Das heißt, wir müssten eine Zielvereinbarung abschließen, eine Art von Vertrag, wenn Sie so wollen, zwischen dem Landtag von Baden-Württemberg, dem Wissenschaftsministerium und der Hochschule, in dem diese Frage im Sinne von Ziffer 8 der Stellungnahme zu Abschnitt I des Antrags gelöst wird.
Ich muss leider auf die Uhr schauen. – Ich will noch einen wichtigen Punkt hinzufügen, weshalb ich außerdem für Studiengebühren bin: Ich glaube, dass Studiengebühren auch ein wirksamer Schritt in Richtung Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung sein können.
Ich behaupte nach wie vor, dass wir bis zum heutigen Tag keine Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung haben. Ich glaube, dass die berufliche Bildung Nachholbedarf hat. Sie ersehen das ja daran, dass wir zwar jetzt ein schmales Meister-BAföG geschaffen haben, dass aber 70, 80 % aller Studierenden ihren Meisterlehrgang im Grunde aus eigener Tasche bezahlen. Das halte ich gegenüber einer akademischen Ausbildung für ungerecht – jedenfalls dann, wenn man die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung will.
Es gibt also eine ganze Reihe von Gründen, die für die Einführung solcher nachlaufenden Studiengebühren – weil sozialverträglich – sprechen. Voraussetzung wäre natürlich, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen sind.
Jetzt komme ich zum Anfang meiner Rede zurück: Sie sind nicht geschaffen. Wir haben das Hochschulrahmengesetz. Also, warum sollen wir uns noch länger darüber unterhalten? Es liegt jetzt an Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD – selbstverständlich nicht heute, sondern irgendwann –, zu entscheiden, ob Sie sich von diesen Argumenten überzeugen lassen.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Bringen Sie zuerst ein gescheites Konzept auf den Tisch! Dann re- den wir weiter!)
Es wird dann natürlich an Ihnen liegen, auch Ihre Kolleginnen und Kollegen in Berlin davon zu überzeugen. Vielleicht gelingt es dem Kollegen Drexler in der Föderalismuskommission, eine Änderung zu erreichen.
Wenn diese Entscheidung gefallen wäre, wenn diese Hürde des Hochschulrahmengesetzes wirklich genommen wäre, dann käme allerdings der Zeitpunkt, zu dem wir uns sehr intensiv und sehr genau mit Detailfragen beschäftigen müssten, wie das im Einzelnen zu funktionieren hat. Das betrifft beispielsweise Fragen, ab welchem Einkommen Gebühren gezahlt werden müssen und wie das technisch abläuft.
Aber der erste Schritt – und aus dieser Verantwortung werde ich Sie nicht entlassen – muss von denjenigen kommen, die bisher Studiengebühren abgelehnt haben. Sie müssen dafür sorgen, dass der Weg für allgemeine Studiengebühren frei gemacht wird.
Nein, ich komme zum Ende und sage Ihnen noch einmal: Es liegt an Ihnen, Frau Kollegin Bregenzer, jetzt dafür zu sorgen, dass dieser erste Schritt, nämlich Abschaffung des Hochschulrahmengesetzes, gemacht wird. Dann kommen die nächsten Schritte, zu denen wir gerne bereit sind.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Da haben sich ja die Regierungsfraktionen wirklich einen ominösen Antrag ausgedacht und heute eingebracht.
In der Substanz bietet dieser Antrag nichts wirklich Neues im Vergleich zu der Debatte, die wir vor vier Wochen hier
in diesem Haus geführt haben. Nach wie vor ist keinerlei Konkretisierung zu finden, wie das Modell der Studiengebühren aussehen soll, das sich die Regierungsfraktionen wünschen. Nach wie vor ist nicht erklärt, wie Sozialverträglichkeit wirklich garantiert werden soll.
(Abg. Pfister FDP/DVP: Doch! Er hat einige Hin- weise gegeben! – Gegenruf des Abg. Birzele SPD: Ausrechnen! – Gegenruf des Abg. Pfister FDP/ DVP: Das soll er machen und nicht ich! – Gegenruf des Abg. Birzele SPD: 100 Millionen streichen und 100 Millionen kassieren!)
Ich komme gleich auf ein paar Punkte zu sprechen. – Eines aber ist an diesem ominösen Antrag wirklich neu: Die Mehrheit des Landtags soll heute beschließen, dass sich alle vier Fraktionen auf Partei- und Bundesebene für den Wegfall des Verbots von allgemeinen Studiengebühren einsetzen sollen.
Das hat wirklich eine neue Qualität. Offensichtlich ist es die Handschrift unseres Ministerpräsidenten Teufel, die sich da schon durchsetzt. Er hat ja heute Morgen schon einmal angeboten, der Opposition im Parlament den Griffel zu führen.
Für meine Fraktion kann ich Ihnen sagen: Wir lehnen dankend ab. Wir haben eine selbstständige Position zum Thema Hochschulfinanzierung entwickelt und werden Ihnen jetzt das konkreteste Modell vorlegen – das, was Sie seit 1982, wie vorhin angeführt, nicht zuwege gebracht haben. Ich werde Ihnen heute zeigen, warum zur Reform der Hochschulfinanzierung das Modell der Grünen, nämlich das Modell der Bildungsgutscheine, die bessere Antwort ist als allgemeine und auch als nachlaufende Studiengebühren.
