Wir haben sehr darauf geachtet, dass bei der Konzeptionierung dieser Verwaltungsreform der Gedanke der regionalen Weiterentwicklung eine große Rolle spielt. Wir haben das auch schriftlich niedergelegt.
Wir legen Wert darauf, dass neben der Behördenentwicklung, neben der Eingliederung von Behörden die regionale Entwicklung in der Zukunft eine große Rolle spielen muss. Da haben Sie uns voll auf Ihrer Seite. Damit das klar ist.
Ich finde es auch sehr gut, dass Sie zum Schluss gesagt haben, dass Sie bereit sind, sich aktiv an der Umsetzung dieser Verwaltungsreform – in welcher Form auch immer – zu beteiligen. Auf dieses Angebot kommen wir gern zurück. Denn eines ist doch klar – und das haben eigentlich alle Reden heute gezeigt –, egal, welchen Weg man gehen will: Dass wir in Baden-Württemberg 30 Jahre nach der großen Gemeinde- und Kreisreform jetzt eine wirklich große Verwaltungsreform brauchen, ist völlig unumstritten, und das war ja auch ein besonderes Anliegen gerade der FDP/DVP hier in Baden-Württemberg. Wir haben ja das Thema Verwaltungsreform zu einem Schwerpunkt unserer Politik gemacht, und wenn ein Kollege – ich weiß nicht mehr, ob es Kollege Drexler war – davon spricht, wir seien von der Initiative des Ministerpräsidenten überrascht oder überrumpelt worden, kann ich, meine Damen und Herren, nur sagen: überrascht vielleicht schon, aber selbstverständlich freudig überrascht. Freudig überrascht!
Denn die wesentlichen inhaltlichen Punkte, die jetzt in dieser Verwaltungsreformkonzeption enthalten sind, sind von der FDP/DVP ja nicht etwa erst gestern oder vorgestern auf den Weg gebracht worden, sondern waren mindestens seit Herbst vergangenen Jahres Bestandteil liberaler programmatischer Politik in diesem Lande, meine Damen und Herren.
Deshalb fühle ich mich überhaupt nicht überrumpelt, sondern bin sehr froh, dass der Ministerpräsident diese Initiative ergriffen hat. Ich bedanke mich ausdrücklich für seine Regierungserklärung,
(Abg. Oelmayer GRÜNE: Na ja, eine Erklärung war das ja nicht gerade, Herr Kollege! Eine Dar- stellung, aber keine Erklärung!)
denn sie enthält, wie gesagt, in wesentlichen Teilen genau das, was die FDP/DVP schon vor einem Jahr als wichtig erkannt hat.
Wichtig ist, dass wir eine Reform auf den Weg bringen, die dazu führt, dass die Landesverwaltung effizienter wird. Sie muss kostengünstiger werden, sie muss dienstleistungsorientiert sein, sie muss vor allen Dingen bürgernah sein. Das sind die wichtigsten Punkte.
Ich glaube eben nicht, dass es erfolgversprechend und realistisch ist, die Landkreise, die in der Vergangenheit gute Arbeit geleistet haben, zunächst einfach kaputtzumachen. Ich glaube nicht, dass es erfolgversprechend ist, die Regierungspräsidien einfach wegzuradieren und dann zu versuchen, auf einem Trümmerhaufen etwas völlig Neues entstehen zu lassen, meine Damen und Herren. So werden in unserem Lande in der Regel keine Reformen gemacht.
Wenn Sie den Regionalkreis jetzt so stark in den Vordergrund stellen, möchte ich Ihnen sagen, dass ich davon über
zeugt bin, dass unsere Konzeption, wie wir sie jetzt vorgelegt haben bzw. wie sie der Herr Ministerpräsident vorgelegt hat, zumindest in einem Punkt besser ist als Ihre, denn unsere Konzeption ist bürgernäher.
Wenn Sie die Entfernung zwischen Regionalkreis und Bürger verkürzen wollen, dann können Sie das nur tun, indem Sie die Verwaltungskraft der Gemeinden stärken. Wenn Sie aber an diese Aufgabe herangehen, müssen Sie wissen, dass Sie damit eine neue Gemeindereform provozieren. Und das ist so ziemlich das Letzte, was wir im Augenblick brauchen können, meine Damen und Herren.
Wir brauchen diese Verwaltungsreform, weil sie integrierte Entscheidungen ermöglicht. Jeder Gemeinderat leidet darunter, wenn man bei einem Bauvorhaben sieben verschiedene Sonderbehörden anschreiben muss. Nach einem halben Jahr kommen dann die Stellungnahmen dieser Sonderbehörden: Drei davon sind positiv, drei sind negativ, eine ist unentschieden.
Das ganze Konsensverfahren geht dann in die nächste und in die übernächste Runde. Dies kostet Zeit und Geld.
In Zukunft wird es anders sein. Es wird so sein, dass wir eine integrierte Entscheidung eines einzigen Amtes bekommen. Das hilft dem Bürger, dem Kreisrat und dem Mittelständler, der nicht mehr so lange auf eine Genehmigung warten muss, meine Damen und Herren.
