Protocol of the Session on March 26, 2003

(Abg. Birzele SPD: Unerhört!)

Wir hätten jetzt seit fast zwei Stunden die Chance, uns beim VDEW über die Novellierung des EEG zu unterhalten. Sie, Herr Kollege Hauk, haben dafür gesorgt, dass wir das nicht können. Ihre Fraktion hat das EEG auf Bundesebene in der Vergangenheit immer abgelehnt. Sie wollen die Dinge, die wir durch das EEG sogar machen können – die Windkraft, also Teile aus dem EEG –, durch das Landesplanungsgesetz, das Sie verabschieden wollen, sogar noch behindern, weiter nach hinten drehen. Ich muss Ihnen sagen: So wird das nicht funktionieren. Ich bin mir sicher: Es gibt auch zukünftig mit solchen bornierten Sturköpfen wie Ihnen, Herr Hauk, keine energiepolitische Konzeption.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD – Abg. Seimetz CDU: Kann man das so lassen, „bornierter Sturkopf“? Frau Prä- sidentin, das war eine glatte Beleidigung!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Witzel.

(Zuruf des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Frau Vizepräsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Abg. Birzele SPD: Herr Kollege Dr. Witzel: „Frau Präsidentin“, bitte! Auch zu dieser späten Stunde!)

Nachdem es jetzt 21:20 Uhr ist, möchte ich mich kurz fassen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Sehr gut!)

Ich möchte diese kurze Fassung aber nicht nutzen, um einen Rundumschlag vorzunehmen. Das hätte die Energiepolitik

dieses Landes sicherlich verdient. Vielmehr möchte ich in dieser kurzen Fassung unseren Antrag vorstellen.

Eine nachhaltige Energiepolitik hat drei Standbeine: die Energieeinsparung, den Ausbau der erneuerbaren Energien und die effiziente Energieumwandlung, sprich den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung. Unser Antrag richtet sich speziell auf den dritten Punkt, den Ausbau der Kraft-WärmeKopplung. Ich glaube, in diesem Haus besteht große Einigkeit, dass die Kraft-Wärme-Kopplung ein ganz wesentliches Element zur Reduzierung von CO2 und somit für eine nachhaltige Energiepolitik darstellt. Die Kraft-WärmeKopplung wird daher auch als Arbeitspferd des Klimaschutzes bezeichnet.

In ihrer Stellungnahme zu unserem Antrag zeigt die Landesregierung die großen Potenziale, aber auch die Verpflichtung auf. Derzeit haben wir nur etwa 8 % unseres Wärmebedarfs mit Kraft-Wärme-Kopplung abgedeckt. Bis zum Jahr 2050 könnte das auf 50 % gesteigert werden. Das ist aber ein sehr anspruchsvolles Ziel. Ich glaube, wir müssen uns in den nächsten Jahren dieser Aufgabe verstärkt widmen.

Lassen Sie mich zu dieser Aufgabe jetzt in der gebotenen Kürze nur drei Punkte nennen.

Erstens: Der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung ist auch eine Chance für den Wirtschaftsstandort. Ohne Zweifel ist die Technik der Brennstoffzelle eine Zukunftsoption. Aber es wird noch dauern, bis das in der Breite umgesetzt wird. Deshalb wird die Kraft-Wärme-Kopplung im nächsten Jahrzehnt sicherlich vorwiegend über die klassische Technik, sprich Motor plus Generator, laufen. Das bedeutet, dass gerade im Wirtschaftsland Baden-Württemberg, wo der Automobilbau zu Hause ist, große Chancen für neue Aufträge vorhanden sind, wenn die Kraft-Wärme-Kopplung hier ausgebaut wird. Das heißt, der Ausbau der Kraft-WärmeKopplung ist eine Chance für den Wirtschaftsstandort. Er nützt der Ökologie und auch dem Arbeitsmarkt.

Zweitens: die Bundesebene. Die Bundesregierung hat klar gesagt: Wir wollen die Kraft-Wärme-Kopplung fördern. Das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz ist in Kraft getreten. Es gewährt der Kraft-Wärme-Kopplung einen Schutz im liberalisierten Strommarkt. Das ist gut und richtig. Aber die Energieversorgungsunternehmen haben das konterkariert, indem sie zu dem Zeitpunkt, als das Gesetz in Kraft trat, ihre Einspeisevergütungen reduziert haben. Deshalb ist infrage gestellt, ob dieses Gesetz seine gewünschte Wirkung entfaltet. Aber im Jahr 2004, also nächstes Jahr, soll ein Monitoring stattfinden: Was wurde erreicht? Dann ist dieses Gesetz eventuell nachzujustieren. Das ist eine Aufgabe, die noch ansteht.

