Protocol of the Session on October 1, 2003

(Beifall des Abg. Röhm CDU – Abg. Röhm CDU: Schön!)

Die geschilderten Begleiterscheinungen lassen allerdings Zweifel am innovativen Charakter dieses Vorhabens aufkommen. Der Einsparungswunsch war wohl der Vater des Gedankens.

Aus dem Schnellschuss unter Spardiktat kann aber noch etwas werden. Wir fordern statt Stückwerk die Einbettung in ein neues Gesamtkonzept der Lehrerbildung. Wir fordern zweitens die Ausstattung mit den erforderlichen sächlichen und personellen Ressourcen, und wir fordern drittens mehr

Unabhängigkeit von einem zu starken kultusministeriellen Zugriff, um dem Geist des Obrigkeitsdenkens zu wehren.

(Beifall bei der SPD – Abg. Röhm CDU: Ha no, ha no, aber jetzt!)

Entsprechende Änderungsvorschläge werden wir während des Gesetzgebungsverfahrens vorlegen.

Abschließend gesagt, meine Damen und Herren: Für uns steht und fällt der Fortschritt in der Bildungsreform

(Zuruf des Abg. Hillebrand CDU)

mit einer effektiven Fort- und Weiterbildung des pädagogischen Fachpersonals.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Abg. Drexler SPD: Sehr gu- te Rede, Herr Kollege!)

Meine Damen und Herren, das Wort erteile ich Herrn Abg. Kleinmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist alter Brauch, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass dann, wenn die Regierung einen Gesetzentwurf einbringt, hier eine erste Lesung stattfindet, bevor der Entwurf an den zuständigen Ausschuss überwiesen wird. Dort, Herr Dr. Caroli, werden dann die einzelnen Anregungen eingebracht.

(Zurufe von der SPD)

Wir sind, was die einzelnen Vorschläge angeht, sehr großzügig: Wenn jemand etwas Neues, etwas Sinnvolles und Innovatives hinzufügen kann, dann sind wir gerne bereit, das dort nicht nur zu diskutieren,

(Abg. Drexler SPD: Seit wann denn das?)

sondern es unter Umständen auch in den Gesetzentwurf zu übernehmen. Bekanntlich gibt es dann eine zweite und dritte Lesung. Der umgekehrte Weg, nämlich dass man einen Gesetzentwurf einbringt, den man zuvor schon diskutiert hat, ist parlamentarisch Nonsens.

Meine Damen und Herren, die von uns Liberalen seit Jahrzehnten verfochtene Idee, der einzelnen Schule mehr Eigenständigkeit und mehr Gestaltungsspielraum zu geben, hat nun endlich begonnen, sich durchzusetzen, und zwar mit genau diesem Gesetz. Gestaltungs- und Selbstbestimmungsspielraum der einzelnen Schulen – das ist angesprochen worden – in pädagogischer Hinsicht ebenso wie im methodisch-didaktischen und im organisatorischen Bereich sowie im Bereich der Personalgewinnung und -entwicklung ist die zentrale Voraussetzung für die Sicherung und für die Verbesserung der Qualität und der Leistungsfähigkeit unserer Schulen.

Notwendigerweise gehört hierzu unter anderem die Möglichkeit, die Fort- und Weiterbildung der in den jeweiligen Schulen tätigen Lehrerinnen und Lehrer entsprechend dem Profil der Schule, entsprechend den besonderen Gegebenheiten und Anforderungen sowie entsprechend den Qualitätsentwicklungszielen der einzelnen Schulen gestalten zu können. Es wäre ein Unfug – nicht zuletzt übrigens auch unter dem Gesichtspunkt des sinnvollen Einsatzes von Ressourcen –, die bezogen auf die einzelne Schule passgenaue

Fort- und Weiterbildung des pädagogischen Personals, Herr Kollege, dadurch bewerkstelligen zu wollen, dass die Entwicklung der entsprechenden Konzepte sowie der darauf bezogenen Qualifizierungen des Weiterbildungspersonals ebenfalls der einzelnen Schule überantwortet würde.

