Protocol of the Session on December 10, 2003

3,7 Millionen € könnten hiermit noch zusätzlich eingespart werden, meine Damen und Herren.

Wenn wir uns anschauen, um welche Beträge wir ringen, wenn es darum geht, Nachbarschaftshilfen oder soziale Dienste aufrechtzuerhalten, können wir von der FDP/DVPFraktion nicht einsehen, warum man diese durch rechtliche

Änderungen auf Bundesebene geschaffenen Spielräume nicht konsequent für Einsparbeiträge zugunsten des Landeshaushalts nutzt. Wir fordern die Landesregierung weiterhin auf, auch in den Bereichen Schulverwaltung, Forstverwaltung, Vermessungsverwaltung und Bibliothekswesen für eine Überführung in öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnisse zu sorgen, um damit einen weiteren Einsparbeitrag für das Land Baden-Württemberg zu leisten.

Man kann an dieser Stelle durchaus auch einmal festhalten, dass die Referendare in anderen Bereichen der Landesverwaltung gleich behandelt werden sollten wie die Rechtsreferendare. Die Justiz ist vorangegangen. Wir sind der Meinung, dass auch aus Gründen der Gleichberechtigung jetzt andere Bereiche der Landesverwaltung folgen sollten. Es ist nicht einzusehen, warum man den Juristen – da sind ja auch hervorragende Juristen darunter – praktisch ein Sonderopfer abverlangt, das von anderen in der öffentlichen Verwaltung nicht erbracht wird.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Abschließend, meine Damen und Herren, darf ich noch einmal für die FDP/DVP-Fraktion der Landesregierung und dem federführenden Justizministerium für die umfangreiche Beantwortung unserer Anfrage danken. Wir sehen hier einen kleinen, aber wichtigen Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts und ermutigen die Landesregierung, die Beschlüsse der Haushaltsstrukturkommission in voller Gänze für alle Ressorts umzusetzen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Reinhart.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vorab möchte ich zu den Ausführungen des Kollegen Theurer im Namen meiner Fraktion anmerken: Wir teilen das Lob für das Justizministerium.

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Scheuer- mann und Wieser CDU – Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Wir sind ebenfalls der Meinung, dass die Überführung des juristischen Vorbereitungsdienstes in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis dort richtig und sachgerecht mit guten Einsparungen umgesetzt wurde und dass dies in Zeiten schwieriger Haushaltslage auch richtig war und unter diesem Aspekt ein positives Ergebnis aufweist.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Jetzt kommt die Vorrei- terrolle!)

Ich würde das auch nicht als ein Sonderopfer bezeichnen, da die Ausbildung der Juristen und ihre spätere Verwendung – über 90 % im privaten Bereich und nicht im öffentlichen Bereich als Richter und Staatsanwälte – anders strukturiert sind als beispielsweise bei Lehrern, Forst- oder Vermessungsbeamten. Wir sind bei diesem Thema, nachdem es auch die Haushaltsstrukturkommission beschlossen hat, für eine Prüfung offen. Man sollte aber sachgerecht die Vorund Nachteile abwägen. Insoweit will ich zunächst über

haupt nicht widersprechen, dass das Justizministerium hier gute Arbeit geleistet hat und auch eine gute Bilanz aufweist.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das ist absolut so.

Die Frage, die sich jetzt stellt, ist eine viel weiter gehende und andere, nämlich: Können wir das überhaupt auf andere Bereiche übertragen?

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Wieso nicht?)

Das ist die Frage, Herr Kollege.

Da haben wir natürlich teilweise andere Strukturen. Deshalb meinen wir, dass dort die Vor- und Nachteile einer Umwandlung sehr sorgsam gegeneinander abgewogen werden müssen. Ich will hierzu nur ein paar Gedanken als Fragen einbringen:

Haben wir bei anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung beispielsweise die gleiche Wettbewerbslage gegenüber anderen Ländern? Das ist eine Frage.

Die zweite Frage ist: Haben wir später die gleiche Übernahmequote für den öffentlichen Dienst wie bei den Juristen? Auch das ist eine Frage, die wir uns dabei stellen müssen.

