Protocol of the Session on October 2, 2003

Die Erklärungen der Landesregierung zur Eigenheimzulage

(Zuruf des Abg. Stickelberger SPD)

strotzen im Übrigen unserer Auffassung nach nur so von Scheinheiligkeit. Ich möchte Ihnen nur kurz einmal aus einer Pressemitteilung des Ministerpräsidenten vom August dieses Jahres zitieren. Da heißt es unter anderem – die Eigenheimzulage muss bleiben, ein rigoroses Nein zu jeder Veränderung –: „Die Hilfe zur Eigentumsbildung für möglichst viele ist ein tragendes Element unserer Gesellschaft.“ Diesen Satz kann man unterstreichen. Nur: Drei Wochen später wurde den wirklich bedürftigen Familien im Land durch den Stopp der Landeswohnbauförderung genau der Traum vom Eigenheim zunichte gemacht. Da muss man schon die Frage stellen: Ist die Eigentumsförderung nur dann ein Element unserer Gesellschaft, wenn die Gelder aus Berlin kommen, aber wenn die Gelder aus dem Land Baden-Württemberg kommen, offensichtlich nicht?

Lassen Sie mich noch ein wichtiges Problem der Wohnungsbauförderung ansprechen. Wirtschafts- und Wohnungsbaupolitik ist zum Gutteil auch Psychologie. Investoren müssten ermutigt werden, in Baden-Württemberg in den Wohnungsbau zu investieren. Auch das wäre die Aufgabe des zuständigen Ministers bzw. des Ministeriums.

Ich sage Ihnen: Die Voraussetzungen für Investoren im Wohnungsbau in Baden-Württemberg sind gut. Wohnraum ist knapp, wie inzwischen alle bestätigen. Die Statistiker sagen für Baden-Württemberg für die nächsten 50 Jahre eine stabile Einwohnerzahl voraus. Das ist für die Investoren das Signal, dass sie eine langfristige Anlage mit einem langfristig sicheren Ertrag haben.

Ich habe Minister Döring dazu auch die Bälle zugespielt. Ich habe ihn im Mai dieses Jahres über einen Antrag aufgefordert, in öffentlichen Stellungnahmen für Investitionen in den Wohnungsbau in Baden-Württemberg als rentierliche und sichere Anlage zu werben. Als Stellungnahme dazu kam vom Wirtschaftsminister Wahlkampfgetöse. Da heißt es – ich zitiere wörtlich –:

Die Landesregierung wird auch weiterhin auf die Fehler und Mängel der investoren- und eigentumsfeindlichen Wohnungspolitik der Bundesregierung hinweisen und auf eine Verbesserung der steuerlichen... Rahmenbedingungen... hinwirken.

Meine Damen und Herren, das ist doch kein Werben für Investoren. Das ist ein Schlechtreden des Wohnungsbaus.

(Beifall bei der SPD)

Da hat der Wohnungsbauminister seine eigentliche Aufgabe, nämlich für den Wohnungsbau in Baden-Württemberg zu werben, nicht begriffen.

Ich war vor kurzem zu einer Investorenveranstaltung hier in Stuttgart eingeladen – privat organisiert, nicht vom Wirtschaftsminister. Ich muss sagen: Ich war froh, dass der Wirtschaftsminister nicht da war. Dort wurde nämlich die

Botschaft signalisiert: „Investitionen im mittleren Neckarraum sind ein Geheimtipp. Kommt her und legt euer Geld hier an.“

(Abg. Mack CDU: Ist doch in Ordnung! – Zuruf des Abg. Dr. Steim CDU)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, reagieren Sie endlich auf die Erfordernisse des Wohnungsbaus im Land. Lassen Sie die Finanzierungspläne der kleinen Häuslebauer nicht platzen. Das ist Inhalt unseres Antrags Drucksache 13/2403, der hier zur Abstimmung steht. Helfen Sie den Wohnungssuchenden und den Handwerkern im Land durch ein Landeswohnungsbauprogramm, das diesen Namen auch verdient. Das ist der Antrag Drucksache 13/1433. Wir bitten, diesen Antrag an den zuständigen Ausschuss zur Beratung zu überweisen.

Zum Schluss noch einmal die Aufforderung an das Ministerium, an den Herrn Staatssekretär – vielleicht kann er das dem Minister ausrichten –: Gewinnen Sie private Investoren für den Wohnungsbau! Reden Sie den Wohnungsbau in Baden-Württemberg nicht weiterhin schlecht!