Wir brauchen eine gemeinsame Lösung. Die Lösung kann daher nur heißen: Für die Fort- und Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer müssen wir weiterhin landesweite Angebote machen. Diese Angebote müssen aber stärker als bisher auf spezifische, den Fortbildungsplanungen der einzelnen Schule und ihren Profilen entsprechende Anforderungen reagieren können. Die künftigen Fort- und Weiterbildungsangebote müssen also vor allem flexibler sein. Allein dies heißt übrigens auch, dass die Anforderungen an die zur Durchführung der Fort- und Weiterbildung eingesetzten Kräfte steigen werden. Ich sage das ganz betont.

Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung trägt den skizzierten künftigen Anforderungen an die Lehrerentwicklung und -fortbildung und übrigens auch an ihren gestiegenen Stellenwert Rechnung, indem er zum einen die vorhandenen vier Einrichtungen der landesweiten Lehrkräftefortbildung zu einer Landesakademie zusammenführt. Dadurch werden Ressourcen gebündelt und Synergieeffekte freigesetzt. Die so erzielten Effizienzgewinne können dann wiederum zur Steigerung der Qualität und zur Steigerung der Flexibilität eingesetzt werden. Wir wollen da gerade eben nicht sparen.

Die Zusammenführung ermöglicht zum anderen auch, übergreifende operative Planungsaufgaben, die bislang als Querschnittsaufgaben im Kultusministerium wahrgenommen werden, nach unten zu delegieren, also auf die Ebene der künftig einen Landesakademie zu übertragen.

Schließlich sollen die mit dem Modellprojekt der Akademie für Lehrerfortbildung GmbH Calw gewonnenen positiven Erfahrungen – das ist uns ganz wichtig; das möchte ich hier besonders betonen – auf die künftige Landesakademie übertragen werden. Das betrifft die stärkere Eigenverantwortlichkeit und damit die größere Flexibilität hinsichtlich des Kerngeschäfts der Akademie, also hinsichtlich ihrer Angebote zur Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte. Es bezieht sich aber auch – darauf legen wir besonderen Wert – auf die Anreize zu einer verbesserten Kostentransparenz sowie auf die Möglichkeit, die an den einzelnen Akademiestandorten vorhandenen personellen und räumlichen Ressourcen auf dem Wege ihrer Nutzung durch Dritte effektiver und damit kostengünstiger einsetzen zu können und hierdurch doch auch ein Stück weit die Kosten senken zu können.

Meine Damen und Herren, im Anhörungsverfahren – das wissen Sie – ist der vorliegende Gesetzentwurf insgesamt positiv aufgenommen worden und in seinem Ziel, die weitere Qualitätsentwicklung unserer Schulen zu fördern, ausdrücklich von allen bestätigt und unterstützt worden. Einzelne Anregungen – jetzt greife ich das auf, was Sie gesagt haben, Herr Kollege – zum Beispiel des Landeselternbeirats und des Landesschulbeirats sowie der Kirchen – die muss man hier auch erwähnen – wurden bereits in die uns heute vorliegende Entwurfsfassung aufgenommen. Der weiteren Beratung im Ausschuss können wir somit positiv entgegensehen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Rastätter.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die jetzt anstehenden Reformen im Bildungsbereich – ich nenne als Stichworte: Bildungsplanreform, Kerncurriculum, Einführung von Bildungsstandards, schulbezogene Lehrpläne, Kontingentstundentafeln, interne Evaluation an den Schulen – bedeuten eine gewaltige Herausforderung für die Lehrerinnen und Lehrer dieses Landes. Mit den traditionellen Lehrplänen wurde an den Schulen vor allem Stoff vermittelt. Jetzt steht im Mittelpunkt, was Schülerinnen und Schüler am Ende eines Bildungsgangs oder eines bestimmten Jahresabschnitts können müssen.

(Abg. Seimetz CDU: Sollen!)

Es ist klar, dass die Lehrer und Lehrerinnen mehr als je zuvor qualitativ gute Unterstützungssysteme und Fortbildungsangebote für diesen Paradigmenwechsel brauchen. Fortbildung wird künftig nicht mehr eine individuelle Entscheidung eines Lehrers oder einer Lehrerin sein. Es muss mehr schulbezogene Fortbildung geben, und vor allem muss es mehr Fortbildungsveranstaltungen für das Team, für die gesamte Lehrerschaft einer Schule, geben.

