Wenn es die Sache und das Wohl unseres Landes und seiner Menschen verlangen, dann werden wir – anders als Herr Teufel zu Kohls Zeiten – auch der Bundesregierung widersprechen.
(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grü- nen und der CDU – Abg. Seimetz CDU: Die Bot- schaft hör’ ich wohl!)
Der Herr Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung gesagt, er brauche die Opposition um der offenen Gesellschaft und der lebendigen Demokratie willen. Wer seine Ausführungen und Absichtserklärungen in der vergangenen Woche genau verfolgt hat, der weiß, dass er die Opposition vor allem zu einem braucht: zum Regieren. Herr Teufel ist erkennbar auf uns angewiesen:
auf unsere Alternativen, auf unser Drängen, auf unsere Interventionen in Berlin, auf unsere Kooperation, auf unsere Kritik.
Denn Regieren, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, reicht über bloßes Verwalten weit hinaus. Was wir in der Regierungserklärung gehört haben, lässt Verwalten, aber kein Regieren erwarten.
Als Erstes sind hier die Beurteilung der Steuerreform der Bundesregierung zu nennen und die Folgen, wie sie sich für das Land auswirkt. Der Herr Ministerpräsident behauptet noch immer, die Steuerreform sei gegen die mittelständische Industrie gerichtet.
Die steuerliche Belastung der Kapitalgesellschaften liegt nach der Steuerreform im Jahr 2005 einschließlich der Gewerbesteuer bei ca. 39 %. Um diesen Steuersatz zu erreichen, müsste ein lediger Personenunternehmer einen Jahresgewinn von 250 000 DM erreichen und ein verheirateter Personenunternehmer einen Jahresgewinn von 500 000 DM. Rund 95 % aller Personengesellschaften haben aber Jahreseinkünfte unter 250 000 DM. Bei Jahreseinkünften von bis zu 100 000 DM, wie sie bei drei Vierteln aller Personengesellschaften der Fall sind, liegt der durchschnittliche Steuersatz nach der Steuerreform gerade einmal bei 19 %, rund der Hälfte des Steuersatzes für Kapitalgesellschaften. Der Mittelstand profitiert also eindeutig wie die Privatleute am stärksten von der Steuergesetzgebung der Bundesregierung.
Wenn wir die Steuerreform 1999 hinzurechnen – sie hat ja die Großunternehmen belastet und Privathaushalte sowie den Mittelstand entlastet –, dann kommen wir bis zum Jahr 2005 zu einer Entlastung von insgesamt 95 Milliarden DM.
Wenn Sie uns nicht abnehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und Herr Ministerpräsident, dass diese Steuerreform ein gelungener Wurf ist, dann glauben Sie wenigstens dem Porsche-Chef, Herrn Wiedeking. Er sagt zur Steuerreform der Bundesregierung Folgendes.
(Minister Dr. Döring: Typischer Mittelständler! Typischer Handwerker! – Ministerpräsident Teu- fel: Mittelständisches Unternehmen! – Zuruf des Abg. Drautz FDP/DVP – Zurufe von der SPD: Ru- he auf der Regierungsbank! – Unruhe)
Wiedeking sagt: Wenn es Kohl schon nicht geschafft hat, seine Steuerreform durchzusetzen, dann stünde es der CDU-Führung sehr gut zu Gesicht, die Steuerreform der Bundesregierung nicht scheitern zu lassen.
Die Wirtschaft braucht diese Steuerreform dringend und hat sich trotz des einen oder anderen Mangels auch schon mental darauf eingestellt. Das sollten Sie sich immer wieder zu Gemüte führen.
Dann gehen Sie, Herr Teufel, auf Ihr Lieblingsthema Ökosteuer ein. Da stellen Sie sich hin und rechnen dem Bund die Einnahmen aus der Ökosteuer gegen die Steuerausfälle aufgrund der Steuerreform auf. Dann wird behauptet, die Steuerreform werde von den Ländern und den Kommunen bezahlt.
Wahr ist, dass das Aufkommen aus der Ökosteuer zu 100 % zur Stützung der Rentenkasse verwendet wird und eben nicht für den Bundeshaushalt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ohne die Ökosteuer müssten Sie entweder die Beiträge für die Rentenversicherung erhöhen oder die Renten kürzen. Beides sagen Sie nicht, wenn Sie immer davon reden, dass Sie die Ökosteuer abschaffen wollen.
Sie haben ja im vergangenen Jahr Ihr Rentenkonzept im Landtag vorgestellt. Was haben Sie da gesagt? Sie haben gesagt, immer dann, wenn der Beitragssatz für die Rentenversicherung die Marke von 20 % überschreite, sollten zur Hälfte die Renten gekürzt werden und sollte zur Hälfte der Beitragssatz für die Beitragszahler erhöht werden. Das war Ihr Modell, Herr Ministerpräsident.
Ich zitiere den Sozialminister, der den so genannten Solidaritätsfaktor angesprochen und wörtlich gesagt hat:
Das sagen Sie aber nicht, Herr Teufel. Sie fordern unverdrossen höhere Renten, niedrige Beitragssätze und die Abschaffung der rentenstützenden Ökosteuer, immer nach dem Motto: Steuereinnahmen runter, Ausgaben unverdrossen rauf und das Desaster der Bundesregierung anhängen. Eine solche Politik ist verantwortungslos. Wir werden sie nicht mitmachen.
Im Übrigen sind Sie der Letzte, der noch die Abschaffung der Ökosteuer fordert. Gestern hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion festgestellt, dass die Abschaffung der Ökosteuer nicht mehr zu ihren Forderungen gehöre, sondern nur noch die Nichterhöhung,
(Unruhe und Zurufe, u. a. Abg. Pfister FDP/DVP: Die Bundestagsfraktion ist auch nicht im Besitz der Weisheit! – Gegenruf von der SPD)
Anders – nachvollziehbar – handelt die Bundesregierung beim Ausstieg aus der Atomenergie, der im Wesentlichen in den nächsten 20 Jahren schrittweise vollzogen werden wird. Auch hier tut die Landesregierung nichts, um an den vorhandenen Kraftwerksstandorten neue und zukunftssichere Technologien und Produktionen anzusiedeln. Sowohl die betroffenen Arbeitnehmer als auch die Standorte selbst und ihre Kommunen dürfen dabei nicht im Stich gelassen werden. Das Know-how des vorhandenen Personals und die hohe Qualifikation dürfen wir nicht brach liegen lassen. Deswegen muss ich Ihnen, Herr Ministerpräsident, sagen: Wir warten darauf, dass Sie in den nächsten fünf Jahren Vorschläge machen, was aus diesen Standorten werden soll, wenn Atomkraftwerke abgeschaltet werden.
Jetzt komme ich zum Thema Zuwanderung, zu einem Thema, das seit der Unterschriftskampagne von Herrn Koch zu einem Lieblingsthema der CDU geworden ist, weil manche in ihrer Not glauben, wenigstens damit noch ein Gewinnerthema für die Bundestagswahl im Ärmel zu haben.
(Abg. Wieser CDU: Sie kommen sicherlich noch zur Landespolitik! – Abg. Teßmer SPD: Oh, Herr Wieser!)
Ja, ja, ich komme schon noch zur Landespolitik. Im Übrigen ist die Zuwanderung auch eine Frage der Landespolitik.