Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft hat in verschiedenen Studien den baden-württembergischen Universitäten und Hochschulen führende Plätze zugewiesen. Qualität durch mehr Autonomie, Qualität durch mehr Wettbewerb, das, meine Damen und Herren, sind urliberale Motive. Ich kann Ihnen sagen, wir werden diese Erfolge nicht als Ruhekissen nutzen, sondern es wird – ganz im Gegenteil – zum 1. Januar 2005 eine Fortführung dieser Hochschulreform geben. Der Ministerpräsident kann sich darauf verlassen, dass wir genau das tun, was er fordert, nämlich staatliche Vorgaben auf das notwendige Mindestmaß zurückzuführen, die Autonomie der Hochschulen mutig zu stärken und sich auf die hochschulübergreifende Steuerung zu beschränken. Genau das ist der richtige Weg.
Ich sage allerdings – schade, dass der Herr Wissenschaftsminister nicht da ist; aber ich sage es auch so –: Wer zur Autonomie der Hochschulen Ja sagt, der muss auch Ja sagen zu einer Verschlankung der Wissenschaftsbürokratie. Beide Dinge gehören untrennbar zusammen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und des Abg. Seimetz CDU – Abg. Kretschmann GRÜNE: Wem sagen Sie das? Sie sind doch an der Regie- rung! – Abg. Stickelberger SPD: „Mea culpa“!)
Warten Sie ab, Herr Kollege Kretschmann. Sie dürfen davon ausgehen, dass ich das, was ich hier gesagt habe, auch so meine, wie ich es gesagt habe, und dass ich alles tun werde, um die Wissenschaftsbürokratie in dieser Größenordnung ein Stück weit zurückzufahren. Das müssen wir dringend tun.
Wir brauchen nicht nur gute Plätze bei den Hochschulrankings – der Ministerpräsident hat davon gesprochen: erste Plätze mit hervorragenden Noten –, sondern wir brauchen auch noch mehr Wettbewerb.
Ich will Ihnen sagen, dass ich überhaupt nicht mit der Diskussion einverstanden bin, die wir im Zusammenhang mit der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen geführt haben. Ich sage, diese Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen ist ein bürokratisches Monstrum. Es muss so schnell wie möglich im Papierkorb verschwinden. Ich will nicht, dass durch bürokratische Monstren Studierende zugewiesen werden, dass sie von Passau nach Hamburg verschickt werden und umgekehrt. Ich will eine Situation, in der wir den Hochschulen die Möglichkeit geben, sich die Studierenden selbst auszusuchen, und möchte im Gegenzug den Studierenden die Möglichkeit geben, sich die Hochschule ihrer Wahl auszusuchen. Das ist liberaler und letzten Endes auch effizienter, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Zum Thema Studiengebühren: Liebe, verehrte Frau Ute Vogt: „Welcome to the Club!“, kann ich hier nur sagen.
Wenn sich bei der SPD jetzt ein Umdenken andeutet, dann soll es mir recht sein, denn bisher haben Sie die Möglichkeit einer Einführung von Studiengebühren blockiert, weil sie wegen des Hochschulrahmengesetzes nicht möglich war. Aber, wie gesagt: Willkommen im Klub!
Ich persönlich meine, wir sollten den Ländern nicht vorschreiben, Studiengebühren einzuführen. Das ist nicht der Punkt. Jedes Land kann tun und lassen, was es will. Aber diese Gängelung der Länder durch ein Hochschulrahmengesetz, in dem den Ländern vorgeschrieben oder verboten wird, dieses oder jenes zu tun, muss so schnell wie möglich verschwinden. Ich fordere Ute Vogt auf, bei ihrem Verein, bei den roten Brüdern und Schwestern, und auch bei den grünen Schwestern und Brüdern in Berlin dafür zu sorgen, dass dieses komische Gesetz endlich verschwindet.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Stickelberger SPD: Wir sind kein Verein, sondern eine Partei! Sie sind auch kein Verein! – Abg. Kretschmann GRÜNE: Wir wissen schon selbst, was wir tun müssen! – Weitere Zuru- fe)
Wissenschaft und Forschung als Motor gesellschaftlicher Entwicklung – ich möchte es anders formulieren und sage: Der Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg ist letzten Endes die Voraussetzung für einen Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg.
Es ist kein Zufall, meine Damen und Herren, dass wir in Baden-Württemberg die geringste Arbeitslosenzahl haben. Sie ist bei uns geringer als in Bayern. Das ist kein Zufall. Das hängt damit zusammen, dass wir in Baden-Württemberg sehr viel für die Förderung von Forschung und die Förderung neuer Technologien tun. Wir sind das Technologieland Nummer 1, das Land, das beim Bundespatentamt in München die meisten Patentanmeldungen zu verzeichnen hat. Wir sind das Exportland Nummer 1. Dieser Status, Exportland Nummer 1 zu sein, fällt übrigens nicht vom Himmel; auch dafür muss man etwas tun. Ich finde, dass die Außenwirtschaftspolitik des Landes und auch die Politik der Gesellschaft für internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit, der GWZ, ganz ausgezeichnet sind.
