(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der FDP/ DVP und der Grünen – Abg. Pfister FDP/DVP: Hoppla! – Abg. Fleischer CDU: Ja sag einmal! – Oh-Rufe von der SPD)
und über ein Netzwerk gut zugänglicher Schwerpunktschulen und Leistungszentren mit Begabungsschwerpunkten sinnvoll sein.
Meine Damen und Herren, werden hoch begabte Kinder überhaupt identifiziert, also rechtzeitig erkannt? Die Ergebnisse der letzten IGLU-Studie lassen dies anzweifeln. Denn fast die Hälfte aller Grundschüler erhält nach der vierten Klasse eine falsche Schulempfehlung. Viel zu oft wird nach sozialer Herkunft statt nach Begabung und Leistung entschieden.
Meine Damen und Herren, dies hat zur Folge, dass über Aus- und Fortbildung die Diagnosefähigkeit der Fachkräfte in Vorschuleinrichtungen und Schulen endlich sichergestellt werden muss. Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher müssen Kompetenzen für individuelle Förderung erwerben. Wir brauchen eine Förderpraxis im Netzwerk, die die Kinder in ihrer gewohnten Umgebung belässt. Darüber hinaus brauchen wir in der Fläche die bereits angesprochenen Schwerpunktschulen und Leistungszentren. Wir brauchen eine universitäre Forschungsstelle zur Hochbegabung. Außerdem benötigen wir dringend eine zentrale Beratungsstelle für Eltern, Lehrer und Schüler als wichtigste Anlaufstelle.
Dazu sage ich noch etwas, Herr Kollege Zeller. – Schließlich sollen spezielle Studiengänge für Hochbegabte eingerichtet werden. Dieser von uns angestrebte Vernetzungsansatz ist in Bayern und Hessen bereits auf dem Weg, bei uns aber leider nur sehr eingeschränkt.
Uns ist im Übrigen unverständlich, dass die universitäre Forschungsstelle für Hochbegabte in Ulm aufgegeben wurde, ohne dass Sie adäquaten Ersatz anbieten.
Meine Damen und Herren, mit dem Vergeuden von Begabungen sollte Schluss gemacht werden. Über regional verankerte Förderkonzepte und über längeres gemeinsames Lernen im Dreiklang von Erziehung, Betreuung und Bildung mit stark individualisierenden Elementen können Hochbegabte früh entdeckt und richtig gefördert werden. Das ist unser Auftrag – entsprechend der Verfassung. Die ausschließliche Konzentration auf ein kostspieliges Eliteprojekt für nur etwa 0,5 % der hoch begabten Kinder und Jugendlichen in Baden-Württemberg
Zu dem Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP werde ich in der zweiten Runde noch etwas sagen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der dieser Debatte zugrunde liegende Antrag der SPD-Fraktion betrifft ein Projekt im Rahmen der Begabtenförderung an der Universität Ulm, konkret die Beratungsund Forschungsstelle für Hochbegabte. Gleichzeitig geht es um das geplante Ganztagsgymnasium mit Internat in Schwäbisch Gmünd.
Die SPD-Fraktion nimmt das Auslaufen der Landesfinanzierung für die Beratungs- und Forschungsstelle in Ulm offenbar zum Anlass, die schon bekannte These „Das Land tut zu wenig für die Hochbegabten“ erneut auf den Tisch zu bringen. Aber, meine Damen und Herren, genau das Gegenteil ist der Fall.
Deswegen sind wir Ihnen aber sehr dankbar dafür, dass uns dieser Antrag die Gelegenheit gibt, die Grundzüge der Hochbegabtenförderpolitik in Baden-Württemberg gemeinsam ein wenig zu vertiefen. Dazu drei Punkte.
Erster Punkt – das ist gleich ein entscheidender Punkt: Das Konzept der Landesregierung ist viel breiter angelegt, als dies in Ihrem Antrag anklingt. Seit Mitte der Achtzigerjahre wird an den weiterführenden allgemein bildenden und beruflichen Schulen in Baden-Württemberg
(Abg. Zeller SPD: Haben Sie die Rede des Kolle- gen Caroli nicht verfolgt? – Gegenruf des Abg. Wieser CDU: Hören Sie doch mal zu!)
das Programm „Förderung besonders befähigter Schülerinnen und Schüler“ durchgeführt. – Sie haben gerne die Gelegenheit, eine Zwischenfrage zu stellen, Herr Kollege Zeller.
An 420 Arbeitsgemeinschaften im Rahmen dieses Programms nehmen derzeit ca. 4 300 Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg teil. Bearbeitet werden Themenstellungen aus dem mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Bereich, dem sprachlichen und dem gesellschaftswissenschaftlichen Bereich. Ziel ist es, begabte Schülerinnen und Schüler mit diesen Themenstellungen vertieft in Kontakt zu bringen. Das ist nur ein Beispiel.
