Protocol of the Session on March 31, 2004

Trauen Sie den Großen Kreisstädten und den Gemeinden doch einfach mehr zu! Diese sind nahe am Bürger dran.

(Beifall bei der SPD – Abg. Hofer FDP/DVP: Wir sind ja noch nicht fertig!)

Ich meine das völlig unpolemisch, Herr Hofer. Das ist meine ehrliche Überzeugung.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Ich stimme Ihnen auch zu, aber wir sind ja noch nicht fertig! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Aber Sie machen es nicht!)

(Abg. Pauli CDU: Wir arbeiten daran! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Wie lange arbeitet ihr schon daran? – Gegenruf des Abg. Hofer FDP/ DVP: Moment einmal! Euch geht es doch schon viel zu schnell! – Zuruf des Abg. Dr. Caroli SPD – Abg. Pfister FDP/DVP: Die Ablösesummen kön- nen Sie gar nicht zahlen! – Abg. Röhm CDU: Ge- nau! – Heiterkeit des Abg. Röhm CDU – Glocke des Präsidenten)

Herr Stickelberger, lassen Sie sich nicht durch die Zurufe verunsichern.

Was wir uns in diesem Zusammenhang von einer echten Reform erwarten, ist eine wirkliche Stärkung der Kommunen. Da kann man sich noch viele Konstruktionen vorstellen. Denken Sie etwa an die Übertragung der Zuständigkeit der unteren Baurechtsbehörden,

(Abg. Hofer FDP/DVP: Sehr richtig! – Zuruf des Abg. Heinz CDU)

die ja schon jetzt möglich ist. Den Einsatz dieses Instruments kann man ausweiten. Man kann es auch in anderen Bereichen anwenden.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Natürlich! Große Überein- stimmung!)

Wir werden darauf noch eingehen.

Natürlich werden Sie uns entgegenhalten: Von dieser Ermächtigung in der LBO – Herr Schneider wird es bestätigen können – wurde im Land bisher kaum Gebrauch gemacht.

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Aber man kann das ja ausweiten. Nur muss man, wenn man die Kommunen stärkt, auch einen entsprechenden finanziellen Ausgleich dafür schaffen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Drexler SPD: So ist es!)

Damit sind wir beim Thema Finanzen. Wir haben ja schon mehrfach deutlich gemacht, dass wir als Kernstück der Verwaltungsreform, wie sie die Landesregierung betreibt, die Verlagerung von Kosten des Landes auf die Kommunen sehen.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das wird nicht stattfin- den!)

Das ist der entscheidende Gesichtspunkt:

(Abg. Alfred Haas CDU: Das wird nicht stattfin- den! – Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

ein Stellenabbauprogramm, ein Einsparprogramm zugunsten des Landes und zulasten der Kommunen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Hofer FDP/DVP: Das stimmt natürlich nicht! – Abg. Al- fred Haas CDU: Das hätten Sie gern, damit Sie draufhauen können!)

Wir werden noch sehen, wer am Schluss die Zeche zahlt.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das ist keine Zeche! Das sind Bürgerdienstleistungen!)

Ich frage dann die, die in den Kreistagen sitzen, wie sie in ihren Kreishaushalten die Probleme lösen, wenn sie nämlich die viel beschworene Effizienzrendite nicht erwirtschaften können.

(Abg. Alfred Haas CDU: So reden Sie über Dienst- leistungen für die Bürger! „Zeche“! Das ist keine Zeche!)

Ach, Herr Haas, jetzt warten Sie doch einmal! Lassen Sie sich doch auf die Rednerliste setzen;

(Abg. Alfred Haas CDU: Ja, ja!)

dann können Sie nachher auch Stellung nehmen.

(Abg. Drexler SPD: Der darf nicht reden! Zu die- sem Thema darf der nicht reden! – Abg. Hofer FDP/DVP: Drohen Sie uns bitte nicht!)

Darf er nicht? Also gut. – Herr Hofer, ich nehme die Drohung zurück.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einen Aspekt erwähnen, der vielleicht auch in der öffentlichen Diskussion untergeht, einen Aspekt sozusagen in eigener Sa

che. Indem sich das Land von Aufgaben verabschiedet, diese delegiert und sich vielleicht noch auf die Fach- und Rechtsaufsicht beschränkt – die reine Fach- und Rechtsaufsicht bleibt ja in weiten Teilen erhalten –, indem man sich dieser Aufgaben begibt und sie verlagert, begeben sich der Landtag und das Land auch eines großen Stücks politischen Einflusses.

(Zurufe der Abg. Alfred Haas und Heinz CDU)

Das, was wir an Zuständigkeiten und Kompetenzen abgeben, geht auch zulasten des Landtags. Das bitte ich Sie immer zu berücksichtigen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Caroli SPD: Sehr richtig!)

Wir schwächen die landespolitische Kompetenz,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es!)

die landespolitische Zuständigkeit. Und zu wessen Gunsten schwächen wir sie?

(Abg. Heinz CDU: Gesetze werden im Landtag ge- macht, gearbeitet wird draußen! Wollen Sie das umdrehen? – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Wo wollen Sie arbeiten? Sie arbeiten doch nicht drau- ßen!)

Wir schwächen unseren eigenen politischen Gestaltungsspielraum und auch das Budgetrecht und stärken die Landräte. Herr Schneider, bitte nehmen Sie es nicht persönlich. Ich habe nichts gegen Landräte.

(Abg. Drexler SPD: Aber gegen Schneider! – Ver- einzelt Heiterkeit – Unruhe)

Ich meine das völlig unpersönlich.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Majestätsbeleidigung!)

Natürlich, da haben Sie Recht, Herr Hofer.

Mir geht es darum, aufzuzeigen, dass wir staatliche Aufgaben auf die Landräte und die Landratsämter insgesamt übertragen; die Landratsämter werden in ihrem staatlichen Aufgabenbereich gestärkt. Dieser Aufgabenbereich wird derart dominieren, dass die kreiseigenen Aufgaben vielleicht noch 20 % ausmachen, die staatlichen Aufgaben hingegen 80 %.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Das heißt, unter dem Strich nähern wir uns einem Präfektursystem französischen Zuschnitts.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Lachen des Abg. Alfred Haas CDU)

Das wird das Ergebnis sein. Wir nähern uns einem System, von dem unsere französischen Nachbarn gerade dabei sind Abschied zu nehmen. Das führen wir jetzt bei uns ein.