Protocol of the Session on January 30, 2004

erfolgreich marschieren können.

Aber Wachstum allein, meine Damen und Herren – da stimme ich Ihnen, Frau Dederer, zu –, reicht nicht aus.

(Zuruf der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Denn die mittelfristige Finanzplanung zeigt, dass selbst ordentliche Wachstumsraten bei den Steuereinnahmen nicht ausreichen werden, das Loch der Jahre 2001 bis 2003 aufzufüllen und das Konsolidierungsziel quasi von selbst zu erreichen.

Bezogen auf das Planungsjahr 2007 weist die Mifrifi, also die mittelfristige Finanzplanung, 2,4 Milliarden € mehr an Steuereinnahmen aus als im Jahr 2004. Aber 2,1 Milliarden € davon, meine Damen und Herren – es bleiben also gerade noch einmal 300 Millionen € übrig –, werden durch höhere Personalausgaben mit weit überproportional steigenden Pensionsverpflichtungen und höheren Zinslasten in Anspruch genommen. Die Pensionslasten steigen schon jetzt weit überproportional, und sie werden unausweichlich weiter steigen. Hätten wir eine Generationenbilanz für den Haushalt unseres Landes, dann würde diese deutlich zeigen, in welchem Ausmaß wir heute Lasten in die Zukunft verschieben und insoweit über unsere Verhältnisse – das heißt, zulasten der nächsten Generation – leben.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Ich halte das auch für ethisch nicht vertretbar. Wir wollen, dass solche Generationenbilanzen regelmäßig erstellt werden; auch dies gehört zwingend zur Transparenz öffentlicher Haushalte.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das wird in der Enquete- kommission gemacht!)

Jawohl, Herr Pfister, das wird in der Enquetekommission gemacht; das ist richtig.

Wenn uns die Pensionszahlungen in Zukunft nicht völlig überfordern sollen, stehen uns nur drei Wege offen: erstens eine Verringerung der Zahl der Beamten, zweitens eine Erhöhung des realen Pensionseintrittsalters und drittens, parallel zur sukzessiven Absenkung des Rentenniveaus, auch eine schrittweise Absenkung des Niveaus der Pensionen. Das alles sind keine schönen Dinge, aber die Wahrheit ist konkret.

(Zuruf der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Und man muss kein Prophet sein, um feststellen zu können, dass wir wahrscheinlich alle drei Wege gleichzeitig werden beschreiten müssen. Nur so wird es zu erreichen sein, dass die Personalausgaben insgesamt nicht einen immer stärker steigenden Anteil unseres Haushalts in Anspruch nehmen.

Angesichts der bestehenden Verschuldung macht es keinen Sinn, einen realen Pensionsfonds einzurichten, der diesen Namen auch tatsächlich verdienen würde. Ich glaube, da

sind wir uns auch mit der Opposition einig. Aber wir müssen Transparenz schaffen. Ein erster Schritt dazu ist, dass jetzt erstmals die Pensionen und die dazugehörigen Beihilfeleistungen nicht mehr im Einzelplan 12 – Allgemeine Finanzverwaltung – veranschlagt sind, sondern in den Einzelplänen der jeweiligen Ministerien.

(Beifall der Abg. Pfister FDP/DVP und Heike De- derer GRÜNE)

Neben den Pensionszahlungen sind die Zinsen der zweite große Risikofaktor unserer Haushalte. Niemand garantiert uns, dass das gegenwärtige Zinsniveau dauerhaft erhalten bleibt. Ich erinnere nur an Europa. Im Gegenteil, wir müssen damit rechnen, dass das Zinsniveau eher noch ansteigt. Die Belastung, die die seit 1972 Jahr für Jahr gestiegene Verschuldung des Landes für den laufenden Haushalt mit sich bringt, kann sich deshalb schneller und deutlicher erhöhen, als es das Maß der Nettokreditneuaufnahme deutlich macht; da sind wir uns auch einig, Herr Schmid und Frau Dederer. Wir müssen deshalb rasch auf den Pfad des Abbaus der Nettokreditneuaufnahme zurückfinden, der in den Jahren 1998, 1999 und 2000 erfolgreich beschritten worden war. Wir waren ja schon einmal bei einer Nettoneuverschuldung von 800 Millionen DM – wohlgemerkt: D-Mark – angekommen.

