(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Hat der keine Redezeit- begrenzung? – Abg. Drexler SPD: Wie lange redet der noch? – Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)
Das ist Ihre Politik des Ausstiegs aus der Atomenergie. Die Welt ist nicht so einfach – das ist jetzt mein Schlusssatz –, wie Sie sie gerade in der Energiepolitik immer darstellen, sondern sie ist viel differenzierter. Darauf sollten Sie ab und zu einmal schauen.
Herr Scheuermann, Ihrem letzten Satz, die Welt sei komplizierter, als man sie in fünf Minuten darstellen kann, stimme ich zu.
Trotzdem komme ich zurück auf Ihre Ausführungen. Sie stellten dar, es gebe keine Lösung, Atomausstieg und Klimaschutz zu vereinen. Die Landesregierung hat mehrere Gutachten erstellen lassen. Diese liegen seit Mitte des letzten Jahres vor. Darin sind drei Szenarien für die Zeit bis zum Jahr 2050 dargestellt. Wenn Sie sie gelesen haben, stellen Sie fest: In dem Szenario der Nachhaltigkeit, das mit einer Energiepolitik erreicht wird, wie sie der Kollege Kretschmann eben dargestellt hat, kann man sowohl den Kernenergieausstieg als auch eine Minderung des CO2-Ausstoßes erreichen. Das heißt: Die Fraktion der Grünen hat sich hier festgelegt. Sie zeigt Wege auf.
Meine Frage an Sie lautet: Welche Position vertritt die Landesregierung zu diesen Szenarien, die in den Gutachten dargelegt werden? Und inwieweit treten Sie dafür ein?
Lieber Herr Kollege Dr. Witzel, Sie haben sich mit dieser Frage ja selbst geschlagen. Ihre Gesetze über den Ausstieg aus der Atomenergie bedeuten: Im Jahr 2028 ist Schluss. Jetzt haben Sie selbst gesagt, im
Das haben Sie gesagt. Sie haben auf ein Gutachten Bezug genommen, das Aussagen für das Jahr 2050 macht. Dann reduziere ich meine Antwort auf die Gegenfrage: Was machen Sie zwischen den Jahren 2028 und 2050? Darauf haben Sie keine Antwort.
Ich habe ausdrücklich gesagt: Die Kernenergie ist eine gefährliche Energie, aber sie wird ständig beherrschbarer.
Ich habe nicht gesagt, dass sie nicht beherrschbar ist, sondern ich habe gesagt, sie wird beherrschbarer.
Das ist ein Unterschied. Jetzt warne ich Sie nur und sage: Hoffentlich kommen Sie nicht in die Situation, die Frage entscheiden zu müssen, was wir danach tun werden – je nachdem, wie die Forschungsergebnisse aussehen.
Wir halten uns auf jeden Fall – das mögen Sie „Hintertürchen“ nennen – diese nicht illusionäre Lösung offen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Drexler SPD: Dann müssen Sie jetzt einen Standort suchen! Das wollen Sie doch nicht!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich Ihnen, Herr Kollege Hofer, zustimmen. Sie haben gesagt, Sie gingen davon aus, dass sich die Windkraftanlagen am Schauinsland noch lange drehen werden. Auch wir gehen davon aus, dass das so sein wird. Ich glaube, nach allem, was wir heute gehört haben, wäre das auch das Richtige.
Wir führen jetzt eine Debatte, die sich nicht nur um die Windkraftanlagen am Schauinsland dreht, sondern um die gesamte Energiepolitik in Baden-Württemberg. Wir führen auch eine Atomkraftdebatte. Wenn Sie, Herr Kollege Scheuermann, sagen, dass wir einen Kernenergieanteil von 60 % haben, dann wissen wir das alle. Wir wissen aber auch, dass es in Baden-Württemberg die größten Anstrengungen geben müsste, um den Kernenergieausstieg auch zu vollziehen und mit einer möglichst nachhaltigen Energiepolitik auszufüllen.
Gemessen an allen anderen Bundesländern – im Bund liegt der Durchschnitt bei etwa 30 % – haben wir in BadenWürttemberg den höchsten Kernenergieanteil. Deswegen
müssen gerade wir die größten Anstrengungen unternehmen, in Baden-Württemberg eine andere Politik zu machen, und mehr auf erneuerbare Energien setzen.
Kommen wir nun dazu, wie das eigentlich aussehen soll. Das Fatalste ist, dass wir in Baden-Württemberg unter Ihrer Führung, Herr Ministerpräsident, nicht das Geld haben:
35 bis 40 Millionen € jährlich, die wir brauchen, um den Anteil der erneuerbaren Energien auszubauen und um Ihr eigenes Verdopplungsziel in den nächsten zehn Jahren zu erreichen. Weil wir das Geld nicht haben, können wir doch nicht auch noch die Investitionen von außen, die nach Baden-Württemberg fließen, verhindern wollen. Sie wissen genauso wie ich, dass von allen Investitionen, die in erneuerbare Energien fließen, 40 % aus EEG-Mitteln stammen, etwa 30 % aus weiteren Bundesprogrammen und etwa 20 % aus kommunalen Programmen, aber nur 10 % vom Land Baden-Württemberg. Nicht einmal diese 10 % können wir aufbringen, um Ihr eigenes Ziel zu erreichen.
