Protocol of the Session on March 10, 2004

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben im Jahr 1998 in diesem hohen Haus ein Flüchtlingsaufnahmegesetz beschlossen – nach langwierigen Vorarbeiten, die auch noch meinen Amtsvorgänger, der hier gerade präsidiert, betroffen haben. Ich glaube, dieses Flüchtlingsaufnahmegesetz ist nach wie vor ein gutes Gesetz.

(Abg. Inge Utzt SPD: Wenn es nicht geändert wird!)

So haben wir mit dem Flüchtlingsaufnahmegesetz unter anderem ermöglicht, Frau Kollegin Utzt, dass wir konsequent von Geld- auf Sachleistungen umstellen konnten. Das war ein ganz entscheidender Beitrag dazu, dass wir nicht Anreize geschaffen haben, aus finanziellen Gründen nach Deutschland zu kommen und sich hier unter dem Vorwand, politisch verfolgt zu sein, jahrelang aufhalten zu wollen.

Allerdings hat die Abwicklung des bisherigen Flüchtlingsaufnahmegesetzes auch einige Schwächen aufgewiesen, die unter anderem vom Rechnungshof aufgegriffen worden sind. Zum einen: Es ist sehr aufwendig. Es waren schon Pauschalierungen vorgesehen, aber eben nicht für den ganzen Bereich. Für weite Teile war eben auch die Spitzabrechnung der bisherige Maßstab. Spitzabrechnung heißt immer, einen ungeheuren Verwaltungsaufwand zu produzieren. Alle Welt spricht davon, wir müssten in Deutschland den Verwaltungsaufwand reduzieren. Von daher sollten wir auch die Chancen dazu ergreifen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Deshalb stellen wir mit dem neuen Gesetzentwurf konsequent auf eine Gesamtpauschalierung um,

(Abg. Zeller SPD: Zulasten der Landkreise!)

um eben diesen Verwaltungsaufwand zu vermeiden. Herr Kollege Zeller, es kann eben nicht so sein, dass bis hin zur Bundesregierung tagaus, tagein immer vom Abbau des Verwaltungsaufwands gesprochen wird, während am darauf folgenden Tag das Gegenteil getan wird.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Glück FDP/ DVP – Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Zeller: Sie schieben die Verantwortung auf die Landkreise! Die Landkreise müssen zahlen!)

Außerdem hat sich auch Folgendes gezeigt – dazu komme ich jetzt –:

(Zuruf des Abg. Zeller SPD)

Sie müssen bedenken, dass jeder – die Landkreise, aber auch wir als Land – mit den ohnehin überall sehr knappen finanziellen Ressourcen immer sorgsam umgehen muss.

(Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Jetzt komme ich zu dem Punkt, der eigentlich gut zu Ihrem Zwischenruf passt. – Moment, Frau Bauer, jetzt war Herr Zeller dran.

Wir haben festgestellt – das hat mich persönlich, vornehm ausgedrückt, doch sehr erstaunt –, dass sich die Aufwendungen der einzelnen Landkreise bei der Verwaltungspauschale um bis zu 400 % unterschieden haben. Meine Damen und Herren, diesen Zustand müssen wir beenden.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Noll FDP/ DVP)

Deshalb ist es wichtig, was der Kollege Heinz ja auch angesprochen hat, dass durch das künftige System auch Anreize für mehr Wettbewerb – Benchmarking als Stichwort – unter den Stadt- und Landkreisen geschaffen werden.

(Zuruf der Abg. Inge Utzt SPD)

Denn niemand kann sich hier noch unwirtschaftliches Verhalten leisten.

(Zuruf des Abg. Zeller SPD)

Daher darf ich einfach sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir sparen hier nicht einfach nur zugunsten des Landes, sondern wir wollen ein System erreichen, von dem am Schluss alle, die Landesseite wie die kommunale Seite, finanziell profitieren sollen. Das ist unser Ziel.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Nun zu dem Punkt, der vorhin schon einmal in der Zwischenfrage von Frau Kollegin Utzt angesprochen worden ist. Ich will noch einmal richtig stellen und klarstellen: Wir geben als Ergebnis der Anhörung – ich rede nicht vom Referentenentwurf vor der Anhörung – wieder das gleiche Geld in diesen Bereich hinein wie vorher, und zwar unter der Voraussetzung – darauf müssen Sie jetzt achten, Frau Kollegin Utzt; das ist nicht schwer zu begreifen –,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Abg. Inge Utzt SPD: Also! Verstehen Sie es?)

