Ich habe in den letzten zwei Jahren im Parlament wirklich Gelassenheit gelernt – das bringt wahrscheinlich die Oppositionsarbeit so mit sich –, aber es gibt immer noch Dinge, die mich wirklich auf die Palme bringen.
(Abg. Dr. Caroli SPD: Palme oder Palmer? – Hei- terkeit – Gegenruf des Abg. Theurer FDP/DVP: Das war anzüglich! – Weitere Zurufe)
Was mich an diesem Projekt wirklich ärgert, ist, dass das Parlament nicht darüber informiert wird, was aufgrund welcher vertraglichen Verpflichtungen an die Vertragspartner gezahlt wird. Kollege Schmid hat das vorhin schon gesagt, meine Damen und Herren. Ich kann doch ohne diese Informationen nicht glaubhaft politisch arbeiten. Ich habe den Anspruch, realistische, erfüllbare Forderungen zu stellen, aber ich kann das nicht, wenn ich die Verträge nicht habe. Es wäre nur recht und billig, wenn wir als Abgeordnete Einblick in diese Verträge erhalten würden. Denn man muss sich schon einmal vor Augen führen: Wir tragen hier eine Verantwortung für den Landesetat in Höhe von fast 32 Milliarden €, aber einen Vertrag über einen Bruchteil dieses Betrags bekommen wir nicht zu Gesicht. Also, wir sind doch nicht irgendwelche Hansel, denen man das nicht verraten könnte.
Damit komme ich zum nächsten Punkt. NSI sollte zuallererst Sache des Parlaments sein und nicht der Regierung. Bisher erfolgt im Unterausschuss NSI zwar eine permanente Information der Abgeordneten durch die Stabsstelle, aber eine eigentliche Diskussion über die Rechte der Abgeordneten nach Einführung der Neuen Steuerungsinstrumente findet nicht statt. Unsere Fraktion hat bereits
hören Sie zu, Kollege Hauk, sonst erleben Sie mich doch noch jähzornig – im Herbst letzten Jahres für das Parlament relevante Fragen gestellt. Diese wurden bis heute im Unterausschuss NSI nicht behandelt. Meine Damen und Herren,
machen Sie sich doch klar: Die Einführung der Neuen Steuerungsinstrumente wird den Landeshaushalt verändern, das parlamentarische Budgetrecht verändern und eventuell sogar einschränken und tangiert damit direkt unsere Arbeit. Die Titelstruktur wird ausgedünnt; es gibt mehr Globaltitel. Dabei wird natürlich der Auswahl und der Menge der in den Erläuterungen zum Haushalt enthaltenen Kennzahlen eine große Bedeutung zukommen.
Die erhöhte Deckungsfähigkeit der einzelnen Titel über Jahre hinweg tangiert auch die Entscheidungshoheit des Parlaments. Ich frage mich schon, was mit diesem vollmundigen Beschluss passiert ist, den ich nicht mit beschlossen habe, aber viele von Ihnen in der letzten Legislaturperiode. Ich darf aus diesem Beschluss, den Sie gefasst haben, zitieren. In der Beschlussempfehlung des Parlamentarischen Beirats „Neue Steuerungsinstrumente“ sind wirklich wichtige Fragen für dieses Parlament enthalten. Die sollten endlich einmal geklärt werden. Da wird gefragt:
In welcher Form und für welche Zeiträume findet die parlamentarische Kontrolle der Erbringung derjenigen Leistungen statt, die im Haushalt festgelegt sind?
Welche Rechte hat der Landesrechnungshof? Inwieweit kann das Parlament... auf dessen Kenntnisse zurückgreifen?
Meine Damen und Herren, diese Fragen sind alle noch nicht geklärt. Sie müssen doch schließlich vor der ersten Haushaltsplanaufstellung geklärt werden.
Der Minister wird Ihnen nachher sicher erklären, dass wir die Landeshaushaltsordnung geändert haben und dass das völlig ausreichend ist. Das ist es aber nicht. Was haben wir denn mit diesen Änderungen tatsächlich getan? Wir haben der Regierung letztendlich eine Carte blanche ausgestellt, aber nicht unsere ureigensten Rechte als Parlamentarier verteidigt. Ich gebe natürlich zu: Es liegt in der Natur der Sache, dass es da Unterschiede zwischen den Oppositionsund den Regierungsfraktionen gibt.
Natürlich haben wir ein ganz unterschiedliches Informationsbedürfnis. Ich kann auch nachvollziehen, dass es nicht im Interesse der Regierung ist, die Rechte des Parlaments
Für alle Abgeordneten hier in diesem Haus sollte auch gelten: Das Etatrecht ist das Königsrecht des Parlaments. Das lassen wir uns durch NSI nicht nehmen, Kollege Theurer.
Meine Damen und Herren, die Ziele von NSI – das kann ich an dieser Stelle auch sagen – unterschreiben wir. Ich glaube, hinter denen stehen wir alle. Die Abläufe in der Verwaltung sollen effizienter und effektiver, kosten- und qualitätsorientierter werden. Wir alle wollen eine Modernisierung unserer Verwaltung, mehr Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung. Dafür brauchen wir eine Zahlenbasis, die das Verwaltungshandeln messbar macht.
