Sie haben die vorliegende Anfrage gut ein halbes Jahr vor der letzten Bundestagswahl gestellt. Das ist lange her. Denn das Problem, das Sie bei der Anfrage umtreibt, ist der Facharbeitermangel als eine gravierende Wachstumsbremse in Baden-Württemberg. Sie haben damals möglicherweise die Hoffnung gehabt, dass nach der Wahl eine andere Regierung als die Ihrige Politik in Deutschland macht,
oder Sie haben die Augen zugemacht und mit Ihrem Finanzminister an völlig unrealistischen Wachstumserwartungen festgehalten.
Es steht fest, dass die gravierendste Wachstumsbremse auch für Baden-Württemberg zunächst und vor allem die amtierende Bundesregierung ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Schmiedel SPD: Baden-Württemberg ist Schluss- licht! – Zuruf des Abg. Schmid SPD)
Dieser bescheinigen alle, die etwas von der Sache verstehen – dazu bedarf es keiner parteipolitisch gefärbten Stellungnahme –, eine wachstums- und beschäftigungsfeindliche Politik.
Sie fragen nach den Perspektiven für den Arbeitsmarkt. Fakt ist, dass wir mittlerweile eine Arbeitslosenzahl von 4,6 Millionen haben – ein absoluter Höchststand nach der Wiedervereinigung. In Baden-Württemberg waren Ende März 345 000 Menschen arbeitslos gemeldet. Das sind 19 % mehr als im vergangenen Jahr. Wir haben einen Rekord an Firmeninsolvenzen. Das betrifft immer Arbeitsplätze.
Nach einer IHK-Umfrage wollen vier von zehn Unternehmen ihre Investitionen einschränken und Arbeitsplätze abbauen. Zusätzliches Personal benötigen nur noch 7 % der Betriebe.
Das Problem heute ist, dass viele qualifizierte Menschen auf der Straße stehen und, was beunruhigend ist, junge Menschen, die ausgebildet werden, nicht mehr übernommen oder nach kurzer Zeit entlassen werden.
In der letzten Plenarwoche haben wir hier die drohende Lehrstellenkatastrophe angesprochen. Die Betriebe reduzieren ihre Ausbildungsanstrengungen drastisch.
Meine Damen und Herren von der SPD, das sind die Probleme, die uns heute umtreiben, wenn wir über den Arbeitsmarkt reden.
Die Wirtschaft stagniert. Alle Prognosen, auch die der Bundesregierung, müssen von Monat zu Monat nach unten korrigiert werden.
Die neue Prognose von 0,75 % Wachstum in diesem Jahr ist weit optimistischer als die der meisten in- und ausländischen Forschungsinstitutionen.
Die OECD traut uns sogar nur noch 0,3 % Wachstum zu. In der Liga der Großen schneidet Deutschland am schlechtesten ab.
(Abg. Schmiedel SPD: Fällt Ihnen zu Baden-Würt- temberg auch was ein? – Gegenruf des Abg. Fi- scher SPD: Nein!)
Das ist die ganz aktuelle Antwort auf den ersten Teil Ihrer Anfrage. Denn dort haben Sie nach dem Wachstum gefragt.
Jetzt können Sie sich beruhigen. Bei all den schlechten Zahlen könnten wir uns ja in Baden-Württemberg damit trösten, dass die Daten des Arbeitsmarkts und der wirtschaftlichen Stärke im Bundesvergleich immer noch relativ gut sind.
Klar ist, dass die Leistungskraft – da sind wir uns ja einig – und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und damit des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg natürlich von den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängig sind, aber zusätzlich in hohem Maße von der Qualifikation der Menschen.
(Beifall bei der CDU – Bravo-Rufe von der CDU – Abg. Pfisterer CDU: Der kann doch gar nicht zuhö- ren! – Abg. Fischer SPD: Gekniffen! – Abg. Drex- ler SPD: Sie lesen doch bloß ab!)
ein enorm hoher Produktivitätszuwachs erforderlich ist, um die Defizite der Bevölkerungsentwicklung teilweise zu kompensieren. Bildung, Ausbildung und Weiterbildung sind daher zentrale Aufgabenfelder in unserem Land, die bisher gut erledigt wurden –
PISA und andere Studien zeigen dies – und in der eingeschlagenen Richtung weiterentwickelt werden müssen. – Herr Drexler, Sie werden immer so nervös, wenn Sie mir zuhören. Hören Sie doch erst einmal zu, und dann können Sie schimpfen.
(Abg. Drexler SPD: Nein! Sie lesen nur ab! – Abg. Pfisterer CDU: Bei ihm ist es schon zu spät! Er kann nicht mehr lernen! Er kann nicht mehr zuhö- ren! Nicht mehr aufnahmefähig!)
Fähigkeit zu vernetztem Denken, fächerübergreifende Kompetenz, Vermittlung von fachlichen und sozialen Qualifikationen, die eine schnelle Anpassung an neue Anforderungen erlauben, und die Vermittlung von Technikverständnis und Technikakzeptanz
(Abg. Schmid SPD: Lesen Sie die Rede vom Staatssekretär vor? Der Staatssekretär gibt seine Rede zu Protokoll!)
sind die Erfordernisse, die generell an alle Ausbildungsbereiche gestellt sind und auch ihren Niederschlag in der Schulpolitik finden.
Ich glaube, wir sind uns einig darüber, dass wir heute an dieser Stelle keine Bildungsdebatte führen. Da würden Sie sowieso schlecht abschneiden.
Erstens: Die Universitäten in Baden-Württemberg genießen bei ausländischen Spitzenforschern höchstes Ansehen. Bei der von der Humboldt-Stiftung vorgelegten Hitliste der fünf Topadressen der Forschung belegen Universitäten aus dem Südwesten vier der ersten fünf Plätze. Die Südwest-Universitäten verdanken diese Position vor allem den Naturwissenschaften.