Wachstum ist dafür unabdingbar. Aber wir müssen, Herr Kollege Scheffold, auch sagen: Es ist keine Zauberformel. Und es gibt auch sonst keinen Zaubertrick, mit dem das strukturelle Defizit im Landeshaushalt zum Verschwinden gebracht werden könnte,

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Schön wär’s!)

ohne dass es zu Einschnitten bei einer Vielzahl von Leistungen kommen müsste, die das Land über alle Einzelpläne des Haushalts hinweg selbst erbringt oder fordert. Angesichts der Größe der Aufgabe gilt: Kein Bereich kann von vornherein von den Anstrengungen zur Konsolidierung des Haushalts ausgenommen werden, auch die Bereiche nicht, die zu Recht höchste landespolitische Priorität haben. Es kann keinen einzigen politischen Bereich geben, der von diesen Anstrengungen ausgenommen werden könnte. Die Stichworte heißen: Effizienzreserven erschließen, vermehrt den Prinzipien der Subsidiarität und der Delegation nach unten folgen, Aufgabenkritik, Bürokratieabbau, Mut zu Prioritäten und schließlich Vorrang von privater vor öffentlicher Erbringung von Leistungen, wo immer dies sinnvoll und möglich ist.

(Zuruf der Abg. Ruth Weckenmann SPD)

Mit dem Entwurf des Haushaltsstrukturgesetzes 2004 wird der Haushalt dauerhaft – wohlgemerkt! – um rund 100 Millionen € pro Jahr entlastet. Mit den im Finanzausschuss auf Antrag von CDU und FDP/DVP eingefügten Ergänzungen werden es sogar, Kollege Scheffold, etwa 145 Millionen € sein.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Genau! Die Touris- musförderung hat man etwa noch um eine halbe Million erhöht!)

Das kurzfristig nur auf das Jahr 2004 bezogene Entlastungsvolumen liegt mit über 250 Millionen € deutlich hö

her, denn die im Gesetz enthaltene Spitzabrechnung der kommunal bedingten Belastungen des Landes im Länderfinanzausgleich in Höhe von 125 Millionen € stellt selbstverständlich nur eine einmalige Entlastung dar. Damit ist in den nächsten Jahren nicht mehr zu rechnen.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Herr Kleinmann, sagen Sie doch einmal konkret, was Sie wollen!)

Ich übergehe die verschiedenen Artikel des Gesetzes, die im Einzelnen schon alle besprochen worden sind, und komme zum Schluss.

(Abg. Braun SPD: Sagen Sie doch erst einmal, was Sie wollen, bevor Sie zum Schluss kommen! – Zu- ruf der Abg. Ruth Weckenmann SPD)

Der gewichtigste Punkt des Gesetzes aber, das wir zu beschließen haben, ist die Änderung – – Schwätzen Sie doch jetzt nicht immer dazwischen, wenn Sie nichts verstehen!

(Beifall des Abg. Blenke CDU – Abg. Ruth We- ckenmann SPD: Ja, wenn man Sie nicht versteht!)

Der gewichtigste Punkt des Gesetzes ist die Änderung des Finanzausgleichsgesetzes mit einer Änderung der Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen im Umfang von 80 Millionen €. Beide Seiten, Land und Kommunen, haben unter den wegbrechenden Steuereinnahmen der letzten Jahre schwer zu leiden gehabt.

(Abg. Zeller SPD: Geben Sie einmal eine Zusam- menfassung Ihrer Äußerungen!)