Es gibt weitere wichtige Elemente, die in Ihrem Antrag nicht berücksichtigt werden: schulübergreifende Einrichtungen, Schülerwettbewerbe, Schülerseminare, Jugendakademie Mannheim, Kinder- und Jugendakademie Stuttgart, Schülerforschungszentrum Bad Saulgau, Tag der Musik. Beim bundesweiten Wettbewerb „Jugend musiziert“ hat Baden-Württemberg 31 % der Preisträger gestellt.
Es ist daher ein sehr breit gefächertes und sehr differenziertes Konzept, das entscheidend auf die Begabungen der Schülerinnen und Schüler zugeschnitten ist.
Das eingangs dargestellte dezentrale Förderprogramm des Landes ist von Professor Dr. Heller von der Universität München und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seit vielen Jahren begleitet worden. Sein Ergebnis lautet:
Gemessen an wissenschaftlichen Ansprüchen und internationalen Vergleichen stellen die Begabten-AGs in Baden-Württemberg ein effektives und bewährtes Mittel der Begabtenförderung dar...
Deswegen verstehen wir Ihre Kritik, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, in diesem Bereich nicht.
Dazu kommt – das ist der zweite Punkt; um auf den Vorwurf des Rückzugs des Landes von der Beratungs- und Forschungsstelle an der Uni Ulm einzugehen –: Die Finanzierung der Beratungs- und Forschungsstelle war von Anfang an zeitlich befristet.
Dennoch ist es gelungen, eine Anschlussfinanzierung durch das Institut über Honorare und Spenden im Jahr 2003 sicherzustellen. Ich finde, wir sollten die Gelegenheit wahrnehmen, Herrn Professor Ziegler und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Dank für diese Leistung auszusprechen.
Dritter und letzter Punkt: Dabei geht es um den richtigen Grundansatz bei der Begabtenförderung. – Herr Zeller, es bleibt dabei, dass Sie gerne Zwischenfragen stellen können.
Die SPD-Fraktion geht hier etwas starr vor. Herr Caroli, das kam auch in Ihrer Rede zum Ausdruck. Wir haben 1,2 Millionen Schülerinnen und Schüler, davon 24 000 mit einem IQ von über 130. Diese Hochbegabten sollen flächendeckend eine Förderung erhalten. Wir finden, dass dieser Ansatz schematisch etwas starr ist und der Wirklichkeit nicht gerecht wird.
Es kommt bei der Begabtenförderung nicht allein auf den Intelligenzquotienten, sondern auch auf die Motivation und auf die verschiedenen individuellen Begabungen an. Genau dazu leisten wir mit den derzeit vorliegenden Konzepten eine gute Arbeit.
Dieses Netzwerk wird durch das Hochbegabtengymnasium und Internat in Schwäbisch Gmünd weiter ausgebaut. Die SPD lehnt dieses Hochbegabtengymnasium in Schwäbisch Gmünd – so ist es den Begründungen zu entnehmen –, ein wichtiges weiteres Element der Hochbegabtenförderung, wohl weiterhin ab. An dieser Stelle kann ich nur sagen: Wer Ja sagt zu Eliteuniversitäten, der sollte sich auch dazu durchringen, ein solches Hochbegabtengymnasium anzuerkennen.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Reichardt und Abg. Fleischer CDU: Sehr gut! – Abg. Zeller SPD: Das ist der falsche Ansatz!)
Ich darf abschließend zum Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP kommen. Wir wollen die Chance nutzen – darauf zielt unser Antrag ab –, neben den bestehenden dezentralen Ansprechpartnern zukünftig in Schwäbisch Gmünd als Weiterentwicklung des bisherigen zentralen Systems Beratungskompetenzen für Eltern und Lehrkräfte hoch begabter Schülerinnen und Schüler zu bündeln und dort eine zentrale Anlaufstelle einzurichten.
Wir haben diesen Antrag auch deshalb gestellt, damit es allen Fraktionen in diesem Hause möglich ist, sich hinter dieses Projekt zu stellen. Wir fordern alle Parteien und Fraktionen dazu auf.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus unserer Landesverfassung ergibt sich eindeutig, dass Schülerinnen und Schüler mit besonderer Begabung das Recht haben, besondere Angebote zu erhalten, das heißt, in besonderer Weise gefördert zu werden. Die Behauptung, dass das Land Baden-Württemberg solche Angebote nicht machen würde, ist falsch. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass seit langer Zeit flächendeckend, das heißt wohnortnah, Sonderprogramme in Form von Seminaren, Arbeitsgemeinschaften usw. laufen. Es gibt Landeswettbewerbe, es gibt Schülerakademien, Jugendakademien, also eine Vielzahl von Einrichtungen, in denen diese besondere Förderung stattfindet.