Zunächst einmal drei Gründe, warum Ihre nebulösen Vorstellungen zu den nachlaufenden Studiengebühren mich bislang nicht überzeugen.
Sie nennen keine Zahlen. Sie sagen in Ihrem Antrag nichts Konkretes über die Höhe der Eigenbeteiligung. Sie sagen deshalb auch nichts darüber, ob die finanzielle Gesamtbelastung der Eigenbeteiligung am Ende überschaubar bleibt oder zusammen mit den Kosten, die ja durch Rückzahlung des BAföG entstehen, zu einem unkalkulierbaren Schuldenberg führt. Genauso mogeln Sie sich um die Aussagen über die nachlaufende Finanzierung in Abhängigkeit vom tatsächlichen Einkommen herum. Welche Einkommenshöhe wollen Sie denn zugrunde legen?
Gibt es eine staatliche Finanzierung für diejenigen, die eine bestimmte Einkommenshöhe nicht erreichen, und wer soll das gegebenenfalls bezahlen?
Sie sprechen – Herr Pfisterer hat es eben ganz konkret genannt – von kreditierten Gebühren, wollen also eine Kreditfinanzierung Ihres Modells. Da möchte ich gern wissen: Welche Bank lässt sich denn auf ein solches Geschäft ein? Haben Sie schon irgendwelche Gespräche geführt, und können Sie sagen, für welche Bank das attraktiv sein soll? Welche Sicherheiten will die Bank dafür sehen? Welche Zinsen fallen dafür an? Wer soll die Bürgschaften übernehmen? Wie viel soll das kosten? Und wer treibt in einem solchen Modell das Geld von den Studienabsolventen ein? All das ist nicht klar. Solange das nicht klar ist, kann man auch nicht von einem konkreten Studiengebührenmodell reden.
Zweiter Punkt: Sie sagen nicht, wie Sie mehr Akademiker und Akademikerinnen ausbilden wollen und wie Sie mehr befähigte Menschen aus sozial schwachen Schichten gewinnen wollen. Genau das ist aber notwendig. Deshalb wollen wir vonseiten der Grünen, dass die Eingangsphase des Studiums auch künftig frei von finanzieller Eigenbeteiligung bleibt. Die Aufnahme eines Studiums darf nicht durch finanzielle Hürden erschwert werden.
(Abg. Pfister FDP/DVP: Richtig! Völlig einver- standen! – Abg. Pfisterer CDU: Das will ja auch keiner! Das geht in vielen Ländern so!)
Dritter Punkt – und das ist ganz wichtig –: Nachlaufende Studiengebühren setzen keine gezielten Anreize für Hochschulen zur Verbesserung der Lehre. Sie sind ein stumpfes Schwert, eine stumpfe Waffe in Bezug auf die Lehre.
Denn die nachlaufenden Studiengebühren schwächen zunächst einmal den Einfluss der Studierenden. Ihr finanzielles Gewicht entfalten sie nämlich erst dann, wenn die Studierenden schon lange von der Hochschule weg sind. Deswegen wird kein direkter Anreiz geschaffen, um in die Lehre zu investieren.
Meine Damen und Herren, das Grünen-Modell der Bildungsgutscheine dagegen erweist sich in all diesen Punkten allgemeinen Studiengebühren haushoch überlegen. Ich will Ihnen drei Gründe dafür nennen.
Erstens: Der Bildungsgutschein stärkt die Selbstständigkeit von Studierenden. Das Prinzip ist: Staatliches Geld folgt Studierenden. Der Bildungsgutschein schärft also zunächst einmal das Bewusstsein dafür, dass öffentliche Mittel nicht unendlich sind, dass Studierende sie verantwortlich einsetzen müssen und effizient mit öffentlichen Mitteln umgehen müssen.
Er gibt ihnen gleichzeitig mehr Freiheit als bisher für ihre individuellen Lebenslagen, für ein individuelles Tempo beim Studieren und für Teilzeitstudium. Damit fördern wir Eigenständigkeit und Verantwortlichkeit im Sinne einer solidarischen Bürgergesellschaft.
Zweitens: Der Bildungsgutschein stärkt die Lehre, denn er steuert die staatliche Hochschulfinanzierung um. Die staatliche Finanzierung erfolgt für die Hochschulen direkt in Abhängigkeit von der studentischen Nachfrage. Die Studierenden beeinflussen die Finanzierung von Hochschulen durch ihre Entscheidung für einen Studienort und für ein Fach. Dadurch wird staatliches Geld an die Hochschulen in einer anderen Weise verteilt als bislang, und das ab dem ersten Semester. Studierende bekommen so einen neuen Status. Sie werden zu Akteuren an der Hochschule, und der Wettbewerb um Studierende sorgt zum ersten Mal gezielt für eine Aufwertung der Lehre.
Der dritte Grund für Bildungsgutscheine: Sie sind kombinierbar mit finanzieller Eigenbeteiligung. Für die Fraktion GRÜNE kann ich sagen: Auch wir sind dafür, dass es eine finanzielle Eigenbeteiligung gibt, wenn die Qualität des Studiums stimmt. Wir sehen nach einer ersten Phase des Studiums eine finanzielle Eigenbeteiligung vor und halten das für richtig. Wir werden demnächst den Nachweis erbringen, dass dies sozialverträglich möglich ist, dass es finanziell realistisch zu machen ist und dass die Eigenbeteiligung der Studierenden direkt für die Verbesserung der Lehre an den Hochschulen genutzt wird.