Im Vergleich zum Durchschnitt von 145 Insolvenzen pro 1 000 Betrieben sind es bei Handwerksunternehmen gerade einmal 6,8 Insolvenzen. Wir haben eine hervorragende Struktur im Handwerk. Gerade Baden-Württemberg muss darüber froh und dafür dankbar sein.
Wir hoffen, dass die SPD-Bundesregierung diese Struktur nicht abgräbt und eine instabile Drehtürfunktion schafft,
die instabile Unternehmen auf Gesellenbasis initiiert, die mit Dumpingpreisen, weil sie nur an Wochenenden arbeiten, auf den Markt gehen. Wir haben heute die Situation, dass sich unsere kleinen Betriebe aufgrund der hohen Belastungen, die ihnen die Politik aufgelastet hat, nicht mehr vergrößern können.
Meine Damen und Herren, die grundsätzliche Struktur der Handwerksordnung darf nicht angegangen werden.
Sie war seit Jahren stabil. Sie hat viel zu unserer wirtschaftlichen Prosperität beigetragen. Das Einzige, was wir angehen können, ist, dass wir das so genannte Inhaberprinzip abschaffen; denn es kann nicht angehen, dass eine Personengesellschaft diskriminiert wird. Wir können gleichwertige Qualifikationen akzeptieren, sodass der Techniker oder der Ingenieur selbstverständlich als Meister anerkannt werden könnte. Es muss zum Teil Ausnahmeregelungen geben. Wir brauchen auch einen kostengünstigeren und unbürokratischen Erwerb des Meisterbriefs.
Darüber hinaus kann man sich eine qualifizierte Altgesellenregelung vorstellen; das ist keine Frage.
Gerade wir in Baden-Württemberg müssen alles tun, damit wir weiterhin diese stabilen, hoch qualifizierten Handwerksstrukturen erhalten. Wir haben das Glück, dass heute die sozial Schwächeren an die Hand genommen werden und eine gute Ausbildung erhalten.
Ich möchte noch einmal auf die eminent hohe Jugendarbeitslosigkeit in anderen Ländern hinweisen. Dass wir hier besser dastehen, können wir auf die Handwerksbetriebe zurückführen, die ein breites Ausbildungsspektrum anbieten.
(Abg. Capezzuto SPD: Was hat das mit dem Meis- terbrief zu tun? – Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD – Unruhe)
Ich darf Sie wirklich nur bitten, dafür zu sorgen, dass der Meisterbrief weiterhin als hohe Qualitätsanforderung anerkannt wird.
Meister sind nicht nur in ihrer Fertigkeit hoch qualifiziert, sondern haben darüber hinaus auch betriebswirtschaftliche und berufspädagogische Qualifikationen.
... in Zukunft sollte die Bilanzbuchhalterin gleichermaßen auch als Steuerberaterin anerkannt werden. Wir müssen dies vielmehr als Fort- und Weiterbildung betrachten. Der Meisterbrief ist eine verbesserte Ausbildung über den Gesellenbrief hinaus.
(Abg. Fischer SPD: Frau Fauser, seien Sie Ihrer Kollegin gegenüber doch fair! – Zuruf von der SPD: Was haben Sie gegen Gesellen?)
Ich hoffe, dass wir uns in Karlsruhe bei der Schreinerinnung sehen. Dann können Sie sich davon überzeugen, dass der Meisterbrief...
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen, meine sehr geehrten Kollegen! Dieses Thema ist, wenn man die bundespolitische Szene der letzten Wochen betrachtet, in der Tat außerordentlich aktuell. Deswegen ist es auch angemessen, eine Debatte über Sinn und Wert des Meisterbriefs in einer veränderten Gesellschaft zu führen.
Ich möchte vorweg sagen, dass unter dem, was die Bundesregierung hierzu auf den Weg gebracht hat, aus der Sicht von Baden-Württemberg, dem mittelstandsintensivsten Bundesland dieser Republik, einige Dinge sind, die absolut richtig gesehen und angegangen werden, dass es aber einige andere, zentrale Punkte gibt, die auf unseren schärfsten Widerstand stoßen müssen.
Ich möchte daran erinnern, dass es sicherlich richtig ist, wenn die Inhaberbefähigung jetzt entfallen soll.
Die Wartezeit zwischen Gesellenprüfung und Meisterprüfung kann geändert werden; auch das ist etwas Vernünftiges. Auch die Öffnung der Handwerksrolle für Ingenieure und Hochschulabsolventen wird aus unserer Sicht sehr ähnlich gesehen.
Wir meinen aber, dass die Bundesregierung derzeit unter dem Stichwort der Entbürokratisierung eine umfassende Novellierung der Handwerksordnung betreibt und dass sie diese Reform entgegen früherer Zusagen nicht in enger Abstimmung mit dem Handwerk, sondern gegen das Handwerk auf den Weg gebracht hat. Deshalb ist es verständlich, wenn gerade bei uns in Baden-Württemberg die Vertreter des Handwerks außerordentlich verstimmt und verärgert sind.
Beim Handwerk, gerade auch hier in Baden-Württemberg, bestand nämlich durchaus Gesprächsbereitschaft und auch die Bereitschaft, einige Dinge entsprechend zu verändern.
Wenn die Bundesregierung nunmehr sagt, dass sie mit ihrer Reform beabsichtige, neue Arbeitsplätze zu schaffen, dann geht sie am Ziel vorbei. Das Problem liegt nicht in der Zahl fehlender Arbeitskräfte, sondern in den viel zu hohen Lohnnebenkosten.
Wenn es der Bundesregierung um die Schaffung neuer Arbeitsplätze geht, muss sie endlich von ihrer völlig verfehlten Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik abrücken und dafür sorgen, dass es wieder Bewegung in diesem Land gibt.
Wir verkennen nicht einen gewissen Bedarf an Reformen im Handwerksrecht, aber eine Reform muss dann eben auch vernünftig durchgeführt werden.
Zu den Vorschlägen im Einzelnen darf ich Folgendes bemerken: Zentraler Bestandteil der rot-grünen Koalitionsvorschläge ist die Anlage A der Handwerksordnung, betrifft also diejenigen Handwerksberufe, für deren selbstständige Ausübung der Meisterbrief Voraussetzung ist: Sie sollen auf so genannte gefahrengeneigte Gewerbe beschränkt werden.