c) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zum Mittelfristigen Finanzplan des Landes Baden-Württemberg für die Jahre 2002 bis 2006 – Drucksache 13/1875
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landtag tritt heute in einer weltpolitisch ernsten und schwierigen Situation zusammen, um über den Haushalt dieses Landes zu beraten. Der Haushalt gilt ja allgemein als das Schicksalsbuch des Landes. Ich glaube aber, uns allen wird in diesen Tagen angesichts der Ereignisse im Irak bewusst, in welch guter und glücklicher Lage wir uns schätzen dürfen, dass wir hier in diesem Bundesland und in Deutschland 50 Jahre in Frieden und in Freiheit leben durften. Unser Mitgefühl gilt den Menschen, auch den Soldaten, die jetzt im Irak sind und um ihr Leben Angst und Sorge haben müssen.
Trotzdem müssen wir uns auch den Haushaltszahlen widmen. Wir schlagen mit dem Nachtrag zum Haushalt das Haushaltsbuch neu auf. Was hat sich geändert, und warum sind Anpassungen notwendig?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Vergangenheit wurde das Haushaltsbuch eines Landes in der Regel dann neu aufgeschlagen, wenn man zusätzliche Ausgaben und zusätzliche neue Überlegungen finanzieren wollte. In den vergangenen Monaten und Jahren hat sich das geändert. Wir schlagen jetzt das Nachtragshaushaltsbuch deswegen neu auf, weil uns die Steuereinnahmen in ganz erschreckendem Ausmaß weggebrochen sind.
Die Schuld und die Verantwortung dafür trägt die rot-grüne Bundesregierung. Das Bundesland Baden-Württemberg, die
Kommunen unseres Landes, alle Länder, alle Kommunen in Deutschland sind Opfer einer verfehlten Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung.
(Beifall bei der CDU – Abg. Heike Dederer GRÜ- NE: Schon einmal etwas von der Weltwirtschafts- krise gehört?)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf die Zahlen vorstellen. Im Mai des Jahres 2002 sah die Steuerschätzung noch um 1 Milliarde € besser aus, als sie dann im November des gleichen Jahres ausfiel. Wir haben im Haushaltsvollzug des Jahres 2002 über 300 Millionen € einsparen können.
Nichtsdestotrotz gehen wir mit 700 Millionen € mehr an neuen Schulden in das Jahr 2003 als ursprünglich vorgesehen.
Im Jahr 2003 erwartet uns nach der Steuerschätzung vom November des Jahres 2002 ein weiteres Minus von 1,1 Milliarden €. Dabei ist ein Wirtschaftswachstum von 1,5 % zugrunde gelegt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch die Bundesregierung sieht für Deutschland jetzt nur noch ein Wachstum von 1 % voraus, und alle Wissenschaftler und Sachverständigen bescheinigen uns, dass wir voraussichtlich ein Wachstum von deutlich unter 1 % haben werden. Von daher sind die Steuerschätzungen vom November 2002 bereits Makulatur, und wir müssen im Mai 2003 mit noch schlechteren Daten rechnen.
Das ist die erschreckende Ausgangsbilanz, vor der wir in diesem Bundesland stehen. Ich sage noch einmal: Die Verantwortung hierfür trägt die Bundesregierung in Berlin.
Was hat sich gegenüber der Ersten Beratung geändert? Der Irak-Krieg hat begonnen. Wir haben hierzu heute bereits gesprochen. Entscheidend im Hinblick auf den Haushalt ist die Frage: Wird sich dadurch etwas an den Wachstumszahlen, an der Wirtschaftsentwicklung verändern? Das können wir heute noch nicht prognostizieren. Wir müssen es abwarten.
Am 14. März hat Bundeskanzler Schröder von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht und in einer Regierungserklärung mit großen Ankündigungen große Taten versprochen.
Er hat Reformen, die in Baden-Württemberg und insbesondere in Deutschland notwendig sind, angekündigt. Aber er ist in allen Themenfeldern – Wirtschaftsentwicklung, Finanzpolitik, Arbeitsmarktentwicklung – seinen Versprechungen nicht nachgekommen.
„Financial Times Deutschland“, 17. März: „Grauer Freitag“. „taz“: „Rede ohne Überschrift – Die Spannung vor der Rede des Bundeskanzlers war groß. Ebenso groß ist nun die Enttäuschung.“ „Handelsblatt“, 17. März: „Kein Rezept – Schröders Rezept enthält mehr Murks als Mut.“
Aber ganz entscheidend ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir hier im Land Baden-Württemberg handeln müssen, weil Sie in Berlin versagen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Lachen bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Gaßmann SPD: Baden-Württemberg hat die rote Laterne!)
