Herr Drexler, Herr Kollege Fraktionsvorsitzender der SPD, Sie haben schon bessere Tage gehabt als heute.
(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Ich ha- be einen sehr guten Tag gehabt! – Abg. Döpper CDU: Zu großes Lob!)
(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Gall SPD: Was? Das ist Ihr Problem, die Regie- rungserklärung!)
(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Zeitungen lese ich selber, Herr Ministerpräsident! – Gegenruf des Abg. Rüeck CDU: Aber ihr sollt etwas daraus ler- nen! – Abg. Drexler SPD: Aber nicht alle! – Weite- re Zurufe – Unruhe)
(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP – Abg. Pfisterer CDU: Ein Voll- treffer war das!)
Nun bin ich allerdings gezwungen, doch auf einige der vielen, vielen Punkte, die Sie angesprochen haben – sie betreffen fast ausschließlich Berliner Politik –, einzugehen.
Der erste Punkt: Kollege Drexler sagt, unter der Regierung Kohl hätten wir nichts gegen den Länderfinanzausgleich gesagt.
Er sagt das wider besseres Wissen, denn wir haben unsere Klage natürlich beim Bundesverfassungsgericht eingereicht,
Sie greifen die Haltung der Landesregierung gegenüber der Steuerreform auf Bundesebene an. Auch der Kollege Kretschmann hat das im Anschluss an Sie getan. Deswegen möchte ich Ihnen einmal unsere Position dazu sagen und sie in drei Teile aufgliedern.
Der erste Teil: Ich habe es für einen kardinalen Fehler gehalten, dass die für den 1. Januar dieses Jahres geplante Steuerentlastungsstufe für den Mittelstand und für die Arbeitnehmer um ein Jahr verschoben worden ist.
Damit haben Sie ein wichtiges Instrument aus der Hand gegeben, um wirklich in die Abwärtsspirale eingreifen zu können. Die Stagnation bedeutet steigende Arbeitslosigkeit, Investitionsschwäche, Rückgang des Umsatzes im Einzelhandel. Sie haben auf die Möglichkeit, hier einzugreifen, verzichtet.
Ich sage das nicht hinterdrein. Ich habe das rechtzeitig vor einem Jahr, vor der Verabschiedung, gesagt, und ich habe einen anderen Finanzierungsvorschlag gemacht. Ich habe den Finanzierungsvorschlag gemacht: Im Bundeshaushalt standen 4 Milliarden € von der Bundesbank, und es sind 11,4 Milliarden € gekommen. Wir hatten nicht nur diese völlig unerwarteten Mehrbeträge in Milliardenhöhe zum Ausgleich der Hochwasserschäden an der Oder, sondern wir hatten eine ganz und gar unverhoffte Mehreinnahme im gleichen Bundeshaushalt, im gleichen Jahr, in gleicher Höhe. Die hätte man zur Finanzierung nehmen können.
Das hat man nicht gemacht. Jetzt spricht die Bundesregierung davon, dass sie Gold der Bundesbank verkaufen möchte, um Bundesaufgaben erledigen zu können.
Zweiter Teil: Ich habe mich, acht Wochen bevor die Bundesregierung getagt und den Vorschlag gemacht hat, man solle die nächste Stufe der Steuerreform, die zum 1. Januar 2005 geplant ist, vorziehen, für ein Vorziehen der Steuerreform ausgesprochen, und zwar aus genau den gleichen Gründen, wie ich sie gerade angesprochen habe. Aber ich habe das immer konditioniert und habe gesagt: Man kann ein Vorziehen der Steuerreform nicht vollständig über eine Verschuldung tragen,
sondern es ist nur ein Teil zusätzlicher Verschuldung zu vertreten, weil zwar durch das Vorziehen der Steuerreform die Kaufkraft und die Investitionskraft gestärkt werden und dadurch auch wieder mehr Steuereinnahmen hereinkommen, aber nicht Mehreinnahmen in Höhe von 100 %, sondern nur in Höhe eines Teilbetrags; die Schätzung von ei
nem Viertel ist sicherlich gar nicht schlecht gegriffen. Deshalb ist es unmöglich, die Steuerreform vollständig über Verschuldung zu finanzieren.
Zweitens ist es unmöglich, auf der einen Seite die Bürger und die Wirtschaft zu entlasten und gleichzeitig, in einem Akt, die Bürger und die Wirtschaft an anderer Stelle mit höheren Steuern oder mit dem Streichen von Steuervergünstigungen wieder zu belasten.
Ich habe es immer eine Volksverdummung genannt, wenn man dem Bürger Geld in die linke Tasche schiebt und ihm oder der Wirtschaft den gleichen Betrag aus der rechten Tasche wieder herauszieht.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Göschel SPD: Wenn man das für die Kommunen macht, ist es Kommunenverdummung!)
Meine Damen und Herren, bleibt dann keine Finanzierungsmöglichkeit mehr übrig? Doch: Wir haben hier in diesem Land auf der Ausgabenseite des Haushalts 1 Milliarde € gestrichen. Der Bund würde in seinem Bundeshaushalt auch echte Einsparmöglichkeiten für eine Gegenfinanzierung der Steuerreform finden, und dann bin ich für ein Vorziehen der Steuerreform, weil ich glaube, sie ist notwendig, wenn wir wieder wirtschaftliches Wachstum haben wollen.