Protocol of the Session on October 29, 2003

Der dritte Grund für Bildungsgutscheine: Sie sind kombinierbar mit finanzieller Eigenbeteiligung. Für die Fraktion GRÜNE kann ich sagen: Auch wir sind dafür, dass es eine finanzielle Eigenbeteiligung gibt, wenn die Qualität des Studiums stimmt. Wir sehen nach einer ersten Phase des Studiums eine finanzielle Eigenbeteiligung vor und halten das für richtig. Wir werden demnächst den Nachweis erbringen, dass dies sozialverträglich möglich ist, dass es finanziell realistisch zu machen ist und dass die Eigenbeteiligung der Studierenden direkt für die Verbesserung der Lehre an den Hochschulen genutzt wird.

(Beifall bei den Grünen)

Eine kurze Bemerkung noch zum Hochschulrahmengesetz. Ich halte diese Debatte wirklich für eine Scheindebatte. Selbst Minister Frankenberg hat in vergangenen Diskussionen immer wieder darauf hingewiesen, dass finanzielle Eigenbeteiligung letztendlich in eine länderübergreifende Regelung münden muss, weil jede Regelung, die man in einem Land einführt, Konsequenzen für die anderen Länder haben wird. Eigentlich ist es egal, ob dies im HRG oder woanders geregelt wird. Wir brauchen überzeugende Konzepte, die wir am besten im Konsens mit anderen Ländern durchsetzen. Ich glaube, die Frage der Kompetenzverteilung ist in der Föderalismusreformkommission gut angesiedelt. Dort kann man diese Frage grundsätzlich klären und vielleicht einer schnellen Lösung zuführen.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, darf ich Sie bitten, zum Ende zu kommen. Ihre Redezeit ist weit überschritten.

(Zuruf von der CDU: Weit! – Abg. Dr. Caroli SPD: Sehr weit überschritten!)

Dafür war es aber so spannend.

Jedenfalls darf die Frage der Kompetenzklärung die Regierung nicht davon abhalten, sofort loszulegen und ein Konzept zu entwickeln. Auch da muss die Devise von heute Morgen gelten: Nicht nur von Reformen reden, sondern sie in Taten umsetzen. Wir Grünen sind gerne bereit, uns konstruktiv daran zu beteiligen und bei der Einführung von Bildungsgutscheinen behilflich zu sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Schüle.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf einige Aspekte der Vorstellungen der Grünen und danach auf Aussagen der SPD eingehen.

Frau Kollegin Bauer, Sie haben das Modell der Grünen in der Debatte als das hochwertigste bezeichnet. Ich glaube, dass das Modell der Grünen jedenfalls erheblich verbessert werden muss. Sie sagen, in der ersten Phase solle das Studium gebührenfrei sein, danach sollten irgendwann Studiengebühren kommen. Unklar ist, wann die erste Phase und wann die zweite Phase ist.

Nächster Punkt – das ist der Kern –: Den eigentlichen Wert, dass die Lehre und das Angebot an der Universität von Studentenseite und auch vonseiten der Universität an Aufmerksamkeit gewinnen und eine neue Kundenanbietersituation geschaffen wird, erreichen wir erst, wenn Studiengebühren eingeführt sind, weil dann jeder genau schaut, was wirklich geboten wird.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Da haben Sie aber nicht zugehört, Herr Kollege! – Zuruf von der SPD: Mit dem Muster kann man die Gesundheits- reform erklären!)

Dies wird in Ihrem Projekt leider nicht eingebracht. Sie haben zu Recht die Frage aufgeworfen, ob es möglich und richtig ist, mit den Studiengebühren den Anteil derjenigen Abiturienten, die zur Hochschule gehen, zu erhöhen. Dies ist erforderlich. Dieser Anteil beträgt in Deutschland 28 %. International liegen wir damit aber auf einem Platz im unteren Feld. Alle diejenigen Staaten, die schon längst Studiengebühren eingeführt haben, haben eine höhere Zugangsquote von den Schulen an die Hochschulen.

Das Zweite: Die „taz“ aus Berlin hat vor ungefähr einem Jahr unter der Überschrift „Studiengebühren sind nicht unsozial“ darauf hingewiesen, dass die jetzige Situation, in der wir in Deutschland keine Studiengebühren haben, dennoch dazu führt, dass das Einkommen der Eltern bei uns nach wie vor eine erhebliche Rolle spielt. Auf der anderen Seite gibt es gute Erfahrungen im Ausland, dass der Anteil der Studienanfänger auch mit Studiengebühren steigt. In Deutschland haben wir nach wie vor das Problem, dass die soziale Ausgewogenheit letztendlich nicht so befriedigend ist, wie wir es gerne hätten. Deswegen denke ich, Frau Kollegin Bauer, dass Sie bei diesem Modell noch nacharbeiten müssen.

Nun zur SPD. Die SPD hat sich hier auf den Standpunkt gestellt, es müsse eigentlich schon ein völlig klarer, gegliederter und in den Einzelheiten feststehender Gesetzentwurf vorliegen.