Wir sollten alles tun, damit die Außenwirtschaftspolitik des Landes und die Politik der GWZ auch in Zukunft erfolgreich sind; denn auf diese Art und Weise können wir unseren Status als Exportland Nummer 1 halten und damit natürlich auch viele Arbeitsplätze im Land Baden-Württemberg erhalten.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Kretschmann GRÜNE: Der Döring muss noch mehr reisen, dann geht es dem Land noch besser! – Heiterkeit des Mi- nisters Dr. Döring)
Wir sind das Technologieland Nummer 1, besser als die Bayern. Wir sind das Exportland Nummer 1, besser als die Bayern. Wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit und sind auch da besser als die Bayern. Ich füge hinzu: Jeder Tag, an dem Baden-Württemberg besser ist als Bayern, ist ein guter Tag für unser Land, meine Damen und Herren.
Wir haben in der Schulpolitik die Situation, dass die GEWBundesvorsitzende, Frau Stange, sagt, kein Land tue so viel für die Unterrichtsversorgung wie das Land Baden-Württemberg. Sie hat natürlich Recht. Wir bleiben dabei, wie versprochen, dass in dieser Legislaturperiode 5 500 Lehrerstellen geschaffen werden. Dabei bleibt es in dieser Legislaturperiode. Das ist ein riesiger finanzieller Kraftakt, aber solange die Schülerzahlen noch ansteigen, ist diese Maßnahme absolut gerechtfertigt. Wir machen viel, und zwar sowohl quantitativ als auch qualitativ: Fremdsprachen an den Grundschulen, Oberstufenreform, Stärkung der Kernfächer und damit auch Verbesserung der Studierfähigkeit. Wir beginnen in diesem Schuljahr mit der Stärkung der ökonomischen Bildung bereits ab Klasse 5, wir haben durch die Einführung von Praxissemestern die Lehrerbildung neu geordnet, und die FDP/DVP war lange Zeit die einzige Fraktion und die FDP lange Zeit die einzige Partei, die eine Verkürzung der Erstausbildungszeiten gefordert hat. Junge Leute müssen die Möglichkeit haben, früher in das Berufsleben einzusteigen. Das ist bildungspolitisch vernünftig. Das ist aber auch ein Beitrag für eine angemessene Altersversorgung.
Meine Damen und Herren, bevor ich über die Stellschraube, ob man erst mit 67 in Rente gehen soll, nachdenke, den
ke ich lieber über die Frage nach, ob es möglich ist, dass unsere jungen Leute schneller in das Berufsleben hineinkommen. Denn dies scheint mir der richtigere Weg zu sein.
Deswegen gibt es in Baden-Württemberg eine flexiblere, eine schnellere, eine frühere Einschulung; das kann dazu beitragen, dass junge Leute schneller in das Berufsleben kommen. Deshalb wird es ab dem nächsten Jahr ein achtjähriges Gymnasium geben. Deshalb werden wir die Eigenständigkeit unserer Schulen in pädagogischer und organisatorischer Hinsicht weiter stärken. Wir werden aber auch die Verwaltungsreform als eine Möglichkeit nutzen, den Schulen weitere Aufgaben zur eigenständigen Erledigung zu übertragen. Schließlich werden wir die Schulverwaltung verschlanken mit der Zielrichtung, in der Zukunft bei den Landkreisen statt klassischer Schulverwaltung pädagogische Dienstleistungszentren zu etablieren.
Meine Damen und Herren, kinderfreundliches Baden-Württemberg heißt: mehr Betreuungsangebote rund um die Grundschule, ergänzende Betreuungsangebote an Hauptschulen, Erhalt der Jugendsozialarbeit auf dem Stand des Jahres 2003 – um auch das richtig zu stellen –, mehr Ganztagsangebote an Hauptschulen.
Dann ist die PISA-Studie angesprochen worden. Natürlich stimmt es, dass wir im nationalen Vergleich gut dastehen. Aber das ist natürlich noch kein Grund dafür, mit allem zufrieden zu sein. Wenn Sie sich die PISA-Studie ansehen, fällt Ihnen auf, dass es einen Punkt gibt, der auch in BadenWürttemberg beachtet werden muss: Wir müssen die Bildungschancen insbesondere der Kinder verbessern, die einen Migrationshintergrund haben. Das ist die Frage des Kindergartens. Jetzt bitte ich Sie, in dieser Frage doch einigermaßen gerecht zu sein. Wir werden mit Mitteln der Landesstiftung – das stimmt – einsteigen und an den Kindergärten Sprachstandsdiagnosen für Kinder im fünften Lebensjahr durchführen und entsprechende Förderangebote machen.
Wir sind das einzige Bundesland, das dies in diesem Umfang macht. Ich finde, wir sollten froh sein, dass wir jetzt einen Anfang gemacht haben. Wir werden auf diesem Weg weitergehen. Aber ich will noch einmal feststellen: Wir sind im Augenblick das einzige Bundesland, das Sprachstandsdiagnosen durchführt.