Ich halte es für nicht nachvollziehbar, dass man in dieser Weise gegen Investitionen von außen angeht. Wir können uns das aus wirtschaftlichen Gründen auch gar nicht leisten.
Wir verhindern allein bei der Windkraftenergie in BadenWürttemberg Investitionen in der Größenordnung von 200 bis 300 Millionen € pro Jahr, indem wir in der Windkraftpolitik so restriktiv sind.
Diese 200 Millionen € pro Jahr bedeuten etwa 1 500 bis 2 000 Arbeitsplätze. Wir können es uns also aus wirtschaftlichen Gründen nicht leisten, und wir sollten es uns eigentlich auch nicht leisten.
Es wurde schon angesprochen, dass viele unserer Zulieferbetriebe im Maschinenbau schon heute für Windkraftanlagen arbeiten und dass das Geld wirtschaftlich schon heute vorhanden ist. Dass wir aber von diesem Geld nichts mehr zurückbekommen, dass wir nichts aus dem EEG zurückbekommen, dessen Mittel unsere Bürgerinnen und Bürger durch die Umlagefinanzierung genauso mitzahlen, muss einfach aufhören.
Das Landesplanungsgesetz ist ein echtes Windkraftverhinderungsgesetz. Entgegen geltendem Bundesrecht haben Sie in Baden-Württemberg durchgesetzt, dass es keine dreistufige Ausprägung der Planungen gibt – also Vorranggebiete, Ausschlussgebiete und die Grauzone dazwischen, wo in Einzelfallregelung entschieden werden kann –, sondern Sie wollen nur noch schwarz-weiß. In vorauseilendem Gehorsam wird in Baden-Württemberg in den Regionalverbänden so viel verhindert und werden so wenige Vorrangflächen
ausgeschrieben, dass die Windkraft in Baden-Württemberg annähernd auf null gesetzt oder zumindest deutlich blockiert wird.
Wenn wir nun zu den erneuerbaren Energien und den dazugehörigen Einzelpunkten kommen, dann müssen wir fair miteinander umgehen und uns die Zahlen und Fakten anschauen. Minister Döring läuft durch die Lande und sagt: „Nein, Windkraft wollen wir da nicht.“ Ministerpräsident Teufel spricht sich noch sehr viel mehr dagegen aus. Das geflügelte Wort von „Don Erwins Kampf gegen die Windmühlen“ kennen Sie alle. „Windkraft wollen wir nicht, wir setzen auf Wasserkraft und Biomasse.“
Das müssen wir ganz fair betrachten und uns überlegen, was wir noch an Ausbaumöglichkeiten haben. Jetzt unterhalten wir uns hauptsächlich über Stromproduktion und nicht über Wärmeerzeugung. In Baden-Württemberg haben wir einen Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung von 8 bis 8,5 %. Mehr als 5 % haben wir aus der Wasserkraft. In der Kleinen Wasserkraft können wir sehr wenig ausbauen. Im Wirtschaftsausschuss habe ich einmal gesagt: „Sie sind zwar willig, aber wenn man nur willig ist, nützt das nichts.“ Teilweise wollen Sie den Ausbau der Wasserkraft; Minister Müller verhindert den Ausbau der Kleinen Wasserkraft, wo immer es geht.
Die Große Wasserkraft hat für alle bekannten Wasserkraftwerke ein Gesamtpotenzial – Rheinfelden ist die größte Maßnahme; über die unterhalten wir uns eigentlich auch – von etwa 1 % des baden-württembergischen Stromverbrauchs. Damit ist die Große Wasserkraft dann, wenn sie denn kommt, ausgereizt. Wie wollen Sie also den Anteil von 8,5 % verdoppeln, wenn Sie mit der Wasserkraft 1 % zusätzlich erreichen? Lassen wir es 1,2 % sein; mehr geht nicht, wenn die Kleine Wasserkraft nicht ausgebaut werden kann. Wenn man Ihnen das vorhält, sagen Sie: Wir gehen zur Biomasse.
Jetzt haben wir mit der Biomasse etwa das Potenzial von vier Kraftwerken, wobei wir mit Altholz versorgen können, um den Ausbau zu erreichen.
Ich sehe die Signale. – Aber der Ministerpräsident redet in Mannheim von acht großen Kraftwerken, die man bräuchte und die man bauen sollte. Dafür gibt es gar nicht genügend Altholz, dafür gibt es gar nicht die Biomasse. Man muss sehr viel differenzierter einsteigen und auch in Biogas und andere Dinge investieren.
(Abg. Hauk CDU: Aber es gibt Restholz! Man braucht nicht nur Altholz! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Mit dem Restholz bekommen Sie es auch nicht hin!)
Kommen wir zum entscheidenden Punkt: Es gibt auch Waldholz. Vielleicht ist seine Nutzung heute wirtschaftlich noch nicht machbar. Wenn man es im Land mit dem Aus
bau ernst meint, dann muss man wenigstens einsteigen und sagen: Dort, wo der Bund zu wenig macht, muss ich wenigstens meine 10 % bringen. Als Land muss ich dort einsteigen und unterstützen, dass das Holz aus dem Wald finanziell interessant wird, sodass man es als Biomasse nutzen kann.