Die überproportionale Belastung der Kommunen, die insbesondere durch die Eichel’sche Fehlkalkulation bei der Erhöhung der Gewerbesteuerumlage zustande gekommen war, ist mit dem Abschluss des Vermittlungsverfahrens im Dezember beseitigt. Das Sofortprogramm zugunsten der Kommunen, das FDP und Union wiederholt gefordert hatten, ist Gesetz. Die Notwendigkeit einer umfassenden Gemeindefinanzreform aber bleibt. Sie kann nach unserer festen Überzeugung nicht in einer Modernisierung oder gar einer Revitalisierung der Gewerbesteuer bestehen, sondern nur darin, die Gewerbesteuer gänzlich abzuschaffen und durch einen höheren kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer und ein Hebesatzrecht auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer zu ersetzen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Blenke CDU – Zuruf der Abg. Ruth Weckenmann SPD)

Nur dieser Weg sichert den Kommunen einen verlässlichen Anteil am Steueraufkommen.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Das wird aber teu- rer für das Land!)

Nur dieser Weg stellt gleichzeitig einen Beitrag zur Entbürokratisierung und Steuervereinfachung dar,

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Das wird aber teu- rer für das Land!)

und nur dieser Weg trägt gleichzeitig zu mehr Bürgernähe bei und hilft den Kommunen bei ihren Entscheidungen.

In der Frage der aktuellen Ausgestaltung eines aufgabengerechten Finanzausgleichs zwischen dem Land und den Kommunen konnte sich die gemeinsame Finanzverteilungskommission im letzten Jahr nur in Teilen auf ein gemeinsames Votum verständigen, nämlich im Bereich der Umsetzung der vereinbarten Regelungen zur Spitzabrechnung des Länderfinanzausgleichs. Es verwundert schon, wenn die Opposition sich nicht einmal dieser Übereinkunft anschließt.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Wir haben halt den Bericht gelesen!)

Ja, ja. – Sie können damit nur eines erreichen wollen, nämlich draußen im Land Propaganda gegen die Landesregierung zu betreiben und ihr Kommunalfeindlichkeit vorhalten zu können, um von den eigenen Fehlern insgesamt ablenken zu können.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Blenke CDU: Das ist aber erfolglos! Das hat keinen Erfolg! – Zu- ruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Strittig zwischen Land und Kommunen blieb in der Finanzverteilungskommission die Kürzung der Finanzausgleichsmassen um 80 Millionen € zugunsten des Landes. Wenn wir heute die Auswirkungen der Steuerschätzung vom November, die Kürzung der Finanzausgleichsmassen um 80 Millionen € und die Ergebnisse des Vermittlungsverfahrens vom Dezember zusammennehmen, stellen wir fest, dass im Ergebnis der kommunale Anteil an den Nettoeinnahmen von Land und Gemeinden im Jahr 2004 wieder auf etwa 41,6 % ansteigt. Er liegt damit beim gleichen Prozentsatz wie 1993 –

(Zuruf der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

zwar unter dem Anteil, der den Kommunen zwischen 1998 und 2002 zugeflossen ist, aber über dem Anteil, der ihnen in den Jahren von 1994 bis 1997 zur Verfügung stand.

Vor diesem Hintergrund und aufgrund der Tatsache, dass die Ergebnisse des Vermittlungsverfahrens die kommunalen Haushalte auch in den kommenden Jahren deutlich stärker entlasten als den Haushalt des Landes, werden die Änderungen, die durch das Haushaltsstrukturgesetz am FAG vorgenommen werden, dem Anspruch fairer Partnerschaft zwischen Land und Kommunen durchaus gerecht.

So viel, meine Damen und Herren, in dieser ersten Runde.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Zeller SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Dederer.

(Abg. Birzele SPD: Hat Herr Kleinmann noch Zeit? Neun Sekunden für die zweite Runde, Herr Kleinmann! – Heiterkeit – Gegenruf des Abg. Pfis- ter FDP/DVP: Na, immerhin!)