Frau Präsidentin, meine Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich ausdrücklich für die Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums bedanken. Ich meine, es ist eine hochinteressante Bestandsaufnahme der Brennstoffzellenszene in Baden-Württemberg. Diese Stellungnahme zeigt, dass wir in Baden-Württemberg in diesem Forschungszweig sicherlich absolute Spitze sind – im Bereich der EU, wenn nicht sogar weltweit. Wir haben höchste Kompetenzdichte durch das Fraunhofer-Institut, das ZSW mit den Standorten Ulm und Stuttgart und mehrere Universitätsinstitute. Daher denke ich, dass aus dieser Stellungnahme entnommen werden kann, dass die Forschungsszene in der Brennstoffzellentechnologie in unserem Land in Ordnung ist.
Die entscheidende Frage – ich denke, sie bewegt uns alle – lautet: Was machen wir aus dieser Exzellenz im Bereich der Forschung? Wie schaffen wir es, diese Forschungsergebnis
se zu marktfähigen Produkten mit Produktionsstandorten in Baden-Württemberg weiterzuentwickeln? Das erinnert an die gestrige Diskussion. Auch dort, als es um die An-Institute ging, lief die Diskussion in diese Richtung: Wir haben eine gute Grundlagenforschung, aber Probleme bei der Umsetzung. Wir haben schlechte Transferbedingungen und mangelhafte Umsetzungsmöglichkeiten in unserem Land.
Ich möchte an dieser Stelle kurz in Erinnerung rufen – der Wirtschaftsausschuss hat im vergangenen Oktober eine Informationsreise in die USA unternommen –, wie das Thema der Brennstoffzellentechnologie in den USA strategisch angegangen wird. Nun bin ich sicher kein Freund der dortigen Bush-Administration, aber das Thema der Markteinführung von Brennstoffzellen wird dort mit klaren strategischen Vorgaben, klaren Randbedingungen und klaren Zielsetzungen – übrigens unter Einsatz von rund 1 Milliarde US-Dollar – angegangen und vorangebracht. Ich denke, dass dieser strategische Ansatzpunkt durchaus auch ein Vorbild für uns in Baden-Württemberg sein kann.
Auch wir brauchen – wie auch immer man das bezeichnen möchte – eine Art Road-Map oder einen Masterplan zur Markteinführung dieser Brennstoffzellentechnologie. Ich denke, es ist schon auch Aufgabe der Landesregierung und des Ministeriums, zusammen mit der Industrie, mit den Forschungsinstituten und den Forschern solche Überlegungen anzustellen und eine solche Road-Map zu erarbeiten. Im Prinzip geht es darum, für dieses Produkt Anwendungen zu generieren, Produkte zu definieren und Marktnischen für eine Markteinführung zu erschließen.
Wir haben in Baden-Württemberg – auch das geht aus der Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums hervor – eine Forschungsallianz Brennstoffzellen. Das ist ein wunderbar funktionierendes Netzwerk der Forscher in unserem Land. Diese Forschungsallianz müsste man zu einer Art „Markteinführungsallianz“ für diese Brennstoffzellentechnologie weiterentwickeln. Es geht darum, Bedingungen für die Entwicklung und die Produktion von Brennstoffzellen hier in Baden-Württemberg zu schaffen. Es geht nicht darum, große Konzerne zu fördern. Dieser Ansatz, diese Überlegung, diese Road-Map muss zugeschnitten sein auf den Mittelstand, auf die mittelständische Wirtschaft in unserem Land. Die Großen wie Daimler und Ballard nehmen so viel Geld in die Hand und brauchen diese Unterstützung gar nicht. Wir könnten es uns auch bei bester Haushaltslage gar nicht leisten – und wir sollten das auch nicht tun –, dort einzugreifen. Unser strategischer Ansatzpunkt muss sein, die Brennstoffzellentechnologie für den Mittelstand zu erschließen, sie dort zu implementieren und die Randbedingungen dafür zu schaffen, dass Arbeitsplätze in diesem Bereich erhalten und neu geschaffen werden können.
Ich will zwei Beispiele nennen. Wir haben in unserem Antrag von einem „1 000-Keller-Programm“ gesprochen. Jetzt fragen Sie sich, was wir so alles im Keller machen. Aber es geht im Prinzip darum, meine Damen und Herren – Herr Minister, Sie wissen es –, dass der erste Schritt für eine Markteinführung der Brennstoffzellen im Bereich der stationären Zelle getan wird, nicht in den Autos, sondern in den Kellern von Häusern, von Instituten, von Universitäten usw.