Wir brauchen diese Verwaltungsreform. Hesse hat darauf hingewiesen – das kann man ruhig sagen –, dass nicht nur Baden-Württemberg, sondern Deutschland insgesamt, was die Verwaltung angeht, „übermöbliert“ ist – ich zitiere das –, dass die Verwaltung zu kompliziert geworden ist und überfrachtet ist.
Wir wissen das im Grunde genommen nicht erst seit gestern; aber wir wissen es besonders, seit uns die Steuereinbrüche gewissermaßen auf dieses Problem hingelupft haben. Wir befinden uns jetzt in einer Situation, in der wir sagen müssen, dass wir uns diese Verwaltung, die wir uns 30 Jahre lang geleistet haben, heute und in der Zukunft nicht mehr leisten können.
Selbst wenn es so sein sollte, dass die Steuereinnahmepolitik wieder besser wird, und selbst wenn wir in den nächs
ten Jahren wieder normale Wachstumsraten hätten – 2,5 oder 3 % –, selbst dann hätten wir nur die Hälfte des Problems unserer Haushalte gelöst. Die andere Hälfte des Problems zu lösen ist unsere eigene Hausaufgabe, die wir machen müssen.
Nun will ich nicht behaupten, dass diese finanzpolitischen Hausaufgaben allein durch eine Verwaltungsreform erledigt werden können. Aber ohne eine durchgreifende Verwaltungsreform haben wir keine Chance, meine Damen und Herren, in der Zukunft finanzpolitisch wieder auf einen grünen Zweig zu kommen.
Wie wollen Sie das bei 52 % Personalkosten, direkten und indirekten Personalkosten, denn anders machen?
Das können Sie nur in den Griff kriegen, wenn Sie die Verwaltung verschlanken. Wie wollen Sie das denn angesichts der Pensionskostenlawine, die vor uns liegt, sonst angehen? Wie, meine Damen und Herren, Herr Oelmayer, wollen Sie das Thema Pensionen in der Zukunft in den Griff bekommen? Wie wollen Sie das Thema „Pensionskosten und Pensionslawine“ in den Griff bekommen? Soll ich Ihnen sagen, was zumindest ein ganz wichtiger Ansatzpunkt wäre?
Der Badische Notarverein schrieb uns am 2. Mai dieses Jahres – ich will daraus nur zwei Sätze zitieren –:
Der Badische Notarverein e. V., die Standesvertretung der badischen Notare, hat dem Land angeboten, das Notariat in die eigene Trägerschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts zu übernehmen und hierbei sämtliche Altlasten (Pensionsansprüche) zu tragen. Diese Modalität würde das Land von ca. 600 Personalstellen und von den Versorgungsanwartschaften entlasten.
Meine Damen und Herren, so macht man Reformpolitik, und so leistet man einen Beitrag dazu, dass uns die Pensionslasten nicht über den Kopf wachsen.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Oelmayer GRÜ- NE: Da bin ich mal gespannt! Wo kommen dann die 60 Millionen her, Herr Pfister?)
Ich bin nicht überrascht, dass Herr Kollege Kretschmann und Herr Kollege Drexler uns nicht gelobt haben; das hätte ich auch gar nicht erwartet.
Aber vielleicht ist es auch sinnvoll, darauf hinzuweisen: Die Hauptbetroffenen, die Hauptansprechpartner bei dieser ganzen Diskussion über die Verwaltungsreform haben wir auf unserer Seite. Es sind die kommunalen Landesverbände, die zu diesem Konzept Ja sagen. Es sind die kommunalen Lan
desverbände, die diese Reform begrüßen und die darauf hinweisen, dass das, was wir jetzt tun, im Grunde identisch mit dem ist, was die kommunalen Landesverbände zu Beginn dieser Legislaturperiode an Erwartungshaltung gegenüber der Politik formuliert haben.
Der Gemeindetag – nicht der Landkreistag, sondern der Gemeindetag – schreibt – auch hier will ich aus einem aktuellen Schreiben zitieren –:
Der Gemeindetag anerkennt, dass die von der Landesregierung beabsichtigte Verwaltungsreform in BadenWürttemberg in ihren Grundzügen den lange vorgetragenen Forderungen der kommunalen Landesverbände zur Verwaltungsreform und zur regionalen Entwicklung in vielen Teilen entspricht.
Und jetzt sage ich Ihnen dazu: Das ist richtig. Ich halte dies auch für eine gute Stellungnahme. Aber wenn wir schon über Effizienzrendite sprechen und wenn wir uns dieses ehrgeizige Ziel von 20 % vorgenommen haben – wirklich ehrgeizig, aber aus meiner Sicht auch erreichbar –, dann werden wir das dadurch schaffen, dass wir diese Verwaltungsreform durchführen. Aber wir werden diese Verwaltungsreform nur schaffen, wenn zu den Synergieeffekten, die sich durch eine Verwaltungsreform ergeben – etwa beim Fuhrpark, bei der EDV oder bei den allgemeinen Verwaltungsaufgaben –, auch noch eine ordentliche und klare Aufgabenkritik hinzutritt, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Die muss doch vorher kommen! – Gegenruf des Abg. Hofer FDP/DVP: Von euch kam nichts!)