Der dritte Punkt: das Land als Vorbild. Das Land hat einen umfangreichen Gebäudebestand, der natürlich auch vorbildhaft mit Kraft-Wärme-Kopplung versorgt werden kann. Die Antwort der Landesregierung zeigt, dass hier schon einiges gelaufen ist: 50 % Wärmeversorgung über Kraft-WärmeKopplung bei Landesgebäuden sind sicherlich nicht schlecht. Das ist ein guter Standard. Aber es kann noch weitergehen.

Ich darf ein Beispiel nennen. Das Fernheizwerk II der Universität Tübingen könnte realisiert werden. Das Projekt

liegt fertig vor. Es könnten 10 000 Tonnen CO2 pro Jahr bei diesem einzelnen Projekt eingespart werden, und eine Wirtschaftlichkeitsberechnung zeigt, dass das Ganze wirtschaftlich zu machen ist. Aber es ist von der Landesregierung zurückgestellt worden, und zwar allein deshalb, weil die Strompreise möglicherweise sinken und es dann nicht mehr wirtschaftlich wäre. Das kann es nicht geben.

Wir treten daher dafür ein, dass dieses Projekt umgesetzt wird, dass die KWK im Land verstärkt wird. Es wäre ein Erfolg dieser späten Debatte, wenn sie Anlass gäbe, dass dieses Projekt auf den Weg kommt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Dr. Brenner.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer eine energiepolitische Konzeption erarbeiten will, sollte sich genau überlegen, was funktioniert und was nicht. Ich halte vor allem sehr viel davon, dass neben der effizienten, umweltschonenden und kostengünstigen Produktion von Kilowatt auch gerade Kilowatt gespart werden. Hierfür käme als Energiesparmaßnahme unter anderem infrage, dass man auch im Landtag früher das Licht ausschaltet.

(Abg. Seimetz CDU: Sehr gut! – Beifall des Abg. Seimetz CDU)

Dies, meine Damen und Herren, gönne ich uns allen. Ich gebe meine Rede zu Protokoll und hoffe, dass Sie mein feines und ausgewogenes Energiekonzept mit Interesse lesen werden,

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Ist das jetzt Ihre Re- de? – Abg. Birzele SPD: Entweder gibt man eine Rede zu Protokoll, oder man hält eine Rede! Man kann nicht beides!)

und zwar auch Sie, Herr Knapp, denn eines ist auch klar: Fünf freche Sprüche sind auch kein Konzept.

(Beifall bei der CDU – Abg. Seimetz CDU: Sehr gut! Ausgezeichnet! – Mit dem Einverständnis der Sitzungspräsidentin wird die Rede der Abg. Dr. Carmina Brenner CDU zu Protokoll genommen [siehe Erklärung zu Protokoll am Schluss des Ta- gesordnungspunkts].)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hofer.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon so eine Sache mit unserem Thema. Beim letzten Mal war es auch der letzte Tagesordnungspunkt. Da waren noch zehn Minuten vorgesehen, jetzt eigentlich weniger als fünf. Damals waren es drei Themen, unter anderem Energiewende und Atomausstieg. Das wurde dann abgesetzt. Das ist wohl nicht mehr wichtig.

(Abg. Fischer SPD: Nein, nein, Moment! Das hat die Verwaltung gemacht!)

Okay. – Die Konzeption, über die wir reden, bezieht sich nur in der Überschrift auf eine Konzeption. Darunter steht der Antrag, in dem gefragt wird, warum man die Anteile an der GVS veräußert. Aber im Grunde genommen kann man über alles reden, nur nicht über fünf Minuten. So ist das gedacht, denke ich einmal.

(Abg. Zeller SPD: Sie dürfen auch kürzer reden!)

Also darf ich ein bisschen länger reden. Gut.

