Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Mittelpunkt des Antrags der CDU- und der FDP/DVP-Fraktion steht die Forderung nach Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen, um in unserem Land sozialverträgliche Studiengebühren einzuführen.
Wir debattieren damit heute über ein Kernthema der Hochschulpolitik. Die öffentliche Debatte fokussiert sich in diesem Zusammenhang oft auf ein wichtiges Ziel bei der Einführung von sozialverträglichen Studiengebühren, nämlich die Mobilisierung einer höheren Finanzsumme für den Hochschulsektor.
Natürlich ist das ein wichtiges Ziel, zu dem wir uns klar bekennen. Aber es wäre eine viel zu oberflächliche Betrachtungsweise, in Studiengebühren lediglich eine Möglichkeit für unsere Hochschulen zu sehen, um zu der benötigten besseren Finanzausstattung zu kommen. Sinn und Zweck von Studiengebühren gehen tiefer. Auf vier Punkte gehe ich ein.
Erstens: Durch die Einführung von Studiengebühren steigern wir das Interesse am konkreten Forschungs- und Lehrangebot an den Hochschulen, und zwar von zwei Seiten: Studentinnen und Studenten, die Studiengebühren zu entrichten haben, werden zukünftig in einem ganz anderen Maß Leistungen von der Universität einfordern, und dies gilt ganz besonders für den Bereich der Lehre. Die Hochschule und die Dozenten wiederum haben ein erstrangiges
Interesse daran, das Lehr- und Forschungsangebot für die Studierenden so attraktiv wie möglich zu gestalten, weil die Mittelvergabe die Anzahl der Studentinnen und Studenten mit berücksichtigt.
Zweitens: Studiengebühren reduzieren die Kosten für ein Studium. Ein Hochschulstudium in Deutschland ist im Augenblick im internationalen Vergleich im Durchschnitt am teuersten. Ein Studium bei uns kostet im Durchschnitt 15 000 € mehr. Dies liegt auch und in besonderem Maß an der Länge der Studienzeiten. Mit den Studiengebühren tragen wir also auch zu einem bewussteren Umgang mit dem Studium und einer Verkürzung von Studienzeiten bei.
Drittens: Studiengebühren sind inzwischen internationaler Standard. Dass die Einführung von Studiengebühren bei uns dringlicher denn je ist, zeigt die internationale Entwicklung. In fast allen mit Deutschland vergleichbaren Staaten sind Studiengebühren Standard, gepaart mit einem ausgeprägten Stipendienwesen. Deshalb ist die Einführung von Studiengebühren auch ein entscheidender Schritt, wenn wir uns am Bau eines europäischen Hochschulraums vollwertig beteiligen wollen und international vernetzt sein wollen.
Viertens: Wir wollen sozialverträgliche Studiengebühren. In der öffentlichen Diskussion spielt die Frage, ob Studiengebühren sozial oder nicht sozial sind, eine wichtige Rolle, und dies zu Recht. Klar ist: Das Modell für Studiengebühren muss sozialverträglich ausgestaltet sein. Oberstes Ziel im Rahmen dieser Überlegungen muss sein, dass der Zugang zu Hochschulen weiterhin von der wirtschaftlichen und sozialen Situation der Eltern eines Studierenden unabhängig bleiben muss.
Es kommt daher entscheidend auf die konkrete Ausgestaltung des Studiengebührenmodells an. Deshalb steht das Modell der nachlaufenden Studiengebühren zu Recht im Mittelpunkt der Diskussion, weil Studiengebühren nach diesem Modell nur von demjenigen verlangt werden, der nach Beendigung seines Studiums einen Beruf mit einem gewissen Einkommen hat.
Jetzt zu der politischen Frage, was zu tun ist, um Studiengebühren in unserem Land durchzusetzen. Wir freuen uns, dass wir gemeinsam mit der FDP/DVP den vorliegenden Antrag Drucksache 13/2519 stellen konnten.
