Protocol of the Session on June 26, 2003

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Drexler SPD: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Dederer.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal möchte ich mich beim Kollegen Dr. Birk dafür bedanken, dass er eine Behandlung unserer Fragen im Unterausschuss NSI zugesagt hat.

(Zurufe von der SPD: Selbstverständlichkeit! – Abg. Dr. Caroli SPD: Wieso bedanken Sie sich da? – Abg. Seimetz CDU: Sehr großzügig vom Kolle- gen Birk!)

Sie erinnern sich: Ich meine die Fragen, die ich vorhin schon aufgezählt habe, die unsere Rechte als Abgeordnete betreffen. Ich möchte aber den Kollegen Dr. Birk doch bitten, diese Fragen zu klären, bevor wir erstmals einen Haushalt mit den Neuen Steuerungsinstrumenten aufstellen. Darum geht es mir nämlich, Kollege Dr. Birk. Es kann doch nicht sein, dass wir einen Haushalt schon auf der Basis der Neuen Steuerungsinstrumente aufstellen – das soll ja bereits mit dem Haushalt 2004 geschehen – und uns im Nachhinein darüber Gedanken machen, was wir als Abgeordnete eigentlich an Zahlen benötigen.

Ich möchte auch nicht, dass das der Herr Finanzminister für mich tut, so, wie er es vorhin gesagt hat, sondern ich möchte als Abgeordnete selber entscheiden, wo ich einen Einblick haben sollte, was ich mir an Informationen beschaffen kann und wie der künftige Haushalt auszusehen hat. Die Zeit drängt, Kollege Dr. Birk; denn Sie wissen: Ende des Jahres wird der Haushalt aufgestellt sein. Das heißt, wir hätten eigentlich schon zu Beginn dieses Jahres über diese Fragen diskutieren müssen.

(Abg. Dr. Birk CDU: Können!)

Ich will auch nicht in den Haushaltsvollzug eingreifen, wie Sie mir das vorhin vorgeworfen haben, Kollege Dr. Birk. Der Haushaltsvollzug ist tatsächlich Aufgabe der Regierung, ist Aufgabe der Verwaltung. Man muss aber im gleichen Atemzug auch unsere Aufgabe nennen. Das ist eben die Kontrolle des Haushaltsvollzugs. Das müssen die Neuen Steuerungsinstrumente auch leisten. So, wie es im Moment in der Landeshaushaltsordnung drinsteht, ist das eben nicht ausreichend.

Ich plädiere deswegen noch einmal für eine Steuerungsordnung, die genau dieses Verhältnis des Landtags zur Regierung regelt und genau diese Fragen klärt. Letztendlich muss dem Landtag die Möglichkeit gegeben werden, sich einerseits schon auf politische Grundsatzentscheidungen zu konzentrieren, aber andererseits auch in besonders identifizierten Bereichen Detailentscheidungen zu treffen. Das kann in einer Steuerungsordnung in Form eines Gesetzes geregelt werden.

Lassen Sie mich auch noch eine Anmerkung zum Thema Landräte machen. Für mich gilt da schon der Grundsatz: Wer bezahlt – und das ist das Land –, der muss auch die Möglichkeit haben zu kontrollieren. Es gibt aber keine Möglichkeit, diese Kontrolle effektiv durchzuführen, wenn wir keine ordentlichen Kennzahlen haben. Deswegen plädiere ich auch hier noch einmal für die Einführung der Neuen Steuerungsinstrumente in allen Bereichen.

Der Herr Finanzminister hat vorhin dargelegt, es sei natürlich, dass keine Begeisterung bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufkomme, wenn solche großen Reformen wie jetzt anstünden. Das mag ja sein, aber umso wichtiger ist es doch, dass ich Signale aus der Mitarbeiterschaft aufnehme, wenn etwas schief läuft, dass ich schnell korrigiere und dass ich Fehler nicht schönrede. Ich bin deswegen noch einmal

auf dieses ja schon etwas ältere Beispiel mit den Schulungen eingegangen, weil es eben ein ganz gravierender Fehler war. Man hat da nicht augenblicklich und auch nicht richtig reagiert.

Deshalb noch einmal meine Bitte: Beziehen Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein! Das beschränkt sich nicht nur auf die Personalräte. Nur noch ein Hinweis: In Firmen ist es so, dass bei großen Reformen auch Leute aus einzelnen Unterabteilungen in Stabsstellen einbezogen werden, damit solche Projekte ordentlich bis ganz nach unten umgesetzt werden können. Ohne die Mitarbeiter funktioniert es nicht. Beziehen Sie diese deswegen auch entsprechend richtig ein.

Zum Verhältnis der Neuen Steuerungsinstrumente zur Verwaltungsreform: Der Herr Finanzminister hat beide Projekte als tolle innovative Projekte dargestellt. Für NSI sprechen sicher die Ziele, die wir nicht aus den Augen verlieren sollten, wie Kollege Theurer richtig festgestellt hat. Aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren – auch nach dem, was Herr Stratthaus hier gesagt hat –, dass sich hier zwei Schnellschüsse in die Quere kommen. Am Beispiel der Landratsämter wird es deutlich. Wenn es tatsächlich so durchgeführt wird, dann wird es so sein, dass es nicht nur den Mitarbeitern schadet, sondern auch uns als Abgeordneten, weil wir uns nämlich unser Königsrecht, das Etatrecht, nehmen lassen.

Danke.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Theurer.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Bitte wieder ein Zi- tat! Etwas Philosophisches!)

