Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer sich mit den Themen „Innere Sicherheit“, „Polizei“, „Fachbehörden“, „Lehrer und Fachlehrer“ befasst, stößt sehr rasch auf die „Baustelle“: Was muss die öffentliche Hand als Arbeitgeber tun? Ist das Besoldungs- und Beamtenrecht in seiner derzeitigen Fassung noch sachgerecht?
Das Land Baden-Württemberg hat 280 000 Beschäftigte; davon sind allein 160 000 Beamte. Damit klar ist: Das Prinzip des Berufsbeamtentums ist für einen verlässlichen Staat richtig und sachlich gut. Aber dass es in vielen Bereichen zu wenig Leistungsprinzipien gibt, dass das Gerechtigkeitsprinzip zu wenig gewahrt wird und dass wir auf dem Arbeitsmarkt, wenn die Konjunktur zu Vollbeschäftigung führt, mit der freien Wirtschaft immer weniger konkurrenzfähig sind, wenn es um die besten Köpfe eines Jahrgangs geht, stimmt mich besorgt.
Wenn ein Ingenieur, ein Techniker oder ein Handwerksmeister benötigt wird, stellt sich die Frage: Kriegen wir mit dem, was ihm geboten werden kann, noch den Berufsschullehrer im technischen Bereich? Ist es richtig, dass beim Realschullehrer, beim Hauptschullehrer Eingangsbesoldung und Endstufe immer gleich sind und keine Beförderung möglich ist?
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn wir auf dem Arbeitsmarkt um die besten Köpfe wettbewerbsfähig sein wollen, dann sind wir gerade in Baden-Württemberg aufgrund der erfolgreichen wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes darauf angewiesen und daran interessiert, dass die Zuständigkeit für das Beamtenrecht, das Besoldungsrecht, das Dienstrecht an die Länder zurückgegeben, der Spielraum der Länder verstärkt und eine flexiblere, leistungsgerechte Bezahlung möglich wird.
Jetzt schlägt Schily nach der Rentenreform eine Kürzung der Pensionen bis zum Jahr 2010 von bisher 75 % auf nur noch 70 % vor. Ich halte dies für nicht gerecht, weil ich
glaube, dass das Lebenseinkommen – das, was ein Beamter als Anwärter, im Studium, in der Eingangsstufe, beim Aufstieg, beim Endgehalt als Pension erhält, die Witwenpension dazu addiert, bekommt – der Arbeitsleistung eines Beamten entspricht und im Vergleich mit der Wirtschaft nicht zu viel an Bezahlung bedeutet.
Deswegen: Wir setzen nicht auf Abbau. Eine Kürzung ist nicht gerecht. Aber wir glauben, dass in den nächsten Jahren der Umbau der Besoldung und der Besoldungskurve notwendig wird: mehr Gehalt am Anfang, mehr leistungsbezogenes Gehalt und letztendlich dann eine Abschmelzung der Pension, weil 75 % in der Neiddebatte nach der Rentenreform auf Dauer nicht mehr haltbar sind. Wer die Neiddebatte vermeiden will, baut um und nicht ab. Wir setzen auf Umbau, damit daraus eine konkurrenzfähige Stellung des Dienstherrn Land gegenüber der freien Wirtschaft in Baden-Württemberg werden kann.
Die nächsten Monate werden geprägt sein von Entscheidungen in der Medienpolitik. Der private Hörfunk wird weiterentwickelt. Wir zollen der Landesanstalt für Kommunikation, wir zollen allen dort im Vorstand und im Medienrat Tätigen unseren Respekt. Ich glaube, dass die Weiterentwicklung und die Struktur mit zwei oder drei starken Bereichssendern, mit einem privaten Jugendsender, mit starken lokalen und regionalen Sendern, mit kompetenten Bewerbern, mit Programmen, die sich unterscheiden, in den nächsten Jahren die Arbeitsplätze im Medienbereich der privaten Hörfunklandschaft sichern und dass daraus ein gutes Angebot in Nachbarschaft und Konkurrenz zum Südwestrundfunk werden kann.
Der Südwestrundfunk hat ebenfalls eine Entwicklung, die sich sehen lassen kann. Wir haben die Rundfunkförderung, den Finanzausgleich halbiert. Daraus entsteht Spielraum, und wir raten dem SWR ausdrücklich: Wenn es möglich wird, Produktionsanteile in der ARD verstärkt von den großen Anstalten abzunehmen, wenn daraus Wertschöpfung, Produktion und Arbeitsplätze für Baden-Baden und Stuttgart möglich werden, dann sollten wir als starker Sender dabei sein. Ich setze darauf, dass in Zukunft im ersten Programm mehr SWR für alle sichtbar und hörbar werden kann.