Leider ist es so: Es handelt sich hier in der Tat um ein Zukunftsthema. Als vor wenigen Wochen hier der Liberale Jugendtag das gleiche Thema, nämlich „Atomkonsens – Atomnonsens?“ und erneuerbare Energien behandelte, war der Raum hier rappeldickevoll, allerdings zu einer etwas günstigeren Tageszeit. Wir haben dort – ich möchte es einfach noch einmal erwähnen – renommierte Fachleute gehabt, etwa von den Energieinstituten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt und vom Forschungszentrum Karlsruhe. Da wurde uns noch einmal klar gemacht, was wir alle wissen: dass ein kompletter kurzfristiger Ausstieg aus der Kernkraft bei 57 % Atomstrom, den wir gegenwärtig noch beziehen, natürlich nicht kompensierbar ist, dass allerdings die Streckung auf 20 Jahre ausreichend sei, um den Aufbau von Ersatzkraftwerkskapazitäten zu erreichen, aber sicher nicht allein durch erneuerbare Energien, sondern eben durch zusätzliche, fossil befeuerte thermische Kraftwerke.

Ich sage das einfach deshalb, weil das ja mit das Thema der Konzeption ist. Wir haben dort übrigens gehört, dass die Kernkraft keineswegs out ist, wie man immer sagt. Allein China plant gegenwärtig 100 neue Atomkraftwerke. In Finnland wird in diesem Jahr der Startschuss für ein weiteres gegeben. Neue Sicherheitstechnik soll sogar den SuperGAU beherrschen, und die Entsorgungsverbesserung durch Transmutation soll die Strahlungszeit von 100 000 Jahren auf 300 Jahre senken. Ich sage nur: Ganz so, dass sich da gar nichts täte, ist es, glaube ich, nicht. Wir sehen den Ausstieg so, wie er von Rot-Grün gewollt war, nicht als Lösung an.

(Abg. Knapp SPD: Den Atomausstieg diskutieren wir später!)

Aber wir wollen alles Mögliche tun, um die Auswirkungen so verträglich wie möglich zu halten.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Wir erlauben uns nur, auf einen Zielkonflikt hinzuweisen. Das muss doch erlaubt sein. Ihr Szenario in der Koalitionsvereinbarung mit 40 % weniger CO2 bis 2020 und einem Ausstieg aus der Kernenergie bedeutet eben mehr Importabhängigkeit von Gas und Öl und 250 Milliarden € an zusätzlichen Kosten.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es! Richtig!)

Dies hat Prognos im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums herausgefunden. Ich weiß, man muss da immer auf ein mehrfaches Bündel von Szenarien setzen. Aber schließlich steht das in Ihrer Koalitionsvereinbarung im Bund.

Lassen Sie mich noch ganz kurz sagen: Trotz der Frage „Atomnonsens oder Atomkonsens?“ setzen wir voll auf Einsparung und Energieeffizienz sowie auf den Ausbau erneuerbarer Energieträger und natürlich auch der Windkraft. Das ist überhaupt keine Frage.

(Zuruf des Abg. Dr. Witzel GRÜNE)

Dies tun wir nicht nur wegen der Verringerung der CO2-Belastung. Wir wissen auch, dass die erneuerbaren Energien eine große wirtschaftliche Bedeutung haben. Ich habe mir die ganzen Zahlen aufgeschrieben, aber Sie kennen sie selbst.

Darüber hinaus muss man sehen – es ist vielleicht noch wichtig, darauf hinzuweisen –, dass die Energiekosten wegen der Verknappung der fossilen Brennstoffe – dies gilt umso mehr, wenn man dann noch sieht, dass abgeschriebene Kraftwerke erneuert werden müssen – natürlich um den Faktor 2 bis 3 ansteigen werden.

(Zuruf des Abg. Dr. Witzel GRÜNE)

Erneuerbare Energien müssen mit dem Neubau konservativer Energien verglichen werden. Das heißt, die erneuerbaren Energien werden in der Zukunft wahrscheinlich günstiger sein als etwa die Produktion aus neuen Kohlekraftwerken. Deshalb wollen wir auch an dem Verdopplungsziel festhalten.

Es ist überhaupt keine Frage – lassen Sie mich das noch sagen –, dass wir dazu eigentlich mehr Geld bräuchten. Die beiden Gutachten im Auftrag des Wirtschaftsministeriums liegen ja vor. Wir haben gegenwärtig nicht einmal die Mittel, um die Minimallösung zu finanzieren. 40 Millionen € sollte man haben. Für die Minimallösung wären 15 Millionen € erforderlich. Ich habe für alle Bereiche aufgeschlüsselt, wie viel das jeweils ausmacht. Schlechterdings fehlt das Geld. Man kann das beklagen, aber man kann das eigentlich nicht vorwerfen. Denn sonst müsste ich sagen: Sie können nicht jemandem die Nahrung entziehen und ihn dann noch schelten, dass er Hunger hat.