Auch eine dritte Frage müssen wir uns stellen. Herr Kollege Theurer, ich denke, da haben Sie enge Kontakte. Das Wirtschaftsministerium sagt Nein. Es hält die Umwandlung im Bereich des Wirtschaftsministeriums nicht für sinnvoll. Wir sollten dem nachgehen, warum das Wirtschaftsministerium diese Auffassung vertritt.

Eine weitere Frage, die sich hierbei stellt, ist, ob wir uns, wenn wir umwandeln, möglicherweise subsidiär dem Arbeitsrecht und auch dem Tarifrecht aussetzen.

Das sind doch ungeklärte Fragen, die wir sorgsam abwägen sollten; denn ich glaube, es muss die richtige Lösung im Vordergrund stehen. Den Gedankenansatz, den Sie einbringen, möchte ich ausdrücklich unterstreichen. In Zeiten knapper Kassen müssen wir alles tun, um zu prüfen, wo wir den Haushalt konsolidieren können und wo wir im Grunde genommen ohne Nachteile für das Land Einsparungen erzielen können. Deshalb meinen wir, dass es darum geht, sorgsam abzuwägen.

Jetzt will ich noch ein Letztes in Bezug auf das Berufsbild von Juristen und Lehrern anfügen. Natürlich sind die Referendare drei Monate bei der Staatsanwaltschaft, wo sie Sitzungsvertretung machen. Jeder Jurist weiß das.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Bei den Gerichten auch, wertvolle Leistung!)

Auch bei den Gerichten. – Nur: Ich habe mir sagen lassen, dass zum Beispiel Lehrkräfte im zweiten Ausbildungsjahr vollschichtig mit einem bestimmten Deputat unterrichten, also eine Personalstelle ersetzen. Das ist natürlich – das müssen wir jetzt einmal alle sagen, die in diesem Beruf teilweise auch schon einmal Tauchstation gemacht haben –

(Abg. Hillebrand CDU: Tauchstation?)

bei den Juristen nicht in diesem Umfang der Fall. Ich denke deshalb, es geht darum – und das schlagen wir vor –, dass wir die Frage der Übernahmequoten prüfen, dass wir Bedarfsprognosen prüfen, die Art der Tätigkeit prüfen, Vorund Nachteile der Umwandlung gegeneinander abwägen und uns dann sehr sorgsam und auch unter Berücksichtigung der Interessenlage der Haushaltsstrukturkommission mit weiteren Überlegungen befassen. Wir sind da offen; das will ich bewusst sagen. Aber ich glaube, wir sollten nicht vorschnell handeln, sondern alle Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Theurer FDP/DVP: Da haben wir nichts dagegen!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Stickelberger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Justizministerin, Sie sehen mir sicher nach, dass ich Sie jetzt nicht auch noch lobe.

(Abg. Blenke CDU: Das hätte aber nichts gekos- tet!)

Sie sind von meinen beiden Vorrednern schon genug gelobt worden. Aber, Herr Theurer, Sie hatten ja auch ein Stück Wiedergutmachung zu leisten; das muss ich ja nicht.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Abg. Theurer FDP/DVP: „Muss ich nicht!“ Wieso?)

Zum Thema Ihrer Anfrage: Ich finde es gut, dass Sie nach den Einsparmöglichkeiten, die sich aufgrund der Umwandlung des Referendarverhältnisses ergeben haben, gefragt haben. Die Erkenntnisse sind okay. Wir finden das Ergebnis befriedigend.

(Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

Ja, sicher. – Allerdings sind wir auch sehr skeptisch, ob sich diese Erkenntnisse auf andere Ausbildungsverhältnisse übertragen lassen. In der Antwort klingt ja auch an, was das Kultusministerium dazu gesagt hat: Passt dieses Modell im Hinblick auf die Unterrichtsverpflichtung im zweiten Ausbildungsjahr? Herr Kollege Reinhart, Sie haben es angesprochen. In der Stellungnahme wird ja sogar davon gesprochen, dass man in diesen Fällen eventuell das Entgelt für die Ausbildungstätigkeit erhöhen müsste. All das sind offene Fragen.

Ich glaube, man sollte die einzelnen Ausbildungsbereiche sehr differenziert betrachten und dann für jedes Ausbildungsverhältnis auch die richtige Form finden.

