Protocol of the Session on October 29, 2003

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Glück.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Jetzt kommt die FDP-Position!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seien wir doch ganz ehrlich: Für Mitglieder einer Regierungskoalition gibt es natürlich bedeutend angenehmere Dinge, als Beschneidungen und Einschränkungen zu fordern.

(Abg. Wieser CDU: Beschneidung? – Abg. Ursula Haußmann SPD: Was wollen Sie denn beschnei- den?)

Aber die Kassenlage zwingt uns zu diesen unpopulären Maßnahmen. Dann liegt es auch wieder in der Verantwortung eben dieser Regierungskoalition, dazu zu stehen. Und das tun wir auch.

Meine Damen und Herren, ich will es heute Abend sehr kurz machen. Es sind keine neuen Argumente mehr eingeflossen außer einem, Herr Stickelberger: Ich habe heute Abend von Ihnen gehört, der Ministerpräsident liebe seine Beamten nicht. Ich glaube das zwar nicht; aber es war zumindest neu für mich.

(Abg. Capezzuto SPD: Das war nicht so überzeu- gend! Glauben Sie es, oder glauben Sie es nicht?)

Meine Damen und Herren, bei der ersten Lesung haben wir alle Argumente hin und her bereits ausgetauscht, und schon aus Gründen der Zeitökonomie möchte ich mir ersparen, das Ganze noch einmal zu wiederholen.

(Abg. Zimmermann CDU: Sehr gut! – Abg. Capez- zuto SPD: Also!)

Meine Damen und Herren, wir wissen: Es trifft einige hart,

(Abg. Capezzuto SPD: Einige? Tausende!)

wenn wir diese Maßnahmen beschließen müssen.

(Abg. Capezzuto SPD: Dann stimmen Sie uns doch zu!)

Das gilt vor allem für die unteren Besoldungsgruppen. Aber seien wir froh, dass wir – –

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Dann machen Sie es doch anders!)

Frau Haußmann, gerade eben habe ich Ihnen gesagt, dass die Kassenlage uns dazu zwingt, eben auch auf diesem Gebiet Einschränkungen vorzunehmen,

(Abg. Capezzuto SPD: Sie haben doch gehört: A 16!)

und Sie wissen auch, dass es viele andere Gebiete gibt, bei denen man das genauso tun muss.

Aber, meine Damen und Herren, lassen Sie mich mit einem Satz schließen: Seien wir froh, dass wir in Baden-Württemberg sind! Denn andere Länder sind gezwungen, noch viel einschneidendere Maßnahmen zu ergreifen,

(Abg. Zimmermann CDU: So ist es!)

als wir es hier in Baden-Württemberg machen müssen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Zimmermann CDU: Sehr gut! – Abg. Schmid SPD: Das Saarland macht gar nichts!)

Das Wort erhält Herr Abg. Oelmayer.

(Abg. Capezzuto SPD Jetzt sei aber vorsichtig! – Abg. Zimmermann CDU: Cross Border!)

Nein, jetzt nicht.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben ja in der ersten Lesung hier im Landtag das Thema eigentlich schon eingehend erörtert.

(Abg. Dr. Glück FDP/DVP: Richtig!)

Wir haben darüber hinaus im Ausschuss das Thema nochmals – auch anhand eines Änderungsantrags unserer Fraktion – diskutiert. Die sozialdemokratische Fraktion hat jetzt dankenswerterweise auch ihre Vorstellungen in einem Antrag präzisiert.

Weil es bei dem Thema, nämlich der Kürzung des Weihnachtsgelds und der Streichung des Urlaubsgelds bei Beamtinnen und Beamten des Landes – unter anderen auch gerade bei den hier anwesenden Beamtinnen und Beamten des Landes; ich meine nicht diejenigen, die hier im Parlament sitzen, sondern die, die uns oben auf der Tribüne zuhören –, doch sozusagen ans Eingemachte geht, gestatten Sie mir nochmals, die Überlegungen unserer Fraktion in Kürze darzustellen.

(Abg. Dr. Glück FDP/DVP: Klar! Die Opposition lässt sich nicht ausnehmen!)

Wir sind mit der Regierung und den Regierungsfraktionen der Auffassung, dass wir im Zusammenhang mit den Perso

nalausgaben im Landesetat in Anbetracht der Haushaltslage Kürzungen vornehmen müssen. Wir sind der Auffassung, dass diese Kürzungen so sozialverträglich wie möglich durchgeführt werden sollten. Wir sind auch der Auffassung, Kollege Scheffold, dass wir nur dann konstruktive Oppositionspolitik betreiben können, wenn wir auf der einen Seite sagen, wir wollen Kürzungen und Haushaltskonsolidierung, und auf der anderen Seite für unsere sozialverträgliche Lösung auch einen Vorschlag unterbreiten.

(Abg. Dr. Scheffold CDU: Da stimme ich zu!)

Diesen Vorschlag enthält unser Änderungsantrag zu Ihrem Gesetzentwurf. Ich darf kurz auf ihn eingehen.

Wir sagen erstens: Es ist nicht sozialverträglich, wenn der einfache und der mittlere Dienst unter den Kürzungen zu leiden haben, nämlich Menschen, die in der Regel jung sind, die am wenigsten verdienen, die sich in der Familiengründungsphase befinden, die die höchsten Ausgaben haben und die prozentual am stärksten von den Kürzungsmaßnahmen betroffen werden.