Der fünfte Schwerpunkt ist die Verkehrsinfrastruktur. Der Ministerpräsident hat darauf einen starken Schwerpunkt seiner Rede gelegt. Schiene, Ferntrasse, regionale Trasse und Nahverkehr, Straßenbau, Bundesfernstraßenbau, Bundesstraßenbau, Landesstraßenbau und kommunaler Straßenbau im GVFG – wir glauben, dass eine Mobilitätsoffensive in Baden-Württemberg notwendig ist, und wir nehmen von Berlin dafür jedes Geld, das angeboten wird, fordern eine kompetente Planung und Gesamtschau ein und haben mit der Koalitionsvereinbarung in dem Bereich, in dem wir verantwortlich sind – im Landesstraßenbau –, die Mittel so verstärkt, dass hier dem Nachholbedarf in den nächsten fünf Jahren ausreichend Rechnung getragen werden kann.
Tiefstand entlang den Sparentscheidungen 1997/98, mittlerer Wert 2000/2001, und auf diesen Investitionsgrad des Jahres 2001 setzen wir 100 Millionen DM obendrauf. Dann arbeiten wir in den nächsten fünf Jahren nicht nur kleinere Maßnahmen ab, sondern auch die Mehrzahl der größeren Maßnahmen für die Infrastruktur, für die Lebensqualität in den Dorfmitten und für die Erschließung von strategischen Gewerbegebieten.
Ich glaube, dass der Landesstraßenbau vorbildhaft in Berlin ankommen kann, und ich fordere Rot und Grün auf, Vergleichbares im Bundesverkehrshaushalt zu tun.
Neben Schiene, Straße und Wasserstraße hat der Flugverkehr – Personenflug und Cargofracht – weiter enorm steigendes Gewicht. Wer die Exportorientierung Baden-Württembergs kennt, der weiß, dass Maschinenbau, Chemie, Fahrzeugbau und Zulieferung, Ersatzteile, Waren, Menschen und Güter just in time jeden Tag in die Welt kommen müssen, der wird aus dem Flugverkehrskonzept in Baden-Württemberg mit Stuttgart, mit Söllingen, mit Friedrichshafen und mit Lahr, der wird aus diesen vier Standorten das Beste machen, was möglich ist.
Ich glaube, dass die Beteiligung des Flughafens Stuttgart in Söllingen richtig war. Ich glaube, dass in Söllingen außerordentliches Wachstum möglich ist. 200 000 Passagiere im letzten Jahr sprechen eine deutliche Sprache. Friedrichshafen hat eine Entwicklung, die nicht ausgereizt ist. Deswegen wollen wir mit dem, was an Infrastruktur vorhanden ist, indem wir erneuern, was in Söllingen nachgeholt werden muss, dafür Sorge tragen, dass mit den vier Standorten in Baden-Württemberg – wir haben nicht einen Standort, der mit München oder Frankfurt mithalten kann – der Wirtschaft unseres Landes eine ausreichende Infrastruktur im fliegerischen Bereich geboten und diese weiterentwickelt werden kann.
Wenn es um Infrastruktur geht, hat auch das Thema Messe Bedeutung und Gewicht. Wir sind davon überzeugt, dass das Vorgehen der Landesregierung mit den Partnern Messe Stuttgart, Stadt Stuttgart und Region in den letzten Jahren konsequent, rechtsstaatlich, dialogbereit mit den Fildern und trotzdem zielorientiert war. Wir sagen Ihnen, der gesamten Landesregierung, auch im Streit vor Gericht und vor Ort in den nächsten fünf Jahren bis Baubeginn und Bauende, bis Einweihung und Betriebsaufnahme möglich werden, die volle Unterstützung jedes Kollegen und jeder Kollegin, auch derer aus dem Kreis Esslingen, zu. Ich glaube, dass dadurch Baden-Württemberg seiner Wirtschaft einen wichtigen Dienst, eine wichtige Stärkung, ein Fenster in die Welt bieten kann.
Regionalmessen und Messen mit überregionalem Gewicht wie in Karlsruhe und Freiburg haben unsere Partner
schaft, nicht Trägerschaft, aber Partnerschaft, auch Finanzpartnerschaft, verdient. Ich bin sicher, dass Baden-Württemberg keine Verzögerung betreibt, wenn die Karlsruher ihre Hausaufgaben gemacht haben. Sie sind im zweiten Anlauf auf gutem Weg. Dann wird Baden-Württemberg mit Sicherheit in ausreichendem Umfang als Partner bereitstehen.
Der Landesentwicklungsplan steht zur Fortschreibung an. Herr Wirtschaftsminister, der Entwurf ist im Großen und Ganzen okay.
Aber ich glaube, dass er etwas Stuttgart-lastig ist. Ich glaube, dass Ihre Beamten aus dem Wirtschaftsministerium etwas zu viel in die Region hineingeschrieben haben und dass eine ergänzende Aussage in anderen Regionen mit ihnen gemeinsam vorgeschlagen werden muss.