Diese Zahlenbasis liefern uns die Neuen Steuerungsinstrumente. Das automatisierte Haushaltsvollzugsverfahren ermöglicht den Ressorts einen tagesscharfen Überblick über die einzelnen Titel. Auch das ist natürlich ein großer Vorteil gegenüber dem jetzigen System. Die Dezentralität erweitert die Handlungsspielräume der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Benchmarking macht Vergleiche einzelner Behörden möglich und lässt Vergleiche zwischen den einzelnen Bundesländern zu. Es eröffnet uns schließlich bessere Möglichkeiten und Perspektiven. Deswegen unterstützen wir die Einführung der Neuen Steuerungsinstrumente im Grundsatz.
Wir sind daher auch dafür, nicht einfach auf dem jetzigen Stand der Einführung stehen zu bleiben mit dem Funktionsumfang II. Denn die mit dem Funktionsumfang II eingeführte Kosten- und Leistungsrechnung – also mit Kostenarten und Kostenstellen – macht, auch mit dem Funktionsumfang II, nur mit der einzuführenden Kostenträgerrechnung Sinn.
Aber – jetzt kommt das große Aber – entweder man macht es gut, oder man macht es gar nicht. Aus diesem Grund stellen wir folgende Forderungen:
Erstens: Beziehen Sie endlich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein. Nehmen Sie die Anregungen und die Kritik an. Schließen Sie in allen Ministerien Dienstvereinbarungen ab, und handhaben Sie dabei vor allem die Frage, ob Beteiligungstatbestände nach dem Landespersonalrecht erfüllt sind, nicht so kleinlich! Wir brauchen bei NSI die Mitarbeiter. Denn die Mitarbeiter sind schließlich der Garant für die erfolgreiche Einführung der Neuen Steuerungsinstrumente.
Der zweite Punkt: Wir fordern eine neue Konzeption für die Einführung der Neuen Steuerungsinstrumente, die zum einen die von Ministerpräsident Teufel geplanten Veränderungen in der Verwaltungsstruktur berücksichtigt. Es kann nicht sein – Kollege Schmid hat es schon gesagt –, dass bisher schon in die Landratsämter integrierte Sonderbehör
den nicht an den Neuen Steuerungsinstrumenten beteiligt sind, neu zu integrierende Behörden aber schon Teil des Projekts sind. Diesen Konflikt muss man irgendwie lösen. Wir haben da eine andere Einschätzung als die SPD. Denn wir wollen gerade NSI in den Landratsämtern haben, weil eine parlamentarische Kontrolle der Landräte letztlich nur mit den Neuen Steuerungsinstrumenten in vollem Umfang möglich ist.
(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Gö- schel SPD: In vollem Umfang! Mein Gott, sind die blauäugig! – Abg. Stickelberger SPD: Ihr Wort in Gottes Ohr!)
Zum anderen fordern wir die Regierung auf, die bisherige Einführung der Neuen Steuerungsinstrumente gründlich zu evaluieren und die Einführung von NSI verstärkt auf die Bedürfnisse der einzelnen Ressorts abzustimmen. Man braucht hier nur auf die anderen Bundesländer zu schauen. Bayern evaluiert seine Pilotämter wirklich gründlichst, bevor weitere Schritte getätigt werden. Rheinland-Pfalz macht das viel lockerer, nämlich auf Basis einer freiwilligen Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung. Wir werden – das ist uns klar – dafür auch eine zeitliche Streckung des Projekts in Kauf nehmen. Meine Damen und Herren, es muss doch möglich sein, dass Fachbereiche, die aufgrund rechtlicher Rahmenbedingungen oder eines kleinen Budgets nur geringe Steuerungsmöglichkeiten haben, eigenverantwortlich eine weniger differenzierte Kosten- und Leistungsrechnung einführen.
Dritter Punkt: Setzen Sie gemeinsam mit uns endlich den Landtagsbeschluss aus der letzten Legislaturperiode um. Ich habe Ihnen diese wichtigen Fragen vorgelesen, und ich fordere Sie auf, Kollege Dr. Birk, diese Fragen mit uns im Unterausschuss NSI endlich zu diskutieren.
Viertens: NSI ist Sache des Parlaments. Eine Steuerungsordnung, die in Form eines Gesetzes das Verhältnis zwischen Landtag und Regierung regelt, wäre ein guter Weg, Steuerung und Kontrolle durch das Parlament festzulegen. Klar ist: Die Informations- und Anhörungsrechte des einzelnen Abgeordneten müssen auch bei den Neuen Steuerungsinstrumenten uneingeschränkt fortbestehen. Diese Rechte sind als Minderheitenrechte auszugestalten, weil es in der Realität doch so ist, dass die Opposition die Regierungskontrolle wahrnimmt.
Wir wollen ferner, dass mit den Neuen Steuerungsinstrumenten die parlamentarische Kontrollkompetenz insgesamt und mit ihr das Budgetrecht des Parlaments aufgewertet wird.
Meine Damen und Herren, ich darf zum Abschluss den Vizepräsidenten des Rechnungshofs, Herrn Gößler, zitieren. Er hat gesagt: „Akzeptanz schafft man durch überzeugende Lösungen.“ Auf diese überzeugenden Lösungen warten wir noch, meine Damen und Herren.
(Abg. Drexler SPD: Ein schwerer Gang! – Abg. Heike Dederer GRÜNE: Jetzt, Herr Vorsitzender! – Abg. Oelmayer GRÜNE: Jetzt sind wir aber ge- spannt!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal: Ich denke, dass es gut ist, dass wir diese Debatte heute führen und auch genügend Zeit haben, um einmal eine Grundsatzdebatte über das Thema „Neue Steuerungsinstrumente“ zu führen.