Protocol of the Session on December 17, 2003

Wenn man immer sagt, das Land gebe kein Geld für den ÖPNV, dann will ich dazu einmal sagen: Es ist immerhin noch die kleine Summe von 400 Millionen €, nämlich 250 Millionen € nach dem Personenbeförderungsgesetz und 150 Millionen € für die Schülerbeförderung. Das ergibt zusammen 400 Millionen €. Da sind wir im Ländervergleich nach wie vor sehr gut – um das Wort „Spitze“ zu vermeiden. Wir sind im Ländervergleich nach wie vor sehr gut bei der Busförderung, und wir sind sehr gut, was den Ausbau des ÖPNV angeht. Denn es geht ja nicht nur um Geld, sondern auch um die Frage, was man mit dem Geld eigentlich macht. Man kann es ja auch verschleudern. Die Geldausgabe allein ist noch nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass man etwas gut gemacht hat. Aber wir haben den Verkehr quantitativ und qualitativ in einer Weise ausgeweitet, dass wir uns locker gegenüber jedem anderen Bundesland sehen lassen können. Wir sind nach wie vor Spitze auf dem Gebiet des Wettbewerbs zur DB. Wir haben – ich hoffe, ich habe das jetzt richtig im Kopf – zusammen mit RheinlandPfalz den höchsten Anteil an nicht bundeseigenen Bahnen. Kurzum: Es geht nicht nur um Geld, sondern es geht auch darum, was man damit macht.

Damit will ich jetzt einmal das Bild umdrehen, das in dem letzten Debattenbeitrag gezeichnet worden ist, nämlich dass wir in den Dingen gut seien, für die wir nichts können. Ich sage Ihnen einmal, wofür wir zuständig sind, und dann schauen Sie sich einmal die entsprechende Bilanz an. Dann sage ich Ihnen, wofür wir nicht zuständig sind, und Sie schauen sich auch diese Bilanz an.

Wir sind, was die Zuschüsse anbelangt, zuständig für die Landesstraßen, für die kommunalen Straßen, für den ÖPNV und für den Luftverkehr. Haben wir da die großen Probleme? Oder haben wir die Probleme bei den Bundesstraßen, bei den Bundesautobahnen, bei der Schieneninfrastruktur, beim Güterverkehr und bei der Binnenschifffahrt?

(Abg. Alfred Haas CDU: Bei den Letzten!)

Da haben wir die Probleme! Und genau das sind die Zuständigkeiten, die nicht bei uns liegen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.

(Abg. Gall SPD: Das muss nicht sein! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Abg. Nagel SPD: Die kriegt nichts zu Weihnachten!)

Ich habe Ihnen ja versprochen, dass ich auch zum Generalverkehrsplan noch etwas sage.

(Zurufe von der SPD)

So freundliche Bemerkungen bauen einen doch richtig auf.

Vorab, Herr Palmer: Wenn diese Abstufungsaktion, die Sie angekündigt haben, mit dem notwendigen Geld verbunden ist, haben Sie unsere volle Zustimmung. Ich glaube, das muss man hier noch einmal deutlich sagen.

Nun aber zum Generalverkehrsplan. Er entspricht nach wie vor in Zielsetzung und Grundsätzen den Vorstellungen unserer Fraktion, nämlich Integration der Verkehrsträger und der Verkehrsmittel zu einer verkehrlichen Systemeinheit, insbesondere auch im Personenverkehr. Richtig ist auch heute noch das Ziel der Sicherheit der umweltverträglichen Mobilität. Das ist eine vernünftige Konzeption zur Lösung der Verkehrsprobleme in unserem Land und hat als Leitmaxime weiterhin Geltung.

Kritik muss man allerdings an den Bund und an die DB AG richten,

(Oh-Rufe von der SPD)

denn die Umsetzung des Generalverkehrsplans – da können Sie ruhig jammern; bloß nützt es nichts, wenn Sie hier jammern; da müssen Sie in Berlin jammern – setzt einfach voraus, dass Bund und Bahn bedarfsgerecht Straße und Schiene ausbauen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So einfach ist das!)

Das war Prämisse und Aufforderung. Herr Göschel, solange der Bund seine Bundeswasserstraße verlottern lässt, nützt es auch nichts, wenn wir moderne Umschlagplätze daneben bauen.

(Abg. Göschel SPD: „Verlottern“! Sie verwechseln das mit den Schlaglöchern in den Landesstraßen! – Weitere Zurufe von der SPD)

Es ist ja klar: Wenn keine Verlängerung der Schleusen erfolgt, dann ist der Neckar in spätestens 15 Jahren nur noch eine touristische Anlage, weil ein modernes Güterverkehrsschiff dann nicht mehr darauf fahren kann.

(Abg. Fischer SPD: Wer hat denn den Grundstock gelegt, aus den Wasserfernstraßen rauszugehen?)

Da wäre das eine absolute Fehlinvestition.

Das Gleiche gilt, Herr Kollege Palmer, wenn der Generalverkehrsplan natürlich auch darauf aufbaut, dass der Bund zum Beispiel die notwendigen Ost-West-Verbindungen herstellt. Dass die Verlängerung der B 312 nun nicht mehr im Bundesverkehrswegeplan steht, bringt natürlich auch den Generalverkehrsplan von Baden-Württemberg einigermaßen durcheinander.

Bund und Bahn haben ihre Aufgaben nicht erfüllt, gerade auch im neuen Bundesverkehrswegeplan.

(Abg. Knapp SPD: Oh!)

Es gibt nach wie vor – schon seit 1986 – einen großen, noch zu deckenden Nachholbedarf beim Bund.

