Protocol of the Session on May 8, 2003

(Beifall bei der CDU)

Natürlich haben Sie das Recht, nach der Verwendung öffentlicher Gelder zu fragen. Das haben Sie ja ausführlich getan. Aber Sie haben die klare Aufklärung durch den Minister im Wissenschaftsausschuss erhalten. Diesem Minister kann man nichts vorwerfen.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Außer dem Fehlen von klaren Aussagen!)

Er hat keine falschen Aussagen getroffen. Er hat klar gesagt, wie die Situation ist.

Meine Damen und Herren, wenn Sie von privaten Universitäten reden, dann müssen Sie diese einmal in der Gesamtlandschaft sehen. Lesen Sie einmal die Schlagzeilen zum Beispiel zu privaten Universitäten in Nordrhein-Westfalen. Die Universität Witten/Herdecke hat mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Überall in Deutschland, wo private Organisationen auf das Feld gerufen worden sind, muss man zurzeit kämpfen. Das Thema heißt: Die Sponsorengelder

fließen nicht mehr. Wir, die wir in den Sport- und Kulturvereinen sitzen, wissen, was dies im Moment bedeutet, wenn wir betteln gehen müssen und Sponsorengelder einwerben müssen.

Auch in Bruchsal, auch in den anderen Bereichen fehlen glatt diese Gelder, verursacht durch die schlechte Wirtschaftslage und mit verursacht durch eine schlechte Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU – Abg. Birzele SPD: Immer die gleiche Leier! Baden-Württemberg ist am Schluss! Höchster Anstieg der Arbeitslosigkeit! – Gegenruf des Abg. Pfisterer CDU: Das ist die Wahrheit!)

Ja, Sie sind eben an der Regierung. Deswegen müssen Sie sich das gefallen lassen.

Meine Damen und Herren, was ist Sache? Die Sache ist ganz einfach: 1998 wurde die staatliche Anerkennung gegeben. Damals wurde eine staatliche Finanzhilfe von 2 Millionen DM gegeben. Für die ersten drei Jahre war diese Finanzhilfe bedingungslos. Man hat damals beschlossen, dass vor den letzten beiden Raten eine positive Akkreditierung erfolgt sein muss. Diese Akkreditierung ist eingeleitet worden, meine Damen und Herren. Der Wissenschaftsrat hat sie aber nicht zu Ende geführt, sondern hat mit der Begründung: „Es ist noch nicht so weit, man muss Bruchsal eine Chance geben“ das Akkreditierungsverfahren ausgesetzt und vorgeschlagen, in fünf Jahren endgültig zu entscheiden.

Die Landesregierung hatte bei diesem Sachverhalt nur zwei Alternativen. Die eine Alternative ist die Fortsetzung der Ratenzahlung.

(Abg. Wintruff SPD: Aha!)

Die andere Alternative ist die Einstellung der Universität, die Schließung. Glauben Sie doch nicht, dass die Universität weiterleben kann, wenn Sie jetzt die zwei Raten aussetzen und nicht zahlen. Deswegen hat die Landesregierung in meinen Augen,

(Abg. Pfisterer CDU: In unseren Augen!)

in unseren Augen richtig entschieden und hat im Verfolg des damaligen Beschlusses gesagt: Die letzten beiden Raten werden nur noch gegen Sicherheit bezahlt. So ist es vorgesehen, und so wird jetzt verhandelt: Die Rate 2003 wird gegen Sicherheit des eingezahlten Stiftungskapitals von 1,3 Millionen DM gegeben, voll abgesichert, und für die nächste Rate 2004 muss Sicherheit gebracht werden, sonst gibt es kein Geld.

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass staatliches Geld nicht immer nur für sichere Projekte gegeben wird. Staatliches Geld wird für Existenzgründungsmaßnahmen gegeben, für Risikoreiches, für Forschung. In der Kultur ist jede Inszenierung ein Risiko.

(Minister Dr. Christoph Palmer: Sehr gut!)

Das ist die Rechtfertigung auch von staatlichen Zuschüssen.

(Minister Dr. Christoph Palmer: Sehr gut!)