Ein zweiter Punkt: Leider ist in der Stellungnahme nicht die Ausbildungssituation für den gehobenen Verwaltungsdienst angesprochen worden. Danach hatten Sie ja zunächst auch gefragt. Zu diesem Komplex wurde mit dem Hinweis, das sei ja im eigentlichen Sinne keine Monopolausbildung, keine Stellungnahme abgegeben und kein Zahlenmaterial vorgelegt. Das wäre natürlich schon interessant, denn gerade der gehobene Verwaltungsdienst stellt ja sehr viele Bedienstete im öffentlichen Dienst und trägt eigentlich breite Bereiche unserer Landesverwaltung. Da wäre es schon gut, zu überlegen, wie man dieses Ausbildungsverhältnis gestalten soll.

Damit bin ich eigentlich beim Kernpunkt, der uns bewegt: Personalpolitik, Herr Theurer, sollte man nicht vorrangig unter dem Gesichtspunkt von Einsparpotenzialen sehen, und vor allem sollte man sie nicht allein unter dem Aspekt sehen, im Bereich der Ausbildung Einsparpotenziale abzuleiten. Natürlich müssen wir auch im Bereich der Ausbildung sparen; keine Frage. Aber mir kommt der folgende Aspekt völlig zu kurz: Wohin geht denn die Ausbildung im Land Baden-Württemberg in diesen Ausbildungsgängen, die angesprochen worden sind? Welches Bild des Verwaltungsbeamten oder des dazu Ausgebildeten schwebt uns in Zukunft vor?

Der Herr Finanzminister hat heute Morgen in seiner Haushaltsrede ein Stellenabbauprogramm von 2 500 Stellen für die Jahre 2004 bis 2008 erwähnt. Wir bekommen über die Verwaltungsreform und über die dort vorgesehene Effizienzrendite einen weiteren Abbau von 4 000 Stellen. Die Frage, die uns bewegt, ist: Wie kann man den öffentlichen Dienst so attraktiv gestalten, dass er in Zukunft über gut ausgebildete, hoch motivierte Nachwuchskräfte verfügt? Das ist die entscheidende Frage, die sich uns stellt. Und da muss ich fragen – Frau Justizministerin, das ist keine Kritik, die sich in erster Linie an Sie richtet, sondern an die Landesregierung insgesamt –: Wo bleiben denn Ausbildungsund Personalkonzepte der Landesregierung für die Zukunft?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Zeller SPD: So ist es! Genau!)

Diese Konzepte fehlen völlig. Wir machen eine Verwaltungsreform. Wir machen NSI. Viele tausend Stellen stehen zur Disposition. Aber die Frage, wohin die Reise im Ausbildungswesen im öffentlichen Dienst geht, bleibt weitgehend unbeantwortet.

Herr Theurer, Sie und Ihre Fraktion verweisen immer auf gute Beispiele aus der freien Wirtschaft. Dort entwickelt man mittel- und langfristige Personalkonzepte, wie man Personal heranbildet, wie man rekrutiert, wie man ausbildet. Das fehlt uns in der Personalpolitik dieses Landes. Man springt von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr und hat dann eben Probleme, in einem Jahr noch Bewerber mit schlechten Noten einstellen zu müssen und in anderen Jahrgängen Bewerber mit guten Noten nicht mehr einstellen zu können.

(Abg. Zeller SPD: Richtig!)

Deshalb ist unsere Forderung: Prüfen wir das Ausbildungswesen doch nicht nur unter dem Gesichtspunkt von Einsparpotenzialen, sondern auch unter der Fragestellung: Wie können wir in Zukunft Nachwuchs so heranbilden, dass er den Herausforderungen einer modernen Verwaltung gewachsen ist?

(Beifall des Abg. Zeller SPD)

Die Ausbildungsverhältnisse, die hier angesprochen worden sind, betreffen ja im Wesentlichen Bedienstete, die anschließend in der öffentlichen Verwaltung und vor allem auch in der Schule tätig sind.

Ich meine, man sollte diesen Weg gehen: Wir müssen ein Leitbild entwickeln. Wie sieht der Bedienstete der Zukunft aus? Welche Chancen können wir bieten? Wie können wir