Protocol of the Session on May 7, 2003

Wir wissen doch, wie schwierig es insbesondere in den Ballungsräumen ist, die Entstehung eines „Siedlungsbreis“ zu vermeiden. Wir wissen, wie schwierig es ist, Entwicklung auf die Entwicklungsachsen zu konzentrieren, und wir wissen alle, dass wir die ewigen Staus auf unseren Straßen durch rein verkehrslenkende Maßnahmen nie beherrschen werden, sondern dass wir Siedlungs- und Verkehrsinfrastruktur zusammenbringen müssen. Dazu brauchen wir die Richtwerte. Deshalb ist es ein großer handwerklicher Fehler, auf die Richtwerte zu verzichten. Wir beantragen daher, die Richtwerte wieder einzuführen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Carmina Brenner CDU: Der Gemeinderat muss es ja wissen!)

Kommen wir zur politischen Fehlsteuerung. Sie missbrauchen die Landesplanung,

(Abg. Blenke CDU: Was?)

um ein politisches Ziel zu verfolgen, und Sie nehmen sogar bewusst in Kauf, gegen die eigentlich gebotene Bundestreue zu verstoßen.

(Abg. Blenke CDU: Was? – Abg. Fischer SPD: Oh! – Abg. Drexler SPD: Da hat er Recht!)

Sie treffen für die Nutzung der regional bedeutsamen Windkraftanlagen eine Sonderregelung,

(Zuruf des Abg. Zimmermann CDU)

die durch nichts begründet ist.

(Beifall bei der SPD)

Entgegen allen anderen Infrastruktureinrichtungen, entgegen der Schwerpunktsetzung in der Wohnungsentwicklung oder in der Industrieansiedlung sagen Sie einfach: Bei regional bedeutsamer Windkraft hebeln wir die Privilegierung, die das Raumordnungsgesetz des Bundes vorgibt, aus und machen eine Schwarz-Weiß-Regelung mit dem einzigen Ziel, es der Windkraft in Baden-Württemberg so schwer wie möglich zu machen. Das ist ein unhaltbarer Zustand.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Boris Palmer GRÜNE – Abg. Capezzuto SPD: Auch der Minis- ter stimmt zu!)

Sie verstoßen dabei nicht nur gegen Ihre eigene Zielsetzung, den Anteil der regenerativen Energien in BadenWürttemberg zu verdoppeln – dazu braucht man ein Mehr an Windkraft, nicht nur, aber auch –,

(Abg. Zimmermann CDU: Quatsch!)

sondern Sie missachten auch ökonomische Chancen, die für unser Land darin bestehen, sich auch in der Energieerzeugung zu modernisieren, neue und nachhaltige Energieversorgungsstrukturen aufzubauen. Und warum? Weil Sie ein ideologisches Feindbild vor sich hertragen, das heißt: Ein Strommast an sich ist schön, eine Windkraftanlage ist hässlich.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Boris Palmer GRÜNE – Abg. Zimmermann CDU: Und sinnlos! – Abg. Capezzuto SPD: Kleinkariert! – Abg. Gö- schel SPD: Die Windmühle vor dem Kopf haben!)

Deshalb wollen wir das an diesem Punkt noch einmal festgehalten haben. Wir werden über den entsprechenden Antrag, den wir dazu stellen, nämlich die regional bedeutsamen Windkraftanlagen wie alle anderen Anlagen nicht nur durch Schwarz-Weiß-Zeichnungen, sondern auch durch Vorbehaltsgebiete zu ermöglichen, namentlich abstimmen lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Drexler SPD: Sehr gut! Jetzt könnt ihr Wind machen! – Abg. Zimmermann CDU: Dafür danke ich Ihnen! Haben Sie Renditeanteile an der Windkraft?)

Was haben denn Sie für Aktien in diesem Geschäft?

(Abg. Zimmermann CDU: Ich habe keine! – Abg. Drexler SPD: Er hat nirgendwo Aktien! – Zuruf des Abg. Kretschmann GRÜNE)

Ich will einmal Folgendes sagen: In dieser Fraktion gehören Sie zu den Ewiggestrigen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Drexler SPD: Sehr gut! – Abg. Zimmermann CDU: Nein, Sie zu den Vorgestrigen! Die Windkraftanlagen sind 80 Jahre alt und veraltet!)

Das Land Baden-Württemberg hat die Riesenchance verpasst, bei der Privilegierung der Windkraft und beim Energieeinspeisegesetz gleichzeitig auch etwas für die hauptsächliche regenerative Energie in Baden-Württemberg zu tun,

(Abg. Zimmermann CDU: Wasserkraft Rheinfel- den! Folgen Sie Ihrer Vorsitzenden Ute Vogt!)

für die große Wasserkraft. Sie haben es verpasst, weil Sie gesagt haben: Regenerative Energien sind per se nicht so wichtig für uns. Jetzt sind Sie dabei, eine zweite große Chance zu verpassen. Sie gehören zu den Ewiggestrigen,

(Abg. Drautz FDP/DVP: Und Sie zu den Vorgestri- gen!)

da sind sogar alle Energieversorgungsunternehmen in Baden-Württemberg in der Zwischenzeit weiter als Sie.

(Abg. Zimmermann CDU: Weil sie beteiligt sind!)

Sie wollen investieren.

(Beifall bei der SPD)

Große Windparks hat die EnBW vor. Und was sagen Sie jetzt? Sie sagen: Wir wollen das nicht sehen.