Wir fordern deshalb auch, meine Damen und Herren, bei der jetzt anstehenden Neubewertung der Lehrerarbeitszeit Fortbildungsanteile an der Lehrerarbeitszeit verbindlich in neue Arbeitszeitmodelle einzurechnen.

Das heute vorgestellte Konzept der Einrichtung einer Landesakademie für Lehrkräftefortbildung ist Teil – so sagt Frau Kultusministerin Schavan – eines Gesamtkonzepts zur Qualitätssicherung an den Schulen. Dazu gehören zum Beispiel die neue Ausrichtung des Landesinstituts für Erziehung und Unterricht, die Weiterentwicklung der Lehrerseminare zu didaktischen Zentren und die Einrichtung eines Unterstützungssystems für die Schule durch die Schulverwaltung.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Gut!)

Wir wissen, dass Sie, Frau Schavan, und Ihr Ministerium monatelang an der Reform der Schulverwaltung im Sinne eines Beratungs- und Unterstützungssystems gearbeitet haben.

(Abg. Stickelberger SPD: Dank Erwin!)

Aber nach der Zerschlagung der Schulverwaltung – anders kann ich es nicht formulieren –

(Abg. Scheuermann CDU: „Zerschlagung“ ist Quatsch!)

durch Ministerpräsident Teufel ist jetzt nur ein Torso Ihres Qualitätssicherungssystems übrig geblieben. Es hat den Anschein, dass Sie, Frau Schavan,

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

die Schulverwaltung als Teil der Qualitätssicherung abgeschrieben haben. Ich halte es für dringend notwendig, dass

Sie endlich erklären, welche Aufgabe die Schulverwaltung künftig im Zusammenhang mit der Qualitätssicherung übernehmen und ob sie den Schulen überhaupt noch als Unterstützungssystem zur Verfügung stehen soll.

Wir Grünen haben bereits in der letzten Legislaturperiode gefordert, die Akademien auf den Prüfstand zu stellen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Eben!)

Ihre heutige Gesetzesinitiative zeigt, dass es hierzu Handlungsbedarf gibt. Denn Sie sprechen ja ganz klar von Effizienzreserven, von Synergieeffekten und von der Notwendigkeit der Vernetzung der Angebote.

Selbstverständlich, meine Damen und Herren, macht es Sinn, die vier Akademien zu einer Landesakademie zusammenzufassen. Aber Ihre Initiative greift zu kurz. Wir fordern, die Akademien endlich hinsichtlich der Qualität ihrer Angebote und hinsichtlich der Notwendigkeit, dieses Ausmaß an Fortbildung zentral auf Landesebene stattfinden zu lassen, zu evaluieren.

(Zuruf des Abg. Schneider CDU)

Es müsste evaluiert werden, welche Fortbildungsanteile stärker in die regionale Fortbildung übertragen und in die Schule integriert werden können.

Sie wissen nämlich genau, dass die Kurse an den Akademien teuer sind – allein durch die Aufenthalte und die hohen Reisekosten – und deshalb Mittel gebunden werden, die dann nicht für die Fortbildungsveranstaltungen selbst zur Verfügung stehen. Wir wissen auch, dass die Landesmittel begrenzt sind. Wir müssen aus den Mitteln für die Fortbildung so viel Effizienz wie möglich herausholen. Deshalb wollen wir, dass an den Schulen und in der Region mehr dezentrale Fortbildungsmaßnahmen stattfinden.

Die frei werdenden Mittel sollen für eigene Fortbildungsetats der Schulen eingesetzt werden. Kollege Caroli hat schon angesprochen, dass die Schulen ohne Einflussnahme fest an die Landesakademie angebunden werden sollen. Wir fordern, dass die Schulen eigene Fortbildungsbudgets bekommen und dann selbst entscheiden können, inwieweit sie staatliche Fortbildungsmaßnahmen oder Angebote freier qualitativ guter Bildungsträger einkaufen wollen. Das würde zu einer Verbesserung der Qualität der staatlichen Fortbildungsangebote führen. Denn Konkurrenz – das wissen wir aus Erfahrung – belebt das Geschäft, auch in der Lehrerfortbildung.