätze vernichtet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem jetzigen Zweiten Nachtrag setzen wir um, was sich an Zwangsläufigkeiten in den ersten Haushaltsmonaten dieses Jahres ergeben hat. Der Nachtragshaushalt umfasst insoweit ein Volumen von 360 Millionen DM. Die Schwerpunkte sind bereits genannt worden. Ich wiederhole: BSE-Krise 68 Millionen DM. Beim Personal Abkürzung der Beförderungssperre 46 Millionen DM und Einführung der Leistungsprämie 62 Millionen DM – übrigens von Ihnen mit gefordert. Mindereinnahmen aus Justizgebühren, beruhend auf rückläufigen Grundstücksverkäufen, schlagen mit immerhin 90 Millionen DM zu Buche. Elektronisches Grundbuch – wir steigen da jetzt ein; Sie wollen es ja auch – 17 Millionen DM. Allerdings sage ich für die CDU-Fraktion: Wir werden in den Ausschüssen eine sorgfältige Beratung dieses Punktes unterstützen. Es ist eine Erhöhung der Ausgaben von 53 Millionen auf über 100 Millionen DM vorgesehen. Wir möchten, dass dieser Punkt nachgeprüft wird, und wir möchten insbesondere sicherstellen, wie die Restrukturierung dieser notwendigen Einsparungen vonstatten gehen soll.

Wir schlagen zweitens mit dem Zweiten Nachtrag die Zukunftsoffensive auf. Erste Projekte werden umgesetzt, mit denen wir die Zukunft unseres Landes sicherstellen, mit denen wir in die Zukunft unseres Landes investieren. Die Schwerpunkte sind genannt: Bildung, Hochschule, Jugend, Technologie.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPDFraktion, ich wundere mich schon sehr über Ihre Pressemitteilung, bei der Sie wiederum die Auffassung vertreten, wir hätten das Geld besser in die Schuldentilgung gesteckt. Das ist eine Diskussion, die man vor zwei Jahren führen konnte. Vor zwei Jahren konnte man sich darüber unterhalten und darüber streiten. Wir haben Ihnen damals gesagt, dass es Unsinn ist, weil es uns Steuern kostet und weil die Steuern dann über den Länderfinanzausgleich an die anderen Länder abfließen. Aber jetzt, zwei Jahre später, diese Diskussion zu führen, wo die Entscheidungen schon zwei Jahre alt sind, ist völlig unverständlich.

(Beifall bei der CDU – Abg. Schmiedel SPD: Feh- ler bleibt Fehler!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der dritte Punkt – der Finanzminister hat es bereits angesprochen – ist die neue stille Beteiligung bei der Landesbank. Ich unterstütze das, was der Finanzminister gesagt hat. Auch wir begrüßen das. Gegenüber dem aufzunehmenden Kredit haben wir einen effektiven Vermögenswert erhalten. Die Dividende ist höher als die Refinanzierungskosten. Trotzdem sage ich für unsere Fraktion: Wir möchten angesichts der jüngsten Ver

einbarungen, die auf europäischer Ebene im Hinblick auf die Landesbanken getroffen worden sind, die Geschäftspolitik und die Geschäftsergebnisse der Landesbank selbstverständlich vertieft in den Ausschüssen beraten.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Ich melde hier für unsere Fraktion Beratungsbedarf an.

Vierter und letzter Punkt für den Zweiten Nachtrag ist die Erhöhung der globalen Minderausgabe. Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat den Finanzminister und die Regierung gedrängt und auch unterstützt, die globale Minderausgabe zu erhöhen. Jetzt ist das für einen Parlamentarier durchaus ein Punkt, über den man sich streiten kann. Ein gewisses Maß an Eigenverantwortung geben wir ab, weil wir es in die Hände der Verwaltung und der Regierung geben. Trotzdem sage ich: Das sichert unsere Möglichkeiten, den Doppelhaushalt solide zu finanzieren. Es dokumentiert überzeugend, dass wir gewillt sind, Einsparungen vorzunehmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es entspricht überhaupt nicht der Sachlage, wenn Sie sagen, wir hätten keinen Einsparwillen. Wenn ich die Zitate der Zeitungen nehme, dann stelle ich fest, dass wir überwiegend gelobt worden sind und dass gesagt worden ist, dass der Einsparwille der Landesregierung dokumentiert werde. Wir sind dem Ziel der Koalitionsvereinbarung verpflichtet, wenn wir sagen, dass wir es im Interesse kommender Generationen als eine wichtige Aufgabe ansehen, mittelfristig die Staatsverschuldung nicht mehr auszuweiten, sondern im Regelfall Haushalte ohne Neuverschuldung vorzulegen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage an dieser Stelle: Wir nehmen dieses Ziel ernst. Wir haben das mit dem Nachtrag bereits dokumentiert. Wir wollen dieses Ziel stufenweise bis zum Jahr 2006 erreichen. Wir werden bereits im kommenden Doppelhaushalt die notwendigen Schritte einleiten, damit wir dieses Ziel auch erreichen können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmid.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Nachtrag 2001 gilt, wenn er im September beschlossen wird, ein gutes Vierteljahr. Das heißt, die Auseinandersetzung, die wir heute führen, ist vor allem ein Vorspiel auf die Haushaltsberatungen in den nächsten Jahren, die gekennzeichnet sein werden einerseits von dem zarten Versuch des Finanzministers, den Sparkurs schon jetzt einzuschlagen und Kurs auf die Nullverschuldung zu nehmen, und andererseits der großen Versuchung der Landesregierung, politische Gefälligkeiten durch den neuen Dukatenesel Landesstiftung im Land zu verteilen.