(Abg. Zimmermann CDU: Weil sie nichts taugen!)

Das ist ein großer Fehler, und das muss repariert werden.

(Abg. Capezzuto SPD: Jawohl!)

Der vierte Punkt, meine Damen und Herren, den wir beantragen, betrifft die Zielabweichung von den Regionalplänen. Wir sagen: Derjenige, der den Regionalplan aufstellt, der ihn in einem langen demokratischen Verfahren entwickelt, der soll auch letztlich die Entscheidung darüber haben, ob in Einzelfällen von dessen Vorgaben abgewichen werden kann. Wir finden es falsch, den Regionalplan demokratisch zu entwickeln und einer staatlichen Behörde das letzte Wort im Zielabweichungsverfahren zu lassen. Deshalb beantragen wir, anstelle der Regierungspräsidien die Regionalverbände mit dieser Aufgabe zu betrauen.

Wenn Sie diesen begründeten Anträgen zustimmen, dann haben Sie die Chance auf eine breite Mehrheit. Sie haben übrigens auch eine Chance darauf, dass das Gesetz vor Gericht Bestand hat.

(Abg. Drexler SPD: So ist es! – Abg. Dr. Caroli SPD: Rechtsstreit hoch zehn! – Abg. Drexler SPD: Kein Mensch investiert!)

Denn Sie werden Folgendes erleben: Das, was Sie als schwarz-weiß vorgeben, wird keinen Bestand haben. Das schafft Planungsunsicherheit, das schafft bürokratische Abläufe, Gerichtsverfahren, Fehlplanungen, Fehlinvestitionen.

(Zuruf des Abg. Dr. Witzel GRÜNE)

Deshalb überlegen Sie es sich noch einmal. Sie haben noch einige Minuten Zeit. Folgen Sie unseren Anträgen, dann gibt es eine breite Mehrheit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hofer.

(Abg. Capezzuto SPD: Herr Hofer, Sie brauchen gar nichts zu sagen, nur zuzustimmen! Dann kom- men wir früher heim!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal vorweg: Wir stimmen dem Gesetzentwurf vollinhaltlich zu. Es ist richtig – das wurde schon in der ersten Lesung ausgeführt –: Endlich wird die Anpassung an das Raumordnungsgesetz des Bundes vorgenommen. Ich freue mich, dass Frau Brenner die Gelegenheit genutzt hat, das Grundsätzliche dieses Gesetzes vorzutragen, dass es nämlich auch um eine Stimme geht, um Planung geht, vom Land über die Regionen bis hin zu den Kommunen. Ich denke, das wird durch dieses neue Landesplanungsgesetz verbessert. Und natürlich trifft es auch bei der Frage von Flexibilität und Deregulierung den Kern. Vieles wird gut gemacht.

Herr Schmiedel, man kann natürlich darüber streiten, bis zu welcher Zahl von Paragraphen eine Inhaltsübersicht noch erforderlich ist oder nicht. Ich denke, bei drei Paragraphen – so weit können Sie zählen – brauchen Sie noch keine Inhaltsübersicht, bei 30 Paragraphen kann man sich darüber streiten.

Ich denke, dass sich der Eindruck, der sich schon bei der Ersten Beratung ergeben hat, dass man dieses Gesetz positiv werten kann, auch in der weiteren Beratung, insbesondere im Wirtschaftsausschuss, bestätigt hat.

Ich will in meinem Beitrag im Wesentlichen nur auf die Punkte eingehen, die zwischen den Regierungsfraktionen und den Oppositionsfraktionen streitig waren und die noch streitig geblieben sind.

Lassen Sie mich aber zunächst nur noch einmal mit einem Satz summarisch darauf hinweisen, dass es eine ganze Reihe von Neuregelungen auf dem Gebiet der Rechts- und Verfahrensvereinfachung gibt, die wir alle, glaube ich, begrüßen, ob es das einstufige Beteiligungsverfahren ist, die Einbeziehung der Öffentlichkeit, die Aufwertung des Planungsausschusses als Beschlussorgan, Deregulierung hinsichtlich der Auswirkung von unwesentlichen Verfahrensfehlern usw. Es ist schön, dass offenbar die Gesetzgeber immer mehr merken, dass sie es sind, die sich den unbürokratischen Gedankenwelten zu öffnen haben. Ansonsten wird es keine Entbürokratisierung geben.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Streitig sind natürlich – darauf will ich eingehen – die Vorgaben für die regionalplanerische Ausweisung von Windkraftanlagen. Lassen Sie mich vorweg die Punkte abräumen, die Sie angeschnitten haben: Anträge von der Fraktion der SPD und der Fraktion GRÜNE, die keine Mehrheit gefunden haben.

Da sind zunächst einmal die Richtwerte für den Flächenverbrauch in den Regionalplänen. Nur so lässt es sich bewerkstelligen, dass sorgfältig mit Flächenreserven umgegangen wird. Das klingt ja zunächst einmal ganz einleuchtend, aber es geht an den Erfordernissen der Praxis vorbei. Die Richtwerte waren in der Vergangenheit meist falsch angesetzt, weil viel zu pauschal und viel zu wenig auf die einzelnen örtlichen Situationen eingegangen wird. Frau Brenner hat das ausgeführt. Wer wie ich lange Jahre in einem Planungsausschuss gesessen hat – Herr Schmiedel, das wissen Sie auch –, weiß: Gegenwärtig wird wieder ziemlich reduziert – Flächennutzungspläne und Bebauungspläne der