Dort werden Brennstoffzellen verwendet, um Wärme, um Strom zu erzeugen. Das ist die Richtung, in die es gehen muss. Ich meine, dass wir hier im Land auch mit Randbedingungen dazu beitragen können, mit einem koordinierten Programm in diesem Bereich Markteinführungshilfen zu leisten.
Ich will einen zweiten Punkt nennen, der, meine ich, auch schon ganz gut angegangen wird. Das ist das Weiterbildungszentrum in Ulm. Es befindet sich gerade im Bau. Dort sollen mittelständische Handwerker ausgebildet werden und lernen, wie man mit Brennstoffzellen umgeht, wie man sie wartet, wie man sie repariert, wie man sie einsetzt.
Das Problem ist aber: Woher kommen diese Brennstoffzellen? Werden sie in Baden-Württemberg oder in Korea hergestellt? Wie komme ich auf Korea? Korea sage ich deswegen,
weil ich gerade von einem Beispiel vom Fraunhofer-Institut in Freiburg Kenntnis erhalten habe. Dort wurde mit viel Aufwand und auch mit Landes- und Fraunhofer-Mitteln eine kleine Brennstoffzelle entwickelt, die in einen Laptop eingesetzt werden kann. Diese Brennstoffzelle, ein kleines Teil, ist vom Preis her marktfähig. Allerdings wurde die Lizenz an Korea verkauft. Die Entwicklung zum marktfähigen Produkt, die Fertigung wird nicht in Baden-Württemberg – nicht in Freiburg, nicht in Karlsruhe, nicht in Ulm – stattfinden, sondern irgendwo in Korea. So darf das nicht laufen. Ich denke, diesbezüglich muss sich etwas ändern.
So hat es auch die Diskussion gestern ergeben, Herr Minister. Dies ist die Realität in unserem Bundesland: gute Forschungsergebnisse, gute Forschungslandschaft, aber mangelhafte Produktumsetzung, mangelhafter Technologietransfer.
Ich könnte noch mehr Beispiele bringen. Ich will das aufgrund der Zeit sein lassen und möchte zum Ende kommen.
Wir schlagen vor, jetzt auf die Beschlussfassung über unseren Antrag zu verzichten, ihn an den Ausschuss zu überweisen und dort auch im Lichte unserer in den USA gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen und im Lichte dessen, was wir dort gesehen und gelernt haben, weiter zu behandeln und zu versuchen, im Konsens eine Strategie für die Zukunft der Brennstoffzellentechnologie zu entwickeln und die Landesregierung zu bitten, entsprechende Maßnahmen in die Wege zu leiten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Brennstoffzelle steht für eine Schlüsseltechnologie. Sie passt in die Industrie- und Forschungsstruktur Baden-Württembergs, und sie ist ein wichtiger Beitrag für eine nachhaltige Energiepolitik. Deshalb ist sie zu Recht schon seit Jahren ein Schwerpunktthema für das Land. Nicht umsonst wird Baden-Württemberg nicht von der Landesregierung – das kommt sicher später –, sondern von der Fachzeitschrift der Energiewirtschaft als „Musterländle“ für die Brennstoffzellenforschung bezeichnet. Auch die SPD in Person des Kollegen Rivoir hat heute die Spitzenstellung von Baden-Württemberg in diesem Bereich nicht abgestritten.
Immerhin sind mehr als 70 % der aktuellen Brennstoffzellenprojekte der EU in Deutschland aufgelegt, und von allen Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die in der Bundesrepublik an der Brennstoffzellenentwicklung arbeiten, befinden sich rund 20 % in Baden-Württemberg. Der Anteil der Beschäftigten in diesem Sektor liegt sogar bei fast 40 %. Da kann man nicht behaupten, dass wir ins Abseits rutschen, sondern wir haben, wie gesagt, eine Spitzenstellung.
Wir begrüßen in diesem Zusammenhang auch, dass Kommissionspräsident Romano Prodi die europäische Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologieplattform gestartet hat und die EU im nächsten Jahrzehnt mehr Mittel als bisher für diese Technologie zur Verfügung stellen will. Wir gehen davon aus, dass Baden-Württemberg mit seinen guten Voraussetzungen auch davon profitieren kann.
