Protocol of the Session on May 5, 2004

(Widerspruch der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Dort wird davon ausgegangen, dass die Anteile an der EnBW in eine Holding eingelegt werden. Tatsächlich hat die Holding die Anteile aber gekauft. Das sind zwei ganz grundlegend unterschiedliche Sachverhalte. Selbst die SPD hat in der wenige Wochen zurückliegenden Debatte im Finanzausschuss gesagt, was die Grünen forderten, sei unsinnig. Die SPD hat es als ausgesprochen unseriös bezeichnet, 3 Milliarden € aus diesen Mitteln für den Landeshaushalt zur Verfügung stellen zu wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch die Stellungnahme, die der Bund der Steuerzahler jetzt abgegeben hat, hilft in dieser Situation nicht weiter. Leider ist auch falsch, was der Bund der Steuerzahler der Öffentlichkeit preisgegeben hat. Es ist eben nicht richtig, dass es zu einer Nichtversteuerung kommen würde, wenn man den Verkauf hinausschieben und nach zehn Jahren tätigen würde. Das ist falsch. Auch die Aussage, dass dadurch die Erträge, die laufend aus diesem Bereich in die Landesstiftung zur Finanzierung von konkreten Projekten fließen, nicht versteuert werden müssten, ist falsch. Beides müsste versteuert werden. Der Beitrag des Bundes der Steuerzahler hilft in der aktuellen Diskussion nicht weiter. Es würde genauso zu einer Versteuerungspflicht führen, es würde genauso dazu führen, dass das allermeiste Geld der Steuerpflicht und damit dem Länderfinanzausgleich unterfiele und dem Bund und den anderen Ländern zugute käme. Das wollen wir in Baden

Württemberg nicht. Wir wollen die Projekte, die wir gemeinsam mit Ihnen im Aufsichtsrat beschließen, auch in der Zukunft durchführen. Wir haben immerhin jährlich ca. 50 Millionen € für Projekte zur Verfügung. Das ist eine Menge Geld, und es wird in sinnvolle Projekte umgesetzt.

Ich habe mir das einmal auf den Stand des 30. April 2004 geben lassen: Photonikzentrum Baden-Württemberg 9 Millionen € in den Jahren 2001 bis 2004, Resistenzforschung 3,58 Millionen €, Nanotechnologie, Allergologieforschung, Verbundforschung 22 Millionen €. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind alles höchst sinnvolle Projekte.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das, was der Bundes- kanzler immer fordert, machen wir!)

Das, was der Bundeskanzler immer fordert, machen wir. – Ich habe gerade vorhin noch in das Internet auf die Seite von „FAZ.NET“ gesehen. Da steht – der Artikel wird morgen vermutlich in der „Frankfurter Allgemeinen“ erscheinen –: „Rechte Tasche – Linke Tasche“. Gemeint ist: Das, was der Herr Bundeskanzler in der aktuellen Diskussion in die linke Tasche hineinschiebt, nimmt ihm der Staatssekretär aus der rechten Tasche wieder heraus. Für die Forschung wird nur ein Marginalbereich bleiben. Das werden wieder große Luftballons sein, was man alles für die Forschung mache. Wir hier in Baden-Württemberg tun tatsächlich etwas für die Forschung.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Würden Sie das im Bund auch machen, wäre das schön.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Wir können Ihrem Wunsch, die Landesstiftung aufzulösen, in keiner Weise folgen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmid.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD – Abg. Theurer FDP/DVP: Punktlandung! – Abg. Dr. Scheffold CDU: Wir sind bereit! – Heiterkeit)

Sie sind schneller, als ich dachte.

