Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich außerhalb der Windenergie mit den allgemeinen energiepolitischen Fragen beschäftigen, die vor allem vom Fraktionsvorsitzenden der Grünen angesprochen wurden. Lieber Vornamensvetter Winfried Kretschmann, mein Eindruck ist, dass Sie ab und zu unter der Last des Fraktionsvorsitzenden leiden.
Das ist mein Eindruck. Solange Sie als Abgeordneter noch nicht in Amt und Würden des Fraktionsvorsitzenden waren, haben Sie hier vorne viel differenzierter argumentiert.
Lassen Sie mich mit Ihrer Aussage von den Bürgerrädern beginnen. Wenn das richtig wäre, müsste jeder Bürger wissen, dass und in welcher Höhe er mit seinen Stromgebühren einen Beitrag zu den Windrädern leistet. Ich bin aber ganz sicher, dass mehr als die Hälfte von diesem Sachverhalt überhaupt nichts weiß. Deswegen ist es eine Schimäre, zu sagen, Windräder seien Bürgerräder.
Zweiter Gesichtspunkt: Große Wasserkraft. Herr Kollege Kretschmann, Sie haben selber gesagt, dass das Land Baden-Württemberg im Bundesrat gegen das ErneuerbareEnergien-Gesetz gestimmt habe. Ein Grund unserer ablehnenden Haltung war bei der Wasserkraft der Grenzwert von fünf Megawatt. Das heißt, was unter fünf Megawatt ist, wird gefördert, und was darüber ist, wird nicht gefördert.
(Abg. Drexler SPD: Was? Das ist ja ganz neu! Doch nicht deswegen! Das war nicht Ihr Argument gegen das Gesetz!)
Also können wir uns darauf einigen, dass wir alle hier in diesem Haus für eine Streichung dieser Grenze von fünf Megawatt bei der Wasserkraft sind.
(Abg. Kretschmann GRÜNE: Das steht im Refe- rentenentwurf drin! Jetzt tut etwas dafür, dass es drinbleibt!)
Dann ist es doch gut. Darüber sollten wir uns alle gemeinsam freuen. Wenn es dann soweit ist, streite ich mit Ihnen gar nicht mehr über das Erstgeburtsrecht, wer hier das Verdienst hat, sondern bin froh, dass wir durchgesetzt haben, dass wir die Große Wasserkraft genauso behandeln, darf ich sagen, wie die Kleine. Allein die geplanten Investitionen in Rheinfelden führen zu einer Erhöhung des Stromdargebots durch dieses Kraftwerk um den Faktor 3.
Jetzt komme ich zum Klimaschutz. An und für sich sind die Verhältnisse ganz einfach. Wir in Baden-Württemberg haben etwa zwei Drittel unseres Stroms durch Kernenergie erzeugt. Dann haben wir einen Anteil von 5 oder 6 oder 7 %, der durch regenerative Energien erzeugt wird, und wir haben den Rest durch fossile Energien. Nun sind Sie für den Atomausstieg, was die friedliche Nutzung der Atomenergie anbetrifft. Dies ist auch in Gesetzesform niedergelegt und von uns zu respektieren. Aber wenn ich in Baden-Württemberg 60 % des Stroms durch Atomenergie erzeuge, dann muss doch die Frage erlaubt sein, was denn anstelle dieser 60 % kommt, wenn in 20 oder 25 Jahren das letzte unserer Kernkraftwerke abgestellt ist. Die Antwort darauf scheuen Sie wie der Satan das Weihwasser.
Sie haben nämlich heute nur eine denkbare Alternative, und das ist die Ausdehnung der fossilen Energie.
Jetzt komme ich doch zu Ihnen. Sie sagen, die regenerativen Energien seien die Alternative. Hier lassen Sie schon einmal ganz einfache physikalische Grundsätze völlig außer Acht. Stromdargebot bedeutet, dass der Strom Tag und Nacht in derselben Spannung und in derselben Frequenz zur Verfügung gestellt werden kann.
Das können Sie vielleicht noch mit Wasser sicherstellen, und das können Sie mit Biomasse machen, aber das können Sie nie und nimmer mit Solarenergie und nie und nimmer mit Windkraft machen.
(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Das wissen wir ja! – Abg. Dr. Witzel GRÜNE meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke des Präsi- denten)
Das heißt, wer hier immer „Solar- und Windkraft“ ruft, sollte einmal dazusagen, dass das nur geht, wenn eine Grundlast im Hintergrund steht, die heute durch Atomkraft er
Sie wissen so gut wie ich, dass bei einem heutigen Anteil von 6 % alternativer Energie nie und nimmer 60 % nur durch alternative Energien ersetzt werden können. Wer das Wort Klimaschutz im Mund führt, sollte wenigstens auf die Frage, was nach der Kernenergie kommt, eine ehrliche Antwort geben und sich nicht um diese Antwort herummogeln.
Jetzt komme ich zur Entsorgungsfrage. Bei der Atomenergie tragen Sie dieses Argument immer wie eine Monstranz vor sich her und sagen, die Entsorgungsfrage sei ungelöst.
Aber jetzt erinnere ich Sie an Folgendes: Zu Zeiten der Regierung Ihres Bundeskanzlers Helmut Schmidt
gab es eine Vereinbarung der Bundesregierung mit allen Ländern darüber, wie die Entsorgungsfrage gelöst werden sollte. Diese Einigung in der Entsorgungsfrage haben Sie in Ihrem Ideologiewahn „Ausstieg aus der Kernenergie“
Deswegen sollten Sie alles tun, nur nicht hier immer sagen: „Wir sind gegen Atomenergie, weil die Entsorgungsfrage nicht gelöst ist“, solange Sie zur Lösung dieser Frage überhaupt nichts beitragen, sondern nur torpedieren.
(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Das Land trägt ja auch nichts dazu bei! Sie wollen kei- nen Ausstieg aus der Atomenergie, auch nicht in Baden-Württemberg!)
Zum Schluss zur Atomenergie. Ich kann nur sagen: Seien Sie froh, wenn Ihnen im Laufe der Jahre nicht nachgewiesen wird, dass Sie hier ebenso voreilig gehandelt haben wie bei der Rücknahme unserer bescheidenen Ansätze bei der gesetzlichen Krankenversicherung und bei der Rente. Eine Ihrer ersten Taten, nachdem Sie in Berlin an die Macht gekommen sind, war, unsere Ansätze zurückzunehmen. Sie
wussten nicht, was Sie anstelle dessen setzen sollten. Und heute hecheln Sie hinter der Lösung dieser Probleme her.
Ich kann nur sagen: Seien Sie froh, wenn Ihnen bei der Atomenergie nicht das Gleiche passiert. Die Atomenergie ist eine – jetzt sage ich es einmal so – gefährliche Energie.
Bloß hat der von Ihnen auf Bundesebene beschlossene Ausstieg dazu geführt, dass die Deutschen, die sich für die Lösung des Problems der größeren Beherrschbarkeit der Kernenergie engagieren, nach Frankreich gehen müssen. Dann haben Sie wieder ein Feld auf dem Gebiet der Technologie, wo wir vielleicht in 10 oder 15 Jahren deutsche Technologie aus dem Ausland kaufen müssen.
(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Hat der keine Redezeit- begrenzung? – Abg. Drexler SPD: Wie lange redet der noch? – Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)