dass die Zahl der Flüchtlinge gleich bleibt. Unterstellt, die Zahl der Flüchtlinge bliebe gleich, wäre es auch der gleiche Betrag. Wenn die Zahl der Flüchtlinge abnimmt, dann profitiert das Land. Dann profitiert aber auch die kommunale Seite, meine Damen und Herren; und das ist auch gut so.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Glück FDP/ DVP – Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Nun noch einmal zu den beiden Punkten, die in der Diskussion immer wieder hervorgehoben werden und die ich etwas unverständlich finde. Frau Kollegin Utzt, Sie sagen, Sie seien für die Pauschalierung – aber doch nicht so richtig. Ich empfehle Ihnen, nach dem Motto „wenn schon,

(Minister Dr. Schäuble)

denn schon“ zu verfahren. Sie sollten also nicht für die Pauschalierung sein und dann gleich wieder Ausnahmen wollen.

Deshalb sind wir der Auffassung, dass selbstverständlich auch die pauschale Erstattung der Liegenschaftsausgaben in die Gesamtpauschale einfließen muss. Natürlich sind manche Unterkünfte in einem Zustand, der nicht ordentlich ist.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Manche? Alle!)

Allerdings sagt die Hochbauverwaltung des Finanzministeriums, dass sie ihre Aufgaben – ohne Luxus selbstverständlich – erfüllt habe.

(Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Im Übrigen, Frau Kollegin Bauer, kommt es auch darauf an, wie ich mit den Unterkünften umgehe. Auch das muss man hinzufügen.

(Beifall bei der CDU)

Von daher gesehen gibt es keinen Grund, eine Ausnahme zu machen.

(Abg. Zeller SPD: Was heißt das? – Zuruf der Abg. Inge Utzt SPD)

Der zweite Punkt ist das Thema Krankenausgaben. Dazu haben Herr Kollege Glück und Herr Kollege Heinz ja schon das Wesentliche gesagt. Ich brauche das nicht zu wiederholen. Das bezieht sich auf einen mehrjährigen Zeitraum usw. usf.

Allerdings ist eines auch klar: Wenn wir aus Gründen der Vermeidung von Verwaltungsaufwand auf Pauschalen umstellen, dann müssen wir in Kauf nehmen, dass eine Einzelfallgerechtigkeit nicht immer bis zum letzten Punkt und Komma erreicht werden kann. Das liegt im Wesen einer Pauschale. Deshalb muss man hier auch einen mehrjährigen Zeitraum betrachten. Das heißt, es kann durchaus sein, dass sich ein Kreis in einem konkreten Jahr schlechter stellt als bisher. Das wird sich aber ausgleichen.

Im Übrigen kommt zweierlei hinzu. Das Erste ist: Bisher war es so – da war es ja eine Spitzabrechnung –, dass die Kosten für Krankheiten von dem jeweiligen Kreis genehmigt wurden, aber immer vom Land erstattet wurden. Das ist ein unglücklicher Mechanismus, der keinen Anreiz zum Sparen bildet. Das ist auch unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, dass überall, gerade im Krankheitsbereich, Kostendämpfung leider Gottes das Gebot der Stunde ist.

Das Zweite, was ich Ihnen einfach mitgeben will, auch an die Adresse der kommunalen Seite gerichtet: Es handelt sich bei diesem Teil, bei der Erstattung der Krankenausgaben im Rahmen der Pauschale, um eine echte Freiwilligkeitsleistung des Landes und nicht um eine Verpflichtung.

Zum Schluss: Mir ist klar, dass eine solche Pauschale immer auch eine gewisse Prognose enthält. Ich gebe gerne zu, dass sich jeder bei einer Prognose irren kann bzw. nicht ganz genau das vorhersehen kann, was dann wirklich kommt. Deshalb war im Gespräch mit der kommunalen Sei

te ja auch von Anfang an eine Revisionsklausel in der Diskussion.

(Glocke des Präsidenten)

Ich halte es auch für richtig, dass wir nach einer relativ kurzen Zeit – in der Diskussion sind auf Basis des Entschließungsantrags jetzt zwei Jahre – diese Revisionsklausel mit Leben erfüllen. Das Innenministerium hat ja bereits von Anfang an die vorbereitenden Arbeiten mit den kommunalen Landesverbänden aufgenommen.

Vor diesem Hintergrund will ich aber auch sagen: Eine rückwirkende Erstattung wird es nicht geben, genauso wie auch wir, wenn die Revision zu unseren Gunsten ausgehen würde, nicht auf einer Rückwirkung beharren.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke des Präsidenten)

Deshalb, meine Damen und Herren, bitte ich Sie, dem Gesetzentwurf in der Fassung, wie sie jetzt gefunden wurde, in der zweiten Lesung zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage der Frau Abg. Bauer? – Bitte schön, Frau Bauer.