Protocol of the Session on October 2, 2003

Ein Punkt zur Verwaltungsreform und zur Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände: Ich sage hier klar und deutlich: Die Landeswohlfahrtsverbände sind schon heute eine kommunale Angelegenheit, und wir wollen nichts anderes, als dies dezentral, bürgernah, zum Wohl der Behinderten umzubauen, umzustrukturieren. Deswegen sagen wir: bürgernah, dezentral, mittendrin statt außen vor. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erhält Frau Abg. Dr. Gräßle.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich für die Debatte bedanken, auch bei den Kollegen und der Kollegin der anderen Fraktionen, weil klar geworden ist, dass doch ein hohes Ausmaß an Konsens in der Behindertenpolitik vorherrscht, und weil klar ist, dass wir im Grunde das gleiche Ziel anstreben, auch wenn wir uns manchmal über die Wege streiten. Ich glaube, dass dies auch eine gute Nachricht für die Behindertenverbände und die Behinderten ist, die in zwei Wochen zu uns kommen.

Ich möchte nur noch eines zu dem sagen, worüber hauptsächlich kein Konsens hergestellt werden konnte. Ich glaube, dass wir alle beim Bund erreichen müssen, dass er die Behindertenhilfe mitfinanziert.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Da sind gerade auch die rote und die grüne Fraktion aufgerufen, sich mit uns auf den Weg zu machen. Wer anschafft, muss zahlen – das muss ein durchgängiges Prinzip in der Politik werden, auch auf den unterschiedlichen föderalen Ebenen. Ich glaube, dass sie hier eine segensreiche Rolle spielen könnten.

(Abg. Wieser CDU: Könnten!)

Nur dann werden wir alle auch dazu kommen, dass wir wirklich nur noch das machen, was wir uns auch leisten können. Bereits jetzt ist klar, dass wir uns die bisherige Be

hindertenpolitik nicht mehr lange werden leisten können. Ich habe versucht, dies vorzutragen.

Ich möchte noch zu einem Thema Stellung nehmen, das in der Debatte eine Rolle gespielt hat, nämlich zum Landesgleichstellungsgesetz für Behinderte. Wenn dieses Gesetz schlussendlich nur auf seinen Symbolwert und die Forderung, dass es dies geben solle, reduziert wird, dann ist damit den Behinderten nicht geholfen.

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Jawohl!)

Ich bin mir sicher, dass wir, wenn wir an den Inhalten weiterarbeiten, wenn wir weiter daran arbeiten, dass Behinderte zu einer selbstständigen Teilhabe in dieser Gesellschaft und in Baden-Württemberg kommen können, für die Behinderten mehr erreichen als mit Formalismen und Formalitäten.

Ganz herzlichen Dank. Ich glaube, wir können, wenn ich die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage unserer Fraktion richtig gelesen habe, im Herbst mit einem Bericht des Sozialministeriums über die Lage junger Menschen mit Behinderungen rechnen. Wir sehen dem mit Interesse entgegen und setzen dann die Debatte gerne fort.

Danke.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Mit dieser Aussprache ist die Große Anfrage erledigt. – Gegen diese Feststellung erhebt sich kein Widerspruch.

Punkt 2 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Ausführung des Altenpflegegesetzes und zur Änderung des Landespflegegesetzes – Drucksache 13/2432

Die Fraktionen sind übereingekommen, dass dieser Gesetzentwurf ohne Aussprache an den Sozialausschuss überwiesen wird.

(Abg. Wieser CDU: Sehr gut! – Minister Dr. Rep- nik: Einbringen muss ich das Gesetz schon, Herr Präsident!)

Sie wollten den Gesetzentwurf begründen? Ich bin informiert worden, dass keine Aussprache stattfindet. Wenn Sie aber das Wort wünschen, Herr Minister, erhalten Sie das Wort. Dann müssen sich die Fraktionen überlegen, ob sie hinterher etwas dazu sagen wollen.

Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurde mit den Fraktionen schon im Vorfeld besprochen, dass ich den Gesetzentwurf einbringe, dass er aber im Ausschuss diskutiert wird. Ich möchte dem hohen Haus schon sagen, worum es hier geht.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Ausführungsgesetz zum Altenpflegegesetz des Bun

des und zur Änderung des Landespflegegesetzes sollen die Aus-, Fort- und Weiterbildungskonzepte für Pflegeberufe und für Berufe im Umfeld der Pflege verbessert werden. Damit werden sie praxisgerechter, durchlässiger und attraktiver. Baden-Württemberg ist ein Land, das schon frühzeitig eine solide dreijährige Altenpflegeausbildung eingeführt hat. Sie steht den Ausbildungen in anderen Pflegeberufen nicht nach und ist bundesweit auch anerkannt.

Der nun vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Altenpflegegesetzes und zur Änderung des Landespflegegesetzes hat nur einen geringen Umfang.

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Klein, aber fein!)

Er regelt eben Zuständigkeitsfragen. Wir können an bewährte Regelungen anknüpfen: die Umsetzung der im Altenpflegegesetz und im neuen Krankenpflegegesetz verankerten Modellklauseln zur Weiterentwicklung der Pflegeausbildung im Land, die Schaffung von Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen für die Pflegehilfsberufe sowie Fort- und Weiterbildungsfragen.