Deswegen können Sie nicht sagen: Das muss alles mathematisch immer klappen.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um die Zurückhaltung, die der Universität Bruchsal die Chance gibt, das zu erreichen, was sie sich vorgenommen hat, nämlich die sichere Existenz.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU – Beifall bei Ab- geordneten der FDP/DVP – Minister Dr. Christoph Palmer: Sehr gut! – Abg. Pfisterer CDU: Sehr gute Darstellung! Spitze!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Pfister.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie wissen, dass ich ein glühender Anhänger von mehr Wettbewerb auch zwischen den Bildungseinrichtungen bin. Ich bin ein Anhänger einer möglichst vielfältigen, bunten, pluralen Hochschullandschaft. Ich bin ein Anhänger des Wettbewerbs zwischen den staatlichen Hochschulen. Deshalb haben wir die leistungsorientierten Zuschüsse eingeführt. Und ich bin schließlich ein Anhänger des Wettbewerbs auch zwischen staatlichen und privaten Bildungseinrichtungen. Wenn das Ziel der heutigen Debatte darin bestehen sollte, das Sterbeglöcklein für die IU Bruchsal möglichst laut erklingen zu lassen, dann, meine Damen und Herren, haben Sie die FDP/DVP-Fraktion nicht an Ihrer Seite.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Es geht nicht darum, etwas gesundzureden – denn es gibt einige Probleme; ich komme noch darauf zurück –, es geht aber auch nicht darum, etwas kaputtzureden. Aus Ihren martialischen Ankündigungen – Unbelehrbarkeit und Rechthaberei –

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Das Resümee!)

schimmert doch durch, dass Sie eigentlich nicht daran interessiert sind, der IU Bruchsal eine neue Chance zu geben, sondern dass Sie, wie Sie das im Ausschuss gefordert haben, heute am liebsten einen Auflösungsbeschluss für die IU Bruchsal hätten. Diesen Weg werden wir mit Sicherheit nicht mitgehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Im Übrigen, Frau Kollegin Bregenzer, müssen Sie sich einmal überlegen, an wen Sie eigentlich Ihre Vorwürfe richten. Sie wissen genau, dass der Wissenschaftsrat die Akkreditierungsagentur ist. Der Wissenschaftsrat sagt von sich aus klar und deutlich und attestiert der IU Bruchsal, dass sie eine Bereicherung der Bildungspolitik in unserem Lande darstellt. Der Wissenschaftsrat sagt, dass die Qualifizierungsmerkmale, die Qualifikationsziele der IU Bruchsal wichtig sind und auch erreicht werden. Da geht es insbesondere um die Frage des unternehmerischen Geistes, der in Bruchsal eine große Rolle spielt, das heißt auch um die Schaffung einer neuen Gründungskultur für zukünftige Existenzgründer. Er sagt ausdrücklich, dass die Lücke im

Bildungsmarkt in der Bundesrepublik Deutschland in Baden-Württemberg durch die IU Bruchsal gut geschlossen werden kann. Den Vorwurf, den Sie dem Wissenschaftsrat machen, weil er das Akkreditierungsverfahren verlängert hat, dürften Sie ihm also eigentlich nicht machen, denn der Wissenschaftsrat stellt sich klar und eindeutig hinter zukünftige Entwicklungsperspektiven, hinter Entwicklungsmöglichkeiten der IU Bruchsal, und das finde ich eine gute Entscheidung.