Dann geht es um wenige Abgrenzungs- und Streitfragen: Unterzentrum, Mittelzentrum, Oberzentrum, wenige Aufstufungen ja, aber keine Inflation. Wir sollten in diesem Jahr erreichen, dass nach langen Jahren der Debatte unter Dieter Spöri und Ihnen – das ist nicht Ihre Schuld – in diesem Jahr ein Knopf daran gemacht wird und dann die planungsrechtliche Grundlage für die nächsten Jahre und das nächste Jahrzehnt stehen kann.
In diesem Zusammenhang, meine sehr verehrten Damen und Herren, halte ich auch eine grundlegende Entscheidung im Bereich von FOCs und DOCs für notwendig. Da laufen derzeit Verfahren eher unabgestimmt auf der Grundlage geltenden Rechts. Wenn aber der Baden-Airpark dem Flughafen Stuttgart gehört und der Baden-Airpark ein FOC in Söllingen beantragt, ist es doch eine doppelte Aufgabe des Landes und der Landespolitik, einmal in der Frage des Landesentwicklungsplans und des Planungsrechts und zum Zweiten als 50-prozentiger Miteigentümer des Flughafens Stuttgart an diesem Beispiel zu entscheiden, ob wir wollen oder nicht wollen. Ich lege mich heute bewusst noch nicht fest. Aber ich glaube, dass eine grundlegende Entscheidung für den Einzelhandel, für die Städte und Gemeinden, für die Regionen und entlang der daraus erwachsenden Wertschöpfung zum Thema Designer-Outlet-Centers und Factory-Outlet-Centers in Baden-Württemberg mit der Fortschreibung des LEP verbunden werden muss.
Sie können Ihre Vorschläge wiederholen, durch wen Sie wollen und so oft Sie wollen: Noll, Glück, Pfister, Goll und Co.
Wir sind davon überzeugt, dass das drogenfreie Gesellschaftsbild, dass die Ächtung aller Drogen auch in Zukunft überzeugend und richtig ist.
Deswegen: Machen Sie Öffentlichkeitsarbeit. Bei dem Thema ist die Linie der Landesregierung und die Linie Baden-Württembergs für die ganzen nächsten fünf Jahre klar. Stürzen Sie sich und stützen Sie sich auf andere Themen, wo wir im Einvernehmen für Baden-Württemberg tätig sind.
(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Das ist eine Drogenpolitik hier! Um Gottes willen! – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Ein drogenfreies Kabinett wäre einmal ein Anfang!)
Die „Stuttgarter Zeitung“ schreibt heute: „AOK erhöht ihren Beitrag auf 14,2 %.“ Roland Sing, nicht gerade verdächtig, im Freundeskreis der CDU im engsten Bereich zu sein, obwohl sein Sachverstand herausragend ist oder gerade deswegen
(Lachen und demonstrativer Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Drexler SPD: Gerade des- wegen!)
hören Sie doch zu! – ist seine Aussage wichtig, nämlich wörtlich: „Politik für Finanznot verantwortlich.“ Was Sing gestern in seinem Verwaltungsrat gesagt hat, muss Ihnen in den Ohren klingen.
Denn im Bereich der Gesundheitsreform sind Sie untätig, haben, wenn, dann Falsches gemacht und bekommen jetzt Lohnnebenkosten, die den Wirtschaftsstandort Deutschland schädigen, obwohl von Ihrer Regierung in Berlin das Gegenteil zugesagt worden ist.
Die AOK richtet einen dringenden Appell an die Bundesregierung, für Sofortmaßnahmen zur Beitragsstabilisierung zu sorgen. Wer weiß, wer in der AOK mitarbeitet – Gewerkschaften in besonderem Maße, Mitarbeitervertreter –, der kann nur sagen: Diese Kritik kommt längst nicht alleine von der CDU. Sie kommt auch nicht alleine von der IHK. Sie kommt aus einem Bereich, der Ihnen wehtun muss. Umso mehr fordern wir Sie auf: Sorgen Sie dafür, dass noch in dieser Legislaturperiode, die längst noch eine Arbeitsperiode und noch keine Wahlkampf-Endperiode ist, im Deutschen Bundestag ein Gesetzentwurf vorgelegt wird, dass Kostendämpfung und Kostendeckelung im Gesundheitswesen sozial gerecht und zukunftsorientiert gelingen können. Was Sie bisher gemacht haben, ist im Grunde genommen Flickwerk und wird dieser Herausforderung nie und nimmer gerecht.
Dabei ist der Krankenkassenbeitrag nur ein Baustein im gesamten Gebäude. Es gibt immer mehr Bausteine im Gebäude „Standort Deutschland“, die brüchig geworden sind – Arbeitsmarkt und Wirtschaftskraft – oder die allenfalls Potemkin’sche Dörfer sind. Die Bundesregierung – ich sage das mit allem Nachdruck – tut gut daran, ernst zu neh
men, wenn die Wirtschaftsinstitute einen freien Fall prognostizieren. Vor zwei Tagen sprach das Ifo-Institut in München davon, 2001 werde das Wirtschaftswachstum noch 1,2 % betragen. Ich male nicht schwarz,