(Beifall bei den Grünen)

Dies wollen wir mit unserem Änderungsantrag an dem Gesetzentwurf der Landesregierung verändern, indem wir sagen: Die Besoldungsgruppen A 2 bis A 8 nehmen wir aus. Natürlich haben Sie Recht – das soll gar nicht bestritten sein –, dass die Kürzungen auch bei A 9 greifen. Aber wir haben uns in Abwägung der Haushaltssituation des Landes lange über die Frage unterhalten, wo wir den Schnitt machen. Wenn man sich die Besoldungsstufen anschaut – hier sind konkrete Zahlen genannt worden; ich will mir das jetzt hier sparen –, dann kann man nachvollziehen, dass wir zu der Auffassung gelangt sind, dass wir die Beamten bis einschließlich der Besoldungsgruppe A 8 in diese sozialverträgliche Lösung einbeziehen wollen.

Ein weiterer Punkt, der uns an Ihrem Vorschlag stört, ist: Wenn wir als Landtag diese Debatte führen und diese Entscheidungen zu treffen haben – das sind gewiss keine einfachen Entscheidungen, weil dahinter immer Menschen stehen, die engagiert und motiviert für das Land eintreten, ob in der Polizei, bei der Feuerwehr oder an sonstigen Stellen in der Landesverwaltung –, dann müssen wir diesen Menschen auch begründen können, warum wir dies tun. Wenn wir diese Debatte nun führen, dann wollen wir als Fraktion GRÜNE sie nicht jedes Jahr führen, sondern wir wollen Maßnahmen ergreifen und in die Besoldungsstruktur einziehen, die uns für längere Zeit eine Entlastung bei den Personalausgaben bringt.

Dann kann es nicht sein, Kollege Scheffold, dass wir die Sonderzuwendung, die Sonderzahlung wieder dadurch dynamisieren, dass wir sie quasi zwölfmal auf die einzelnen Gehaltszahlungen, auf die einzelnen Bezüge übertragen. Damit konterkarierten wir unseren eigenen Vorschlag. Ihr eigener Gesetzentwurf erledigt sich früher oder später von selbst, wenn die Sonderzahlungen an den künftigen Gehalts- und Besoldungsanpassungen teilhaben. Wir wollen den Menschen an dieser Stelle klar sagen: Es wird nicht möglich sein,

(Zuruf des Abg. Behringer CDU)

Kollege Behringer, diese Ausgaben in der Zukunft weiterhin in dieser Höhe in den Landesetat einzustellen. Deswegen sind wir gegen die Zwölftelung, die der Beamtenbund vorgeschlagen hat und die sich jetzt auch im Gesetzentwurf der Landesregierung wiederfindet. Wir wollen dies herausnehmen.

(Beifall bei den Grünen)

Ein weiterer Punkt, der noch erwähnt sein soll: Kollege Scheffold, Sie haben ja schon Recht.

(Abg. Dr. Scheffold CDU: So ist es!)

Auch wir und auch ich – das müssen Sie mir einfach abnehmen – diskutieren hier nicht freudig über Kürzungen von Besoldungsbezügen oder Pensionen. Aber als Mensch, der mitten in der Gesellschaft steht und der als Familienvater weiß, was Kinder kosten, darf ich das sagen: Heute Morgen haben wir vom Ministerpräsidenten gehört, dass wir ein familienfreundliches Baden-Württemberg anstreben sollen,

(Abg. Wieser CDU: Das wollen wir auch! – Ge- genruf des Abg. Capezzuto SPD: Wo denn?)

und zwar die Regierung und die sie tragenden Fraktionen allen voran. Dann muss aus unserer Sicht folgender Grundsatz gelten, meine Damen und Herren: Wenn man die Pensionslasten, die Pensionsausgaben für das Land – ich will das gar nicht „Lasten“ nennen;

(Abg. Wieser CDU: Pensionsansprüche!)

„Lasten“ ist schon ein Begriff, der negativ besetzt ist –, diese Rückstellungen für die Pensionen in den Landesetat einstellen würde, bewegte man sich bei 70 bis 80 Milliarden €.

(Abg. Wieser CDU: Und mit Krediten finanziert!)

Kollege Wieser, bei künftigen Maßnahmen – um eine solche handelt es sich jetzt –, bei denen es um die Frage geht, ob solche Kürzungen, solche Übertragungen und solche Dynamisierungen, wie Sie sie bei der Sonderzahlung vornehmen, in Zukunft ruhegehaltsfähig sein sollen, sagen wir: In Anbetracht der massiven Ausgaben, die auf uns zukommen, können wir als Verantwortliche und auch als verantwortliche Opposition diese Ausgaben so nicht mehr schultern. Wenn wir Ausgaben streichen müssen – da komme ich zum Punkt, da schließt sich der Kreis –, ist es immer sinnvoller, bei den Menschen zu streichen, die auf ihren Lebensabend zugehen, die in das Pensionärsalter eingetreten sind, als bei den Menschen, die noch etwas vorhaben, die noch etwas finanzieren müssen, die Familien gründen und das Geld dringend brauchen.