Es wurde darauf hingewiesen, dass Probleme vorhanden sind. Aber ich sage noch einmal: Wir haben eine konjunkturell schwierige Zeit, und in solchen Zeiten ist es nicht einfach, von der Wirtschaft die notwendigen Gelder zu erhalten. Wir haben einen engen Zeitplan gehabt, der ganz offensichtlich nicht ausgereicht hat, um die Ziele zu erreichen. Die angekündigte Studierendenzahl von 400 ist eben bis zur Stunde nicht erreicht worden. Das sind alles objektive Schwierigkeiten, die ich gerne zugebe, aber ich sage noch einmal ausdrücklich, dass der Wissenschaftsrat von sich aus sagt, es gebe hier sehr positive Ansätze und er wolle alles tun, dass die IU Bruchsal in der Zukunft im deutschen Bildungsmarkt etabliert wird. Alles zu tun und nicht etwas kaputtzureden, sondern neue Chancen zu eröffnen, damit die IU Bruchsal im Bildungsmarkt ihren Platz finden kann, ist nicht nur eine Position des Wissenschaftsrats, sondern auch die Position der FDP/DVP-Landtagsfraktion.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Was ist also geschehen? Nichts anderes als dies, dass das Akkreditierungsverfahren verlängert worden ist. Es findet nicht 2003/04 seinen Abschluss, sondern soll ab dem Jahr 2008 eingeleitet werden. Die finanziellen Risiken des Landes sind außerordentlich begrenzt. Es war immer klar, dass die ersten drei Tranchen als verlorene Zuschüsse gewährt werden. Das ist auch geschehen. Und es ist jetzt festgelegt, dass die letzten beiden Tranchen zunächst einmal als Kredite und als Darlehen ausbezahlt werden. Erst dann, wenn das ab 2008 laufende Akkreditierungsverfahren positiv ausgegangen ist, kann man aus diesen Krediten auch verlorene Zuschüsse machen. Aber umgekehrt heißt das auch, dass die IU Bruchsal ganz genau weiß: Wenn dieses Akkreditierungsverfahren nicht positiv verläuft, muss sie zurückzahlen. Bereits jetzt müssen von der IU Bruchsal entsprechende Sicherheiten für eine eventuelle Rückzahlung gegeben werden.

Ich bin sehr dafür, die heutige Debatte dazu zu nutzen, trotz aller zugegebenen Schwierigkeiten, auf die hingewiesen wurde, ein klares Signal von dieser Stelle aus zu geben, dass wir im Interesse einer pluralen Hochschullandschaft die IU Bruchsal nicht kaputtreden, sondern ihr eine neue Chance geben, so, wie dies auch der Wissenschaftsrat eindeutig und klar gefordert hat.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Bauer.

Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident! Als die private Hochschule in

Bruchsal vor fünf Jahren ihren Betrieb aufgenommen hat, hegten manche ganz hochfliegende Erwartungen. Heute müssen wir sehen, dass die private Universität in Bruchsal in schweres Fahrwasser geraten ist.

Aus den Anlaufschwierigkeiten ist sie immer noch nicht heraus. Herr Pfister hat es eben erwähnt: Nach wie vor ist die gewünschte Zahl an Studierenden nicht erreicht. 400 waren angestrebt; zurzeit sind es etwa 100. Das hat nichts mit konjunkturellen Schwierigkeiten zu tun – das nur am Rande. Es ist nie gelungen, das avisierte Stiftungskapital, das private Kapital zusammenzubekommen. Es wurden nie genügend private Finanzierer gefunden.

Es hat auch nichts genützt, dass in ihrem Beirat wichtige politische Persönlichkeiten beteiligt sind, die das Projekt beraten konnten. Dort sind Persönlichkeiten wie der ehemalige Wissenschaftsminister des Landes, Herr von Trotha.

(Minister Dr. Christoph Palmer: Sehr guter Mann!)

Beteiligt ist der ehemalige Staatssekretär im Finanzministerium, Herr Heinz Heckmann. Im Beirat sitzt der ehemalige Ministerpräsident dieses Landes, Herr Lothar Späth. Außerdem sitzt Herr Wirtschaftsminister Döring im Beirat.

(Abg. Capezzuto SPD: Lauter junge Leute!)

All das hat nichts genutzt, um Finanzierer herbeizubringen. Es nutzt auch nichts, dass Vorzeigefirmen wie SAP, IBM und Siemens mit im Boot sind. Ich denke, man kann heute feststellen – –

(Das Handy eines Abgeordneten klingelt. – Zurufe von der SPD: Oi!)

Na so was!

(Abg. Capezzuto SPD: Das war nicht für Sie!)

Man kann heute feststellen, dass sich die Privatisierungseuphorie der Neunzigerjahre, deren Kind die Bruchsaler Uni ist, als Illusion erwiesen hat. Diese Privatisierungseuphorie ist oft auch mit einer guten Portion Häme und Arroganz gegenüber den staatlichen Hochschulen einhergegangen. Dies war nicht angebracht.