Die Grünen haben sich konstruktiv auf einen anderen Weg begeben und ein eigenes Modell mit Bildungsgutscheinen in die Debatte eingeführt, das uns im Ergebnis allerdings noch nicht überzeugt.
Das größte Manko aus unserer Sicht ist, dass eine Eigenbeteiligung der Studierenden nicht direkt von Anfang an erhoben werden soll.
Wir erwarten aber von der SPD – vor allem nach den klaren Äußerungen ihrer Landesvorsitzenden vor gut einer Woche –, dass sie unser Konzept sozialverträglicher Studiengebühren klar befürwortet und unseren Antrag unterstützt.
(Beifall bei der CDU und des Abg. Pfister FDP/ DVP – Abg. Pfisterer CDU: Darauf sind wir ge- spannt! – Zurufe von der SPD)
Warum sollte es zum Beispiel nicht möglich sein, Leuten, die nach einem Studium erfolgreich sind, rückwirkend eine Leistung für ihren gebührenfreien Besuch der Universität abzufordern?
(Abg. Pfister FDP/DVP: Wer sagt das? – Abg. Pfisterer CDU: Wer war das gerade? Vogt? Von welcher Partei?)
Das ist nichts anderes als das Kernmodell nachlaufender Studiengebühren, das wir schon jahrelang fordern.
(Abg. Pfisterer CDU: Dafür kriegen wir heute im Parlament eine breite Zustimmung! – Abg. Drexler SPD: Wir sind doch hier nicht beim Ministerpräsi- denten! – Weitere Zurufe)
Von Frau Vogt erwarten wir, dass sie umgehend dafür sorgt, dass das Hochschulrahmengesetz so geändert wird, dass wir Studiengebühren einführen können.
Die Ankündigung in der Zeitung ist das eine, aber die Taten und das Umsetzen in Berlin sind für uns entscheidend.
Von Ihnen, Herr Drexler, haben wir gelesen, dass Sie eigentlich schon immer für Studiengebühren gewesen seien.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Pfiste- rer CDU: Immer nur heimlich! – Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Drexler: Wir können diskutieren!)
Wir gehen davon aus, dass Sie Ihre gesammelten Kräfte nun nutzen, damit Sie in Berlin eine Änderung des Hochschulrahmengesetzes erreichen, und ein eigenständiges Konzept vorlegen, Herr Drexler.
Herr Kollege, sind Sie der Auffassung, dass, wenn ein Fraktionsvorsitzender eine Meinung hat, die Fraktion immer das tut, was der Fraktionsvorsitzende gerade will? Ist das Ihre Auffassung von demokratischer Mitwirkung?
Herr Fraktionsvorsitzender Drexler, ich gehe davon aus, dass Ihre Autorität so groß ist, dass Sie die SPD-Fraktion endlich auf den richtigen Kurs bringen.
Wir erwarten von Ihnen, Herr Drexler, dass Sie nicht nur in Interviews klar Stellung nehmen und nicht nur Fragen an die Regierung stellen, sondern dass Sie heute hier im Parlament Ihr eigenständiges Konzept vertreten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Von einem Streit in der SPD kann überhaupt keine Rede sein. Frau Vogt hat ihre persönliche Meinung geäußert, und Herr Drexler hat auch seine persönliche Meinung geäußert. Das haben beide betont, und das ist ihr gutes Recht. Auch unter Abgeordneten gilt das Recht der freien Meinungsäußerung. Denn anders, als es bei der Landes-CDU manchmal der Fall ist, gilt bei uns nicht das Motto: „L’état, c’est moi – Der Staat bin ich.“ Bei uns wird bei einem so wichtigen Thema ausführlich und intensiv diskutiert. Das ist das Thema Studiengebühren auch wert.
(Beifall bei der SPD – Abg. Pfisterer CDU: Ist das Ihre private Meinung? Wo ist die Parteimeinung? Gibt es keine?)