Das Problem ist, dass wir in Deutschland eine Staatsquote von fast 50 % haben, während sie in den USA 28 % beträgt. Das entscheidende Ausgangskriterium, um die Stabilisierung in Deutschland und in Baden-Württemberg voranzubringen, wäre, die Staatsquote spürbar zu senken. Was Sie auf diesem Themenfeld produzieren, ist nichts. Sie haben nicht einmal ein Ziel im Hinblick auf die Senkung der Staatsquote, geschweige denn Pläne oder Vorstellungen, um dies umzusetzen.
(Beifall der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Da klatscht auch nie- mand bei der CDU!)
Sie haben eine allgemeine Mittelstandsrhetorik betrieben, Sie haben viele Baustellen eröffnet. Aber nirgends ist zu erkennen, wann Sie Richtfest feiern, geschweige denn die Einweihung feiern können.
Vor diesem Hintergrund hat Baden-Württemberg das so genannte Steuervergünstigungsabbaugesetz abgelehnt. In der gegenwärtigen konjunkturellen Situation, in der wir uns wieder nahe an einer Rezession befinden, wäre es das Falscheste, die Steuern zu erhöhen,
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht darum – darüber lassen wir mit uns reden, und da sind wir auch bereit, mitzuwirken –, das Körperschaftsteueraufkommen zu stabilisieren. Denn das Körperschaftsteueraufkommen war in ganz entscheidendem Maß dafür verantwortlich, dass die Steuereinnahmen in diesem großen Umfang weggebrochen sind.
Ich habe davon gesprochen, dass die Bundesregierung auf den ihr zugewiesenen Handlungsfeldern – Wirtschaftspolitik, Finanzpolitik, Arbeitsmarktpolitik – die notwendigen Reformen nicht angeht. Ich komme jetzt darauf zu sprechen, dass Baden-Württemberg dem etwas entgegensetzt.
Wir können nicht alles ausgleichen, was die Bundesregierung an Ausfällen verursacht, und wir können auch nicht alles ausgleichen,
was dort nicht gemacht und was dort falsch gemacht wird. Aber wir können auf den Feldern handeln, auf denen wir die Regelungskompetenz haben.
Wir tun dies beispielsweise bei den Beamten. Das fällt uns schwer. Aber wir haben uns dazu entschlossen, das Vorhaben zu unterstützen, die Personalausgaben – ein ganz entscheidender Faktor im Landeshaushalt – durch Einsparungen zu senken.
Wir haben einen Globalbetrag von 275 Millionen € genannt, der eingespart werden soll. Wir unterstützen die Gesetzesinitiative des Bundesrats, wonach die Länder hinsichtlich der Höhe des Urlaubsgelds nach unten abweichen können – über die Öffnungsklausel bei der Besoldung – und beim Weihnachtsgeld eine Spanne zwischen 0 und 100 % des Grundgehalts wählen können.
Wir haben für Baden-Württemberg entschieden, das Urlaubsgeld für dieses Jahr zu streichen. Das erspart dem Landeshaushalt 41 Millionen €. Wir haben uns ferner entschlossen, beim Weihnachtsgeld einen weiteren Abschlag von 25 Prozent vorzunehmen. Ein Abschlag um ein Prozent erspart dem Landeshaushalt 7 Millionen €, 25 Prozent erbringen somit 175 Millionen €.
Damit sind wir schon deutlich über den avisierten 200 Millionen € Einsparung, und zwar nicht nur für dieses und das nächste Haushaltsjahr, sondern das wirkt ja auch in den kommenden Haushaltsjahren fort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Land hat nicht die Kompetenz für die Wirtschafts- und Finanzpolitik, aber auf den Feldern, auf denen wir die Kompetenz haben – Schule, Hochschule, innere Sicherheit –, haben wir die notwendigen Strukturreformen gemacht und auch die notwendigen Ausgaben verankert, damit wir im Konzert der Bundesländer vorne sind. Die Fraktionsvorsitzenden werden nachher zu einem großen Thema sprechen, das ebenfalls in die richtige Richtung weist, nämlich zur Verwaltungsreform. Ich enthalte mich jetzt insoweit. Das soll nachher in der Fraktionsvorsitzendenrunde besprochen werden. Aber auch das wird ein ganz wesentlicher Eckpunkt sein, um die Personalkosten dieses Landes deutlich zurückzuführen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kündige an, dass wir zu den Rückmeldegebühren, die vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden sind, einen Änderungsantrag einbringen werden, um die Einnahmen von 20 Millionen €, die jetzt im Nachtrag fehlen, aufzubringen. Es handelt sich um 16,5 Millionen € für einen studentischen Verwaltungskostenbeitrag entsprechend dem Vorbild anderer Länder und um eine globale Minderausgabe in Höhe von 3,5 Millionen €. Weiterhin enthalten die Änderungsanträge der Regierungsfraktionen die Komplementierung bei den Mitteln des Wohnungsbaus, und wir ha