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Mack.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem letzten Appell des Abg. Gaßmann kann man sich geradezu anschließen:

(Heiterkeit des Abg. Hofer FDP/DVP)

Gewinnen Sie private Investoren für den Wohnungsbau!

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das ist der Schlüssel zur Lösung des Problems!)

Ich glaube, hinter diesen Satz kann sich der gesamte Landtag von Baden-Württemberg stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zurufe von der SPD)

Ich glaube, Herr Gaßmann, Sie überschätzen die Möglichkeiten, die wir im Rahmen der Wohnraumförderung und des Landeswohnraumförderungsprogramms haben, maßlos.

(Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Der Staat wird den notwendigen Wohnungsbau nicht finanzieren können, wenn die private Initiative fehlt.

(Abg. Pfister FDP/DVP: So einfach ist das!)

Das ist das Hauptproblem, das wir im Moment haben.

(Beifall bei der CDU)

Das Zweite: Zu Ihrer These, in den nächsten drei Jahren

(Abg. Schmiedel SPD: Fünf Jahren!)

oder in den nächsten fünf Jahren – gäben wir alle Mittel hinein, die wir irgendwo auftreiben können, und danach

förderten wir keinen Wohnungsbau mehr: Ich glaube nicht, dass nach fünf Jahren alle Erfordernisse aufhören und dass wir dann keinen einzigen Euro mehr für die Förderung des Wohnungsbaus brauchen. Denn auch dann wird der Bedarf noch bestehen, und auch dann wird der Bedarf noch steigen,

(Abg. Schmiedel SPD: Dann gibt es aber keine Bauunternehmen mehr, weil die alle Pleite gemacht haben!)

und zwar allein deshalb, weil die Zahl der Singlehaushalte steigt. Und Singles haben nach Quadratmetern einen wesentlich höheren Wohnungsbedarf als Personen in Mehrpersonenhaushalten.

Zur Eigenheimzulage: Die Eigenheimzulage hat immerhin bewirkt, dass die Eigentumsquote in den Jahren zwischen 1996 und heute in den alten Bundesländern von 41,7 % auf 44,2 % gestiegen ist. Daran sieht man, dass die Eigenheimzulage ein wertvolles Instrument ist.

Zu Ihren Kürzungsvorschlägen der Eigenheimzulage, Herr Witzel: Erstens werden ziemlich exakt 50 % für die Bestandsförderung und 50 % für die Neubauförderung aus den Mitteln der Eigenheimzulage ausgegeben. Richtig ist, dass der Neubau besser gefördert wird als der Erwerb von Wohnungen aus dem Bestand. Da schlagen Sie vor, das gleichwertig zu fördern. Aber wenn Sie das so machen, werden wir – das müssen Sie zugeben – natürlich keinen zusätzlichen Wohnungsbau bekommen, den wir aber unbedingt brauchen. Denn wir alle sind ja der Meinung, dass wir mindestens 50 000 neue Wohnungen brauchen. Wir würden also den Neubau von Wohnungen noch mehr schwächen.

Zweitens ist es doch sachlich gerechtfertigt, Neubau besser zu fördern als den Kauf von Wohnungen aus dem Bestand, einfach deshalb, weil Neubauwohnungen teurer sind als Wohnungen im Bestand.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Neubau kostet aber neue Fläche! – Glocke der Präsidentin)

Herr Mack, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Schmiedel?

Bitte sehr, Herr Abg. Schmiedel.

Herr Kollege, wenn Sie mit uns einer Meinung sind, dass wir in Baden-Württemberg jährlich 50 000 neue Wohnungen brauchen, dann frage ich Sie: Welchen Anteil an diesen 50 000 neuen Wohnungen soll denn Ihrer Meinung nach der öffentlich geförderte Wohnungsbau haben?

Der öffentlich geförderte Wohnungsbau kann nur unwesentlich zur Förderung dieses gesamten Pakets beitragen.

(Abg. Schmiedel SPD: Wie viel?)

Das muss, wie Herr Gaßmann in seinem Schlusssatz gesagt hat, von den privaten Investoren kommen. Das ist die einzige Möglichkeit, die wir haben.

(Abg. Schmiedel SPD: Wie viel Prozent? 50? 30? – Zuruf des Abg. Schmid SPD)

Eine Prozentzahl ist nicht notwendig; wir leben nicht in einer Planwirtschaft,

(Beifall bei der CDU – Lebhafte Zurufe von der SPD – Unruhe)

sondern in einer freien Marktwirtschaft.