Es ist zwar ein kleines und, wie Sie sagen, Herr Lasotta, feines, für die Pflegeberufe aber wichtiges Gesetz. Ich will das kurz belegen. Sie alle wissen, dass Deutschland das einzige Land in der Europäischen Union ist, in dem Pflegeberufe in drei eigenständigen Berufsbildern geregelt sind. Ob das so bleiben muss, stellen wir infrage.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Altenpflegegesetz und auch das neue Krankenpflegegesetz wollen deshalb den bis jetzt erreichten Erkenntnisstand auch nicht festschreiben. Sie bahnen vielmehr einen Weg in die Zukunft. In Modellen soll von Ausbildungs- und Prüfungsordnungen so abgewichen werden können, dass es möglich wird, neue Ansätze zu erproben, etwa integrative oder sogar generalistische Ausbildungsgänge in der Ausbildungspraxis. Wir haben bereits Modelle im Land, die dieses Ziel verfolgen. Wir erfahren hier ein großes Interesse bei den Schulen, die Entwicklung durch solche Modelle mitzugestalten. Mit dem vorliegenden Gesetz schaffen wir die dafür nach beiden Pflegegesetzen notwendigen landesrechtlichen Grundlagen im Landespflegegesetz. Die Länder haben über das Ob und Wie von Modellvorhaben zu entscheiden. Wir planen zugleich, diese Experimente zu moderieren und aktiv mitzugestalten.

Meine Damen, meine Herren, mehr als die Hälfte der Bewerberinnen und Bewerber um Ausbildungsplätze in der Altenpflege haben einen Hauptschulabschluss. Die gewonnenen Erfahrungen haben gezeigt, dass solche Bewerberinnen und Bewerber in der Vergangenheit gute und zuverlässige, ja unverzichtbare Pflegefachkräfte geworden sind. Die Neuregelung der Ausbildungsvorschriften sieht als Zugangsvoraussetzung nun leider den mittleren Bildungsabschluss vor. Damit wären diese für unsere Pflegelandschaft wichtigen Bewerberinnen und Bewerber von der Pflegeausbildung ausgeschlossen.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Wir bringen es auf den Weg.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss zum Altenpflegegesetz die Ausbildung in der Altenpflegehilfe in

(Minister Dr. Repnik)

der Zuständigkeit der Länder belassen. Auch das Krankenpflegegesetz hat deshalb von einer Regelung der Krankenpflegehilfe abgesehen. Wir wollen mit qualifizierten Helferausbildungen, und zwar sowohl in der Altenpflege- als auch in der Krankenpflegehilfe, den Hauptschulabgängern weiterhin einen attraktiven Einstieg in die Pflegeberufe und dort Weiterentwicklungsmöglichkeiten zur qualifizierten Fachpflegekraft erschließen.

(Beifall des Abg. Dr. Lasotta CDU)

Der Gesetzentwurf sieht die Verankerung einer Ermächtigung zu entsprechenden Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen für die für die Altenpflegehilfe und Krankenpflegehilfe zuständigen Fachressorts – dies sind das Kultusministerium und das Sozialministerium – im Landespflegegesetz vor. Für die Altenpflegehilfe wurde das anvisierte Ziel inzwischen zunächst über einen Schulversuch auf der Grundlage des Schulgesetzes erreicht. Für die Krankenpflegehilfe gibt es diese Möglichkeit leider noch nicht. Hierfür wollen wir die Grundlage durch die jetzt vorliegende Ermächtigung, in Absprache mit den Krankenhausträgern und mit den Berufsverbänden eine Helferausbildung zu konzipieren, auf den Weg bringen. Sie soll den inzwischen veränderten Anforderungen der Praxis Rechnung tragen.

Darüber hinaus, meine Damen und Herren, wollen wir in der Weiterbildung durch ein enges und abgestuftes Zusammenwirken von Pflegefachkräften einerseits und Sozialpädagogen andererseits beträchtliche Fortschritte erreichen. Beide Berufsgruppen müssen über Weiterbildung auch sektoral über gleiche Erkenntnisse und Fähigkeiten verfügen.

Meine Damen und meine Herren, darüber hinaus wollen wir eine Zertifizierung in der Weiterbildung erreichen,

(Beifall der Abg. Wieser und Dr. Lasotta CDU – Abg. Wieser CDU: Sehr gut! – Abg. Dr. Caroli SPD: Der Arm bricht ja ab! – Weitere Zurufe von der SPD – Gegenruf des Abg. Wieser CDU: Ein Berufsschullehrer hat mehr Kraft als ein Realschul- lehrer!)

damit auch eine bundesweite Anerkennung möglich ist.

Das Inkrafttreten des Krankenpflegegesetzes ist zum 1. Januar 2004 notwendig, weil jetzt der Erlass auf den Weg gebracht werden muss. Ich bitte Sie, dem Gesetzentwurf im Ausschuss zuzustimmen.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU)

Die Fraktionen bleiben bei der Vereinbarung, dass keine Aussprache stattfindet. Sie sind mit der Überweisung an den Sozialausschuss einverstanden.

(Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Damit ist Tagesordnungspunkt 3 erledigt.