Natürlich ist auch zum Generalverkehrsplan noch nicht alles umgesetzt. Insbesondere beim Güterverkehr gibt es noch einigen Handlungsbedarf. Dazu will ich jetzt aber nicht mehr sagen, weil wir dazu bereits einen ausführlichen Antrag gestellt haben, der inzwischen auch beantwortet ist. Es handelt sich um den Antrag Drucksache 13/2413 über die langfristige Sicherung der Leistungsfähigkeit der Verkehrsträger Straße und Schiene. Den wollen wir demnächst auch im Landtag beraten.

Generell ist der Generalverkehrsplan in Prognostik und Wirkungsanalyse auf 2010 ausgerichtet. Deswegen werden wir ihn zielgerecht umsetzen.

Zum Antrag der SPD ist allerdings zu sagen: Der SPD fällt auch nichts Neues mehr ein.

(Beifall des Abg. Drautz FDP/DVP – Abg. Drautz FDP/DVP: Sehr richtig! – Abg. Nagel SPD: Aber Ihnen!)

Sie fragen Statistiken ab, die in anderen parlamentarischen Initiativen, auch von unserer Fraktion, schon lange nachzulesen sind. Pikanterweise hat die Fraktion GRÜNE vor genau drei Jahren exakt den gleichen Antrag gestellt.

(Abg. Knapp SPD: Unsere Sachen haben eine län- gere Halbwertszeit! – Zuruf des Abg. Drautz FDP/ DVP)

Herr Palmer war damals noch nicht da. Deshalb konnte er nicht daran erinnern. Die Frage ist aber, ob das jetzt noch ins Plenum muss.

Herr Minister Müller hat dargelegt, wie viel in BadenWürttemberg tatsächlich läuft. Allerdings muss man die SPD schon fragen, inwieweit es opportun und verantwortungsbewusst ist, in Zeiten derart knapper Kassen solche Forderungen aufzustellen, wie Sie es hier getan haben, wenn Bund und Land im Moment einfach nicht die finanziellen Möglichkeiten haben, das, was Sie hier an Erwartungen hochzonen, auch wirklich zu erfüllen. Ich halte es für unverantwortlich, solche Punkte dann zu thematisieren, wenn man genau weiß, dass sie nicht umsetzbar sind, und dadurch falsche Erwartungen zu wecken. Da sollten Sie

auch weit mehr der Realität Rechnung tragen und einmal wahrnehmen, dass insgesamt einfach zu wenig Geld zur Verfügung steht. Ich will jetzt bewusst nicht darüber diskutieren, warum das so ist. Sie wissen das alle.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Fleischer CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Göschel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Berroth, was Sie da zu den Bundeswasserstraßen gesagt haben, das hat Ihnen Professor Weller sicher nicht aufgeschrieben, denn das, was er aufschreibt, ist sehr zuverlässig und seriös.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ich denke ab und zu auch selbst!)

Was Sie da gesagt haben – Sie haben von „verlotterten“ Bundeswasserstraßen gesprochen –, entbehrt jeder Grundlage. Das haben Sie irgendwie mit Schlaglöchern in den Landesstraßen verwechselt.

(Heiterkeit bei der SPD – Abg. Fischer SPD: Hel- mut, das war gut! – Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Göschel, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Berroth?

Ja, bitte.

Bitte sehr, Frau Abgeordnete.

Können Sie mir ausführen, was bezüglich der Bundeswasserstraße Neckar im neuen Bundesverkehrswegeplan vorgesehen ist? Der soll ja, glaube ich, immerhin bis 2015 gelten. Sagen Sie mir, wie diese Wasserstraße danach aussieht.

Diese Frage hätten Sie nicht zu stellen brauchen; ich wäre sowieso darauf eingegangen. Die Auseinandersetzung hier ging eigentlich nur darum, ob es Sinn macht, rund 500 Millionen € zur Verlängerung von Neckarschleusen einzusetzen, obwohl die Kapazität des Neckars nicht einmal zu 50 % ausgeschöpft ist, und ob es volkswirtschaftlich angesichts der Haushaltslage überhaupt zumutbar ist, eine solche Sache zu machen. Darum ging es, sonst um gar nichts. Dass die Neckarschleusen betriebsbereit gehalten werden und gut funktionieren müssen, ist selbstverständlich und wird auch gemacht.

Jetzt zu der Abstufungsfrage. Es geht eigentlich nur darum: Wie ist es mit der Abstufung von Bundesstraßen zu Landesstraßen? Denn eine Aufstufung kommt ja nur im Tausch und im Einvernehmen in Frage. Ich glaube, dieses Thema eignet sich überhaupt nicht zur parteipolitischen Profilierung und Auseinandersetzung. Es ist ein Jahrzehnte altes Tauziehen oder Fingerhakeln zwischen dem Bund und den Ländern darum, wer dabei wen über den Tisch zieht. Der Bund hat auch zu Zeiten der Regierung Kohl mit Waigel und Wissmann versucht, den Ländern Bundesstraßen, die er nicht mehr wollte, zwangsweise aufs Auge zu drücken. Wir

verdanken es eigentlich dem beherzten Auftreten von Heide Simonis, der Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, die mit ihrem Land bis zum Bundesverfassungsgericht gegangen ist – das dies dann höchstrichterlich festgestellt hat –, dass der Bund nicht einseitig Bundesstraßen auf die Länder übertragen kann, sondern dass dies nur im Einvernehmen geschehen kann.

Ich will hinzufügen: Es ist auch unsere Überzeugung als Landespolitiker, dass es selbstverständlich einen fairen Mittelausgleich geben muss. Ohne diesen ist eine Abstufung für das Land nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der SPD)