Kollege Rivoir hat schon erwähnt: Wir waren gemeinsam mit dem Wirtschaftsausschuss in den USA. Dort wird die Wasserstofftechnologie einschließlich der Brennstoffzelle in der Tat als Schlüsseltechnologie gesehen, mit der die nationale Unabhängigkeit in der Energiepolitik gestärkt werden soll. Dafür ist ein nationales Programm aufgelegt. Deutschland und Baden-Württemberg werden mit DaimlerChrysler durchaus als Kerngruppe für eine Wasserstoffwirtschaft gesehen, die international vernetzt sein muss. Denn die Chance dieser Technik erfordert Synergien und vor allem die Entwicklung von einheitlichen Standards.
Uns wurde berichtet, dass auch in den USA noch viele Hürden für diese Technik überwunden werden müssen – technologische und ökonomisch-institutionelle Hürden – und dass bei allen technischen und ökonomischen Zielwerten, die formuliert worden sind, diese Zielwerte in den USA noch immer weit verfehlt werden. Wir müssen auch für uns feststellen, dass auch wir bei aller Spitzenstellung, die wir in dieser Technologie haben, noch nicht so weit sind, wie wir alle es uns wünschen würden.
Wir waren uns bei dieser Reise einig, dass wir auch weiterhin einen engen Kontakt zwischen Baden-Württemberg und den USA – insbesondere Michigan – halten wollen. Die Wirtschaftsregion Stuttgart mit ihrem Kompetenzzentrum leistet hier wertvolle begleitende Arbeit.
Wir hoffen natürlich, dass auch die Bundesregierung ihre Hausaufgaben macht. Joschka Fischer hat ja vor der UNVollversammlung im Jahr 2000 vollmundig erklärt: „Es muss im Interesse aller Staaten liegen, den Übergang vom Öl- zum Wasserstoffzeitalter schnellstmöglich zu vollziehen.“ Wir stellen fest – wir können auch anerkennen –, dass die Bundesregierung bei aller traurigen Kürzung der Forschungsetats in diesem Bereich derzeit nicht gekürzt hat. Wir hoffen natürlich, dass das auch weiterhin so bleiben wird. Denn wir müssen feststellen, dass die politische und technologische Führerschaft beim Thema Wasserstoff und Brennstoffzelle mittlerweile auf die USA und auf Japan übergegangen ist. Das gilt es aufzuhalten.
An Aktivitäten Baden-Württembergs fehlt es sicher nicht. Es ist festzustellen – die ausführliche Stellungnahme zu dem Antrag zeigt das –, dass die Brennstoffzellentechnologie und -forschung hier in Baden-Württemberg wirklich sehr breit vorhanden ist. Es besteht ein dichtes Forschungsnetz, und es gibt viele Förderungen der Anwendungen und Demonstrationsprojekte. Ich will darauf nicht näher eingehen.
Wichtig ist sicher, dass eine Bündelung dieser Aktivitäten stattfindet. Mit der Forschungsallianz Brennstoffzellen werden die Forschungsaktivitäten des Landes koordiniert. Die Tatsache, dass solche Forschungsallianzen mittlerweile in weiteren Bundesländern wie Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen installiert sind, zeigt, dass sie offensichtlich wertvolle Arbeit leisten. Sie zeigt aber auch, dass wir uns auch innerhalb der Bundesrepublik in einem intensiven Wettbewerb befinden.
Eine zukunftsträchtige und sehr aktuelle Maßnahme ist sicher die Einrichtung des Weiterbildungszentrums Brennstoffzelle in Ulm. Es ist auch schon erwähnt worden. Seine vorrangige Aufgabe liegt in der umfassenden Information für die Wirtschaft. Die betroffenen Berufsgruppen sollen mit dieser Technologie bekannt gemacht werden, und die Verbreiterung dieser Technologie soll gefördert werden. Dieses Zentrum wird immerhin mit 3,3 Millionen € aus der Landesstiftung gefördert. Es ist zwar noch im Bau, hat aber den Betrieb schon aufgenommen.