Ziel muss sein, dass Kinder in der Zukunft nur noch dann eingeschult werden, wenn sie der deutschen Sprache mächtig sind. Diesem Ziel fühlen wir uns verpflichtet.
Wir haben das Programm „Kinderfreundliches BadenWürttemberg“ immer auch als Programm für eine bessere
Vereinbarkeit von Familie und Beruf verstanden. Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist unerlässlicher Bestandteil einer modernen Familienpolitik.
Dies trägt dazu bei, die Freiheit der Wahl zwischen unterschiedlichen Lebensentwürfen real zu gewährleisten. Eine Beschränkung dieser Wahl – also die Alternative: entweder Familienfrau mit dauerhaften beruflichen Nachteilen oder aber berufliche Karriere mit einem Verzicht auf Kinder – darf es in der Zukunft nicht mehr geben, meine Damen und Herren.
(Abg. Carla Bregenzer SPD: Diskutieren Sie das einmal mit dem Ministerpräsidenten! Überzeugen Sie davon den Ministerpräsidenten!)
Wir werden mit unserem Programm eine Menge dafür tun können, dass in der Zukunft Familie und Beruf besser vereinbar sind.
Die Finanzlage der Kommunen ist angesprochen worden. Ich kann dazu nur sagen, dass die Finanzlage der Kommunen infolge einer Fülle von Maßnahmen wie etwa der Zusatzbelastung durch steigende Ausgaben bei der sozialen Sicherung – sie sind meistens bundesgesetzlich geregelt – ganz prekär ist. Die Folge der Entwicklung ist klar: eine deutliche Erhöhung der Landeswohlfahrts- und der Kreisumlagesätze und vieles andere mehr; Sie kennen das.
Aber den Weg, der jetzt eingeschlagen worden ist, nämlich die Finanzlage der Kommunen dadurch zu verbessern, dass eine so genannte Revitalisierung stattfindet, das heißt, dass die freien Berufe in die Gewerbesteuer gezwungen werden, halten wir für einen schlichten Irrweg, meine Damen und Herren.
Diesen Weg werden wir nicht mitmachen. Sie kennen unser Modell einer Beteiligung der Kommunen an der Umsatzsteuer bzw. an der Einkommensteuer. Dieses Modell ist deshalb vernünftig, weil die Kommunen damit mehr Planungssicherheit haben und weil damit verlässlicher geplant werden kann.
Das Problem ist aber – das gebe ich zu –, dass das Modell einen Nachteil hat. Es hat den Nachteil, dass es bis zum 1. Januar 2004 mit Sicherheit nicht verwirklicht werden kann. Die Kommunen brauchen aber sofort Hilfe.
Deswegen ist es richtig, dass wir die Zwischenlösung, die befristete Zwischenlösung finden, den Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer von 2,2 auf 3 % zu erhöhen und die Gewerbesteuerumlage, die erhöht worden ist, wieder abzusenken. Wenn wir dies tun, können wir den Kommunen bereits zum 1. Januar 2004 beachtlich helfen. Dies ist übrigens auch der Koalitionsbeschluss, und wir werden die
sen Weg gehen. Meine Damen und Herren, wir müssen den Kommunen sofort helfen, und wir werden diese beiden Maßnahmen als Sofortmaßnahme vorschlagen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was mich ärgert – das will ich jetzt auch noch sagen; der Herr Ministerpräsident hört zu –, ist Folgendes: Mindestens an jedem Sonntagvormittag wird von Politikern aller Couleur – von der „Bundesliga“ bis zur „Kreisklasse“ – das Konnexitätsprinzip des Staates beschrieben. Dieses bereits in der badenwürttembergischen Landesverfassung verankerte Konnexitätsprinzip ist natürlich richtig: Wer bestellt, muss auch bezahlen. Wenn aber die Bundestagsfraktion der FDP am Freitag vor acht Tagen im Deutschen Bundestag einen Antrag zur Abstimmung stellt, der die Aufnahme des Konnexitätsprinzips in das Grundgesetz wünscht, und dazu nicht nur Rot-Grün, sondern auch die ruhmreiche Fraktion der CDU Nein sagt, dann kann ich dies allerdings nicht verstehen. Das ist auch nicht vertrauenswürdig gegenüber den Gemeinden.
Meine Damen und Herren, ich will noch einmal deutlich machen, dass ich die vorgezogene Steuerreform will. Das ist einer der Punkte, die in diesem Reformherbst anstehen. Ich will aber auch unterstreichen: Eine vorgezogene Steuerreform allein wird die erforderlichen Wachstumsimpulse nicht erbringen. Ich halte es für mindestens ebenso wichtig, dass zu einer Steuerentlastungspolitik auch noch in großem Umfang eine Deregulierung des Arbeitsmarkts – beispielsweise Lockerung des Kündigungsschutzes, Auflockerung von Tarifkartellen oder Neugestaltung der sozialen Sicherungssysteme – hinzutritt. Beides gehört zusammen, und beides kann selbstverständlich dazu führen, dass wirtschaftliche Impulse ausgelöst werden.