(Heiterkeit – Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Die Landesstiftung ist Ärgernis und Hemmschuh der Haushaltspolitik in Baden-Württemberg. Ärgernis deshalb, weil das Königsrecht des Parlaments, sein Haushaltsrecht, beschnitten wird. Hemmschuh deshalb, weil die Einrichtung der Landesstiftung verhindert, dass der Landeshaushalt nachhaltig konsolidiert und notwendiger Spielraum für Zukunftsinvestitionen eröffnet wird. Dies hat zuletzt auch der Bund der Steuerzahler in einer ausführlichen Studie dargelegt. Für uns ist nicht nachvollziehbar, dass an einem Tag

der Ministerpräsident in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender Bescherung veranstaltet

(Abg. Alfred Haas CDU: Mit dem Aufsichtsrat!)

und wir wenige Tage später hier im Plenum des Landtags von Baden-Württemberg über Einsparungen diskutieren müssen. Die Landesstiftung ist immer mehr zum eigentlichen politischen Gestaltungshaushalt geworden, sodass dies nicht mehr der ordentliche Landeshaushalt ist, den wir parlamentarisch beraten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Carla Bregenzer SPD: Genau!)

Dies geht mit einem beträchtlichen Verlust an parlamentarischem Einfluss und parlamentarischer Kontrolle einher. Übrigens sind auch Kontrollverluste des Rechnungshofs zu verzeichnen. Aktuelles Beispiel dafür ist die Mittelverwendung für das Projekt „Sprachförderung im Kindergarten“, wo wir aus der Sicht der Betroffenen zahlreiche Unzulänglichkeiten in Bezug auf einen pünktlichen Mittelabfluss zu befürchten haben, wir aber als Abgeordnete keinerlei direkte Möglichkeit haben, da nachzuhaken. Dies ist ein aktuelles Beispiel dafür, dass wir als Parlament über die Vergabe wichtiger Landesgelder nicht mehr vernünftig informiert werden können.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Scheffold CDU: Rufen Sie den Kollegen Moser an! – Abg. Alfred Haas CDU: Haben Sie die Telefonnummer nicht?)

Die Landesstiftung ist zugleich auch ein Hemmschuh für vernünftige Haushaltspolitik.

Die Entstehungsgeschichte, die der Bund der Steuerzahler nachgezeichnet hat, zeigt, dass Finanzpolitik ein langes Gedächtnis hat, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen. Die Fehler der Vergangenheit holen einen in der Politik immer irgendwann ein. Hier war es der Fehler, dass unter Ministerpräsident Späth zur Steueroptimierung eine Holding eingerichtet wurde. Das hat zur Folge gehabt, dass anders als beispielsweise in Bayern Unternehmensbeteiligungen des Landes nicht mehr hoheitlich unmittelbar vom Staat gehalten werden, sondern über diese Holding, und deshalb ein steuerfreier Verkauf im Gegensatz zu den großen Unternehmensveräußerungen in Bayern nicht mehr möglich war. Die Landesregierung hat dann Ausflucht gesucht in dem Steuersparmodell der Landesstiftung und damit beträchtliche Mittel des Landes den Zwängen der Gemeinnützigkeit unterworfen, obwohl wir schon damals aufgrund der Vorgänge in der Stadt Stuttgart darauf hingewiesen haben, dass ein Optionsmodell es ermöglicht hätte, diese Anteile trotzdem nach dem neuen Steuerrecht von Hans Eichel im Wesentlichen steuerfrei zu veräußern.

Die Gemeinnützigkeit verhindert in vielfacher Hinsicht eine sinnvolle Verwendung dieses Geldes, das uns Baden-Württembergern, den Zuhörerinnen und Zuhörern auf der Tribüne, den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes gehört. Es ist außerdem nicht einmal möglich, diese Mittel für den Schuldenabbau zu verwenden, was ein Vorschlag von unserer Seite gewesen wäre. Man müsste jetzt, nachdem das Steuersparmodell Landesstiftung eingerichtet worden ist, Steuern nachzahlen.