Die Akzeptanz des Angebots zeigt, wo die Anwendung der Brennstoffzelle hier derzeit angekommen ist. Von den Handwerkern werden die Weiterbildungsangebote sehr schleppend angenommen, weil die Industrie noch nicht in der Lage ist, die nötige Hardware zu liefern. Stark angenommen wird das Angebot dagegen von der Industrie, vor allem von der Fahrzeugindustrie, die hier federführend ist.
Eine weitere wichtige Aufgabe würden wir auch darin sehen, dass dieser Bereich auch in die Schulen und in die Ausbildung der Lehrer aufgenommen wird. Wir denken, dass hier auch das Land und das Kultusministerium einen wertvollen Beitrag leisten können.
Dennoch wissen wir – das hat auch die Diskussion gestern gezeigt –, dass wir bei aller Spitzenforschung in der Tat ein
Problem mit der Umsetzung haben. Wir haben Handlungsbedarf, wenn es um die Schnittstelle zwischen Forschung und mittelständischer Industrie und wenn es um die Markteinführung geht. Wichtig ist sicher – da sind wir uns einig; Herr Kollege Rivoir hat es schon angesprochen –, dass der Dialog zwischen Forschung und Mittelstand angeregt und intensiviert und eine gemeinsame Markteinführungsstrategie entwickelt wird. Bei aller Begrenztheit, der landespolitische Maßnahmen letztlich unterliegen, kann und sollte das Land für diesen Dialog eine anschiebende Hilfe leisten, natürlich mit dem Ziel, sich zurückzuziehen, sobald diese Hilfe nicht mehr nötig ist.
Meine Damen und Herren, über die Wichtigkeit dieses Themas für unseren Standort Baden-Württemberg besteht kein Dissens. Wir werden über die weiteren Maßnahmen im Ausschuss, wie vorgeschlagen, weiter beraten.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Prophet gilt bekanntlich nichts im eigenen Lande. Die SPD-Fraktion scheint sich an dieses Sprichwort zu halten; zumindest hat der vorliegende Antrag diesen Anschein erweckt. Denn als der Wirtschaftsausschuss – auch ich verweise auf den Wirtschaftsausschuss – vor einigen Monaten in die USA reiste, um sich über den dortigen Stand der Brennstoffzellentechnologie zu informieren, haben wir in der uns eigenen bescheidenen Art, aber dennoch mit verhaltenem Stolz, darauf hingewiesen, wie leistungsstark und dynamisch wir auf diesem Gebiet sind und dass wir, gewissermaßen weltmarktführend, hier ein guter Partner wären. Vor allem Ihr Kollege, Herr Schmiedel, war hier ein guter und geflissentlicher Wortführer. Kaum zurück in der Heimat, sieht das alles dann offenbar ganz anders aus.
In dem Antrag steht, die Landesregierung tue „viel zu wenig“ und man gerate mit dieser Zukunftstechnologie geradezu „ins Abseits“. Das ist natürlich unsinnig, wie sofort klar wird, wenn man auch nur einen Blick in die Stellungnahme der Landesregierung zu diesem Antrag wirft. Es ehrt Sie, Herr Rivoir, dass Sie da auch einiges wieder richtig gestellt haben.
Wir alle – das brauche ich jetzt nicht näher auszuführen – sehen in Übereinstimmung mit der Studie von Roland Berger die Brennstoffzellentechnologie als eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts an. Weil wir nicht wollen, dass wir zwar so gut sind, uns dies aber niemand sagt, haben wir während des vergangenen Brennstoffzellenkongresses f-cell-Forum auch Baden-Württemberg als einen der führenden Standorte neben Bayern und Nordrhein-Westfalen auf diesem Gebiet in Deutschland dargestellt.
Diese Spitzenposition kommt nicht von ungefähr. Sie haben es vorhin erwähnt: Es sind die ganz hervorragenden Forschungsaktivitäten; es ist das ZSW in Ulm. Deshalb kom
Das ist dort ja sehr stark gebündelt. Das Weiterbildungszentrum Brennstoffzelle in Ulm ist erwähnt worden, aber es gibt auch ein Kompetenzzentrum Brennstoffzelle in der Region Stuttgart. Diese Zentren arbeiten eng zusammen. Eine enge Zusammenarbeit gibt es natürlich auch mit der Industrie, wie Sie wissen: mit Daimler-Chrysler und mit Würth. Ich gebe allerdings zu, dass die Zusammenarbeit mit mittelständischen Betrieben meines Erachtens noch etwas verstärkt werden müsste.