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Dazu kann ich nur sagen: Wer es, wie die SPD, mit verhindert hat, dass wir im Land Baden-Württemberg – wie in allen Ländern – überhaupt die Möglichkeit haben, Studiengebühren einzuführen, der kann sich jetzt nicht hier hinstellen und fragen: Wo ist eigentlich euer Gesetzentwurf?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der CDU: Sehr gut! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Natürlich! Es gibt jede Menge Modelle! Entschei- den Sie sich für eines! – Abg. Drexler SPD: Des- halb könnt ihr doch einen Entwurf vorlegen!)

Meine Damen und Herren, wir begrüßen es allerdings – und das ist ein Fortschritt in der Debatte in Baden-Württemberg; das möchte ich ausdrücklich festhalten –, dass die SPD heute gesagt hat – da nehmen wir Sie beim Wort –, sie werde sich dafür einsetzen – das ist wirklich positiv –, dass das Hochschulrahmengesetz entsprechend geändert wird.

(Abg. Drexler SPD: Das haben wir doch gemein- sam beschlossen! – Abg. Birzele SPD: Das können Sie nachlesen in unserem Antrag!)

Das ist ein Durchbruch, Herr Kollege Drexler, weil wir – das steht im Antrag drin; das bewerte ich ja gerade positiv, ausgesprochen positiv –, wenn Sie diese Änderung durchsetzen, hier in Baden-Württemberg mit der Mehrheit im Landtag ein entsprechendes Gesetz verabschieden können.

(Abg. Birzele SPD: Das können wir nur mit der CDU! – Glocke der Präsidentin)

Deswegen freuen wir uns über diese Entwicklung.

Herr Abg. Dr. Schüle, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Drexler?

Selbstverständlich.

Bitte sehr, Herr Abg. Drexler.

Herr Kollege, wissen Sie, dass nach der Föderalismusdiskussion in diesem Landtag eine Entschließung mit den Stimmen aller Fraktionen verabschiedet worden ist, die genau die Aufhebung dieser Mischfinanzierung als eines der Ziele formuliert hat?

Sie brauchen heute also nicht so besonders zu tun; Sie hätten bei dieser Debatte nur aufzupassen brauchen. Da haben alle Abgeordneten auf der rechten und der linken Seite und in der Mitte den Arm gestreckt. Das war vor einem halben Jahr.

(Abg. Pfisterer CDU: Das war die Theorie! – Abg. Pfister FDP/DVP: Jetzt kommen aber die Berliner! – Zuruf des Abg. Döpper CDU)

Schade, dass das halbe Jahr nicht genutzt wurde,

(Abg. Birzele SPD: Sie haben ja keine Ahnung!)

um diesen Vorschlag schon konkret in Berlin einzubringen.

(Abg. Birzele SPD: Dazu brauchen wir die CDU und zwei Drittel der Länder! Das ist eine Verfas- sungsänderung! – Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Wir werden Sie, Herr Drexler und Herr Birzele – und auch Frau Vogt –, daran messen, ob Sie das in Berlin durchset

zen, denn nur dann können wir es auch hier im Land durchsetzen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Carla Bregenzer SPD: Stimmt doch gar nicht! – Abg. Birzele SPD: Keine Ahnung!)

Meine Damen und Herren, die CDU hat seit zwei Monaten eine klare Position. Das heißt, die CDU ist ganz klar auf dem richtigen Kurs.

(Zurufe von der SPD – Unruhe)

Uns fällt auf, dass Sie zwar in die richtige Richtung gehen – das Hochschulrahmengesetz ändern –, aber kein eigenes Konzept hier eingebracht haben.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Haben Sie eines?)

Herr Drexler, Frau Vogt: Sie haben sich klar für nachlaufende Studiengebühren ausgesprochen. Warum stimmen Sie unserem Antrag nicht zu?

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Zweieinhalb Jahre Zeit gehabt! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Da kommt nichts! Gar nichts!)

Sie haben sich in der Presse klar geäußert. Sie haben sich hier nicht klar geäußert und sich außer mit Zwischenfragen nicht einmal an der Debatte beteiligt, haben keine Position zu dieser Frage bezogen. Weil Sie sich aber so klar geäußert haben und weil das mit unserem Antrag übereinstimmt, beantragen wir namentliche Abstimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Abg. Zimmermann CDU: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Birzele SPD)

Das Wort erhält Herr Minister Professor Dr. Frankenberg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die OECD-Studie „Education at a Glance“ führt die Hochschulausgaben verschiedener Länder, gerade auch der entwickelten Länder, im Vergleich vor. Danach liegen die Hochschulausgaben in der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich mit den staatlichen Hochschulausgaben der übrigen Industrieländer etwa im Mittelfeld. Die Hochschulausgaben in Baden-Württemberg liegen weit über den durchschnittlichen Hochschulausgaben der übrigen Bundesländer. Vergleichbare Ausgaben tätigt nur der Freistaat Bayern.

Wenn wir aber auf die Gesamtausgaben der entwickelten Länder für die Hochschulen schauen, und zwar nicht nur auf die staatlichen Ausgaben, so sehen wir, dass die Gesamtausgaben in vielen entwickelten Ländern deutlich höher sind als in der Bundesrepublik. Der Unterschiedsbetrag ist ganz einfach zu erklären: Er hat seine Ursache in den privaten Ausgaben für die Bildung – diese machen bis zu 50 % der Ausgaben für die Hochschulsysteme aus –, und diese Beträge fehlen unserem Hochschulsystem.