Umso erstaunlicher ist es, dass der Vizeministerpräsident dieses Landes eine Bundesratsinitiative starten will, um die Gemeinnützigkeit dahin gehend zu erweitern, dass auch Schuldenabbau gemeinnützig sei. Wir haben das abgefragt. Das ist der Gegenstand eines Antrags, den wir heute beraten. Die Stellungnahme der Landesregierung war so eindeutig wie lapidar – ich zitiere –: Erstens erscheint es angesichts der bekannten, zurückhaltenden Haltung von Bund und Ländern derzeit nicht erfolgversprechend, eine solche Initiative zu ergreifen. Zweitens würde selbst die Erweiterung des Katalogs in der Abgabenordnung um Schuldenabbau für Gemeinnützigkeit nicht ausreichen, dass das Land davon begünstigt wäre, denn – so sagt das Finanzministerium ausdrücklich –:

Die Landesstiftung könnte der Gebietskörperschaft Land wegen deren Gesellschafterstellung zur Vermeidung einer gemeinnützigkeitsschädlichen verdeckten Gewinnausschüttung selbst dann keine Mittel zur Schuldentilgung zuwenden, wenn eine Aufnahme der „Schuldentilgung durch Gebietskörperschaften“ in den Kreis der gemeinnützigen Zwecke der Abgabenordnung erfolgen würde.

Also Blattschuss, Herr Döring! Er ist nicht da; er weiß, weshalb.

(Abg. Stickelberger SPD: Er leckt seine Wunden!)

Umso erstaunlicher und fast schon verwegen ist es, dass jetzt Herr Döring, nachdem das Gutachten des Bundes der Steuerzahler in der Diskussion war, genau das Gleiche wieder gefordert hat, obwohl er doch durch die Stellungnahme der Landesregierung eines Besseren belehrt sein müsste. Da sieht man, wie unseriös Finanzpolitik in den Reihen der FDP gemacht wird, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Stattdessen führt dieser Zwang der Gemeinnützigkeit dazu, dass das Geld sich Projekte dort sucht, wo es gar nicht erforderlich wäre. Zuletzt war dies zu besichtigen in der schönen Stadt Rosenfeld, wo eine Sternwarte mit vielen Hunderttausend Euro des Landes unterstützt worden ist, und dies alles unter dem schönfärberischen Titel der „Förderung der Informationstechnologie im ländlichen Raum“. Damit wurde eine Liebhaberei von wenigen in den Rang von hochwertigen Staatsaufgaben erhoben.

Ich glaube, das zeigt endgültig den Irrsinn, der mit dieser Landesstiftung geschaffen wurde.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Da gilt dann die wenig vornehme Abwandlung des Slogans der Landesstiftung: „Wir stiften Unsinn.“

(Heiterkeit der Abg. Marianne Wonnay SPD)

Ich fordere Sie heute auf: Folgen Sie den Appellen – nicht nur von uns, sondern auch des Bundes der Steuerzahler. Sorgen Sie dafür, dass die Landesstiftung nicht weiterhin Unsinn stiftet. Greifen Sie unsere Vorschläge auf, die dahin gehen, die Landesstiftung trotz der dann erforderlichen

Steuernachzahlung endlich aufzulösen, mit dem Erlös Schuldenabbau im Landeshaushalt zu betreiben und notwendige Freiräume für Zukunftsinvestitionen zu schaffen.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Scheffold CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Theurer.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Manche hier permanent vorgetragenen Argumente verstehe ich überhaupt nicht;

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Heike Dederer GRÜNE: Das haben wir auch nicht erwar- tet!)

sie sind auch nicht überzeugend. Sie erwecken den Eindruck, als wäre es finanzpolitisch besser, das Geld, das Vermögen aus der Landesstiftung zu nehmen und in den Landeshaushalt zu stecken.

Wir wissen, dass der Landeshaushalt insgesamt defizitär ist. Wir haben in diesem Jahr eine Nettoneuverschuldung von 2 Milliarden €. Diese Nettoneuverschuldung reicht genau aus, um damit die Zinsen für unsere Altkredite zu finanzieren. Wenn man jetzt das Vermögen aus der Landesstiftung nehmen und in den Landeshaushalt stecken wollte, dann wäre es innerhalb eines Jahres verbraten. Dann ist das weg.

(Zuruf der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Insofern verläuft doch der Weg, den wir einschlagen müssen, genau in die umgekehrte Richtung: Wir müssen das Land Baden-Württemberg und den baden-württembergischen Landeshaushalt zu einer Stiftung machen, damit das Vermögen erhalten bleibt und wir aus den Erträgen heraus laufende Ausgaben tätigen können.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Aber Sie nehmen doch jedes Jahr neue Schulden auf!)