Ich beschränke mich auf eine Anmerkung. Wenn man sich die SPD-Kritik vergegenwärtigt, dann lautet sie so: Man braucht mit der Verwaltungsreform NSI nicht mehr, hat es aber bezahlt. Dagegen argumentiert die Kollegin von den Grünen: Man bezahlt und braucht es auch, gerade bei der Verwaltungsreform. Ich bin der Meinung, dass wir NSI brauchen und auch als Grundlage für die Verhandlungen mit den Landratsämtern und den Stadtkreisen brauchen können,

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Sehr richtig!)

weil man ja erst durch NSI genau weiß, wer was für wen macht und was es kostet.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Das ist es! Genau!)

Das ist ja die Grundlage für die Gespräche mit den Landratsämtern. Insofern sehe ich durch die Verwaltungsreform den Grundgedanken von NSI überhaupt nicht gefährdet. Im Gegenteil, ich sehe tatsächlich in NSI die Grundlage dafür, dass wir, wenn es um die Effizienzrendite geht – das ist ja der Ausgangspunkt der Verwaltungsreform –, auch sicherstellen können, dass diese Effizienzrendite tatsächlich erzielt wird. Wir müssen hier ja auch noch einmal darüber reden, welche Basisjahre man für die Berechnung dieser Effizienzrendite zugrunde legt.

Insofern denke ich, dass die Kritik oder die Befürchtungen, sage ich jetzt einmal, die Herr Kollege Schmid hier vorgetragen hat, im Grunde genommen unbegründet sind.

(Abg. Nagel SPD: Hallo, FDP/DVP, klatschen!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Seltenreich.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich sehe mich jetzt bemüßigt, doch etwas zur Frage der Neuen Steuerungsinstrumente zu sagen, und zwar deshalb, weil hier wohl ein Missverständnis vorliegt, nämlich das Missverständnis, dass die SPD den Neuen Steuerungsinstrumenten grundsätzlich nicht zustimmen würde.

(Abg. Hauk CDU: Was gilt denn jetzt?)

Ich will darauf aufmerksam machen, dass die Neuen Steuerungsinstrumente den Blick auf die „neue Steuerung“ verstellen. Damit kommen wir zu den Voraussetzungen einer neuen Steuerung und dazu, was hier in diesem Parlament nicht gesagt wird.

Voraussetzung dafür ist zum einen Aufgabenkritik und gegebenenfalls Normenrückbau. Das Parlament befasst sich im Moment gar nicht mit der Frage der Strategie oder der Aufgabenkritik. Wir müssen von der Regierung fordern, dass wir – ähnlich, wie es zum Beispiel in Hessen geschehen ist – eine Kommission zur Modernisierung des Staates einrichten.

(Abg. Hauk CDU: Das kennen wir zur Genüge, was Kommissionen derzeit machen!)

Zweitens liegen uns fachliche Vorschläge vor, zum Beispiel von der verwaltungswissenschaftlichen Hochschule in Speyer. Die vorliegende Problematik ist übrigens in der gesamten Republik ähnlich veranlagt.

Weiterhin ist die Frage der „Verbetriebswirtschaftlichung“ von weiten Bereichen der Verwaltung zu stellen, zum Beispiel im Sinne von Eigenbetrieben, von Aufgabendelegationen und vor allem von Privatisierung von Staatsaufgaben. Auch über diese Strategien sprechen wir nicht.

Drittens bilden die NSI nur einen Teil der gesamten neuen Steuerung. Sie sind nur Handwerkszeug. Deswegen heißen sie auch Steuerungs i n s t r u m e n t e. Der Staat muss sich erneuern, er muss auch international bestehen können und in der Lage sein, sowohl in der Bundesrepublik als auch in Europa und später vielleicht in der ganzen Welt zu einem Benchmarking zu kommen und sich der Best Practice zuzuwenden, was dann tatsächlich dazu führen kann, dass wir hohe Effizienzrenditen erzielen.

Deswegen sind diese Neuen Steuerungsinstrumente nur ein Ausschnitt, ein Teil eines großen Wurfs einer Reform. Deswegen sage ich hier ganz deutlich: Wir müssen über diese Bereiche im Parlament reden und dürfen uns von der Regierung diese Arbeit nicht abnehmen lassen.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Wir reden doch im Par- lament darüber!)

Dies wäre Voraussetzung, um in der Diskussion zu wissen, wohin wir wollen. Herr Theurer hat vorhin gefragt: Wer sind wir? Was wollen wir? Wohin wollen wir? Mit welcher Strategie? – Das kennen wir doch alles aus den Lehrbüchern.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Das wissen wir doch! – Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter – –

Aber diese Fragen werden hier im Parlament noch nicht gestellt. Ich bin der Meinung, dass wir – ähnlich, wie es in anderen Bundesländern geschieht – damit anfangen sollten.

Herr Abg. Seltenreich – –

Zweitens, und das ist meines Erachtens ein Problem: In der Bundesrepublik wird sich etwas ergeben, was man in der Verwaltungslehre Konvergenz nennt. Wir werden uns in vielen Verfahren anderen Bundesländern annähern, und zwar nicht nur im Verwaltungsverfahren selbst, etwa bei der EDV, sondern zum Bespiel auch hinsichtlich der Aufgabengestaltung in dieser Republik. Dies müsste im Prinzip...

Herr Abg. Seltenreich, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

... auch hier im Parlament diskutiert werden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Hauk?

(Zuruf von der SPD: Der sitzt dort drüben!)

(Heiterkeit)

Herr Kollege Seltenreich, wenn Sie diese Fragen jetzt stellen, dann frage ich Sie, warum Sie diese erst heute, am Donnerstagnachmittag um 16 Uhr, einbringen und sie nicht schon seit Jahren hier im Parlament stellen, wo Sie die Möglichkeit dazu haben?

(Abg. Seimetz CDU: Das ist eine schwierige Frage! Die kann er nicht beantworten!)